von LePenseur
... wurde aus Anlaß der 150. Wiederkehr seines Geburtstages auf diesem Blog ein Artikel über den ehemaligen Hofmarschall von Kaiser Wilhelm II, den Grafen Robert von Zedlitz und Trützschler, veröffentlicht, in dem ich — neben manch biographischem und anekdotischen Detail — auch eine längere Abhandlung über Vor- und Nachteile monarchischer Regierungsformen inkludierte. Und diese möchte ich, da sie an Aktualität nichts eingebüßt hat, heute in extenso zitieren.
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Speziell die »konservativen« Leser dieses Blogs, welche (wie mir aus
Stellungnahmen in der Vergan-genheit mehrfach ersichtlich) häufig
monarchistischen Gedanken nachhängen — und, Hand aufs Herz: ist dies
angesichts der Malaise unserer heutigen Politruks nicht nur zu
verständlich?! —, sollten dieses Buch, welches inzwischen neu aufgelegt
wurde, unbedingt lesen, denn es läßt berechtigte Zweifel an den
Vorteilen einer monarchischen Regierungsform, wenigstens in der
traditionellen Form, entstehen — und nur solche konstruktive Zweifel
können allzu optimistische Fehleinschätzungen und daraus folgende
Katastrophen vermeiden helfen.
Ein auf Gottesgnadentum und »Amts-Charisma« basierendes monarchisches System wird demnach kaum wiederzubeleben sein, und das wäre so wohl auch nicht wünschenswert. Damit ist nicht das Wort geredet den lächerlichen Galionsfigur-»Herrschern«, die in den heutigen Monarchien Europas den Grußaugust spielen und höchstens seichten Illustriertenklatsch provozieren dürfen! Diese unter-scheiden sich bestenfalls in den routinierteren Tischmanieren von irgendwelchen in repräsentative Präsidentenämter hochgeschwemmten Parteifunktionären, nicht aber in ihrer politischen Bedeutungs-losigkeit. Eine sinnvolle (und in der Tat wünschenwerte!) Neubelebung monarchischer Verfassungs-formen müßte vielmehr von einer nüchternen Analyse sowohl der historischen — meist nicht eben vielversprechenden — Verfassungsvorbilder, wie auch der gegenwärtigen Probleme unserer derzeit existierenden, meist republikanischen oder (bestenfalls: pseudo-)monarchischen Realverfassungen (sic!) ausgehen.
Hier ist die Deformierung der Gewaltenteilung mit ihrer mittlerweile völlige Unterwanderung durch Parteiapparate und andere Lobbies wohl ebenso als ein Krebsübel zu benennen, wie das Aufkommen des »Berufspolitikertums«, das nichts anderes ist als das von Michael Voslensky ebenso treffend wie bitter charakterisierte »Nomenklatura-System« der Sowjetunion. Hier wäre nun tatsächlich ein monarchischer Bestandteil (!) einer Gesamtverfassung ein wünschenswerter Ausgleich und Stolperstein für allzu ambitiöse Parteisekretariate! Ein solches »monarchisches System« könnte, ja sollte dabei durchaus mit den traditionellen repräsentativen Funktionen eines solchen Amtes verbunden bleiben, nur müßten eben die für konstitutionelle Monarchien charakteristischen Prärogativen hinsichtlich der Regierungsbildung entfallen — denn sonst landet man wieder bei einem »persönlichen Regiment« eines Monarchen, mit den möglichen guten, doch weitaus wahrscheinlicher schlechten Folgen eines solchen.
Wie könnten also die Umrisse eines solchen »neuen monarchischen Systems« aussehen? Muß hier »ein Rad neu erfunden werden«, oder gibt es Vorbilder, auf die man zurückgreifen kann? Nun, die gibt es in der Tat: es ist einerseits das altbekannte, jedoch mittlerweile (außer im Vatikan, aber das ist ein Spezialfall!) faktisch ausgestorbene System der Wahlmonarchie, andererseits das ebenso altbekannte »gemischte System«, welches nach den Vorstellungen von Montesquieu die ideale Regierungsform darstellt. Beide Vorbilder haben natürlich ihre Schwächen, geben uns aber auch manch wertvollen Hinweis, was gegenüber einer traditionellen »konstitutionellen Monarchie« zu ändern wäre.
