Dienstag, 30. März 2010

Wie eine Kassandra auf der Titanic

In einem Thread auf »Unterbergers Tagebuch« entspann sich eine — vermutlich völlig sinnlose — Diskussion über den angeblichen Wert des Verbotsgesetzes. Ein linker Poster brachte alles aufs Tapet, was üblicherweise vorgebracht wird. Von der »Einzigartigkeit der Naziverbrechen«, die einen Vergleich mit den Greueln des Stalinismus oder Maoismus nicht zulasse, über die drohende Gefahr von Rechts, und was halt sonst handelsüblich ist in diesen Kreisen. Der Sermon endete mit einem beschwörenden:
Und die Vernichtung einer bestimmten Menschengruppe als persönliches bzw. politisches Ziel gab es in der Form sonst nirgends, vor allem nicht aus “rassischen” Gründen. Also hören Sie auf, den Nationalsozialismus derart zu verharmlosen.
Was soll man darauf schon antworten ... Nun, ich versuchte es halt (vielleichts hilft's — »Die Hoffnung stirbt zuletzt«, wie der Russe sagt) auf folgende Weise:

Wenn Sie den Vergleich des Nationalsozialismus mit dem Stalinismus und dem Maoismus als “Verharmlosung” empfinden, beginne ich schön langsam an Ihrem Geisteszustand zu zweifeln — tut mir leid, Ihnen das sagen zu müssen. Wer ca. 80-100 Mio. Tote als “Verharmlosung” empfindet, dem ist nicht zu helfen!

Das politische Ziel, alle Widersacher des Proletariat zu vernichten, ist von Lenin (noch ein bisserl verbrämt), und von Stalin ganz unverblümt geäußert worden. Mao meinte, daß ruhig 5% der Bevölkerung Chinas für den “großen Sprung nach vorne” geopfert werden sollten — ach, was tippe ich mir da die Finger wund!

In aller Kürze: lesen Sie Michael Voslenskys »Das Geheimnis wird offenbar. Moskauer Archive erzählen«. Lesen Sie das »Schwarzbuch des Kommunismus«. Und legen Sie endlich Ihre ideo-logischen Scheuklappen ab, die Ihren Blick verstellen, daß es außer dem Nationalsozialismus noch mindestens eine ebenso verbrecherische ideologische Entartung des Menschengeschlechts, nämlich den Marxismus-Leninismus, gibt!

Nur um meinen Standpunkt klarzustellen: ich bin keineswegs dafür, daß man jetzt analog zum Verbotsgesetz gegen die Nazis eines für die Kommunisten einführt. Derlei Sandkastenspielereien bringen nichts. Wenn unsere Rechtsordnung nicht fundiert genug ist, sich selbst als überzeugendes Lebensprinzip darzustellen, dann helfen solche Verbote überhaupt nichts und sie wird untergehen. Mit oder ohne Verbotsgesetz. Daher ist dieses abzuschaffen — denn es trifft nur die falschen: nämlich ein paar jugendliche Wirrköpfe und ein paar verkalkte Mümmelgreise.

Was mich an diesem Gesetz massiv stört, ist, daß linke Ideologen, wenn sie nur genügend die Justiz infiltriert haben (und das haben sie mittlerweile durchaus), damit eine Handhabe finden, alles, was sich — völlig legitim und verfassungskonform — ihren linken Zielen entgegenstellt, aus dem politischen Diskurs zu verbannen, und damit eine alleinige linke Deutungshoheit über das, was politisch zulässig ist, zu etablieren. Das empört mich, da ich keineswegs gesonnen bin, irgendwelche linke Geßlerhüte zu grüßen. Und es macht mich darüberhinaus besorgt, da durch derartige Meinungsdiktaturen der notwendige Gegenschlag des Pendels anzunehmenderweise eher brutal ausfallen wird.

Mein Interesse, meinen Lebensabend in einem von Bürgerkriegen zerrütteten Österreich verbringen zu müssen, nur weil ein paar linke und grüne Spinner jetzt nicht wahrhaben wollen, daß man nicht die eigene Kultur untergraben und irgendwelche Multi-Kulti-Habenichtse, die weder integrationswillig sind noch zur Wirtschaftsleistung nennenswert beitragen, unbegrenzt importieren kann, ohne daß das in absehbarer Zeit zum Zusammenbruch der gesellschaftlichen Ordnung führt.

Und ich habe es einigermaßen satt, wegen dieser — wie man in den zu no-go-areas verkom-menden Vorstädten von Paris, London, in Rotterdam, Berlin etc. etc. schon überdeutlich erkennen kann — als sehr realistisch zu bezeichnenden Besorgnis um die Aufrechterhaltung eines zivilisierten Staatswesens von irgendwelchen verblendeten Gutmenschen als »rechtsradikal« beschimpft zu werden.

Irgendwie würde ich Ihnen und Ihresgleichen ja fast vergönnen, das bevorstehende Kippen der gesellschaftlichen Ordnung mitzuerleben — nur fürchte ich (so bald möchte ich ja auch wieder nicht sterben!), daß auch ich noch davon mitbetroffen wäre. Und deshalb wende ich mich gegen diese heuchlerische linke Dominanz in Medien und Politik, die uns, eher als wir es glauben, in den Untergang zu führen droht.

Kassandra-Rufe? Ja, mag sein. So, wie Kassandra keiner geglaubt hat, bis das Unheil da war, und jeder sie danach haßte, weil sie es vorhergesehen hatte. Es ist eine undankbare Rolle, statt der grassierenden Multi-Kulti-Sozialstaat-Antidiskriminierung-Gender-mainstreaming-Wonne-Eier-kuchen-Mentalität zu sagen: »So geht’s nicht weiter!«

Aber da die Pilze, Rudas, Prölls und wie sie alle heißen, dazu offenbar unfähig und unwillig sind, muß es wer tun. Wenn man ihn dafür noch mit Gummiparagraphen einer Gesinnungsdiktatur jederzeit ins Gefängnis bringen kann, wird dadurch die Situation nicht besser.

Was Sie hier betreiben ist nichts als das gefällige, politisch korrekte Anordnen von Liegestühlen am Deck der Titanic. Den Warner vor Eisbergen würden Sie am liebsten über Bord werfen (oder wenigstens außer Sicht- und Hörweite verbannen). Denn den Eisberg am Horizont wollen Sie nicht sehen.

Er wird sich, das können Sie mir glauben, allerdings einen Dreck darum scheren, ob Sie ihn sehen wollen oder nicht …

Sonntag, 28. März 2010

Nazikrise

Während der ORF durch beherztes Engagieren von Skinhead-Darstellern wenigstens zu einer abendfüllenden Nazi-Fernsehdokumentation »Am Schauplatz« kam (man könnte sie auch »Am Set« nennen, denn bis auf die kleine Ungeschicklichkeit mit H.C. Strache klappte die Inszenierung so gut wie in jeder anderen Serienproduktion des ORF, z.B. »Kommissar Rex« — nur daß der Hauptdarsteller nicht so sympatisch rüberkam. Aber welcher Skinhead hat schon einen Pelz und frißt Wurstsemmeln?), während also der ORF naziquotenmäßig das Plansoll erfüllen konnte, bricht in Deutschland die
NAZIKRISE
aus. Schrecklich! Geht doch
einfach die Zahl der Naziverbrechen zurück! 2009 wurden mit 19500 Straftaten um 4,7% weniger »Taten rechter Gewalt« verübt als 2008. Das darf nicht sein, weshalb man gleich zu rechnen begann, und durch Herausrechnen der Propagandadelikte wie z.B. das (gewaltsame?) Schmieren von Hakenkreuzen, dann doch noch zu einer Steigerung um 0,6% kam. Uff! Das war knapp!
Es geht also immer noch aufwärts, und stellten wir vor einem Jahr noch fest, daß jeder Bundesbürger rein statistisch innerhalb von 82.117 Jahren einmal Opfer einer rechten Gewalttat wird, so ist dieser Wert seit 2010 geringfügig auf 85.976 Jahre gestiegen. Die dräuende Faschismus-Gefahr bleibt also bestehen, zumal die „tageszeitung“ zu schlagzeilen weiß: „Neonazis schlagen härter zu“. Qualität statt Quantität auch bei den Neonazis – die statistische Option immerhin bestünde, einen harten Schlag doppelt oder dreifach zu zählen.
schlägt Netzwerkrecherche vor, wie man dieser drohenden Krise Abhilfe schaffen könnte. Aber vielleicht wäre einfach der Export einiger ORF-AgitatorenRedakteure angebracht, die den diesbezüglich etwas unbeholfen agierenden ARD/ZDF-Kollegen beibringen könnten, wie man rechte Gefahr inszeniert.

