Montag, 31. März 2025

Gespräche über Donald Trump (Teil 4)

Eine Doppelconference 
 


Advocatus: Streng genommen ist das gar nicht nötig, da von einem solchen Erpressungsversuch keine Rede sein kann, zumal...

Adversarius: Ich weiß, ich kenne die Geschichte... Zelensky hatte schon der Bidenadministration die ukrainischen Bodenschätze als Entgelt für Waffenlieferungen angeboten, das war sogar Teil seines läppischen victory-plans...

Advocatus: Na also, es geht ja...

Adversarius: ... und auch später hat er dies wiederholt getan, sogar Biden als auch Trump gegenüber. Trump hat Zelensky nur beim Wort genommen, und zwar in der Intention, die Unzuverlässigkeit, ja Wortbrüchigkeit der ukrainischen Seite aufzudecken. Ganz schön gerissen. 

Advocatus: Gerissenheit ist aber keine vorwerfbare Untugend. 

Adversarius: Ich kann mir nicht helfen, mir kommt das Ganze dennoch ziemlich schäbig vor. 

Advocatus: Das Gegenteil ist der Fall. Letztlich dient dieser sogenannte deal nicht nur dazu, um Vorteile für das eigene Land zu lukrieren, was für einen Staatsmann ja ein selbstverständliches Anliegen sein sollte, auch wenn wir in EU-Europa derlei nicht mehr gewohnt sind, sondern, damit in Verbindung stehend, innenpolitisch auch die eigene Position zu festigen, was wiederum nötig erscheint, um die für manche Landsleute unpatriotische Friedenspolitik, sprich die versöhnliche Haltung gegenüber Russland, sozusagen zu kompensieren oder im Gesamtpaket besser aussehen zu lassen. Ich denke, dass sich diese Intention wie ein roter Faden durch Trumps bisheriges präsidiales Wirken zieht, womit wir sozusagen bei Ihrem offensichtlichen Lieblingsthema angelangt wären...  

Adversarius: ... womit Sie zweifelsohne Grönland meinen. Wobei ich allerdings sagen muss, dass Sie mir allzu rasch und zu ungeschoren vom ukrainischen Schlachtfeld entfleucht wären. So wäre ich beispielsweise über Ihre Rechtfertigung der unter der Trumpschen ersten Präsidentschaft vollzogenen Aufrüstung der Ukraine neugierig.

Advocatus: Wieder eine unzulässige Ausweitung der Anklageschrift... Wir reden hier über Trump II. Trump I ist nicht immer und überall ein Ruhmesblatt gewesen, jedoch sozusagen verjährt...

Adversarius: Schön, dass Ihnen dazu nicht mehr einfällt als solche formaljuristischen Ausflüchte. Sie geben hiemit zumindest indirekt zu, dass Ihr Friedenspräsident sehr wohl Blut an seinen Händen kleben hat... Immerhin hat er die Granaten geliefert, mit denen Donezk beschossen worden ist... 

Advocatus: Wie gesagt, das ist nicht Gegenstand unserer Verhandlung, und daher brauche ich auch gar nicht einzuwenden, dass diese Aufrüstung der Ukraine unter Umständen auch der Stabilisierung der Verhältnisse und somit dem Frieden hätte dienen können... Auf der ganzen Welt werden Waffen umgeschlagen und Armeen aufgerüstet, ohne dass dies unweigerlich alleweil und allenortens zu Kriegen führen muss. Zur Zeit von Trump I stand eine NATO-Mitgliedschaft der Ukraine noch nicht auf der Agenda, darüber hinaus erscheint er fraglich, inwieweit der Präsident in die sinistren Aktivitäten einer Victoria Nuland und anderer gleich sinistrer Gestalten eingebunden gewesen ist...

Adversarius: Ganz wohl dürfte Ihnen bei dieser Argumentation nicht zumute sein...

Advocatus: Wo Sie recht haben, haben Sie recht. Ganz ohne Zweifel hat Trump während seiner ersten Präsidentenschaft schwere Fehler gemacht. Allerdings meine ich, dass diese Fehler nicht auf eine böse Absicht zurückzuführen gewesen sind, sondern auf einen gewissen Laissez- faire-Führungsstil. Und hier hat er sich zweifellos gebessert...

Adversarius: Der sicherlich auch von Ihnen sehr geschätzte Jeffrey Sachs sieht die Russlandpolitik der Trump I-Administration als konsequente Nachfolge, ja Weiterentwicklung der seit 1990 geübten poking-the-bear-Praxis. 

Advocatus: Umso schwieriger wäre es für Trump I gewesen, aus dieser festgefahrenen Linie auszubrechen. Trump II hat jedenfalls damit Schluss gemacht. 

Adversarius: Das wird sich erst weisen...

Advocatus: Womit Sie auf das Grundproblem Ihrer Anklage Bezug nehmen... Es ist einfach zu früh, um zu einem endgültig Urteil zu kommen...

Adversarius: Das sollte uns in Sachen Grönland nun leichter fallen.

