Montag, 7. Februar 2022

Zweiklassenmedizin?

von it's  me 
 
 
Möge mir der eine oder andere widersprechen — aber aus meiner Sicht gibt es in Österreich keine Zweiklassenmedizin, denn wer selbiges behauptet, hat seinen Hintern noch nie außerhalb unseres Landes bewegt, der war noch nie in den USA oder Singapur, von Drittweltländern ganz zu schweigen. Denn hierzulande bekommt absolut jeder, der in Gefahr schwebt, die bestmögliche Versorgung, egal ob „normal“ Versicherter oder Sonderklasse. 
 
Die Zweiklassenmedizin macht sich erst bemerkbar im Zimmer, da entscheidet sich, ob man eine Zusatzversicherung abgeschlossen hat oder nicht, was aber keinen Einfluss auf die Gesundheit hat, sondern nur den eigenen Wünschen gerecht wird, was auch nur mit hohen Beiträgen zu erreichen ist. Ich würde es mit weiteren Personen in einem Zimmer nicht aushalten, denn sehr leicht möglich, dass jemand schnarcht, der andere kein Freund von Körperhygiene ist und ein weiterer ständig das Gespräch sucht und dabei strohdumm ist, von einem vielleicht besetzten und übel riechenden Bad/ WC ganz zu schweigen. 
 
Daher habe ich vor langer Zeit schon für meine Familie und mich diese Sonderklasseversicherung abgeschlossen und verlange auch, wenn es nötig ist, mein Einzelzimmer, obwohl ich schon einmal ein bisschen ein schlechtes Gewissen hatte, nach meiner Meniscusoperation ganz allein in einem riesigen Zimmer zu liegen – das zweite Bett unbelegt, bis mich meine Frau besuchte und es nutzte, um mir Gesellschaft zu leisten – während ein anderer leider sein Bett am Gang stehen hatte. Beruhigt habe ich mich mit dem Gedanken, dass er dieselbe medizinische Versorgung bekam, nur ich halt das „bessere Hotelzimmer“ gebucht habe – wie im wirklichen Leben, wo für manche der Schnitzelwirt der kulinarische Höhepunkt der Woche bedeutet, im Gegensatz zu anderen, die halt ins Steirereck gehen oder zu Konstantin Filippou, Da spricht auch niemand von Zweiklassengastronomie. 
 
Dass ich bei meinen hohen Beiträgen im Krankenhaus mehrere Menus zur Auswahl hatte und es nach einer Knieoperation auch ein Bier dazu gab, ist nicht ungerecht und klassenfeindlich, sondern ehrlich bezahlt, außerdem würde ich sehr gerne bloß die Prämien bezahlen, ohne die Leistungen je in Anspruch nehmen zu müssen!

Ein ganz großer Skeptiker bin ich gegenüber Privatkliniken, in die ich weder meine Familie noch mich legen würde, auch wenn es meine Versicherung bezahlt, was bei der Geburt meiner Kinder von Bekannten nicht verstanden wurde: ich denke dabei an den Tod der ersten Frau von Baumeister Lugner, die sich ihrer Nasen-OP in einer Privatklinik unterzog, mit Wunschchirurgen und Wunschanästhesisten.
 
Nachdem Mörtels Frau bereits im Zimmer war, kam es zu Komplikationen und die Frau verstarb, weil der Chirurg und der Anästhesist bereits gegangen waren; in einer Klinik wären andere Anästhesisten zur Verfügung gestanden und sie könnte wahrscheinlich noch leben. Dieselben Überlegungen hatten damals meine Frau und ich. Meine Frau braucht keine Erdbeeren im Winter, sondern eine kompetente Versorgung, denn was nützt uns die beste Privatklinik, wenn unser befreundeter Gynäkologe auf dem Weg in die Klinik einen Unfall hat. Wer macht dann den Kaiserschnitt? Ein Turnusarzt vielleicht? In einer Privatklinik ist nämlich kein weiterer Gynäkologe im Haus – im Gegensatz zu einer großen Klinik, wo stets noch andere Fachärzte Dienst haben.

Dennoch: was nützt einem die beste Versicherung, wenn man zum unbeliebtesten Arzt (neben dem Pathologen) gehen muss: zum Zahnarzt! Denn meist ist es schmerzhaft und kostet Geld – wieder die verdammte Zweiklassenmedizin. 

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PS: Viele Kollegen schließen keine Sonderklasseversicherung ab, da sie eine Spezialbehandlung erwarten allein auf Grund der Tatsache, Ärzte zu sein, aber ich möchte niemanden um einen Gefallen bitten und dann in jemandes Schuld stehen. „Strenge Rechnung – gute Freunde“, mein Motto.

4 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Ein ausgezeichneter Artikel von "it's me", dem ich voll beipflichte.

Das sozialistisch gepflegten Motto "Gesundheit und Wohnen darf nix kosten" finde ich nicht richtig. Ja, es soll eine solidarische Basisversorgung geben, keiner soll in der Not auf der Straße verrecken, aber eine "kostenlose" Susi-Sorglos-Rundumversorgung ist eine wirtschaftliche Illusion.

Mir ist auch bewußt, was die staatliche Krankenkasse an Kassenärzte bezahlt, das ist meist lächerlich wenig und m. E. kaum oder nicht kostendeckend. Wenn man sich z. B. ansieht, welcher Aufwand eine sorgfältig durchgeführte Wurzelbehandlung beim Zahnarzt sein kann und was die Krankenkasse dafür zahlt, so stehen Leistung und Tarifbezahlung in einem lächerlichen Verhältnis.

Ich gebe daher grundsätzlich freiwillig dem Kassenarzt ein Dankeschön-Kuvert, wenn ich der Meinung bin, daß ich ihm noch etwas für seine Leistung schulde.

Anonym hat gesagt…

Werter it's me:

Es stimmt schon, daß grundsätzlich jede und jeder dieselbe Behandlung kriegen kann, egal ob Sonderklasse oder nicht, ABER - wie ich aus eigener Erfahrung weiß - die Wartezeiten sind teilweise sehr unterschiedlich. Das kann dann schon mal ins Auge gehen.

Ansonsten bin ich bei Ihnen!

Stets der Ihre,
Tomj

it's me hat gesagt…

werter tomj!
das kann ich nicht beurteilen, weil ich berufsbedingt privilegien genieße, wobei ich bei meinen kollegen immer bezahle, weil man stelle sich vor, der behandelt nur ärzte und deren angehörige - dann ist er pleite.
ich habe vor langer zeit versucht, mit ihnen kontakt aufzunehmen, well sie sich wunderten , dasss es diesen hooliganismus im fußball gibt und nicht im football und rugby, dazu schrieb ich einen artikel, den ich ihnen bereits zukommen ließ, nur scheint er nicht angekommen z usein.

Anonym hat gesagt…

Das mache ich auch stets, wenn ich den Eindruck habe, er hat mich gut behandelt. Allerdings muss klar sein: der Medicus muss politisch rechts stehen und darf nicht für den Gen-Pieks sein.