Samstag, 27. März 2010

Der Vollprofi

Unter diesem Titel wurden Reinhard Göweil, damals Leiter des Wirtschaftsressorts in der Wiener Tageszeitung »Kurier« von einer Kollegenpostille Rosen gestreut. Nun, wer den Wirtschaftsteil des »Kurier« las, war ja doch irgendwie selber schuld. In der »Kronenzeitung« hätte er wenigstens auf Seite fünf eine meist optisch angenehme Darstellung gefunden — aber den »Kurier« zu lesen, war immer schon (bis auf ein paar recht nette Kolumnen am Samstag) eine etwas selbstquälerische Sache: Fremdschämen war angesagt für eine Redaktion, die den Spagat zwischen Kleinformat-Niveau und Qualitätszeitung immer wieder versucht, und daran regelmäßig scheitert ...

Im Herbst 2009 wurde besagter »Vollprofi« dann blitzartig als Ersatz für Andreas Unterberger zum Chef der »Wiener Zeitung« gemacht. Vom roten Bundeskanzler Faymann, der offenbar kritische Kommentare in »seiner« Zeitung nicht verkraftete. Aber selbstmurmelnd hatte das alles nichts, aber schon gar nichts mit Parteipolitik und Postenschacher zu tun!

Wes Geistes Kind besagter »Vollprofi« ist, konnte man schon aus seinen lichtvollen Erläuterungen zur Wirtschaftskrise (damals noch im Wirtschaftsteil des »Kurier«) erkennen. Da finden sich erlesene Köstlichkeiten wie die folgende:
Da wurde uns jahrelang erklärt, Staatsbetriebe müssen an die Börse, weil die privaten Aktionäre sind ein Dynamo für das Management. Staatsbetriebe hingegen sind träge, plump, dumm und humorlos. Nun, AUA, Post und Telekom Austria sind an der Börse. Ihre Aktienkurse sind – nicht nur wegen der Finanzkrise – zum Fürchten. Und der Dynamo hat sich als löchriger Reifenschlauch herausgestellt. Tausende Jobs gehen nun verloren, obwohl der schlichte Reim ‚weniger Staat, mehr privat’ jahrelang wie ein wirtschafts-politisches Vaterunser gebetet wurde. Es zeigt sich, dass Unternehmen vor allem zwei Dinge brauchen: Ausreichend Kapital und ein cleveres Management. Dass in den Vorständen nach den politisch motivierten Ablösen seit dem Jahr 2000 arg daneben gegriffen wurde, ist evident. Und kostet viel Geld und Arbeitsplätze. Krisenzeiten zeigen, dass der Staat im Ernstfall einspringen muss. Dass er in guten Zeiten nur zuschauen kann, wie Private über die Börse die Gewinne einstreifen, ist ab nun nicht mehr einzusehen.
Dieser Aufruf zu mehr Staatswirtschaft wurde — wen wundert's — von einem sozialistischen Abgeordneten 2008 im Wiener Gemeinderat begeistert ohne Namensnennung zitiert, der auf den scherzenden Zwischenruf, ob dies von Che Guevara stamme, erklärte:
Der Che Guevara heißt Reinhard Göweil, und der Artikel findet sich auf Seite 1 des „Kurier“ vom 10. November dieses Jahres.
Das erklärt vieles, aber entschuldigt nichts ...

Besagter »Vollprofi« Göweil erklärte aus Anlaß seiner Installierung, die »Wiener Zeitung« solle eine »liberale, offene Qualitätszeitung werden« (nicht etwa »bleiben« — was demnach bedeutet, daß sie das unter Andreas Unterberger nicht gewesen wäre). Was nun versteht der »Vollprofi« unter »liberal«? Er zeigt es uns in der heutigen Ausgabe in seinem Leitartikel »Liberal ist das nicht«:
Im Umfeld von Barbara Rosenkranz und nun dem Wiener Akademikerbund taucht kurioserweise immer wieder das Wort "liberal" auf: Das NS-Verbotsgesetz aufzuheben sei notwendig, weil dies die Meinungsfreiheit einschränkt. Und Meinungsfreiheit sei doch ein Kernpunkt des Liberalismus.

Und daher solle – meint der Wiener Ableger des VP-nahen Akademikerbundes – auch gleich Fristenlösung, Gleichbehandlungsgesetz und Zuwanderung von Muslimen abgeschafft werden – das ist das Gegenteil von liberal.

Wiens ÖVP-Obfrau Marek spricht von "wirren Fantastereien", der Sprecher von Josef Pröll bezeichnet die Organisation als "Sumpftruppe".

Alles richtig. Eher beängstigend ist aber, dass Österreichs reaktionäre Kreise den Liberalismus für sich beanspruchen. Deren Forderungen haben mit Freiheit so viel zu tun, wie Sonnenlicht auf die Rückseite des Mondes scheint.
Damit läßt der »Vollprofi« erkennen, daß er nicht nur von Wirtschaftspolitik, sondern auch von Liberalismus etwa so viel versteht, wie von Astrophysik. Also nicht viel. Denn Sonne scheint auf die Rückseite des Mondes genauso viel, wie auf die der Erde zugewandte Seite, nur eben zu anderen Zeiten, und für den »Vollprofi« im Dunkel einer Neumond-Nacht nicht erkennbar. Und so hat der »Vollprofi« gegen seinen offensichtlichen Willen sogar recht: ja, die Forderungen des Wiener Akademikerbundes und aus dem Umfeld von Frau Rosenkranz haben mit Freiheit soviel zu tun, wie Sonnenlicht auf die Rückseite des Mondes scheint. Ganz richtig! Nur eben für Göweil und seinesgleichen nicht erkennbar, weil sie sich mit einem naiven Augenschein zufrieden geben, die Sache nur von einem Standpunkt aus betrachten und nicht einmal daran denken, etwas kritisch zu überdenken.

Und der »Vollprofi« schließt mit Aplomb:
Es ist hoch an der Zeit, den Begriff "liberal" aus der verstaubten Ecke herauszuholen. Es geht nicht um ökonomischen Neoliberalismus, es geht um gesellschaftlichen Liberalis-mus. Den rechten Recken geht es bloß darum, ihre vorgestrigen Anschauungen sympathisch zu ummänteln. Sozial-, Christdemokraten, Grüne und (ja, die gibt es noch) Liberales Forum sollten sich Gedanken machen, mit welchen Inhalten dieser Liberalismus gefüllt werden kann. Die volle Anerkennung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften ist ein Punkt.

In einer liberalen Gesellschaft herrscht der unbedingte Wille zum Rechtsstaat und zum demokratischen System. Eine solche liberale Gesellschaft muss aber intolerant gegen jede Form des Extremismus und ihrer Verniedlichung sein.
Schön gesagt. Nur bleibt uns der »Vollprofi« leider die Antwort schuldig, warum zwar die »volle Anerkennung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften« ein liberaler Punkt sein soll, aber die »volle Anerkennung der Meinungsfreiheit« keiner. Und er bleibt uns weiters die Antwort schuldig, wie der »unbedingte Wille zum Rechtsstaat« mit dem zum »demokratischen System« vereinbar ist, wenn sich dies in der Realität unseres »demokratischen Systems« in seiner Unvereinbarkeit nur allzu deutlich präsentiert? Oder ist dem »Vollprofi« etwa nicht aufgefallen, daß nicht nur die Bestellung von Chefredakteursposten der »Wiener Zeitung«, sondern auch die Bestellung von Richtern nach parteipolitischen Kriterien erfolgt? Daß etwa unser höchstes Gericht, der Verfassungsgerichtshof, seit seiner Entstehung ganz ungeniert nach Parteiproporz besetzt ist? Daß schon seit Brodas unseligen Zeiten rote Seilschaften unsere Staatsanwaltschaft dominieren? Daß praktisch alle Spitzenbeamten (von ein paar parteilosen Feigenblättern bzw. durch Koalitionsübereinkunft seinerzeit avancierten »Blauen« abgesehen) nach dem seit Jahrzehnten großkoalitionär ausgepackelten Proporzsystem besetzt werden?

