von LePenseur
... wird vermutlich nur wenigen Lesern dieses Blogs ein Begriff sein. Und doch doch war er einer der bedeutendsten Komponisten der Schweiz, der heute vor hundert Jahren im Alter von 69 Jahren in Locarno gestorben ist — also nur wenige Tage nach dem allerdings deutlich älteren Camille Saint-Saëns, über den kürzlich ein gedenkender Artikel auf diesem Blog erschienen ist.
Am 28. Juni 1852 in der kleinen Gemeinde Eppenberg im Kanton Solothurn in eine musikliebende Familie geboren, und wurde mit zehn Jahren Sängerknabe im damals noch bestehenden Sankt Ursen-Stift in Solothurn. Weitere biographische Details mögen die Leser dem recht brauchbaren Wikipedia-Artikel entnehmen.
Hans Huber war vor allem als Symphoniker bedeutend — acht »offiziell« numerierte Symphonien und eine in A-dur aus 1889, ursprünglich als »Nr. 2« gelistet, aber später vom Komponisten zurückgezogen. Dennoch sei der musikalische Reigen mit einem, dem dritten (in D-dur, op. 113 aus dem Jahr 1899) seiner vier Klavierkonzerte eröffnet, das die typische Stilistik des Komponisten in seinen Reifejahren demonstriert:
Klangvolle, doch zurückhaltende Melodik, formale Klarheit, feine Beherrschung des Kontrapunkts und souveräner, doch nicht überbordender Einsatz der mannigfaltigen Klangfarben in der Instrumentation. Bei aller – natürlich gegebenen – Verschiedenheit durchaus vergleichbar mit dem nur wenige Jahre jüngeren englischen Komponisten Elgar. Doch präsentieren wir in aller Kürze die durchaus fesselnde Abfolge von Hubers symphonischem Schaffen (von der »Zurückgezogenen« konnte ich leider keine Aufnahme online finden), und beginnen wir daher mit der »Tell-Symphonie« in d-moll, op. 63 (1881):
Ein schönes Werk mit plastisch gearbeiteter Thematik, freilich manchmal noch ein wenig »steif« und ungeübt wirkend – aber ein vielversprechender Erstling, dessen sich der Komponist wahrlich nicht zu schämen brauchte! In ziemlich weitem zeitlichem Abstand folgte 1897 die offizielle »No. 2« in e-moll, op. 115, als »Böcklin-Symphonie« bekannt:
Hier steht Huber schon auf dem sicheren Terain seiner Meisterschaft: mnachmal etwas »brahmsisch« verhalten, doch voll Charakter und Eigenart, für seine Zeitgenossen sicher nicht ein Avantgarde-Werk, aber doch alles andere als konventionell und akademisch. Nur wenige Jahre trennen das Werk von der Symphonie no. 3 in C-dur, op. 118 (1901), das die Bezeichnung »Heroische« trägt, und von Huber dem befreundeten deutschen Kollegen Richard Strauss (der erst wenige Jahre zuvor sein »Heldenleben« komponiert hatte, das »kopiert« zu haben Huber allerdings wirklich nicht vorgeworfen werden kann).
Gegenüber der ausladenden Monumentalität der Dritten völlig anders geartet ist Hubers Symphonie No. 4, die »Akademische« in A-dur, aus dem Jahr 1903 (überarbeitet 1917) die demgegenüber das Orchester stark reduziert und eine Art von klassizistischer »Sinfonia concertante« wagt, Klavier, Orgel und Solostreicher einsetzt – zweifellos ein »akademisches« Werk, aber wahrlich nicht im Sinne eines bläßlichen Akademismus' ... schon der erste Satz, ganz unkonventionell als »Präludium und Fuge« bezeichnet, straft derartige Einwände Lügen!
Wieder völlig anders geartet, und dennoch so typisch Huber, wie nur denkbar, ist seine Symphonie No. 5 in F-dur aus dem Jahre 1905, die – mit vollem Recht – die Bezeichnung »Romantische« trägt, und in ihrem Untertitel »Der Geiger von Gmünd« nicht nur den ausgiebigen Einsatz der Solo-Violine erklärt, sondern auch die »Programmatik« des Werkes verrät, das aber ohne deren Kenntnis auch »absolut« zu hören fasziniert:
In mancher Hinsicht als »modernerer« Rückgriff auf die 4. Symphonie erscheint Hubers Symphonie No. 6 in A-dur, op. 134 (1911), die »Giojosa«, die mit der Vierten nicht nur die Tonart teilt, sondern auch deren Leichtigkeit und Durchsichtigkeit glücklich weiterentwickelt:
In den Tagen des Ersten Weltkriegs schuf Hans Huber seine monumentale Symphonie No. 7 in d-moll (1917 vollendet), die »Schweizerische«:
– hier die weiteren Sätze: II. Ländlicher Hochzeitszug, III. Abendstimmung in den Bergen, IV. Finale –
In mancher Beziehung schließt Huber hier den Kreis zu seinem symphonischen Erstling, der Tell-Symphonie – aber welche Entwicklung, die seine kompositorischen Fähigkeiten zur Meisterschaft verfeinerte!
Die letzte, seine Symphonie No. 8 in F-dur, 1920 vollendet, mit dem Titel »Frühling«, zeigt Hans Huber in ungebrochener, doch subtiler Kraft und Originalität. Ein fürwahr würdiger Abschluß eines so vielfältigen Schaffens:
Doch kehren wir kurz zurück zum Ende des 19. Jahrhunderts, als Hans Huber 1898 wohl eines seiner originellsten und glücklichstens kammermusikalischen Werke schuf, das Sextett für Klavier und Bläser in B-dur:
Ein Juwel in einer höchst origiellen Besetzung, die freilich die häufige Aufführung dadurch verhindert (Streichquartette sind da weit »unproblematischer« ...). Auch zu diesem Werk gibt es ein Pendant aus Hubers Spätwerk, das Quintett für Klavier und Bläser in Es-dur, op. 136 (1918) — mit welchem Werk dieser Gedenkartikel über einen zu Unrecht fast vergessenen Meister gebührend beschlossen sei:
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P.S.: noch viel mehr könnte man über Huber berichten – über seine anderen Konzerte, seine Serenaden, Kantaten und kirchenmusikalischen Werke, seine Opern und Sonaten, seine Lieder etc. – zu weiteren Entdeckungsreisen wird nachdrücklich angeraten ...
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