... titelte gestern »Die Presse«. dieses Wort kostete den zwar gescheiten, gerne querdenkenden und witzig formulierenden damaligen FPÖ-Abgeordneten im EU-Parlament, Andreas Mölzer, das Mandat (er wurde von Feiglingen in den eigenen Reihen geschwind fallengelassen) — aber, bitteschön: was soll daran ein »Unwort« sein?
Als "Negerkonglomerat" bezeichnete Mölzer in einer Europawahlkampfrede die Europäische Union und ein seiner Meinung nach zunehmendes Chaos in der EU. Die auf diese Weise ausgedrückte rassistische und stark abwertende Bedeutung des Ausdrucks macht es zum Unwort des Jahres 2014. Es sollte im öffentlichen Diskurs und darüber hinaus keinen Platz haben, bekräftigte die Jury. Auf Platz zwei folgte "GrünInnen", eine ironisch-abwertende Wortschöpfung, die gegen die Grünen und deren Eintreten für eine geschlechtergerechte Sprache gerichtet ist.
... entrüstet sich die Jury, und pflichteifrig entrüstet sich »Die Presse« mit. Sie unterschlägt dabei leider den Zusammenhang, in dem dieses Wort geäußert wurde. Der Satz lautete im Original (im Wortlaut bestätigt sowohl von einem zu der Veranstaltung eingeschleusten Spitzel der SZ, wie auch von Mölzer):
Es ist eine Frage auch des gestalterischen, des Arbeitsethos, was aus diesem Europa wird: Entweder sind wir ein Negerkonglomerat, totales Chaos, sage ich jetzt bewusst brutal politisch nicht korrekt. Wo das Chaos sich vermehrt, wo Massenzuwanderung, wo institutionelles Chaos, wo wirre Konzerninteressen (sind).
Was also — sinnerfassende Lesefähigkeit der Zitatoren vorausgesetzt — nicht eine Beschreibung des Ist-Zustandes der EU, sondern wohl eine der zu befürchtenden Entwicklung ist. Warum diese höchst realitätsnahe Befürchtung »im öffentlichen Diskurs und darüber hinaus keinen Platz haben« sollte, bleibt uns die Unwort-Jury zu erklären schuldig. Denn mit einem zeigefingererhebenden »Schön sprechen!« wird man die massiven Probleme der EU, nicht doch zu einem Negerkonglomerat zu verkommen, eher nicht lösen können.
Und warum nicht die ständig penetrant eingeforderten »Innen« der GrünInnen, sondern vielmehr die gelungene Ironisierung dieser vertrottelt-idologiedeformierten Sprachmarotte als »Unwort« auf dem zweiten Platz landete, das versteht wohl auch nur einer dieser vertrottelten GrünInnen ...
Als positives Gegenbeispiel wurde hingegen der vom sozialistischen Verteidigungsminister Klug ad nauseam verwendete Begriff »situationselastisch« prämiert. Was an dieser nichtssagenden Worthülse so toll sein soll, daß sie zum »Wort des Jahres 2014« erklärt wurde, erschließt sich nicht, auch nicht, wenn Prof. Muhr, der würdige Vorsitzende des Unwort-Gremiums, expliziert:
"Populär wurde der Begriff nicht zuletzt aufgrund seiner prägnanten Unverbindlichkeit, die verschiedene ironische Verwendungen ermöglicht", begründete die Fachjury unter Leitung von Prof. Rudolf Muhr von der Forschungsstelle Österreichisches Deutsch der Universität Graz die Wahl. "Aufgrund dieser Mehrdeutigkeit und begrifflichen Vielfältigkeit hat sich das Wort zwischenzeitlich von einem potenziellen Unwort zu einem geflügelten Wort entwickelt, was es zu einem würdigen Wort des Jahres macht".
Ein »geflügeltes Wort«, dessen prägnante Unverbindlichkeit etwa von der — ebenso bekannten wie unfeinen — Wiener Redewendung »Geht's doch alle scheißen!« abgedeckt wird ... nun, in der Tat: das Österreich des Jahres 2014 verdient offenbar exakt solche »geflügelten Worte«. Als Voraussetzung, um erkennen zu können, was aus dem medial herumflatternden »Geflügel« als Unwort abgeschossen, und was als »Wort des Jahres« ausgezeichnet wird, ist bei den Jurymitgliedern offenbar ein kräftiger Vogel nötig. Ein roter, zumeist. Und, immer häufiger, einer der GrünInnen ...
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