Dann ist dem »Vollprofi« sicherlich auch nicht aufgefallen, daß jeder, der sich gegen dieses korrupte System der Parteienklüngel, das man so nett behübschend »Realverfassung« nennt, wendet, sofort des »Extremismus« geziehen und — wo seine Existenzvernichtung nicht möglich ist — wenigstens derart massiv ausgegrenzt wird, daß alle anderen, weniger mutigen, die Lektion nicht vergessen und weiter kuschen!

Göweils Bestellung zum Chefredakteur war (wie auch die einfach letztklassige Form der Abservierung Unterbergers) ein Sittenbild unserer Politik im allgemeinen, und der Politik der Roten im besonderen. Von einem Jubelperser, der von solchen Kräften an die Spitze der ältesten Zeitung Europas geschwemmt wurde, kann man nicht viel erwarten, das ist schon klar. Aber von so jemandem dann noch ein vollmundiges »Liberal ist das nicht« zu hören, das ist nur noch eines: lächerlich!

»Ein Vollprofi«, meinten seine Kollegen? Nun, mir fiele da spontan ein anderes mit »Voll-« zusammengesetztes Wort ein. Der andere Wortbestandteil wird von einer Reihe solider Firmen hergestellt. Nur: was die Qualität angeht, ziehe ich diesem Herrn Göweil jeden anderen vor — er muß nicht einmal von Louis Vuitton sein ...

Montag, 22. März 2010

Manche lernen's nie

... z.B. die US-»Demokraten« (recte: Sozen), die jetzt mit schmaler Mehrheit eine für die Staatsfinanzen höchst ungesunde Gesundheits»reform« durchgeboxt haben. Nun, warten wir ab, was der Wähler im Herbst dazu sagen wird, ob Backaroma/Schokobama dann nicht als sprich-wörtliche lame duck im Weißen Haus sitzt und auf seine Abwahl wartet ...

Einer der großen Wirtschafts- und Gesellschaftsphilosophen des amerikanischen Libertarismus, Murray N. Rothbard, hat vor sechzehn Jahren zu Hillary Clinton's Sozialversicherungsplänen einen bemerkenswerten Essay geschrieben, der in vielem (obzwar nicht im Detail, aber im Grundsätzlichen!) angesichts des gestrigen Abstimmungssieges der »Demokraten« so aktuell ist wie eh und je.
The standard media cliché about the Clinton health plan is that God, or the Devil, depending on your point of view, "is in the details." There is surprising agreement among both the supporters and all too many of the critics of the Clinton health "reform." The supporters say that the general principles of the plan are wonderful, but that there are a few problems in the details: e.g., how much will it cost, how exactly will it be financed, will small business get a sufficient subsidy to offset its higher costs, and on into the night.

The alleged critics of the Clinton Plan also hasten to assure us that they too accept the general principles, but that there are lots of problems in the details. Often the critics will present their own alternative plans, only slightly less complex than the Clinton scheme, accompanied by assertions that their plans are less coercive, less costly, and less socialistic than the Clinton effort. And since health care constitutes about one-seventh of the American output, there are enough details and variants to keep a host of policy workers going for the rest of their lives.

But the details of the Clintonian plan, however diabolic, are merely petty demons compared to the general principles, where Lucifer really lurks.
[hier weiter]
Lesenswert. Und für Europäer, insbesondere Mitteleuropäer mit ihrer jahrzehntelangen roten Gehinrwäsche, schon fast jenseits der Grenze des zu Denken statthaften. Trotzdem oder gerade deshalb: Lesen!

Dienstag, 16. März 2010

Nützliche Idioten

... scheinen in der Tat nicht recht verstanden zu haben, worum es in der ganzen »Mißbrauch«-Medienorgel eigentlich geht. Da stehen die ganz 150%igen Libertären und Freidenker auf und sind ganz zackig auf »Verteidiger des Freigeists« unterwegs. Daß eine ganz offensichtlich aus dem Hintergrund gezielt angezettelte und geschürte Kampagne in Wahrheit auch den freigeistigsten Menschen (und, eigentlich, gerade diesen!) mit tiefster Besorgnis erfüllen sollte, darauf kommen diese Kämpen gegen Pfaff & Teufel gar nicht ... jo, mei! Insancta simplicitas, halt.

Als alter Freigeist (wie oft wurde ich in allen möglichen Foren von strenggläubigen Katholiken wie Protestanten gescholten, wenn ich recht unverblümt Skepsis gegenüber Fundamentalismen und kritiklosen Nachbetereien artikulierte!) stehe ich in dieser Sache trotzdem auf Seite dessen, der zu Unrecht angegriffen wird. So, wie ich es z.B. vor Jahren nun einmal nicht mochte, daß vor Gericht ein — zwar ganz offensichtlich schuldiger — Angeklagter von einem Richter im Prozeß geschurigelt wurde, daß es nur so eine Freud' war (und ich mir als bloßer Zeuge erlaubte zu bemerken, daß auch ein Verbrecher das Recht auf einen nicht voreingenommenen Richter habe), ebensowenig mag ich es nun, wenn mit offenkundig unterschiedlichen Maßstäben Ettaler Watschen zum Auffetten der etwas mageren Berichtslage um einen schwulen Pater zum "Mißbrauch" hochstilisiert werden, und gleichzeitig jahrelange, von einem ganzen Lehrerteam wochenend-planmäßig betriebene Odenwälder Hinterladereien klamm-heimlich im Pressearchiv entsorgt werden (aus welchem sie, soviel wage ich ohne große Gefahr zu prognostizieren, vermutlich nie mehr wieder auftauchen werden).

Das mag ich einfach nicht. Und der Gedanke, das jetzt höhnisch grinsend mit einem "Ätsch!" zu kommentieren, bloß weil ich — ich versuche fairneßhalber Katholen und Evangelen jetzt gleichermaßen gegen mich aufzubringen — die Meßopferlehre als magischen Mumpitz, oder die Rechtfertigunglehre samt den »solas« als ebenso ahistorischen wie unlogischen Schwachsinn betrachte, kann mich nicht erbauen.

Im Gegenteil: wer jetzt fröhlich Deschner & Co. zitiert, verrät m.E. damit, daß sein vorgeblicher Unglaube bei weitem nicht so gefestigt ist, wie er glauben machen will. Und darüber hinaus noch, daß er das eigentliche Problem, das allen Freiheitsfreunden unter die Haut gehen sollte, nicht einmal erkannt hat! Wer jetzt fleißig als nützlicher Idiot beim antikirchlichen Watschentanz mitplattelt, wird irgendwann erkennen müssen, daß selbst die Verbrechen der Kirchen immer noch vergleichsweise harmlos sind, wenn man sie mit den Monstrositäten explizit antikirchlicher und antireligiöser Ideologiesysteme vergleicht.

Und vielleicht erkennt er bei ein bißchen Nachdenken sogar schon jetzt, daß weder die Alptraum-Vision von "Brave New World", noch die von "1984", solche aus dem Weihrauchfaß sind. Aber, verdammt noch mal, uns dafür tausendmal wahrscheinlicher drohend als die Wiedereinführung der Spanischen Inquisition oder der päpstlichen Universalmonarchie ...