Zuförderst sicherlich ist jede entscheidende Funktion des Monarchen — also der essenzielle Unter-schied zwischen konstitutioneller und parlamentarischer Monarchie! — bei der Regierungsbildung entweder bloße Chimäre oder aber berechtigtes Ärgernis! Einem durch die Zufälle von Allerhöchsten Zeugungsvorgängen und Todesfällen in seine Monarchenwürde gelangten Monarchen die entschei-dendste Weichenstellung der Politik, nämlich die Ernennung des Regierungschefs, zu überlassen, wäre ebenso latent unverantwortlich, wie explizit ärgerniserregend! Das Rad der Geschichte kann eben nicht zurückgedreht, oder auch nur angehalten werden — oder, wie es der deutsche Philosoph Paul Mongré in einem witzigen Aphorismus formulierte: »Auch das perpetuum immobile ist noch nicht erfunden, meine Herren!«
Das »Alleinstehungsmerkmal« des konstitutionell-monarchischen Systems, die letztlich alleinige Verantwortlichkeit des Monarchen für die Bestellung (sic! Denn das Stürzen mißliebiger Regierungen durch das Parlament, die Presse, oder durch Volksunruhen hat es selbstverständlich immer gegeben, auch wenn sie »verfassungsrechtlich« erst durch die Annahme der Demission durch den Monarchen vollzogen waren!) kann (und soll!) also nicht wiederbelebt werden. Ob nun diese Bestellung der politischen Exekutivgewalt durch eine direkte Volkswahl des Regierungschefs (wie sie z.B. Israel neuerdings kennt) erfolgt, oder (für die effektive Gewaltentrennung problematischer) durch eine Parlamentsmehrheit, bleibe dahingestellt — nur sicherlich nicht durch den Monarchen. Eine solche Rolle sänke nämlich entweder zur leeren Formalität herab, indem der Monarch eben immer den Mehrheitsführer des Parlamentes »ernennt«, und nur bei disparaten Fraktionsverhältnissen aus-nahmsweise eine — immer mißtrauisch beäugte und in ihrer Unparteilichkeit, zum Schaden des monarchischen Amtes, bezweifelte — echte Funktion hätte, oder zöge eben bei regelmäßiger echter Übung den Monarchen in den Parteien- und Meinungsstreit hinein, was die Würde des Amtes jedenfalls dauerhaft zu schädigen geeignet ist.
Was wäre also die wertvolle Rolle eines Monarchen in unserer Zeit? Sicherlich die Funktion eines Garanten der (Partei-)Unabhängigkeit der Verwaltung und Justiz! Denn durch die Überwucherung und Deformierung unserer Staatssysteme durch Parteiapparate (die natürlich Einfluß nehmen auf die Beförderung von Parteigängern in Spitzenpositionen der Verwaltung und Gerichtsbarkeit!) ist längst der Grundsatz des Legalitätsprinzips, also daß die Verwaltung und Gerichtsbarkeit sich ausschließlich an der Verfassung und den Gesetzen zu orientieren haben, und nicht an politischen Machtverhält-nissen, weitgehend ausgehöhlt. Es müßte also zur Wiederherstellung der Gewaltentrennung zunächst einmal zu einer Trennung der »Personalhoheit« kommen: die — notwendige und unverzichtbare! — »politische« Exekutive in Form der Regierungsmitglieder samt ihren Kabinetten und Stäben, die natürlich von den jeweiligen Funktionsträgern bestimmt werden müßten, einerseits, jedoch anderer-seits der »eigentliche« Beamten- und Justizapparat, der durch drakonische Unvereinbarkeitsregeln möglichst immunisiert werden müßte, und dessen Bestellung zwar nicht ausschließlich, aber doch mitverantwortlich in den Händen eines Monarchen zu liegen hätte.
