Samstag, 29. Oktober 2022

Hexenverfolgungen und andere, angeblich »typisch deutsche« Verhaltensweisen



Gastkommentar
von Franz Lechner


Den Artikel von »Helmut« halte ich für grundsätzlich ziemlich verfehlt und würde eine umfangreiche Gegendarstellung verdienen. Es ist einfach grundsätzlich so, 
a) dass lt Milgram 80 % der Menschen unfähig ist, sich intellektuell und moralisch einer Autorität zu widersetzen, 
b) dass Gebildete in höherem Maße mediengläubig und ihren natürlichen Hausverstand aufzugeben bereit sind als weniger Gebildete, 
c) dass sich viel drastischere blutrünstige Massenhysterien als in NS-Deutschland, wo die Juden-verfolgung weitgehend auf staatlicher und nicht auf zivilgesellschaftlicher Organisation beruhte, in anderen Ländern abgezeichnet haben – zB Tschechien 1945, aber auch in Polen, wo offenbar keiner etwas dabei fand, sich das Eigentum von über 10 Millionen zu Vertreibenden (dh noch Anwesenden) unter den Nagen zu reißen, und noch viele Argumente mehr.

Natürlich haben wir heute die deutschen Politiker satt bis an den Hals. Aber alle, die sich deshalb bemüßigt fühlen, hier in Verallgemeinerungen oder Hasstiraden auszubrechen (letzteres im Unter-berger-Blog gut zu beobachten, siehe eine gewisse Jenny), sollen sich mal gut überlegen, ob sie nicht selbst leichtgläubiges Opfer eines medial bewusst kolportierten Bildes geworden sind.
 
Dazu kommen die traumatischen Erfahrungen der jüngeren Geschichte, Millionen Ausgebombte, Vertriebene und Vergewaltigte, dies nach einem 2. verlorenen Weltkrieg. Das muss man erst mal aushalten, überhaupt nach gezielter Nichtaufarbeitung oder besser Verharmlosung, Verhöhnung oder Lächerlichmachung und dieser ganzen "Umerziehung".

Man möge sich die stolzen "Siegermächte" anschauen, haben nicht viel mehr komplett politisch und zivilgesellschaftlich versagt? Steht GB und F heute irgendwo nennenswert besser da? Mit Artikeln wie diesem ist nur der feindlichen Propaganda gedient, die Völker Europa müssen zusammenstehen und dürfen sich gegenseitig aber auch selber nicht schlecht machen lassen. 
 
Der Fehler des Autors beginnt bei den "Hexenverbrennungen". Diese waren weniger ein deutsches, sondern ein protestantisches Phänomen. Wie der Autor ja richtig schreibt, gab es dieses im euro-päischen Süden so gut  wie nicht. Das ist nicht auf irgendeine andere Volksseele zurückzuführen, denn auch der Süden neigt zu Fanatismus und auch Obrigkeitssucht und überhaupt zur Hysterie (man vergleiche die Mafia-Phänomene), sondern auf den Charakter als rein katholische Länder. Es war von Anbeginn der protestantische Obskurantismus, der den unsinnigen Hexenglauben eskalieren ließ und leider auch katholische Kreise in einen ungesunden "Wettbewerb" drängte. 
 
Insgesamt ist davon auszugehen, dass der katholische, vor allem jesuitische Einfluss eher mäßigend wirkte. In Skandinavien erreichte der Irrsinn seinen Höhepunkt, hier wurden auch männliche Hexer verbrannt. auch in deutschen Ländern wucherte der Hexenwahn so ganz richtig bösartig nur in protestantischen Städten. Das hatte verschiedene Ursachen, die hier nicht zu erörtern sind und in der Unausgegorenheit der protestantischen Theologie wurzeln dürften. 

Darauf so etwas wie eine antideutsche "Mentalitätslehre" - und um so etwas handelt es sich bei diesem Artikel letztlich - konstruieren zu wollen, ist schon vom Ansatz her verfehlt. Die große Klammer zur NS-Zeit darf dabei natürlich nicht fehlen, wie schon in der sattsam bekannten "Argumentations"-Keule: "schon Luther hat..." Das ist alles Quatsch. Wie schaut es zB mit Fanatismus bei den Franzosen aus? Französische Revolution? Waren da keine Fanatiker am Werk, die blind ihre Linie durchgezogen hatten, koste es, was es wolle? 