Montag, 15. März 2010

Mißbrauch

... berichtete die Main-Post in ihrer Ausgabe vom 5. Februar 2010,
... sei nicht kirchenspezifisch, sondern komme in allen Berufen vor, in denen Erwachsene mit Jugendlichen zu tun haben, sagt Chefarzt Manfred Lütz vom Kölner Alexianer Krankenhaus, das Therapiemöglichkeiten für Kirchenmitarbeiter bietet. Zugleich gebe es kein Untersuchungsverfahren etwa für Priesteramts-Kandidaten, mit dem pädophile Neigungen schon im Vorfeld entdeckt werden könnten. „Ganz ohne Frage und wissen-schaftlich unstreitig, gibt es an allen Schulen - ob nun in staatlicher oder evangelischer oder katholischer oder privater Trägerschaft - pädophile Lehrer“, sagt der Leiter des Instituts für Forensische Psychiatrie an der Charité in Berlin, Prof. Hans-Ludwig Kröber. Dies komme an Schulen, deren Lehrer nicht zum Zölibat verpflichtet wären, nicht seltener vor.

„Die Zahlen, soweit man sie auswerten kann, sprechen eher dafür, dass die katholischen Priester und Ordensleute im Vergleich zur Durchschnittsbevölkerung unterdurch-schnittlich häufig sexuelle Missbrauchsdelikte an Kindern begehen“, sagt Kröber. „Der Zölibat macht natürlich nicht pädophil; gleichwohl gibt es neben den zahlreichen Priestern, die sich ein Leben ohne partnerschaftliche Sexualität zu Recht zutrauen, einige Kandidaten, die glauben, von ihren sexuellen Problemen durch die klaren Vorgaben des Zölibats befreit zu werden.“ Einige Priester würden sich erst im Laufe der Zeit ein-gestehen, dass sie sich sexuell zu Kindern hingezogen fühlen.

„Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass Pädophile gezielt ins Priesteramt streben“, sagt Kröber. Manche suchten gezielt Berufe, in denen sie viel mit Kindern zu tun haben. „Priester oder Ordensmann zu werden, um dann als Lehrer an Kinder heranzukommen, wäre unnötig aufwendig und zudem unklug, weil der Priester oder Ordensmann sehr viel mehr Kontrolle und Beobachtung unterliegt als der normale Lehrer.“
Nun, der Lütz! Der Erz-Oberkathole aus dem konservativen Eck mit Hang zum Alten Ritus, der gibt halt Gefälligkeitsgutachten ab, könnte man ätzen. Mag ja sein, daß er ein qualifizierter Psychiater ist, aber sicher irgendwie voreingenommen ...

Nun, mag sein. Aber Prof. Hans-Ludwig Kröber? Der ist immerhin einer der profiliertesten Gerichtspsychiater Deutschlands, stammt aus protestantischer Familie (schon sein Vater wirkte als Chefarzt an den »v. Bodelschwinghschen Anstalten«), und ist als ehemaliges Mitglied des »Kommunistischen Bundes Westdeutschland« wohl nicht eben hochverdächtig, Mitglied einer katholischen Weltverschwörungsbewegung zu sein.

Meine Frage in dem Zusammenhang: warum kann man derlei wichtige und völlig eindeutige Informationen nur in unwichtigen Lokalzeitungen wie z.B. der Main-Post lesen, wohingegen Spiegel, SZ, ARD, ZDF und Consorten munter zum Halali auf Kirche & Zölibat blasen? Könnte es etwa damit zu tun haben, daß besagte Medienanstalten nicht bloß in Kauf nehmen, sondern ganz gezielt wollen, daß dieser »Skandal« zur Destabilisierung der Katholischen Kirche verwendet wird?

Und (noch ganz dezent nachgefragt): wäre das, so rein journalistisch-ethisch gesehen, nicht als flagranter
M i ß b r a u c h
zu bezeichnen ...?

Sonntag, 14. März 2010

Die Kampagne geht weiter ...

und zeitigt immer fauliger stinkende Blüten. Es ist nämlich in Wahrheit bloß eine Kampagne, auch wenn es verschiedene Ziele sind, die dabei jeweils — nur scheinbar ohne Zusammenhang — angegriffen werden. Aber die Stoßrichtung ist immer die gleiche: die heutigen Menschen- und Meinungslenker wollen jede, auch künftige Konkurrenz zu ihrer Deutungshoheit ausschalten. Mit allen Mitteln. Und ganz bevorzugt mit dem Mittel der Desinformation.

Da hat sich der angeblich dem »öffentlich-rechtlichen Bildungs- und Informationsauftrag« dienende ORF heute wieder besonders hervorgetan! Daß Interviews, Zusammensetzung von Diskussionsrunden, Auswahl und Tendenz der Berichterstattung schon seit Jahr(zehnt)en offenbar ständig zwischen SPÖ-Zentral und ORF-Studio abgesprochen werden, ist ja ganz offensichtlich. Daran ist man als Österreicher schon zu sehr gewöhnt, um darüber noch viel Aufhebens zu machen. Aber daß ein Redakteur des Rotfunks (angebliche oder wirkliche — jedenfalls aber sehr »wirklich« aussehende) Neonazis, die er kennt, zu einer FPÖ-Veranstaltung bestellt, damit sie dort über seine Aufforderung in »Sieg Heil!«-Rufe ausbrechen, und dabei, wie der Zufall so spielt, von ORF-Kameras gefilmt werden — das nun hat fast die Qualität der Sender-Gleiwitz-Berichterstattung der Nazis am 1. September 1939.

Die zweite und weitaus größere Front, die gegen die katholische Kirche, wird deshalb nicht vernachlässigt. Da erscheinen mit wohlkalkulierten Abständen immer neue Vorwürfe (deren »Qualität« ich bereits darlegte und keine neuerliche Erläuterung verdient), da gleitet — wer hätte es gedacht — die Odenwaldschule sacht aus der Wahnehmung, dafür wird dem Papst so ca. der Vorwurf gemacht, warum er sich denn beim heutigen Angelusgebet nicht aus dem Fenster gestürzt hat. Es ist schon irgendwie interessant, daß das Hochkochen jahrzehntealter Mißbrauchsvorwürfe in den U.S.A. vor einigen Jahren rein zufällig genau mit den Bedenken der katholischen Kirche gegen die Anzettelung eines Krieges im Irak koinzidierte, sodaß sich jetzt die Frage erhebt, warum in Deutschland, dessen Freiheit vielleicht demnächst (zur Entlastung des amerikanischen Budgets) verstärkt am Hindukusch verteidigt werden soll (wozu die katholische Kirche schon wieder eher zögerliche Begeisterung aufbringt), genau jetzt ein angeblicher Mißbrauchsfall nach dem anderen verauskommt, alle Verwundungen durch Internats-Ohrfeigen der letzten Jahrzehnte auf einmal im unermeßlichem Leid der Opfer aufbrechen und diese ausbrechen läßt — diesmal nicht in bestellte »Sieg-Heil«-Rufe, sondern in tiefempfundene und nur zufällig äußerst nützlich für künftige Maßregelungen verwendbare Weh- und Klagerufe gegen den Zölibat, die Sexualmoral und die Verlogenheit der Kirche.

»Ich kann gar nicht soviel fressen, wie ich kotzen möchte«, sagte der große, alte Liebermann 1933. Nun, mittlerweile sind wir wieder so weit ....

Samstag, 6. März 2010

Kloakenschreiber

Unter diesem lapidaren Titel erschien heute ein, wie immer, ausgezeichneter Artikel auf »Manfreds politischen Korrektheiten«, der sich mit der Medienberichterstattung über Übergriffe in katholischen Privatschulen beschäftigt.
Man hätte schon stutzig werden sollen, als es mit der Berichterstattung zu den Fällen von Kindesmissbrauch am Berliner Canisius-Kolleg losging. Es handelte sich um Vorfälle aus den achtziger Jahren, bei denen man sich demgemäß fragen musste, wie und warum sie es im Jahr 2010 in die Medien schaffen konnten. Etwa ihrer Aktualität wegen?

