Donnerstag, 4. Oktober 2018

Gefickt eingeschädelt

von Fragolin

Eines muss man den Sozen ja lassen: die permanenten internen Intrigen und Machtkämpfe stählen sie für taktisch kluge Winkelzüge, und wenn dann noch ein hochkarätiger Fachmann für Dreck und Schleudern vom Format eines Tal Silberstein ein paar brauchbare Tipps einstreut und man sich mit einem Meister der Intriganz wie dem Herrn Pilz zusammentut, dann sind sie kaum zu schlagen.

Beispiel: Man nehme einen Maulwurf (den man in jeder Behörde hat, wenn man so lange Regierungsbeteiligung nachweisen kann wie die SPÖ, aber auch die ÖVP) und das bereitwillig bei Fuß stehende Mediennetzwerk, und dann trete man einen ganz normalen, alltäglichen Behördenvorgang los, heize nach und lasse dann eskalieren.

Wer sich bei der sogenannten „Liederbuch-Affäre“ gefragt hat, was das eigentlich soll, warum man eine in Jahrzehnten alten Liederbüchern vorkommende und inzwischen sogar ausgeschwärzte Textzeile so zum Popanz aufbläst, der bekommt jetzt die Antwort. Ich habe damals schon darauf hingewiesen, dass dieses Sauflied den permanent alles durchwühlenden Nazijägern ganz sicher schon lange bekannt sein muss. Es ergab keinen Sinn, jetzt so etwas herauszukramen.

Es wurde auch nur benötigt, um irgendwie einen egal wie dünnen Faden von alten Nazi-Romantikern zur aktuellen Regierungspartei zu ziehen, denn dadurch ergab sich die Gelegenheit, das Thema „rechtsextremistische Situation in Österreich“ in den Nationalen Sicherheitsrat zu tragen, der am 30. Januar zu einer Sitzung zusammentrat.

Nun ist es aber Aufgabe der Regierung, dem NSR wie generell dem Parlament und seinen Abgeordneten Rede und Antwort zu stehen. Wenn also eine Oppositionspartei wie die SPÖ im NSR mit Sicherheit die Frage stellen wird, welche Erkenntnisse die Regierung zu dieser Situation hat, dann muss die Regierung antworten. Und damit die Regierung, in diesem Fall der verhasste Innenminister, eine Antwort geben kann, müssen Informationen eingeholt werden. Und zwar von der Behörde, die sich mit dieser Thematik beschäftigt. Und das ist, tata, das BVT. Zwickmühle perfekt, denn jetzt kann Kickl nur noch alles falsch machen.

Möglichkeit eins: Er lässt die Finger davon und verweist in der Anfrage auf geheime Erkenntnisse der Behörden. Dann wird die bereitstehende Propagandapresse sofort titeln: Kickl deckt seine rechtsextremen Nazifreunde und verweigert dem NSR die Auskunft. Die Propagandapresse würzt das mit ein paar „rechten Skandalen“ die offensichtlich von Kickl „verheimlicht“ werden sollten, und schon hat man seine Schlagzeilen.

Möglichkeit zwei: Kickl beauftragt in einer vorbereitenden Besprechung einen Mitarbeiter, in diesem Fall Goldgruber, damit, beim BVT, also Gridling, nachzufragen, wie der Erkenntnisstand ist. Übrigens der ganz normale und bei jedem Thema auch so durchgeführte Vorgang: Wenn der Chef zum Aufsichtsrat muss und weiß, die fragen nach einem bestimmten Thema, dann holt er sich bei seinen Abteilungsleitern die Infos dazu. Und das BVT untersteht dem BMI, das vergessen die Linksblätter gern zu erwähnen. Der Chef fragt in einer Abteilung zu einem Thema, zu dem er am nächsten Tag befragt werden soll von den Gleichen, die aus der Tatsache, dass er zu diesem Thema nachfragt, eine Verschwörungstheorie stricken. Ist das bisher wirklich niemandem aufgefallen?

Zu dieser ganz normalen Anfrage wird natürlich beim BVT ein Aktenvermerk gemacht, den man jetzt nur noch durch den Maulwurf dem Habacht stehenden Propagandablatt „Falter“ zuspielen muss, dessen Chefhetzer Klenk dann die Sensation herausbringt, dass der Innenminister beim BVT erfahren wollte, was dieser über Rechtsextremismus weiß. Was keine Schlagzeile ist, da er das ja machen musste, wenn er von den SPÖ-Abgeordneten oder Peter Pilz dazu befragt wird. Aber bei linksradikalen Hetzern heißt das dann: Kickl will seine rechtsextremen Nazifreunde warnen, wenn er die Ermittlungsergebnisse kennt.