Man könnte sich das beispielsweise so vorstellen, daß neben dem Minister und seinen (partei-) politischen Kabinettsminarbeitern ein (beamteter) Staatssekretär als höchste administrative Spitze des Ressorts steht, der keiner politischen, wohl aber staatsrechtlichen Verantwortung unterworfen ist — m.a.W.: nicht durch ein Mißtrauensvotum des Parlaments gestürzt, wohl aber für seine notwendige (!) Gegenzeichnung aller sein Ressort betreffenden Akte des Monarchen staats- und strafrechtlich allein-verantwortlich wäre (wie es im konstitutionellen System eben auf die Minister zutraf). In der Justiz wäre darüberhinaus durch eine geschickte Kombination von Kooptations-, anonymen Prüfungs- und Zufallsauswahl-Systemen zu gewährleisten, daß der Monarch zwar die Letztentscheidung über Richter-bestellungen innehat, nicht jedoch die freie Auswahl der Kandidaten.
Ein auf Gottesgnadentum und »Amts-Charisma« basierendes monarchisches System wird demnach kaum wiederzubeleben sein, und das wäre so wohl auch nicht wünschenswert. Damit ist nicht das Wort geredet den lächerlichen Galionsfigur-»Herrschern«, die in den heutigen Monarchien Europas den Grußaugust spielen und höchstens seichten Illustriertenklatsch provozieren dürfen! Diese unter-scheiden sich bestenfalls in den routinierteren Tischmanieren von irgendwelchen in repräsentative Präsidentenämter hochgeschwemmten Parteifunktionären, nicht aber in ihrer politischen Bedeutungs-losigkeit. Eine sinnvolle (und in der Tat wünschenwerte!) Neubelebung monarchischer Verfassungs-formen müßte vielmehr von einer nüchternen Analyse sowohl der historischen — meist nicht eben vielversprechenden — Verfassungsvorbilder, wie auch der gegenwärtigen Probleme unserer derzeit existierenden, meist republikanischen oder (bestenfalls: pseudo-)monarchischen Realverfassungen (sic!) ausgehen.
Hier ist die Deformierung der Gewaltenteilung mit ihrer mittlerweile völlige Unterwanderung durch Parteiapparate und andere Lobbies wohl ebenso als ein Krebsübel zu benennen, wie das Aufkommen des »Berufspolitikertums«, das nichts anderes ist als das von Michael Voslensky ebenso treffend wie bitter charakterisierte »Nomenklatura-System« der Sowjetunion. Hier wäre nun tatsächlich ein monarchischer Bestandteil (!) einer Gesamtverfassung ein wünschenswerter Ausgleich und Stolperstein für allzu ambitiöse Parteisekretariate! Ein solches »monarchisches System« könnte, ja sollte dabei durchaus mit den traditionellen repräsentativen Funktionen eines solchen Amtes verbunden bleiben, nur müßten eben die für konstitutionelle Monarchien charakteristischen Prärogativen hinsichtlich der Regierungsbildung entfallen — denn sonst landet man wieder bei einem »persönlichen Regiment« eines Monarchen, mit den möglichen guten, doch weitaus wahrscheinlicher schlechten Folgen eines solchen.
Wie könnten also die Umrisse eines solchen »neuen monarchischen Systems« aussehen? Muß hier »ein Rad neu erfunden werden«, oder gibt es Vorbilder, auf die man zurückgreifen kann? Nun, die gibt es in der Tat: es ist einerseits das altbekannte, jedoch mittlerweile (außer im Vatikan, aber das ist ein Spezialfall!) faktisch ausgestorbene System der Wahlmonarchie, andererseits das ebenso altbekannte »gemischte System«, welches nach den Vorstellungen von Montesquieu die ideale Regierungsform darstellt. Beide Vorbilder haben natürlich ihre Schwächen, geben uns aber auch manch wertvollen Hinweis, was gegenüber einer traditionellen »konstitutionellen Monarchie« zu ändern wäre.