Seitdem vergeht praktisch kein Tag ohne neue einschlägige Schlagzeilen. Der Eindruck, der offenkundig erweckt werden soll, lautet, dass katholische Priester Leute seien, die sich ständig an kleinen Jungs vergreifen. Nehmen wir einen Bericht von n24:
Prügel „noch und noch“.
Erschütternde Details im Missbrauchsskandal
Die katholische Kirche steht wegen zahlreicher Missbrauchsfälle im Visier der Öffentlichkeit. Dabei sickern immer neue, entsetzliche Details ans Licht.
Damit wird der Leser auf ganz bestimmte Lesart eingestimmt: Er soll glauben, es gebe – erstens – aktuelle Fälle von – zweitens – sexuellen Übergriffen (das Wort “Missbrauch” wird mit Kinderschänderei assoziiert; die „Prügel“, von denen die Rede ist, werden deutlich kleiner gedruckt, nach dem Motto: „Die gab’s auch noch“), und die Kirche versuche dies – drittens – zu vertuschen („sickern ans Licht“).

Solche Einleitungen setzen einen Kontext und suggerieren ein bestimmtes Vorverständnis. So setzt man dem Medienkonsumenten eine ganz bestimmte Brille auf die Nase und kann sich darauf verlassen, dass neunzig Prozent aller Leser, nämlich die, die immer noch Vertrauen zu den Medien haben, die nun folgenden Informationen genau entlang dieser Vorgabe interpretieren werden.

Der Schreiber kann es sich jetzt sogar leisten, gegenläufige Fakten zu nennen: Der Leser wird es nicht merken! Er wird jeden Widerspruch zwischen dem vorgegebenen Tenor und den anschließend referierten Fakten zugunsten der Vorgabe auflösen. Sogar Informationen, die die vorgegebene Interpretation eindeutig widerlegen, werden so aufgefasst, als hätten sie sie bestätigt.
Es ist in der Tat auffällig, daß ein anderer, dieser Tage berichteter Fall deutlich sanfter in der Medienwelt weitergegeben wird: die elitäre Odenwaldschule, ein UNESCO-Vorzeigeprojekt, immer schön progressiv und zeitgeistig. Und hier fand nun eben tatsächlich das statt, was die Medienschreiberlinge bei den katholischen Internaten zum größten Teil bloß herbeischreiben wollen: sexueller Mißbrauch von Internatszöglingen.

Denn anders, als es die Aufmachung suggeriert, geht es in den »Mißbrauchsfällen« in katholischen Internaten zum allergrößten Teil um — früher leider, und nicht nur im katholischen Bereich, übliche — Mißhandlungen (Prügel, Ohrfeigen etc.), nicht um sexuellen Mißbrauch der Zöglinge. In der Odenwaldschule dagegen wird seitens ehemaliger Schülern berichtet, daß sie, 13- und 14-jährig, von ihren Lehrern morgens durch Streicheln der Genitalien »geweckt« wurden, als »sexuelle Dienstleister« für ganze Wochenenden eingeteilt zu Oralverkehr gezwungen wurden. Von einzelnen Lehrern seien Schüler an Gäste zum sexuellen Mißbrauch überlassen worden (Frankfurter Rundschau v. 6.3.2010).

Dennoch ist — bis auf den vorgenannten Bericht — in den Medien weitestgehend »Schweigen im Odenwalde« angesagt. Man kann sich doch nicht um alle Lokalaffären kümmern, net wahr? Sind doch eh auf der rechten, will heißen: linken Seite, da will man doch kein Netzbeschmutzer sein. Angesichts der Tatsache, daß auch der einschlägig bekannte Herr Cohn-Bendit die Odenwaldschule besucht hat, erscheint vielleicht manche seiner krausen Äußerungen über die Sexualität von Minderjährigen in einem neuen Licht ...

Das alles ist nun deutlich stärkerer Tobak als das meiste, was in den letzten Wochen über katholische Schulen berichtet wurde, wo trotz sicher aufopferungsvoller Recherche-Anstrengungen der Medienschreiber meist doch nur Watschen aufgedeckt wurden — oder im Fall des Klosters Ettal etwa
... geht es um einen suspendierten Ettaler Pater, der Fotos von halbnackten Klosterschülern auf Homosexuellen-Seiten im Internet veröffentlicht haben soll. Der Pater habe die Fotos der Jungen mit freiem Oberkörper bei Bergwanderungen gemacht.
Na erschütternd! Welch kinderpornographische Abgründe sich da auftun! Nackte Oberköper von halbwüchsigen Buben ... huch! Kurze Frage: haben die p.t. Schreiberlinge schon einmal ein Freibad besucht oder Urlaub am Meer gemacht?

Manfreds Artikel schließt — und wohl völlig berechtigt — daraus folgendes:
Wenn offenkundig sämtliche linken und „liberalen“ Journalisten der Republik wochenlang im Umkreis der Kirche jedes Steinchen umdrehen und so gut wie keine aktuellen Fälle von Kindesmissbrauch oder -misshandlung finden; wenn sie deswegen auf Vorfälle zurückgreifen, die zwanzig bis sechzig Jahre zurückliegen, dies aber in einem Tenor, als seien sie aktuell: Was schließen wir daraus?

Wir schließen daraus erstens, dass in den Einrichtungen der katholische Kirche im Großen und Ganzen genau die anständigen Menschen arbeiten, die wir legitimerweise dort vermuten durften; und zweitens, dass in den Redaktionen unseres Landes genau das verlogene und verkommene Pack von Kloakenschreibern sein Unwesen treibt, das wir dort vermutet haben.
Ein Schluß, dem man sich angesichts der in Österreich dieser Tage am Köcheln gehaltenen »Affäre Rosenkranz« nur anschließen kann! So, wie es dort um gezielte Desavouierung der katholischen Kirche ging, ist es hier eine oppositionelle Präsidentschaftskandidatin, die von der linken Medienmeute gezielt fertiggemacht werden soll, um die triumphale Wiederwahl des ebenso farblosen wie »anpassungsfähigen« Amtsinhabers Heinz Fischer nicht zu stören.

Und da man sie persönlich leider nicht anpatzen kann, wird halt gelogen, was das Zeug hält! Da wird ein Interview, in welchem sie bestimmte Paragraphen des NS-Verbotsgesetzes als im Spannungsverhältnis zur Meinungsfreiheit stehend bezeichnet, in den Medien unter der Schlagzeile »Rosenkranz fordert Abschaffung des Verbotsgesetzes« berichtet. Da wird aus der Tatsache, daß man ihr keine neonazistischen Äußerungen nachsagen kann, flugs gefolgert, daß sie diese eben geschickt in »rechtsextremen Codes« zu verbergen wisse. Man muß nicht Sir Karl Popper gelesen haben, um zu verstehen, daß letzerer Vorwurf schon ganz prinzipiell nicht falsifizierbar ist — und damit bloß eines: Ideologie pur!

Es bleibt das wenig erfreuliche Fazit, daß der herrschende Zeitgeist, von Altachtundsechzigern, ihren Berufsantifaschisten und sonstigen patentierten Gutmenschen geprägt, sich derzeit noch als kaum überwindbar erweist. Die Hoffnung freilich, daß der monolithisch meinungslenkende Medienblock durch das Internet erste Risse zeigt, besteht. Kaum eine Zeitung mit Qualitätsanspruch kann es sich heute noch leisten, ohne Online-Ausgabe mit direkter Kommentarfunktion unter dem Artikel zu erscheinen. Wenn auch diese elektronischen »Leserbriefe« oft schnell wieder verschwinden, weil sie nicht ins redaktionelle Konzept passen — sie sind wenigstens für kurze Zeit online gestanden, ihr Verschwinden wird bemerkt und als Zensur viel allgemeiner wahrgenommen, als früher das Nichterscheinen eines per Post gesandten Leserbriefes denkmöglich wahrgenommen werden konnte. Ganz abgesehen davon, daß eine gezielte Verfestigung eines gewünschten »Meinungsbildes« durch die Medien aufgrund der Schnelligkeit der hereinkommenden Leserreaktionen immer unmöglicher wird. Und das Murren in der »Gegenöffentlichkeit« abertausender Blogs und Foren immer unüberhörbarer.

