von Fragolin
Bei der Berichterstattung über die russischen Präsidentenwahlen
konnte man es wieder sehen. Nein, nicht die Wertung des Ergebnisses;
das war nicht wirklich verwunderlich, denn auch wenn der Westen
krampfhaft versucht, es so darzustellen, als würde eigentlich
niemand Putin wählen, hat er einen starken Rückhalt bei den Russen
selbst. Und die Alternativen, seien wir mal ehrlich, waren jetzt auch
nicht wirklich überzeugend. Ein kommunistischer Nationalist, ein
rechter Ultranationalist und, von Putin rechtzeitig kalt gestellt,
ein nationalistischer Oligarch. Wenn der Westen jetzt so tut, als
hätten die Russen achsogern einen Neuaufguss der wodkaschwangeren
CIA-Marionette Jelzin, dann ist das lächerlich. Aber geschenkt. Ich
will mal auf etwas Anderes hinaus, nämlich die medialen Codes.
Woran erkennt man, ob die Medien, natürlich ganz frei und unabhängig
und aus tiefster Überzeugung, über einen Freund oder einen Feind
derjenigen Politiker berichten, die über Presseförderung und
Redaktionsverbleib entscheiden?
Freund:
XY
wurde mit großer Mehrheit (wieder)gewählt.
Feind:
XY
ließ sich wiederwählen.
Freund:
Vor
der Wahlzentrale wurde der Sieger mit einer rauschenden Party
gefeiert.
Feind:
Nach
der Wahl ließ sich XY mit martialischen Beats von seinen Anhängern
feiern.
Freund:
Die
Wahlbeteiligung war hoch.
Feind:
Die
Wähler wurden mit martialischen Methoden an die Wahlurnen gedrängt.
Man merkt es.
Unsere Freunde sind passiv, sie müssen sich nur lächelnd neben ihr
Straßenplakat stellen und schon werden sie von einer Welle der
Begeisterung ins Amt gespült.
Unsere Feinde beherrschen ihr Volk, sie sind aktiv, sie lassen sich
wählen, sie lassen sich feiern, sie zwingen geradezu ihre schwachen
Völker, sie zu wählen.
Unsere Freunde stehen an der Spitze starker Gesellschaften, unsere
Feinde treiben eine willenlose Hammelherde vor sich her. Die
Umdeutung vom einen zum anderen war ja nach dem Unfall mit Trump
besonders anschaulich.
Ein paar konkrete Beispiele habe ich noch aus meiner
Lieblingsmanipulationspostille, dem „Standard“.
„Putin
sichert sich vierte Amtszeit als russischer Präsident“
Putin sichert sich. Nicht die Russen wählen ihn, sondern er sichert
sich die Amtszeit. Aktiv.
„Mehrere
tausend Anhänger ließen sich vor den Mauern des Kreml von
militärisch-patriotischen Liedern beschallen.“
Seine Anhänger sind passiv, sie feiern nicht, sie lassen sich
beschallen.
Besonders lustig wird es ja, wenn über den schweren Druck berichtet
wird, mit dem der toiflische Putin die Russen zu seiner Wahl
geknebelt hat:
„Vor
der Puschkin-Schule, einem weiteren Wahllokal nahe der
Jelochow-Kathedrale, sind mehrere Kioske aufgebaut, wo die Wähler
nach getaner Arbeit relativ preiswert Wurst, Fisch und Kaviar kaufen
können. Die Schlange drinnen zeigte an, dass das Konzept
funktioniert.“
Ursache und Wirkung? Hat Putin das Aufstellen der Kioske angeordnet
oder ist es vielmehr so, dass die Russen eine freie Marktwirtschaft
haben, in der sich Budenbesitzer dort, wo es nach gutem Geschäft
riecht, einfach ein paar Extrarubel verdienen?
Keiner würde auf die Idee kommen zu behaupten, dass die Züge auf
den Hauptbahnhöfen deshalb anhalten, weil dort alte Frauen am
Bahnsteig billige Piroggen und Fladen verkaufen. Das riecht drei
Werst gegen den Wind nach einem mühsam herbeikonstruierten Märchen.
„Auch
weniger elegante Methoden kamen zum Einsatz, um die Wahlbeteiligung
in die Höhe zu treiben: Mitarbeiter der städtischen Büros gingen
in den letzten Wochen von Tür zu Tür, um die Bürger zur Teilnahme
zu bewegen...“
Ach. Hatten die auch eine Pizza mit?
Was ist „wenig elegant“ daran, wenn Wahlhelfer von Tür zu Tür
gehen und für eine Wahl werben? Ich habe schon mehrere
SPÖ-Kugelschreiber, auch noch ein altes Feuerzeug von der ÖVP
(reicht bei einem Nichtraucher sehr lange), der Rest ist inzwischen
im Mülleimer gestorben oder aufgegessen. Wenn ich damals geahnt
hätte, dass das wenig elegant war, hätte ich die von der Haustür
verjagt.
Naja, wenigstens habe ich die nicht gewählt. Zählt das?
„...Beamte
und Angestellte des öffentlichen Dienstes wurden vielfach regelrecht
gedrängt, am Arbeitsplatz abzustimmen. So ist die Kontrolle höher,
ob die Betreffenden tatsächlich wählen gehen.“
Kenne ich. Aus dem bfi, mit dem ich eine Weile zu tun hatte und von
dessen Leuten ich im lockeren Pausengespräch Insidergeschichten
erfahren konnte. Und die auch erzählten, wie es in einigen
obersteirischen Stadtämtern und Bezirkshauptmannschaften früher
zuging. Das soll sich inzwischen gebessert haben. Aber ich habe auch
nicht mehr diese Verbindungen. Der „Standard“ sicher schon.
Unter dem Stirch bleibt eine lächerliche Berichterstattung weit
jenseits der immer wieder auf die eigene Brust getrommelten
Behauptung der Objektivität. Journalisten sind
heute entweder nicht mehr in der Lage zu neutralem Faktenbericht oder
sie sind angehalten, eine Agenda zu verfolgen.
Wer zweiteres vermutet ist natürlich ein ultrarechter
Verschwörungstheoretiker, also gehe ich mal politisch korrekt davon
aus, dass die alle zu doof sind.
Dafür machen sie das aber ganz gut mit der Manipulation.
1 Kommentar:
Dazu passt sehr gut die folgende Boshaftigkeit von Michael Klonovsky, Acta Diurna, 19.03.:
>> Anfrage an Radio Jerewan: "Ist es wahr, dass in Moskau eine Demonstration von Putin-Gegnern durch staatlich geförderte gewaltbereite Blockierer verhindert wurde und die Polizei zusah? Und stimmt es, dass in Chabarowsk der Bürgermeister erklärt hat, es sei 'völlig klar, dass alle im Föderationskreis zusammenstehen', wenn regierungskritische Demonstranten die Stadt für ihre Propaganda missbrauchten?"
Antwort: "Im Prinzip ja, nur handelt es sich bei den Städten nicht um Moskau und Chabarowsk, sondern um Berlin und Kandel, und bei den Demonstranten nicht um Gegner von Herrn Putin, sondern von Frau Merkel." <<
FritzLiberal
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