Zuförderst sicherlich ist jede entscheidende Funktion des Monarchen — also der essenzielle Unter-schied zwischen konstitutioneller und parlamentarischer Monarchie! — bei der Regierungsbildung entweder bloße Chimäre oder aber berechtigtes Ärgernis! Einem durch die Zufälle von Allerhöchsten Zeugungsvorgängen und Todesfällen in seine Monarchenwürde gelangten Monarchen die entschei-dendste Weichenstellung der Politik, nämlich die Ernennung des Regierungschefs, zu überlassen, wäre ebenso latent unverantwortlich, wie explizit ärgerniserregend! Das Rad der Geschichte kann eben nicht zurückgedreht, oder auch nur angehalten werden — oder, wie es der deutsche Philosoph Paul Mongré in einem witzigen Aphorismus formulierte: »Auch das perpetuum immobile ist noch nicht erfunden, meine Herren!«
Das »Alleinstehungsmerkmal« des konstitutionell-monarchischen Systems, die letztlich alleinige Verantwortlichkeit des Monarchen für die Bestellung (sic! Denn das Stürzen mißliebiger Regierungen durch das Parlament, die Presse, oder durch Volksunruhen hat es selbstverständlich immer gegeben, auch wenn sie »verfassungsrechtlich« erst durch die Annahme der Demission durch den Monarchen vollzogen waren!) kann (und soll!) also nicht wiederbelebt werden. Ob nun diese Bestellung der politischen Exekutivgewalt durch eine direkte Volkswahl des Regierungschefs (wie sie z.B. Israel neuerdings kennt) erfolgt, oder (für die effektive Gewaltentrennung problematischer) durch eine Parlamentsmehrheit, bleibe dahingestellt — nur sicherlich nicht durch den Monarchen. Eine solche Rolle sänke nämlich entweder zur leeren Formalität herab, indem der Monarch eben immer den Mehrheitsführer des Parlamentes »ernennt«, und nur bei disparaten Fraktionsverhältnissen aus-nahmsweise eine — immer mißtrauisch beäugte und in ihrer Unparteilichkeit, zum Schaden des monarchischen Amtes, bezweifelte — echte Funktion hätte, oder zöge eben bei regelmäßiger echter Übung den Monarchen in den Parteien- und Meinungsstreit hinein, was die Würde des Amtes jedenfalls dauerhaft zu schädigen geeignet ist.
Was wäre also die wertvolle Rolle eines Monarchen in unserer Zeit? Sicherlich die Funktion eines Garanten der (Partei-)Unabhängigkeit der Verwaltung und Justiz! Denn durch die Überwucherung und Deformierung unserer Staatssysteme durch Parteiapparate (die natürlich Einfluß nehmen auf die Beförderung von Parteigängern in Spitzenpositionen der Verwaltung und Gerichtsbarkeit!) ist längst der Grundsatz des Legalitätsprinzips, also daß die Verwaltung und Gerichtsbarkeit sich ausschließlich an der Verfassung und den Gesetzen zu orientieren haben, und nicht an politischen Machtverhält-nissen, weitgehend ausgehöhlt. Es müßte also zur Wiederherstellung der Gewaltentrennung zunächst einmal zu einer Trennung der »Personalhoheit« kommen: die — notwendige und unverzichtbare! — »politische« Exekutive in Form der Regierungsmitglieder samt ihren Kabinetten und Stäben, die natürlich von den jeweiligen Funktionsträgern bestimmt werden müßten, einerseits, jedoch anderer-seits der »eigentliche« Beamten- und Justizapparat, der durch drakonische Unvereinbarkeitsregeln möglichst immunisiert werden müßte, und dessen Bestellung zwar nicht ausschließlich, aber doch mitverantwortlich in den Händen eines Monarchen zu liegen hätte.
Man könnte sich das beispielsweise so vorstellen, daß neben dem Minister und seinen (partei-) politischen Kabinettsminarbeitern ein (beamteter) Staatssekretär als höchste administrative Spitze des Ressorts steht, der keiner politischen, wohl aber staatsrechtlichen Verantwortung unterworfen ist — m.a.W.: nicht durch ein Mißtrauensvotum des Parlaments gestürzt, wohl aber für seine notwendige (!) Gegenzeichnung aller sein Ressort betreffenden Akte des Monarchen staats- und strafrechtlich allein-verantwortlich wäre (wie es im konstitutionellen System eben auf die Minister zutraf). In der Justiz wäre darüberhinaus durch eine geschickte Kombination von Kooptations-, anonymen Prüfungs- und Zufallsauswahl-Systemen zu gewährleisten, daß der Monarch zwar die Letztentscheidung über Richter-bestellungen innehat, nicht jedoch die freie Auswahl der Kandidaten.
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Soweit meine damaligen Überlegungen, die ich meine Leser um weitere Gedanken zu ergänzen ersuche — denn das Thema ist in der Tat »ein zu weites Feld« (um Fontanes Baron Briest zu zitieren), als daß ich es ganz alleine beackern wollte ...