Deshalb auch die Bereitschaft der etablierten Medienschreiber, die lästige Konkurrenz durch staatliche Bespitzelung des Internets möglichst ausschalten zu lassen. Was kümmert sie denn die Internetzensur, wenn sie selbst doch längst Teile unseres Machtsystems sind und daher keine Zensur zu fürchten haben — da sie selbst es sind, die durch ihre Nachrichtenauswahl die wirksamste, nein: die allein wirksame Zensur betreiben!

Dennoch: die Hoffnung stirbt zuletzt. Und so, wie das unsere Machthaberer*) störende Phänomen immer unsicherer werdender Meinungsumfragen die gezielte Steuerung hinter den Kulissen unserer »Demokratie« immer fehleranfälliger macht (wer hätte z.B. eine satte Mehrheit für das Anti-Minarett-Begehren erwartet?), so wird auch in andern Belangen die »Macht der Großen über die Kleinen« durch die »Macht der Flinken über die Trägen« ersetzt werden. Und, welch Glück und zugleich die einzige Hoffnung für unsere Freiheit: die Medienkonzerne sind inzwischen träge geworden — versteinert in politisch korrekten Regelsystemen, in der Ineffizienz ihrer Abläufe, in der Schlampigkeit ihrer Recherche, im billigen Opportunismus gegenüber Sponsoren und »Public relations«.

Höchste Zeit, sie in die Kloake zu spülen, in die sie schon lange gehören ...

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*) »Haberer« = »Freund, Kumpan«. Geniale Wortprägung der ehemaligen SPÖ-Abgeordneten Ottilie Matysek, die durch ihre Bereitschaft zu wahrheitsgemäßer Zeugenaussage seinerzeit die maßgebliche Inszenierung der sogenannten »Waldheim-Affaire« durch die SPÖ entlarvte, was schließlich zum Rücktritt und zur Verurteilung des damaligen SPÖ-Bundeskanzlers und einer Reihe weiterer SPÖ-Spitzenfunktionäre wegen falscher Zeugenaussage führte.

Freitag, 5. März 2010

Die Mauer wird höher

Nachdem zunächst die üblichen Verdächtigen (© »Casablanca«) linker Schlagseite die Errichtung eines virtuellen antifaschistischen Schutzwalles um Barbara Rosenkranz betrieben haben, ist mittlerweile die Mauer um sie schon recht hoch und massiv geworden. Ehemalige Polit-Prominente, die mental den Absturz in die — wenngleich wohldotierte — Bedeutungslosigkeit des Rentnerdaseins nicht verkraftet haben, melden sich zu Wort: z.B. der ehemalige ÖVP-Landwirtschaftsminister und EU-Kommissar Fischler (»Nach ihren letzten Aussagen glaube ich nicht, daß vernünftige Menschen Frau Rosenkranz wählen«), oder der Ex-ÖVP-Obmann und Vizekanzler Busek (»... keine ernstzunehmende Kandidatin«). Ob die Vernunft besagter Herren ernstzunehmen ist, wollen wir jetzt lieber nicht erörten ...

Und heute auch der Wiener Erzbischof Christoph Kardinal Schönborn. Es ist nun nicht ganz klar, was (oder wer?) unseren sonst so vorsichtig lavierenden Purpurträger geritten hat, sich an diesem heißen Eisen die Finger zu verbrennen — vielleicht war es die pure Verzweiflung nach den Diskussionen in der eben beendeten Bischofskonferenz, in der es laut wohlunterrichteten Kreisen u.a. um die Probleme mit Kindesmißbrauch in der Katholischen Kirche ging. Vielleicht, dachte er, ist es da ganz praktisch, eine kleine Vorleistung nach links zu erbringen, indem man die Rosenkranz als unwählbar bezeichnet — damit erkauft man sich bei der bekannt roten Staatsanwaltschaft vielleicht ein paar Verfahrenseinstellungen mangels Beweisbarkeit. »Do ut des«, sozusagen ...

Aber vielleicht auch andersrum (ich meine natürlich den Vorgang, nicht Eminenz — obwohl ... na, lassen wir das ...), und die bereits ob interner Umfragen in Panik kollabierenden Roten haben sich vor dem Herrn in Rot auf die Knie geworfen und in tiefer Not um seine segensreiche Unterstützung gefleht, wer weiß? Poster »Basisschaf aus der Herde des Kardinals« brachte es jedenfalls exakt auf den Punkt:
Eigentlich wollte der Hwst. Herr Kardinal sicher sagen, daß seine Schäfchen einen christlichen Kandidaten wählen sollen, falls denn ein solcher kandidiert. Vor die Wahl zwischen UHBP und Frau Rosenkranz gestellt, kann man als Christ nur feststellen,
* daß beide keine Christen sind,
* daß es Christen in Nordkorea nicht besser geht als im Deutschland des Herrn H.,
* daß UHBP der erste Präsident ist, der beim Papst eine Audienz bekommen hat,
* daß Frau Rosenkranz gegen Abtreibung ist - UHBP definitiv nicht.
Daß die Biographie von UHBP in der Dombuchhandlung verkauft wird, ist sicher nur Zufall.
Man muß sich als Christ also entscheiden, ob Abtreibung oder eine Papstaudienz das wichtigere Kriterium ist.
Im übrigen betreibt neben dem Polit-Establishment auch »Die Presse« das gewohnte Spiel: subversive Desinformation. Wenn z.B. Schönborn gegen Rosenkranz losgeht, dann wird er in der — Faktizität suggerierende — direkten Rede zitiert: »Wenn sich jemand ... bewirbt und in der Frage ... einen Spielraum offen lässt, dann ist so jemand für mich nicht wählbar.«

Wenn Rosenkranz die eklatanten Lügen (denn auch das sinnentstellende Verschweigen eines wichtigen Teiles einer Aussage ist eine Lüge!), die über ihre Aussagen veröffentlicht wurden, richtigstellt, dann wird selbstverständlich nur in der — bloßen Meinungscharakter suggerierenden — indirekten Rede berichtet: »Vielmehr habe sie auf Nachfrage festgestellt, dass ... widersprechen würden.«

Drei Fragen drängen sich da auf, geschätzte »Presse«-Redaktion:

1.) warum titelt »Die Presse« bis heute: »Rosenkranz für Aufhebung von NS-Verbotsgesetz« — wenn es aufgrund des völlig eindeutigen Wortlautes des Interviews nicht darum ging, »das Verbotsgesetz« aufzuheben, sondern einzelne Bestimmungen darin, welche die Bezeichnung »Gummipraragraph« zu Recht verdienen, als dem Grundrecht auf Meingungsfreiheit eklatant widersprechend zu ändern?

2.) Warum zitiert »Die Presse« nicht wörtlich diese Aussagen von Rosenkranz? Oder hat sie Angst, daß die Aufdeckung der ungenierten Lügen von linker Seite ihre Presseförderung beeinträchtigen könnte?

3.) Warum hält es »Die Presse« in diesem Artikel nicht für erforderlich, die Leser davon in Kenntnis zu setzen, daß genau das, was Frau Rosenkranz bemängelt, von ihrem eigenen Chefredakteur bereits mehrfach bemängelt wurde? Sogar der in der Nachrichtenübersicht aufscheinende Link auf seinen aktuellen Kommentar zu der Sache ist recht klein geraten.

Der linken Polit- und Medienmafia ist es natürlich völlig egal, daß durch diese gezielten, über die Austria Presse-Agentur ständig wiederholten Meldungen im Ausland (welches wegen der Bedeutungslosigkeit Österreichs über die ganze Frage mehr als unzureichende Vorkenntnisse hat) ein recht unschönes Bild Österreichs hinterlassen. Was aber der herrschenden Filzokratie weit weniger ausmachen dürfte, als ein sonst allfällig drohender Machtverlust.

