Dienstag, 4. März 2025

Welcher Teufel reitet die europäischen Eliten?

von Franz Lechner
 

In diesem Text wollen wir uns mit den Beweggründen der Europäischen Union bzw deren führender Mitgliedstaaten befassen, dermaßen halsstarrig auf dem seinerzeit von den USA vorgegebenen anti-russischen Kurs zu beharren. Es ist ja nicht so, dass dieser seinerzeitige Kurs der Biden-Administration besonders intelligent oder gar von augenscheinlichem Erfolg gekrönt gewesen wäre – vielmehr scheint das Gegenteil der Fall zu sein. Immerhin konnte man dieser Politik ursprünglich rein abstrakt, dh jenseits aller moralischen Wertungen betrachtet, einen gewissen Sinn zuerkennen (nämlich den Sinn der Zerstörung oder Schädigung des Haupt-konkurrenten). 
 
Angesichts des wirtschaftlichen und militärischen Scheiterns der US-amerikanischen Intentionen erscheint diese Intention nunmehr obsolet. Und, noch schlimmer: An diesem Scheitern wird sich auch in Zukunft nichts ändern, umso weniger, als Europa nunmehr auf sich allein gestellt ist. Was sind also die möglichen Beweggründe für ein derart irrational anmutendes und letztlich wirtschaftlich selbstschädigend und darüber hinaus politisch bzw gar existentiell hochgefährliches Verhalten? 
 
Hier könnte man als erstes auf so etwas wie eine „Angst vor Russland“ verweisen. Bekanntlich, dh natürlich angeblich, wird Russland nach der Niederwerfung der Ukraine nichts anderes im Sinne haben, als auch die Staaten der EU anzugreifen. Den intelligenten Lesern dieses Blogs ist natürlich klar, dass es sich bei diesem Argument um reinen Schwachsinn handelt, um eine giftige Pille, die man nie und nimmer schlucken darf. Das Gegenteil ist der Fall: Russland ist so ziemlich die friedliebendste Großmacht, die sich denken lässt. 
 
Der einzige Fehler, den sich Putin vorwerfen lassen muss, und den er auch selbst eingestanden hat, bestand in dessen viel zu langem Zuwarten, in seinem Zaudern anno 2014 sowie in seinem naiv-gutmütigem Vertrauen auf die Redlichkeit des Westens. Darüber hinaus ist es absolut idiotisch, jemanden, den man vorgeblich fürchtet, fortwährend zu provozieren bzw sogar in die Enge zu treiben versuchen und in weiterer Folge gar diesem eingebildeten Feind eine Rechtfertigung jenem Verhalten zu liefern, vor dem sich vorgeblich so sehr fürchtet. 
 
Ein Motiv könnte theoretisch im Bestreben der Aufrüstung, spricht der Etablierung einer hinreichend großen Rüstungsindustrie werden. Das können wir jedoch sogleich vergessen, zumal die EU-Agenda eindeutig auf Deindustrialisierung gerichtet erscheint. 
 
Etwas klüger erscheint der Verweis auf eine tiefe Abneigung des Westens gegen Russland und gegen die seitens dessen derzeitiger Regierung vertretenen Werte. Ohne Zweifel ist das derzeitige Russland noch so etwas wie ein christlicher Staat, der darüber hinaus traditionell europäischen Idealvorstellungen anhängt, die für die westlichen Eliten nichts anderes als ein rotes Tuch sind. Wir brauchen hier nicht zu sehr in Details einzugehen, umso weniger, als diese kein vollständiges akkurates oder schlüssiges Bild abgeben. Schließlich ist Russland alles andere als „perfekt“, untadelig oder gar im Sinne eines Staates von Gottesgnadentum in irgendeiner Form „heilig“. So ist auch dort die Abtreibungsrate enorm (wenngleich die derzeitige Regierung, anders als im Westen, zumindest gegen diese anzukämpfen versucht). 
 
Von gewissen Facetten also abgesehen, besteht zwischen Russland und dem Westen ein grundsätzlicher, tiefsitzender Wertekonflikt. Aber auch dieser erklärt, überhaupt bei näherer Betrachtung, überhaupt nichts. Es ist auch unter Berücksichtigung einer solchen metapolitischen Ebene nichts anderes als sinnlos, gegen einen Feind Maßnahmen zu ergreifen, die vor allem einen selber schwächen. Die Biden-gesteuerte USA konnte sich noch darauf ausreden, dass ihr Engagement den Preis für Russland, die Ukraine niederzuringen und somit der NATO fernzuhalten, möglichst hochschrauben würde, überhaupt was Gefallene anbelangte.
 
Angesichts der beschränkten Möglichkeiten der EU muss nunmehr klar erscheinen, dass ihre bösartigen Versuche, den Krieg in die Länge zu ziehen, vor allem ukrainische Todesopfer abverlangen und allenfalls eine generelle kriegerische und kriegswirtschaftliche (und damit irgendwo auch moralische) Ertüchtigung Russlands zur Folge haben werden. Wie man es auch drehen und wenden mag – die europäische Selbstschädigung vermag einfach keinen vernünftigen Sinn zu ergeben. 
 
Eben an dieser Stelle sollte man innehalten. Europäische oder westliche Selbstschädigung – war da nicht schon mal was? Wie sieht es mit der EU-bestimmten Migrationspolitik aus? Haben wir uns hier nicht schon abgewöhnt, nach dem Sinn zu fragen? Wie verhält es sich mit dem offensichtlichen Unsinn des „Klimaschutzes“? Was fällt uns zum Thema Genderismus und seinen Verwerfungen ein?

In Wahrheit reiht sich die Anti-Russland-Politik der EU nahtlos in deren jahrzehntelang praktizierte Agenda ein, die ganz augenscheinlich auf Zerstörung angelegt ist, und zwar auf allen Ebenen, beginnend auf der allerkleinsten und privaten Ebene, wie der persönlichen Gesundheit (mRNA-Impfungen, Geschlechts-"Umwandlungen"...), über die sogenannte Keimzelle des Staates, die Familie, bis zu den einzelnen Mitgliedsstaaten als Ganze und zur gesamteuropäischen Wirtschaft, dem Fundament der in traditionellen Verständnis rein wirtschaftlich ausgerichteten Union selbst. 
 
Kurzum: Die Eliten der Union, vormals der westlichen Welt, von welcher nunmehr sensationeller Weise die USA als vormaliger spiritus rector mali abgesprungen sind, eine Wendung, mit der niemand hatte rechnen können, verfolgen, aus welchen Gründen auch immer, über die hier zu mutmaßen kein Raum ist, eine höchst dunkle Agenda der Negativität – womit wir ganz plötzlich und im ganz wörtlichen Sinne bei unserer Überschrift angelangt wären, die, substituiert man das Interrogativpronomen durch den passenden bestimmten Artikel, gleich die Antwort mitliefert.
 
Der Jammer besteht darin, dass wir in Europa augenscheinlich zu blöd sind, um diese Eliten abzuwählen. 
 

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