Und dann noch die Maßlosigkeit, das mit der Corona-Geschichte in Bezug zu bringen... Hat der Autor eine Ahnung, wovon er da schreibt? Wie es 2020 im ach so südlichen Spanien zugegangen ist, als die Menschen regelrecht eingesperrt waren? 

Gegen Ende zu wird der Artikel richtiggehend unappettitlich, doch davon später.  
"Das für mich Unbegreifliche ist die Vehemenz, mit der die Politik der Regierungen mit Hilfe der ihr hörigen Sprachrohre der MSM verbreitet wird. Genauso unbegreiflich die tangentialen Maßnahmen, die man in Deutschland und Österreich kommentarlos hinnimmt (ich hab da noch nichts von namhaften Demos gehört)."
Zum letzten Absatz sei der Autor doch aufgefordert, sich ordentlich zu informieren, bevor er einen Artikel schreibt, zB hier im Penseur-Blog, der, gut informiert wie immer, selbstverständlich Berichte brachte (zur Erinnerung: die Nordstream-2-Sprengung wurde damit als denkbare Reaktion in Ver-bindung gebracht). Bei Sätzen wie diesen:
"Was steht uns bei dieser Mentalität der Menschen in Deutschland und Österreich noch alles bevor?"
... geht einem aber wirklich das Geimpfte auf. Nicht: was steht uns bei diesem medialen Terror der US-oder jedenfalls fremdgesteuerten Eliten bevor, nein: wir sind selber schuld, und das Beste wär es wohl (unausgesprochen) ohnedies, uns von dieser Erde zu verdrängen, wenn nicht vertilgen, was ja eh grad geschieht... 

Wer so etwas schreibt, steht nicht auf unserer Seite, ist ein Agent des Mainstreams, der halt ein bisschen raffinierter zu argumentieren versucht (wobei diese plumpe Hexenmittelalter-NS-Keule ja letztlich alles andere als raffiniert ist).

Dann, als finale Verdrehung (soll man schon sagen: Niedertracht?) die ukrainischen Vergleiche. Sind jetzt WIR schuld an diesem neuerlichen US-Krieg? Ist das unser Mentalitätsproblem und nicht ein US-amerikanisches? (Ich weiß, unter Trump wär das nicht..., gefälschte Wahlen etc, ja klar, wir wollen keine Kollektivanschuldigungen, aber in UNSERER SPHÄRE liegt das am allerwenigsten!) Wer hat der USA im Irakkrieg die Gefolgschaft verweigert? War das nicht Schröder-Deutschland? Wer macht bereitwillig jede Niedertracht mit, zB Gadaffi-Tunesien zu zerbomben? Wer ist an vorderster Front in der Ukraine mit dabei, praktisch, wie man so hört, der eigentliche Kriegsherr? GB, oder nicht? 

Dann, zur Massenmentalität: in welchem Land erbrachte die Spendensammlung von ganz normalen Privatpersonen einen ganzen Kampfpanzer für die Ukraine? Hinweis: es war ein Land, wo das ganz unfanatische und gesunde Volksempfinden die bösen Deutschen längst kollektiv massakriert und rausgeworfen hat. Offenbar ist man durch diese Maßnahme nicht gescheiter geworden. 

Und mit Rumänien als leuchtendes moralisches Vorbild möge der Autor doch bitte ganz ruhig sein, das ist eines der größten Kriegshetzerländer und völlig CIA-beherrscht, wie jedes Kind weiß. Dass dort der mediale Terror nicht so ausgeprägt ist, sei geschenkt, ebenso wie der Umstand, dass die Bevölkerung dort schon rein vom sozialen Status weniger medienaffin ist.

Kapieren Sie nicht? Corona und Ukraine sind alles Sachen, die nicht von unseren Ländern ausgegangen sind, und deren Opfer wir sind. Warum fragen Sie nicht nach der Mentalität der Völker, deren Eliten da als primäre Drahtzieher agieren? Warum lässt man diesen Leuten in anderen Ländern alles durchgehen? Wo ist dort die Zivilcourage geblieben?

Selten so einen Blödsinn gelesen, der übrigens sehr schädlich, weil höchst demoralisierend ist. Wir brauchen enormes Selbstbewusstsein, um diese Scheibe da zu überstehen und nicht ein so halb-gebildetes und darüberhinaus, selbst wenn da etwas dahinterstünde, was ja nicht der Fall ist, auf jeden Fall höchst destruktives Geschwätz, das nur die Verzweiflung über die gegenwärtigen Umstände zelebriert und auf ganz üble Weise in Bereiche kanalisiert, wo sie den Widersachern zugutekommt.
 

