von Fragolin heimlich aufgezeichnet
„Ja hallo, Michelle hier.
Ah, Genossin Anni, schön dass du dich nach so langer Zeit mal wieder
meldest.
Ja, danke, ist ein netter Posten.
Hat es einen bestimmten Grund, dass du anrufst?
Ach, du wolltest nur mal gratulieren, dass ich
Menschenrechtskommissarin geworden bin? Und ein bisschen an die guten
alten Zeiten in der Humboldt-Uni erinnern? Jaja, war nicht alles
schlecht damals.
Natürlich war es eine Selbstverständlichkeit, dass wir Genossen
Erich und Genossin Margot damals ebenfalls Asyl geboten haben, als
sie von den imperialistischen Faschisten gejagt wurden. War ja
gewissermaßen eine Gegenleistung.
Ach, zum Thema Gegenleistung fällt dir noch was ein? Ja, was denn?
Oh, wegen diesen Sachsen, die waren ja schon damals
verhaltensauffällig, als ich in Leipzig Deutsch studiert habe. Ihr
braucht mal eine richtige Keule gegen rechts? Ach, Genossin, keine
Sorge, seit wir damals in der Studentenbude gemeinsam „Venceremos!“
gesungen haben, bin ich immer gern dabei, wenn es gegen die
Faschisten geht!
Aber weißt du, was witzig ist? Gestern war der Genosse Werner auch
schon da, weißt eh, dieser Wiener Taxifahrer, den sie zum
Sonderbeauftragten für Jugendarbeitslosigkeit oder sowas gemacht
haben. Naja, er braucht das Geld und ist nirgends vermittelbar. Der
wollte auch was, weil in Wien jetzt angeblich die Faschisten
regieren. Zumindest haben sie uns Sozialisten aus der Regierung
geekelt, und das kann man nicht ungestraft lassen. Der Schmäh mit
den EU-Sanktionen zieht nicht mehr, hat der Werner gesagt, dass der
Alfred gesagt hat, da muss die UNO mal einspringen. Die Idee hat er
angeblich vom Tal.
Ja, die Idee ist gut, aber bitte gebt unseren Inspektoren irgendwas
Verwertbares, denn wir wissen ja, wie gut die Migranten bei euch in
Wirklichkeit leben. Da habt ihr doch sicher irgendwas von der Antifa,
irgendwelche Berichte über Hetzjagden oder Pogrome, dann passt das
schon. Für den Werner finden wir auch noch was. Und wenn nicht ist
auch egal, allein die Ankündigung reicht schon als Propagandafutter.
Weißt du was, Anni, wie wir das machen? Ich werde das in meiner
Antrittsrede im Skript aufnehmen. Dann muss ich da nicht einmal etwas
sagen, es reicht, wenn es im Netz steht. Dann geben wir das über die
Agentur vom George raus, damit sich alle Medien darauf stürzen und
das vollmundig verbreiten. Ja, gib mal vorab dem „Spiegel“, der
„Zeit“ und dem „Standard“ Bescheid.
Oh, der Maurizio ruft auch gerade an. Ich glaube zu ahnen, was der
will.
Bis dann! Venceremos, Genossin!“
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