Unter dem Vermerk »Wilfingen, 7. Oktober 1978« — also vor exakt vierzig Jahren — notierte Ernst Jünger:
»Dem unbekannten Gott.« Ich erinnerte mich daran in Athen
auf der Agora, wo Paulus ihn »benannt« hatte.
—Meine Lehrer rühmten diese Unverschämtheit, und es hat lange
gedauert, bis ich sie als die entscheidende Begegnung von Poly- und
Monotheismus begriff. Hier wurde, was Moses begann, vollendet durch einen
Taschenspielertrick.
—Es ist unschätzbar, eine unbekannte und unbenannte Macht im
Universum bereit zu wissen; sie wird sich zeigen, wenn das Wort versagt. Daß
die Polytheisten neben ihren Göttern, Halbgöttern, mythischen Figuren auch einen »unbekannten« nicht entbehren wollten,
bezeugt Ehrfurcht vor dem, was im Kosmos nicht wahrgenommen werden kann und
somit der Ansprache sich entzieht.
—Einzuräumen ist, daß Paulus die Macht des wortlosen Gebets
kannte. Doch dann nicht nur ohne Wort, sondern auch ohne Person.
*
Nietzsche empfindet beim Anblick des Affen »eine
schmerzliche Scham«. Ein Ressentiment, ein Spiegelgefühl. Auch das Gegenteil
dürfte möglich sein: im Anblick fremder Schönheit wird uns die eigene Unvollkommmenheit
bewußt.
—Ein Seeigelpanzer, ein Falterflügel offenbaren eine
Vollkommenheit, der ein geistiges Korrelat entsprechen muß, eine der humanen
unendlich überlegene Intelligenz.
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