9 Kommentare:

Franz Lechner hat gesagt…

Ich danke für die prominente Veröffentlichung, cher penseur, und möchte noch betonen, dass die sich durch diesen nunmehrigen Artikel durchziehende Tu quoque-Argumentation nicht Anlass zu "internationalen Schuldabwägungen" und unguten Debatten führen sollte, dass es mir auf diese als solche nicht ankam, sondern nur darauf, die einseitige und verfehlte Sichtweise darzulegen. Das ging eben nicht anders, als eigenes Versagen zu verharmlosen, was ich nicht will, oder eben darauf hinzuweisen, dass niemand in Europa mit seiner Schuld allein dasteht. Nichts wäre fataler als heute wieder zu beginnen mit: ihr Tschechen/Polen etc habt 1945...
Die europäischen Völker müssen endlich auf breiter Basis zusammenfinden. Was Bystron in Prag macht, wenn er vor einer Masse eher nationalbewusster Demonstranten in etwa ruft: ist die tschechisch-deutsche Verständigung bei mir in besseren Händen oder bei dieser Ministerin? und alle sind begeistert, dann ist das wunderbar. So muss es funktionieren. In Sachen Ukraine könnt ich übrigens einen eher bissigen Artikel über die tschechische Politik verfassen, der auch eine gewisse historische Kurve kratzt.
Was Corona betrifft, so hat sich jedenfalls die österr. (von D weiß ich zu wenig, woher denn auch?) Bevölkerung nicht sehr viel in Sachen Gängeln-Lassen vorzuwerfen, die Impfrate war angesichts des hier besonders umfassenden und infamen Terrors erstaunlich gering, wobei wir
gar nicht wissen können, wie viele "Geimpfte" überhaupt geschummelt haben, man liest so in den Medien Verschiedenes. Die regelmäßigen riesigen Ringstraßen-Demos suchen wohl auch ihresgleichen. Dass D und Ö europäische Schlüsselstaaten sind, auch was die Verbindung zum Osten anbelangt, führt wohl dazu, dass der mediale Terror hier besonders groß ist, dh ungleich höher als in Rumänien. Aber aus dem Druck, dem die Bevölkerung ausgesetzt ist, Rückschlüsse auf ihre Willfährigkeit und Charakterlosigkeit zu ziehen, ist komplett unzulässig. Der Autor möge die Rolle Rumäniens im Ukraine-Krieg bedenken und etwa Vergleiche zu Bulgarien anstellen, das sich gegen ein NATO-höriges Staatsoberhaupt erfolgreich gewehrt hat.

Sandokan hat gesagt…

In Bezug auf Deutschland und Österreich möchte ich anmerken, dass hier die Diffamierung jeglicher Kritik, zu welcher Problematik auch immer, mit dem Totschlagargument "Faschismus" leichter fällt.*

Oder zumindest war das lange Zeit so.
Vor allem der anglo-amerikanische Raum hat hier deutlich aufgeholt.
Siehe der politische Diskurs in den USA.
Gefördert von einigen NGO's (wie der Anti-Defamation League - ADL) und deren finanzstarken Sponsoren, sowie parteipolitischen Kreisen samt medialem Anhang - die natürlich an einer politischen Instrumentalisierung Interesse haben - ist eine regelrechte "Diffamierungsindustrie" entstanden.
Eher noch schlimmer als im deutschsprachigen Raum.

*Anm: siehe Diffamierung der bemerkenswerten Massenproteste in Deutschland durch Medien und Politik.
Wo sogar ein Angriff auf den Bundestag herbeiphantasiert wurde.

Anonym hat gesagt…

Nachweislich nicht „herbeifantasiert“, sondern pure Realität ist der brutale Angriff eines „besorgten Bürgers“ auf den Mann der führenden US-Demokratin Nancy Pelosi in deren Privathaus. Der besorgte Bürger wollte Frau Pelosi „sprechen“ - sie ist seit langem eine besondere Hasszielscheibe der Rechten und ihres Idols in Mar-a-Lago. Mr. Pelosi erlitt unter anderem einen schweren Schädelbruch. Er ist 82 Jahre alt.