Advocatus: Natürlich fällt mir das leicht, wie denn nicht...

Adversarius: Ich bin aber nix neugierig auf absonderliche Ausflüchte à la Festigung der innenpolitischen Position beziehungsweise Kompensation einer unpatriotischen Haltung gegenüber Russland. Vielmehr soll dieses Thema im Zusammenhang mit Trumps unerträglichem Verhalten gegenüber der Europäischen Union und damit verbunden auch gegenüber den europäischen Ländern erörtert werden.

Advocatus: Ich danke Ihnen von ganzem Herzen für Ihre hilfreiche Hand!

Adversarius: Lassen Sie diese Mätzchen!

Advocatus: Nicht doch! Zum einen haben Sie, auch wenn Sie vorgeben, es nicht hören zu wollen, das allerwichtigste Argument genannt... Schütteln Sie nicht den Kopf, das ist keine Kleinigkeit. Schließlich geht es um die Ausweitung des eigenen Staatsgebietes um satte 2,1 Mio km² und somit um die größte Insel der Erde. Damit würden die USA deutlich mehr als ein Fünftel ihrer bisherigen Fläche hinzugewinnen. Da muss doch das Herz eines jeden Patrioten höherschlagen... 

Adversarius: Wenn Biden oder Obama eine solche Wahnsinnsidee geäußert hätten, wären Sie hellauf empört gewesen und das natürlich mit Recht...

Advocatus: Sie wissen gar nicht, wie sehr dieser Einwand Wasser auf meine Mühlen bedeutet... 

Adversarius: Sie werden 's mir sicher gleich erläutern!

Advocatus: Aber gerne! Beginnen wir mit einer kleinen gedanklichen Spielerei... Warum haben weder Biden oder Obama noch ein früherer USA-Präsident nach Grönland gegriffen?

Adversarius: Vielleicht aus Gründen der Achtung des Völkerrechts?

Advocatus: Herr Collega, Sie enttäuschen mich! Seit wann hat die Politik der USA auch nur das Geringste mit der Befolgung des Völkerrechts zu tun? Wollen Sie ernsthaft bestreiten, dass das Völkerrecht für die USA in den vergangenen Jahren, Jahrzehnten, Jahrhunderten nicht den Funken einer Bedeutung gehabt hat? 

Adversarius: Stellen Sie sich nicht so an! Alaska wurde 1867 ordnungsgemäß vom Russischen Kaiserreich erworben, sprich gekauft, ebenso schon 1803 das damalige Louisiana von Frankreich, das übrigens  in etwa der Fläche Grönlands entspricht. Alaska ist mit ca 1,7 Mio km² deutlich kleiner. 

Advocatus: Bezeichnenderweise sind Sie auf Kalifornien, New Mexico und Texas ebensowenig zu sprechen gekommen wie auf Honolulu... Was den Landraub an der indianischen Ureinwohnerschaft betrifft, so wollen wir überhaupt besser schweigen. Vielleicht werden Sie einwenden, dass für diese sowieso kein Völkerrecht gegolten hat, was ohnedies nur meine These untermauert, dass das Völkerrecht keinen geeigneten Gegenstand rechtswissenschaftlicher Betrachtung abgibt, sondern schlicht und ergreifend eine Hure der Mächtigen ist bzw bei genauerer Betrachtung nicht einmal das, sondern vielmehr einen Versuch gelehrter Onanisten, das ethisch trostlose Recht des Stärkeren wissenschaftlich zu verbrämen. Aber beziehen wir Ihre Beispiele ruhig in unsere Gedankenspielereien ein. Warum haben sich die USA nicht einfach Alaska und Louisiana gekrallt, und warum hat das noch kein bisheriger US-Präsident mit Grönland gemacht? Und sagen Sie bitte nicht, dass Jefferson und Lincoln einfach nettere Menschen gewesen sind...

Adversarius: Ich nehme an, Sie legen es darauf an, dass sich die USA nicht mit den damaligen Kaiserreichen Frankreich und Russland anlegen wollten... 

Advocatus: Sie nehmen richtig an. In Bezug auf Mexico und auf das späte, im Verfall begriffene Spanien waren die Amis nicht ganz so zimperlich, wie man weiß. So weit, so gut, was Louisiana und Alaska betrifft. Warum aber nicht Grönland? Schließlich ist Dänemark alles andere als eine Großmacht? 

Adversarius: Ich nehm mal an, dass der bisherige Nutzen nicht so großartig gewesen sein wird...

Advocatus: Dies trifft sicher auf frühere Jahrhunderte zu, nicht aber auf die letzten Jahrzehnte. Stichwort Bodenschätze, Zugang zur Arktis und, nicht zuletzt: kürzeste Einflugschneise für potentielle russische Raketen in Richtung Ostküstenmetropolen.

Adversarius: Allesamt nicht sehr stichhaltige Argumente. Dänemark wäre in puncto Bodenschätze zu jedem Entgegenkommen bereit, wie die USA bei der Ausbeutung fremder Bodenschätze ganz allgemein nicht auf eigentliche Eroberung angewiesen sind... Überdies gehört Dänemark zur NATO, womit die USA jegliche Hoheit zur Errichtung von Raketenabwehrschirmen haben dürften.