Alles klar? Fragt Kickl nicht, wird er geröstet, fragt er, wird er gegrillt. Es ist egal.
Wer sich jetzt noch fragt, warum die eher knallrot durchwirkte Wiener Staatsanwaltschaft eine Blitzrazzia beim BVT durchgepeitscht hat, in einem Korruptionsfall, der seit Jahren angezeigt ist der wird wohl bald auch dafür die Antworten bekommen. Der Knoten löst sich, die Nebel verziehen.

Die Anzeige bei der Korruptionsstaatsanwaltschaft ist nämlich auch nicht erst seit gestern dort. Aber just zur richtigen Zeit wird plötzlich in einer Nacht-und-Nebel-Aktion beschlossen – nicht durch das BMI, wie die Medien dreist lügen, sondern durch die Staatsanwaltschaft, wie jeder weiß, der auch nur ein bisschen Basiswissen in Rechtsstaat besitzt – statt einer ganz normalen Anfrage eine Razzia beim BVT durchzuführen.
Und wieder sitzt Kickl in der Zwickmühle: lehnt er ab, heißt es, er würde rechte Netzwerke im Verfassungsschutz decken und damit sogar das BVT in Verruf bringen; organisiert er die Razzia mit einer Polizeitruppe, die auch nur irgend eine Verbindung zum BVT haben könnte, behauptet man, er hätte die Möglichkeit zum Beseitigen wichtiger Beweise geschaffen, greift er auf eine Polizeieinheit zurück, auf die er vertrauen kann, heißt es, er hätte Parteisoldaten in den Verfassungsschutz geschickt, um dort an empfindliche Daten zu kommen. Dass das vollkommen absurd ist, weil er als Innenminister sowieso das Recht hat, jederzeit auf alle Erkenntnisse des BVT zuzugreifen, weil er dort eben der oberste Chef ist, ist klar. Aber egal, in jedem Fall gibt es Munition.

Und das Allerbeste: es gibt, wie er mehrfach vor dem Nationalrat den jeweiligen Abgeordneten, die darüber nur grinsen konnten, erklärte, eindeutige Beweise, dass Kickl Recht hat. Diese Beweise liegen den Abgeordneten des NSR auch vor, sie haben volle Akteneinsicht. Aber da es sich um empfindliche Daten unter strenger Geheimhaltung handelt, können sie wider besseres Wissen einfach irgendwas anderes behaupten und Kickl hat keine Möglichkeit, sich zu verteidigen ohne Geheimnisverrat zu betreiben, was ihm dann wirklich und zurecht den Job kosten würde, wenn er es tut.

Aufdecken könnte das Ganze die Staatsanwältin, wenn sie unter Wahrheits- und Auskunftspflicht aussagen muss. Aber auch da wurde bereits die Sicherung eingeschraubt: Die eigenen Kollegen haben sie wegen des Versuchs auf Amtsmissbrauch angezeigt. Nicht, weil der Verdacht besteht, dass sie eine Erfüllungsgehilfin der linken Kickl-Jagdgesellschaft sein könnte, sondern dass sie sich von Kickl habe dazu drängen lassen, etwas zu tun, was ihm den Kopf kosten könnte. Ist absolut hanebüchen und wird wahrscheinlich im Sande verlaufen, aber erfüllt ja auch einen ganz anderen Zweck. Damit kann sie sich nämlich jederzeit jeglicher Aussage entschlagen, allein mit der Begründung, dass sie als Angeklagte in einem Verfahren nirgends, auch nicht vor einem U-Ausschuss, etwas aussagen muss, von dem sie nicht weiß, ob es nicht später als belastendes Material in diesem Verfahren verwendet werden kann.
Jeder, der etwas weiß, was Kickl entlasten könnte, will, darf oder muss darüber Stillschweigen bewahren.

Die ganze Causa BVT ist nichts anderes als ein großes Intrigenspiel, eine Schmiere silbersteinschen Ausmaßes, an deren Beginn das „Aufdecken“ uralter Liedertexte oder irgendwelcher Tweets von Provinzdeppen aus der siebenten Reihe stehen, die zu einer parlamentarischen Befragung führen, zu deren Beantwortung der Innenminister nur noch die Wahl hat, sich mit Pest oder Cholera anzustecken, und die über eine Razzia beim Geheimdienst in einen U-Ausschuss mündet, der zu dem Zweck installiert wurde, Kickl zu demontieren.
Eines muss man den Genossen lassen: Gefickt eingeschädelt!

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