von Fragolin
Harte Zeiten, wenn ein Nichtkathole sich an die Sitten und Gebräuche
der Tradition hält. Ich freue mich auf den Tag, an dem es wieder
Nahrung gibt, die vier Beine hatte, als sie noch keine Nahrung war.
Also keine verzehrfertige.
Den gestrigen Spinat habe ich überstanden, zum Glück wurde er auch
in grob und mit Lachs statt Ei serviert, das lassen wir mal gelten.
Heute geht es zwar angeblich noch strenger zu, aber da es nochmal
Fisch gibt, werde ich es überstehen.
Heute ist Karfreitag. Als Spross eines eingefleischten
Atheistenhaushaltes (zumindest aus Sicht strammer
Religionsgemeinschaftszugehöriger, denn wir leisteten uns den von
mir bis heute gepflegten Luxus der Ehrfurcht vor dem Göttlichen in
gleichzeitiger Ablehnung des menschlichen Unfugs, der in dessen Namen
verbrochen wird – ein Gott verlangt keine Riten und Handlungen
sondern nur, dass man das von ihm geschenkte Hirn sorgfältig nutzt
und pflegt und auch mit dem Rest sorgsam umgeht) frug ich einst als
kleiner Fragolini meinen um Einiges älteren Bruder, wer denn
eigentlich dieser Karl wäre und warum man für ihn einen Karlfreitag
erfunden hat, wo man Fisch zu Essen bekommt. Er antwortete mir
ernsthaft, das wäre der Geburtstag des Karl, dem Bruder vom Ascher,
dessen Geburtstag man am Aschermittwoch feiert, wo auch Fisch auf den
Tisch kommt. Die zwei wären wohl Heilige Angler gewesen.
Es dauerte altersbedingt eine Weile, bis ich den Schmäh
durchschaute, dass man Geburtstage zwar immer am gleichen Datum, aber
nie am gleichen Wochentag begeht. Aber es erklärt auch, dass ein
gewisses Die-Welt-nicht-allzu-Ernst-Nehmen durchaus eine erbliche
Belastung darstellt, die in meiner Familie fröhlich genährt wird.
Womit wir wieder beim Nähren wären. Das muss noch warten. Besonders
hart ist, dass die weihgerecht in den Korb verpackten Köstlichkeiten
bereits das ganze Haus in impertinenter Weise mit dem wonnevollsten
Duft nach Schinken, Hauswurst und Kren erfüllen. Aber das muss
warten, denn unser Pfarrer hat mich Ungläubigen belehrt, auf keinen
Fall ungeweihtes Fleisch zu essen. Wenn ich ehrlich bin, ist es mir
egal. Aber meinen Kindern wird die Tradition trotzdem
weitervermittelt – und außerdem ist es eine gute Lehre in
Bescheidenheit und Zusammenreißen, erst einen bestimmten Zeitpunkt
erreicht haben zu müssen, bevor es das Gewünschte gibt.
Manche religiösen Riten mögen pittoresk oder gar grauenhaft sein,
aber gelegentlich gibt es auch gute, lehrreiche, erziehende. Diese
sollte man bewahren, den Rest kann man getrost vergessen, die locken
eh keinen Gott hinter der Wolke hervor.
3 Kommentare:
"ein Gott verlangt keine Riten und Handlungen"
Werter Fragolin,
und das "Fasten" ist genau was? Spezialdisziplin für Modells und Leistungssportler?
Werter Gerd Franken,
genau deswegen sehe ich das als freiwillige Handlung. Eine nette und in meinen Augen auch sinnvolle Tradition. Riten wurden von Menschen für Menschen gemacht, da steckt kein Gott dahinter. Gott hat den Menschen nur das Hirn gegeben, selbst zu entscheiden, welche Traditionen wichtig sein können und welche entbehrlich.
Den Menschen zu erklären, sie müssten sich widerspruchslos den Anweisungen eines Gottes unterwerfen, der es nicht einmal schafft, etwas Besseres als einen sich selbst widersprechenden Surenbrei zu fabrizieren, erachte ich für Blasphemie, denn der Freie Wille ist ein Geschenk Gottes. Ihn zu unterdrücken verspottet Gott.
MfG Fragolin
Werter Fragolin,
ich stimme ihnen in Bezug auf den freien Willen natürlich zu. Gott, zumindest der dreifaltige Gott an den ich glaube, hat mich persönlich nie zu etwas gezwungen. Allerdings können Riten und Handlungen sehr wohl das Verhältnis zu Gott stärken oder schwächen, je nachdem. Ich muss mich z.B. zwingen zu fasten. Allerdings ist der gewollte Zwang auch eine Handlung des freien Willens.
Ihnen ein frohes Osterfest und schreiben sie weiter...
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