Sonntag, 23. Mai 2021

Gestern vor 150 Jahren

 
... verstarb zu Wien Eligius Reichsfreiherr von Münch-Bellinghausen. Nie gehört. Fast sicher, daß hier keiner »Ich schon!« ruft. Vielleicht versuchen wir's mit Friedrich Halm? Einige vereinzelte Germanisten kratzen sich am Kopf ... Halm, Halm ... ja, doch irgendwann ...
 
Unter dem Titel »Verblaßter Ruhm« nahm die WienerZeitung die 150. Wiederkehr des Todestages des Dichters zum Anlaß, ihm einen recht ausführlichen Gedenkartikel zu widmen, der einen ganz guten ersten Zugang zu Leben (vor allem) und Werk (eher weniger) verschafft. Nun, fürs Werk gibt's ja das Gutenberg-Projekt, Gott sei Dank, und hier findet sich auch ein Gedicht, das für einen religiösen Feiertag wie heute sicherlich die geeignete Probe aus dem lyrischen Schaffen Halms beitet:
 

Was Gebet ist, laß dir sagen,
Und bewahr's im Herzen still.
Beten ist ein schüchtern Fragen,
Ob, was du willst, Gott auch will.

Nicht des kranken Kindes Weinen,
Das den Heiltrank von sich weist,
Nein, ein freudiges Vereinen
Deiner Kraft mit Gottes Geist;

Nicht ein ungestümes Dringen
Auf versagten Erdentand,
Nein, ein selig Los-sich-ringen
Von der Fessel, die dich band;

Nicht ein zweifelndes Bedenken,
Ob auch sühnbar deine Schuld,
Nein, ein gläubig Sich-versenken
In des Herren Vaterhuld.

Beten heißt – ob Jahre schwinden
Eh' du's fassest – Beten heißt,
Dich zurück zur Quelle finden,
Der entsprungen einst dein Geist.

 

Eine ausführlichere Biographie des Dichters von Anton Schlossar findet sich hier (und Folgeseiten), sein wohl erfolgreichstes (und auf tragikomische Weise skandalumwittertes) Drama »Der Fechter von Ravenna«, ist leider bislang nicht digitalisiert, wohl aber sein anderes großes Erfolgsstück »Griseldis«, sowie ein paar Novellen, über die die WienerZeitung zu berichten weiß:

Nach seinem Tod sorgte Halm noch für eine literarische Überraschung. Zu seinen Lebzeiten war er als Autor von Theaterstücken bekannt, in seinem Nachlass fanden sich aber einige Novellen, die posthum veröffentlicht wurden und die durch ihren psycho-logischen Tiefgang bis heute aktuell geblieben sind. Während das Interesse am Dramatiker Halm im Lauf der Zeit stetig sank, stieg die Wertschätzung für den Prosaautor und heute zählen jene wenigen Germanisten, die sich mit Halm beschäftigen, diese Novellen zu den besten ihrer Zeit.

Nun, gesellen wir uns den wenigen Germanisten bei, und lesen wir nach, was uns der vor eineinhalb Jahrhunderten verblichene (und seitdem verblaßte ...) k.k. Geheime Rat (»Exzellenz«) und Kämmerer, quieszierter Generalintendant  der Hoftheater, in dessen Trauerkondukt Fürsten und Minister gingen, an psychologischem Tiefgang zu bieten weiß ...


5 Kommentare:

it's me hat gesagt…

werter lepenseur!
unc ich dachte, sie würden den geburtstag richard wagners am 22. mai erwähnen.:))

kennerderlage hat gesagt…

@it's me

so wichtig dass man seines 208. geburtstags gedenken muesste ist er nun auch wieder nicht!

it's me hat gesagt…

werter kenner der lage!
fragen sie merkel, wie wichtig er für sie ist! :))))

Ehret eure deutschen Meister hat gesagt…

Da Richard Wagner der Kronkomponist der Nazis war, war er ein Linker. Damit erklärt sich von selbst, dass er auch Muttis Liebling ist.

Le Penseur hat gesagt…

1. war Wagner nicht "Kronkomponist der Nazis", sondern höchstens von Hitler. Die Anekdoten über sich über Hitlers Wagnerbegeisterung mokierende, oder einfach schlafende, schnarchende etc. Parteigenossen in Bayreuth sind Legion!

2. kann man Anhänger schwerlich einem Komponisten 50 Jahre nach seinem Tode anlasten. Man kann sich Fans schon zu Lebzeiten kaum aussuchen — posthum ist es überhaupt unmöglich!

3. Wagner und Bayreuth sind für Merkel nur Staffage, ihre Transusenhaftigkeit ein bisserl zu behübschen. In Wirklichkeit ist ihr Wagner sicher schnurzegal. Menschen, die so monoton und hirnamputiert reden, haben zumeist auch NULL Musikalität ...