Fragolin hat gesagt…

Werter Anonym,
also komplett herbeiphantasiert und absolut nicht "nachweislich" ist, dass es sich um einen "besorgten Bürger" gehandelt haben soll, aber Gratulation, da versteht jemand sein NLP-Handwerk hervorragend und beherrscht das Framing so gut, dass er glatt bei den Systemmedien arbeiten könnte. Laut dem für deine Begriffe wahrscheinlich ultrarechtsverhetzenden Blatt "faz" hat die Polizei bekanntgegeben, dass die Facebookseite des Täters eine Nähe zur radikalen Nudistenszene habe. Laut cnbc soll er auch über die Regentschaft Außerirdischer auf der Erde fabuliert haben. Laut New York Post berichtet seine Stieftochter, er habe seine Kinder sexuell missbraucht, sei als Kind einer alleinerziehenden Mutter aber selbst auch brutal "halbtot geschlagen" worden.
Also kein Psychopath vom Bodensatz der Gesellschaft sondern der klassische und ganz normale "besorgte Bürger" nach deiner kruden Definition.
Die NYP hat sogar ein Bild seines gepflegten Eigenheimes für dich:
https://nypost.com/wp-content/uploads/sites/2/2022/10/david-depape-03.jpg
Ds Einzige, was hier "nachweislich" ist, ist dass du einen ziemlichen Konoten in deiner Kompassnadel hast, weil die offensichtlich permanent am linken Rand anschlägt.
MfG Fragolin

Anonym hat gesagt…

Franz Lechner illustriert mit seinem Beitrag wunderbar den Text von Christian Wolf »Dumm, dümmer, deutsch«. Wer sich genau umschaut, wird erkennen, daß Helmut Recht hat. Selbst wenn alle Propagandakeulen weggelassen werden, steht der Deutsche heute wie ein Dämlack ohne die Fähigkeit zur Selbstkritik da. Wie ein Kretin ohne Jodmangel. Mit Schönreden oder Lauthalsschreien wird das nix. Nie wieder.

Sandokan hat gesagt…

@Anonym 29 Oktober, 2022 23:05

Sie meinen also, Pelosi wurde eventuell auch von der Antifa angegriffen, ähnlich wie der AfD-Politiker Frank Magnitz?
https://www.lesmanchettes.com/images/le-monde/europe/Frank_Magnitz_AfD.jpg

Also ich weiß nicht, das ist doch sehr weit hergeholt.
Nach ersten Meldungen hat der Täter psychische Störungen bzw. es steht sogar die Vermutung im Raum, dass es sich um einen homosexuellen Prostituierten handeln könnte.
Also ähnlich wie damals bei Walter Sedlmayr oder Gianni Versace.

Warten wir es doch einfach ab...
Vielleicht helfen Frau Pelosis alte Unterweltkontakte bei der Aufklärung (der Papa von Frau Pelosi war ja als Politiker quasi Teil auch dieser "Familie").

Franz Lechner hat gesagt…

Offenbar sind unsere Trolle von dieser Diskussion so sehr überfordert, dass sie nur so einen OT-Stuss von sich geben können. Ist jetzt aber nicht überraschend.

Sandokan hat gesagt…

@Fragolin
Eventuell ist der Täter doch jemand aus der Antifa-Szene.
Was psychische Störungen und anderes nicht nur nicht ausschließt, sondern geradezu nahelegt (siehe dazu etwa "Feine Sahne Fischfilet" und Gewaltaufrufe wie auch Missbrauchsvorwürfe).

Auf dem von Ihnen verlinkten Foto seines Hauses erkennt man in einem der Fenster ein schwarzes Plakat dieser Aktivistengruppe.

https://www.niot.org/sites/default/files/berkeley-stands-against-hate.jpg

Le Penseur hat gesagt…

Geschätzter Herr Collega,

Kollege "Helmut", Autor des Gastkommentars, der in dem Ihrem kritisch analysiert wurde, hat sich mit einer umfangreichen Stellungnahme zu Ihren Ausführungen gemeldet, die ich (da ich den Text noch formatieren muß) vermutlich morgen am Vormittag – wieder als "Gastkommentar" – veröffentlichen werde, da derart lange Texte als Kommentarpostings nur in Teile zerstückt (und damit schwerer lesbar) zu veröffentlichen sind, und außerdem mit dem nächsten veröffentlichten Artikel schon wieder im Kommentarthread eines alt-Artikels drohen, ungelesen unterzugehen.

Also: "Bleiben Sie dran!" — um eine alte Redewendung des Privatfernsehens aufleben zu lassen ...