Andererseits erinnert natürlich das Zusammenstehen der Altparteien in dieser Frage an die Situation in der DDR vor dem Fall der Mauer: auch hier wurde »gemauert«, was das Zeug hielt. Auch hier sprachen sich noch im September 1989 hochrangige Kirchenvertreter für den Fortbestand der DDR aus und geißelten den Egoismus derer, die aus diesem miefigen Arbeiter-und-Bauern-Paradies flüchten wollten. auch hier waren die Interessen der Blockparteien sehr synchron mit denen der herrschenden Sozialisten — bis irgendwann die Situation kippte und das Volk durch eine »Abstimmung mit den Füßen« das ganze Kartenhaus zum Einsturz brachte.

Es ist nicht gesagt, daß dies in Österreich schon bei der kommenden Bundespräsidentenwahl gelingen wird. Wahrscheinlicher ist wohl, daß der Amtsinhaber bei niedriger Wahlbeteiligung wiedergewählt wird. Wie gut dabei das Ergebnis für die Gegenkandidatin ausfallen wird — nun, das wird nicht zuletzt von der Medienkampagne abhängen, deren Untergriffigkeit schon jetzt übles erwarten läßt. Entscheidend wird dabei sicherlich sein, ob die »Kronen-Zeitung« Angst vor der eigenen Courage bekommt oder durch üppige Inseratenabgebote seitens der tiefroten Gemeinde Wien hinreichend bestochen bewogen werden kann, Rosenkranz fallenzulassen.

Eine traditionell fade Sache wie der österreichische Bundespräsidenten-Wahlkampf, verspricht durchaus spannend zu werden.

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P.S.: Als Waldheim nach einer Schlammschlacht, in welcher man von linker Seite vor der Veröffentlichung nachweislich gefälschter Dokumente nicht zurückgeschreckt war, schließlich doch gewählt war, meinte ein — selbstverständlich linker — Auslandskorrespondent grimmig, man werde nun dafür sorgen, daß Waldheim wenig mehr machen könne, als Chrysanthemen-Ausstellungen zu eröffnen. Der Hinweis, daß österreichische Bundespräsidenten im Regelfall eigentlich diese Kompetenz besitzen, wurde mit ungläubigem Staunen entgegengenommen. So gesehen fragt sich schon: warum hat Frau Rosenkranz, die doch eine fähige Regionalpolitikerin ist, sich diese Kandidatur eigentlich angetan, bei der sie davon ausgehen konnte, daß sie sich entweder opportunistisch verbiegen müßte, und wenn sie das ablehnt, von der Lebenslügen-Partnerschaft der Großkoalitionäre als Unperson niedergemacht wird. Umso bewundernswerter ihr Engagement!

Donnerstag, 4. März 2010

Einen antifaschistischen Schutzwall brauchen wir! Jawoll!

Der oberste Bedenkenträger der Republik, Exzellenz HeiFisch, dessen große Verdienste um die freundschaftlichen Beziehungen Österreichs zu Nordkorea gar nicht genug gewürdigt werden können, redet nicht lange um den Brei herum (wie ihm Böswillige manchmal unterstellen). Vielmehr meldet er sich — wie das selbsternannte Qualitätsmedium Österreichs, »Die Presse«, zu melden weiß — zum Wort:

Jemand, der sich zur Zweiten Republik bekennt, kann das, was während des Zweiten Weltkrieges passiert ist, weder gutheißen, noch lobpreisen, noch verherrlichen.

Er bleibt uns leider den konkreten Anwendungsfall zu nennen schuldig, wer denn das, was während des Zweiten Weltkriegs passiert ist, gutgeheißen, lobgepriesen oder verherrlicht hätte. Die Nennung fiele ihm auch schwer, denn Frau Rosenkranz — wir dürfen annehmen, er habe sie gemeint — hat weder gutgeheißen, noch lobgepriesen oder gar verherrlicht. Sie hat vielmehr über Befragen eine teilweise Aufhebung des Verbotsgesetzes vom 8. Mai 1945 angeregt, da die darin enthaltenen Gummiparagraphen allen Grundsätzen der Meinungsfreiheit Hohn sprächen. Was sie bereits seit Jahren tut (und trotzdem vom Bundespräsidenten, besagtem HeiFisch, das »Große Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich« verliehen bekam), und nicht nur sie, sondern auch des Neonazitum recht unverdächtige Personen, wie z.B. der libertäre Kolumnist Christian Ortner, oder der Chefredakteur der »Presse«, Michael Fleischhacker (vgl. auch hier).

Nun geht es ja in der Politik eher nicht darum, daß das, was ein Politiker sagt, wahr ist, oder gar das, was man über einen Politiker der Gegenseite behauptet, wahr wäre — wichtig ist vielmehr, daß man Unwahrheiten mit Nachruck und »von der richtigen Seite« (also: der linken) behauptet, dann paßt's schon. Irgendwann ist in diesem Getöse die eigentliche Aussage und der tatsächliche Sachverhalt hoffnungslos untergegangen, und spätestens dann kann man demjenigen, dem man irgendwelche Aussagen wahrheitswidrig unterstellt hat, mit moralinsauerer Miene vorwerfen, er sei »unwählbar« und polarisiere. Ein altes Rezept, das wenigstens solange funktionieren wird, als es unter den Medienleuten eine satte linke Mehrheit gibt.

Dennoch: die Situation entbehrte offenbar nicht einer gewissen Brisanz. Vermutlich ist den spin doctors nach Ankündigung der Kandidatur von Rosenkranz (und ihrer Unterstützung durch die »Kronen-Zeitung«) klargeworden, daß HeiFisch in ihr eine zwar noch immer nicht wirklich chancenreiche, aber eben doch unangenehm »beanspruchende« Gegenkandidatin erhalten hat. Kein Morgenspaziergang, sozusagen. Sich im Klo der Hofburg einzusperren wäre vermutlich nicht strategisch ausgefeilt genug, daher müssen Taten gesetzt, oder doch wenigstens Phrasen über's Tatensetzen gedroschen werden.

Und so meldet er sich also zu Wort: eine Feuermauer muß her. Ein antifaschistischer Schutzwall, sozusagen. Nun, die Linken haben mit derlei Dingen ja Erfahrung. 1961 wurde ein festkörperlicher antifaschistischer Schutzwall um Westberlin errichtet. Damit endlich die pöhsen Aggressionen aus dem Westen endeten, welche dazu führten, daß die Menschenmassen, die vor braven DDR-Antifaschisten bösartigerweise in den Westen flüchteten, endlich im Antifaschismus gefangen, will heißen: quasi freiwillig im realen Sozialismus ... also, wurscht: die G'fraster konnten nicht einfach wegrennen. Darauf kam's an!

Und jetzt also ein immaterieller antifaschistischer Schutzwall, der dafür sorgen soll, daß die Hofburg für immer in roter Hand bleibt. Vielleicht nicht gerade in dynastischer Form, wie z.B. in Nordkorea, also einem besonders vorbildlich entwickelten antifaschistischen Staatswesen, aber doch immerhin nachhaltig genug, daß auch die nächsten Generationen unter der segensreichen Regentschaft real existierender sozialistischer Bundespräsidenten und Bundeskanzler leben dürfen. Mit angeschlossenen Blockparteien ÖVP und GrünInnen.

Nun, sozialistische Systeme (egal, ob demokratisch behübscht, oder nicht!) können durchaus eine gewisse Lebensdauer haben — manche dauerten vierzig Jahre, wie die DDR, in einem anderen Fall dauerten tausend Jahre dann doch nur zwölf, in Rußland konnten sich die Menschen dafür über mehr als siebzig Jahre am Sozialismus erfreuen. Auch Nordkorea, dem sich unser Staatsoberhaupt so freundschaftlich verbunden weiß, ist dieser ehrwürdigen Zahl schon recht nahe — ein leuchtendes Vorbild! Schließlich sind seit 1970, der Regierungsübernahme durch Kreisky, nun auch schon vierzig Jahre vergangen, also, denkt sich HeiFisch, sollten doch die nächsten dreißig auch noch hinhauen ...

