Sonntag, 12. Februar 2023

»Dieses Schweigen des Lämmerhirten schreit zum Himmel«

von LePenseur
 
 
Briefe eines protestantischen früheren »Fernsehpfarrers« sind für gewöhnlich nicht die Lektüre, die ich unseren Lesern anempfehle; dieser Blog hat meist andere Themen. Aber das heißt nicht, daß ein solcher früherer Fernsehpfarrer nicht einen grundsätzlich trefflichen Brief schreiben könnte, dessen Lektüre mehr als lohnend ist. Wie eben bei folgendem offenen Brief an Bischof Bedford-Strohm:

Sehr geehrter Herr Bischof, lieber Bruder Dr. Bedford-Strohm,

wir sind zwei Ihrer Schutzbefohlenen, aber auch Amtsbrüder, mit der gleichen geistlichen Qualität wie Sie. Mehr nicht, aber auch nicht weniger.

Wo zwei oder drei solcher Lämmer Christi zusammen sind, da ist er mitten unter ihnen. Zwei Lämmer! Zwei Lämmer in Christo! Und der allein ist unsere Hoffnung auf Gehör unseres Aufschreis. Er lud uns ein zu schreiben. Denn unsere Erfahrung lehrt ja, dass wir nicht auf eine qualifizierte Antwort unseres Bischofs zählen können. „Zu viel Post, zu viel Geschrei, zu viel unqualifiziertes Gerede irgendwelcher Feld-, Wald- und Wiesen-Pfarrer, wozu die Kraft zu antworten nun wirklich nicht reicht. Und jetzt erst Recht nicht, wo ein weiteres hohes Amt in der weltweiten Ökumene von meinen Kräften partizipieren möchte.“

Und so schreiben wir in der Zuversicht, dass Christus mit uns ist, einen offenen Brief, der auch ein Brief an die vielen anderen Lämmer und Herden, Hirten und Oberhirten ist, auf dass sie sich ihrer teuflischen Lebensangst in Coronazeiten bewusst werden und nicht länger mehr schweigen oder gar verstummen. Es ist ein offener Brief über unsere Gemeinden hinaus, dass er auch im Himmel gelesen werde, wo er verzeichnet sein wird für alle Zeiten, wie alle unsere Namen auch.

Wir haben ein paar Tage gewartet, Ihnen diesen Brief zu schreiben. Es waren Tage mit mehr Hoffnung als Zuversicht, dass andere Lämmer ihrer Herde ihre Stimme erheben würden ob der eklatanten Verleugnung unserer ehrwürdigen protestantisch-lutherischen Tradition angesichts Ihres persönlichen Resumées Ihrer Rolle in der Coronakrise unserer Kirche. Wir hatten gehofft, unser Bischof habe mindestens so viel Bewusstsein für Buße und Schuld in seinem Herzen angesammelt wie weiland schon ein politisch ambitionierter Bankangestellter aus dem westlichen Münsterland oder sein ministerieller Nachfolger, ein ehemaliger Pharmalobbyist aus der Kölner Tieflandsbucht, die beide nun mehr oder weniger ihre Fehleinschätzungen und falschen Entscheidungen sehen. Auch wenn das nun kein großes politisches Thema sein soll, wiewohl es Menschenopfer wohl in die Tausende kostete und nach wie vor noch kosten wird, bekennen die Minister mittlerweile: Ja, es war falsch, wie wir mit den Alten, den Schwerkranken, den Sterbenden und den Trostlosen umgegangen sind! Es war sogar „im Namen des Volkes“ Unrecht, die Kirchen zu schließen. Es war fatal, dass wir unsere Kinder für unsere Zwecke einer Todesangst-kampagne missbraucht haben. Und nun? Jetzt ist wieder einmal schonungslose Auf-arbeitung angesagt. Auf Deutsch: Schwamm drüber! Lasst uns lieber gleich über die Zukunft reden und nicht über Buße in einer neuen Fehlerkultur. Die ist eh nur protestan-tisches Feuilleton.

Und nun stellt sich unser ehrwürdiger Bischof hin und sagt, er würde alles genauso machen wie vor drei Jahren. Er schweigt zu seinem Schweigen. Er schweigt zu seinen Fehlern! Dieses Schweigen des Lämmerhirten schreit zum Himmel.
Dieser Brief war fällig — nein: überfällig! Und ihn zu lesen empfehle ich auch allen Nicht-Protestanten unserer Leserschaft. Auch und gerade denen, die so gern über die »protestantischen Ketzer« gehässige Beschimpfungen ergießen ...


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