Advocatus: Alles richtig. Indes ist Grönland dennoch so etwas wie ein nice to have, sodass man sich die Frage stellen muss, was bisherige Präsidenten vom festen Zugriff abgehalten haben möge? 

Adversarius: Wie gesagt, das Völkerrecht. Überhaupt, zumal ein europäischer Verbündeter betroffen gewesen wäre. 

Advocatus: Sagen wir daher besser nicht Völkerrecht, sondern Diplomatie. Die USA hatten in Europa diverse Interessen, weshalb ein derartiger Affront auch gegenüber einem unbedeutenden Staat wie Dänemark sehr ungünstige Auswirkungen gehabt hätte. Und damit sind wir beim springenden Punkt. EU-Europa pflegt seine Feindschaft gegenüber Trump offen zu zeigen und dabei keinerlei Rücksicht auf Diplomatie zu legen. Es erscheint daher nur folgerichtig, dass Trump reziproke Maßnahmen ergreift und sich dabei auf sein Recht des Stärkeren beruft. 

Adversarius: Mag alles sein. Aber warum soll das zu Trumps Gunsten sprechen?

Advocatus: Einfach weil er eine spezielle Konstellation richtig erkannt hat und entsprechend ausnützen will. Derlei Fähigkeiten zeichen große Staatsmänner aus. Imgrunde ist es so etwas wie eine einmalige Chance...

Adversarius: Wie gesagt, es handelt sich bei Dänemark um einen verbündeten Staat, um ein NATO-Mitglied...

Advocatus: Umso besser, umso folgerichtiger, umso großartiger! Verstehen Sie nicht? Welch Desavouierung nicht nur eines Bündnispartners, sondern des Bündnisses im Ganzen! Wer braucht ein solches Bündnis, wenn es nicht einmal einen Mitgliedstaaten vor einem Partner schützt! Eine elegantere Vorgangsweise, die Auflösung dieses Bündnisses zu betreiben, ist schwer vorstellbar...

Adversarius: Ihre Vorstellungen von Eleganz sind äußerst extravagant...

Advocatus: Doch, diese Vorgangsweise ist sehr wohl elegant, bzw sie wäre es, wie leider derzeit noch gesagt werden muss. Die Eleganz besteht natürlich nicht gegenüber Dänemark oder der EU, sondern gegenüber Trumps kritischen Landsleuten, die einem gewissen Patriotismus frönen. Dass dieser in Bezug auf Russland etwas fehlgeleitet erscheint, haben wir schon angemerkt. Deshalb wäre gerade gegenüber diesen Kreisen ein Rückzug aus Europa oder überhaupt die Auflösung der NATO prinzipiell schwer vermittelbar. Trump schlägt diese fehlgeleiteten Patrioten nun mit den eigenen Waffen, indem er das Staatsgebiet massiv vergrößert und sich somit als wahrer, ultimativer Patriot erweist. 


(Fortsetzung)

4 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Gut. Sagen wir ich bin in puncto Grönland überzeugt. Nicht, dass ich es wirklich wäre, aber nur um der Argumentation willen. Meine Frage: Was, wenn jetzt Trump NICHT nach Grönland greifen sollte? Immerhin bleibt der Plan für mich sehr unwahrscheinlich. Ist Trump dann ein Trottel, weil er diese große Gelegenheit unstaatsmännisch verpasst hat? Wie wird sich der windige Advocatus aus diesem Schlamassel herauswinden?

Franz Lechner hat gesagt…

Als völlig Neutraler tendiere ich eher zum Advocaten. Wie er argumentieren würde, wenn Trump auf Grönland verzichten würde, ist ein witziges Gedankenexperiment. Ehrlich gesagt, wäre ich für meinen Teil diesfalls sogar ein wenig enttäuscht.

Rupert Moser hat gesagt…

Putin hat übrigens Bezug auf die historische Grönland-Frage genommen. Offenbar haben die USA schon in der Vergangenheit Lust auf Grönland verspürt, was dann durch die Weltkriege ins Hintertreffen geriet (allerdings wollten sie es damals kaufen).
Es ist klar, dass er sich im Falle eines Einmarsches der USA diebisch freuen würde. Wir sollten sicherheitshalber europäische Bodentruppen in Grönland stationieren, das wäre jedenfalls sinnvoller als in der Ukraine (obwohl es natürlich nur unnötig Öl ins Feuer gießen würde). Vielleicht will unsere superneutrale Außenministerin als nächstes nach Grönland reisen?

Anonym hat gesagt…

Putin freut sich schon jetzt diebisch, Grönland hin oder her. Er ist Trump an intellekt und Rafinesse ja so turmhoch überlegen, dass Trump nicht mal merkt, wie Putin ihn und seine infantile Gang an Möchtegern-Halbstarken am Nasenring durch die Manege führt.