Dienstag, 2. März 2010

Wozu abhören, wenn man Computeranalysen hat?

Als seinerzeit in Deutschland die Vorratsdatenspeicherung eingeführt wurde, meinten ihre Befürworter abwiegelnd, daß das alles ja keineswegs so schlimm sei, denn die Gesprächsinhalte würden ja nicht abgehört, nur die Verbindungsdaten: wer, mit wem, von wo, wohin. Das könne doch ohne konkreten Tatverdacht ganz unbesorgt bespeichert werden. Und werde ohnehin nur sechs Monate lang aufbewahrt. Und es gab genug, die sich davon einlullen ließen. Nichts dagegen, ich habe doch ohnehin nichts zu verbergen ...

Diesen gutgläubigen Menschen wird nun durch einen Artikel von Frank Rieger auf FAZ.net gehörig die Naivität geraubt.
Sechs Monate sind eine lange Zeit. Die meisten Freunde, Verwandten, Geschäftspartner und Bekannten kontaktieren wir in dieser Frist wenigstens einmal. Mit Menschen, die in unserem Leben wichtig sind, kommunizieren wir innerhalb eines halben Jahres gar Hunderte Male. Dieses Verhalten liefert einem Auswertungsalgorithmus erste Anhaltspunkte, um unser Leben digital zu rekonstruieren. Die Art und Weise, wie aus algorithmischer Sicht Telefonkontakte verarbeitet werden, kann man sich graphisch als ein Spinnennetz vorstellen, in dem die einzelnen Personen, Firmen oder Anschlüsse die Knotenpunkte sind.

Die Fäden im Spinnennetz sind Pfeile, welche die Kommunikationsrichtung zwischen den Knoten aufzeigen. Im nächsten Schritt wird die Anzahl der Anrufe, E-Mails und SMS gezählt, die zwischen der Zielperson und jedem einzelnen Kommunikationspartner ausgetauscht wird. Je häufiger der Kontakt, desto breiter die Spinnenfäden. Die sogenannte Gewichtung der Kontakte, abhängig vom Auswertungszweck, offenbart weitere Einsichten. Jemand, mit dem man nachts um drei eine Stunde lang telefoniert, ist vielleicht interessanter als jemand, mit dem man primär zu Geschäftszeiten kurze Telefonate und E-Mails austauscht. Andere Gewichtungskriterien können Orte oder Zeiträume sein. Es entsteht ein anschau-liches soziales Bild, mit wem eine Zielperson wie eng verbunden ist.
Rieger nimmt das Beispiel einer Protestgruppe von Milchbauern her. Wer würde denn das legale, grundrechtlich gewährleistete Demonstrationsrecht beschneiden wollen? Aber der Staat doch nicht! Wir sind doch alle-alle-alle-Demokraten, weil wir so brav sind, weil wir so brav sind ... (es darf geschunkelt werden). Nur:
Wie der typische Informationsfluss innerhalb eines sozialen Gefüges abläuft, lässt sich automatisiert an der zeitlichen Abfolge von Gesprächen ersehen. Üblich ist dazu die Auswahl einer Nachricht oder eines Ereignisses, das für viele der Erfassten von Interesse ist. Wie bei einem Stein, der in einen stillen Teich geworfen wird, schaut man zu, wie die Informationswellen ihren Weg nehmen. Eine Verfügung etwa, die eine Demonstration untersagt, wird dazu führen, dass es hektische Telefonate und SMS zwischen den Milchbauernprotestlern gibt. Durch algorithmische Auswertung, wer zuerst mit wem telefoniert, wer mit den meisten anderen spricht und wie schnell und wohin sich die schlechte Nachricht verbreitet, wird die Macht- und Informationsstruktur der Gruppe auf Knopfdruck offenbart. Auch ohne Kenntnis der Gesprächs- oder Nachrichteninhalte - die nur durch Hineinhören zu erlangen wäre - lässt sich allein aus dem zeitlichen Kontext und der Reihenfolge des Kommunikationsflusses eine hohe Informationsgüte extrahieren, nahezu vollautomatisch.
Und schließlich (worauf man meist zu vergessen pflegt):
Die drastische Verbilligung der Mobilfunktechnik führt dazu, dass sie in immer mehr Alltagsgeräten zu finden ist. Vom Amazon Kindle über das iPad, Navigationsgeräte, tragbare EKGs und Insulinpumpen bis hin zu aktuellen Oberklasse-autos, überall sind kleine Funkmodems eingebaut, die neue Bücher, Musik, Medizin- oder Kartendaten übertragen. Im Falle des vernetzten Autos werden auch Wartungsinformationen gesendet und empfangen, automatische Hilferufe bei einem Unfall oder Kommandos aus der Zentrale, um das Auto bei Diebstahl oder Vergesslichkeit wiederzufinden oder den darin vergessenen Schlüssel zu befreien. Immer mehr Dienste im Alltag werden überdies mit Mobiltelefonen bedienbar. Von der Auto- oder Fahrradmiete über Fahrkarten- und Parkscheinautomaten bis zur Zugangskontrolle im Swingerclub reicht mittlerweile die stetig wachsende Palette. All diese kleinen Nützlichkeiten addieren sich zu einer beachtlichen Anzahl spurenziehender Geräte pro Person, die auch ganz ohne bewusste Kommunikation das Leben vollautomatisiert nachzeichnen.
Gläserne Menschen also, die man jederzeit durch gezielten Zugriff auf Unmengen von Daten berechenbar machen kann. Die man jederzeit durch selektives Herausgreifen einzelner Daten erpreßbar werden läßt. Deren künftiges Verhalten jederzeit beeinflußbar ist, indem man Kommunikationsknoten »abschaltet« — sei es rein digital (was technisch problemlos möglich ist), sei es, in hartnäckigeren Fällen, durch gezielte Verhaftungen, die jeder Haftrichter aufgrund der ihm vorgelegten (und penibel vorselektierten) Datenlage genehmigt.

Und wer war denn der große Vorkämpfer für die Voratsdatenspeichung in Deutschland? Es war jener famose Mensch, der jetzt gestohlene Bankdaten ankaufen läßt und auch zu künftigem Datenmißbrauch zum Nutzen der Staatskasse das Wort redet. Der seinerzeit die Unterstützer der Verfassungsbeschwerde mit dem Satz verhöhnte: »Wir hatten den 'größten Feldherrn aller Zeiten', den GröFaZ, und jetzt kommt die größte Verfassungsbeschwerde aller Zeiten«. Der im einem ZDF-Interview meinte, verdeckte Online-Durchsuchungen, Kommunikationsverbote im Internet oder mit dem Handy sowie der Einsatz der Bundeswehr im Inneren – das sei noch der freiheitliche Rechtsstaat mit seiner Pflicht zur Gewährleistung der inneren Sicherheit. Mit einem Wort: ein Mann von echtem Mielke-Schrot und Stasi-Korn! Vielleicht wird jetzt manchem klar, warum in Diskussionen oft Formulierungen wie »DDR 2.0« auftauchen.

Karlsruhe hat mit diesem Urteil ein mutiges Zeugnis für die Verteidigung der Grundrechte abgelegt. Ob es ausreichen wird, gegen eine korrupte, technokratische Herrscherkaste, oder auch nur gegen einen paranoiden Rollstuhlfahrer, der seine biographisch durchaus nachvoll-ziehbaren Neurosen über die Schaffung totalitärer Überwachungssysteme zu bewältigen versucht, steht freilich in den Sternen. Der BVerfG-Präsident Papier hat mit diesem Urteil jedenfalls erkennen lassen, daß Grundrechte in Deutschland nicht nur Papier sind. Doch, wie wir schon seit Ferdinand Lassalle wissen: Alle Verfassungsfragen sind Machtfragen.

Und die Macht ist eher in den politischen Zirkeln Berlins, als in den Gerichtssälen Karlsruhes daheim. Mag sein, daß dieser Schluß manchem zu pessimistisch erscheint. Doch, wie wir wissen: »Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch«. Auch in diesem Falle. Leider.