Wir haben keine informativen Nachrichten mehr, sondern ein Meinungsfernsehen zum framing der Zuschauer.
Natürlich schwingt in jeder medialen Information die jeweilige politische bzw. gesellschaftliche Hal-tung der "Gesellschaft" mit, gut zu beobachten in alten TV Sendungen wie Aktenzeichen XY, wenn dann Themen wie Prostitution, Homosexualität usw. behandelt werden, Themen, die seinerzeit gesellschaft-lich wesentlich weniger akzeptiert waren.
Dennoch: Ich habe alte TV Nachrichten mit den heutigen verglichen. Es gab trotz kalten Krieges und offener Feindschaft zu allen Ländern des Ostblocks zumindest das Bemühen, einigermaßen wertfrei die Haltungen beider Blöcke dem Glotzenkucker zu vermitteln. Ein Kossygin hatte die gleiche Redezeit wie ein Kiesinger und beide wurden wertfrei zitiert.
Das ist doch heute überhaupt nicht mehr vorhanden.
Wenn ich jetzt mir von aufgeregten Freunden die aktuelle politische Situation erklären lasse, erhalte ich eins zu eins das jeweils aktuelle framing präsentiert. Ich bin dadurch durchaus informiert, was die Glotze aktuell veranstaltet — und erschrocken, dass jegliches framing bei den Leuten eins zu eins durchgeht, im übrigen, je gebildeter, desto ärger.
Eine Kritik am aktuellen framing wird direkt mit einer nie gekannten Aggressivität beantwortet, die zwischen sofortigem Gesprächsabbruch, Beschimpfungen als Nazi und Kündigung der Freundschaft changiert.
Für mich ist das eine sehr schwierige Situation. Sobald ich in irgendwelchen geselligen Zusammen-seins bin, habe ich eine geschlossene Gruppe um mich herum, die das aktuelle framing "beplappern", da mag dann einer sich als besonders liberal hervortun und ein wenig Schonung für den Kriegs-verbrecher Putin erbitten oder mal zaghaft einwenden, dass die Massenansiedlung von Muslimen durchaus auch ein paar Probleme verursachen könnte, aber eigentlich ist es eine geschlossene Front einer Einheitsmeinung. Würde ich mich am Gespräch beteiligen, was ich kaum mehr tue, droht so-fortiger Ausschluss (schon passiert) mit Zwang, die Gesellschaft zu verlassen.
Ich fühle mich wie sich manche in den 30er Jahren gefühlt haben müssen, wenn sie auf ein Treffen von Freunden gehen und sich alle mit Heil Hitler begrüßen und es keine Chance gibt, zur "Judenangelegen-heit" oder zur "Volksgesundheit" eine andere Meinung zu postulieren als die, die der Volksempfänger gerade vorgibt.
Das macht einsam.