...betitelt sich ein Aufsatz, den der Gründer des Insel-Verlags, Anton Kippenberg, aus Anlaß des siebzigsten Geburtstags des Thomaskantors Karl Straube am 6.1.1943, also heuer vor fünfundsiebzig Jahren, verfaßt hat, welcher Aufnahme fand in den Band seiner »Reden und Schriften«, die 1952 in seinem Verlag erschienen — und die allesamt äußerst lesens- und bedenkenswert sind!
Nun »Arier« kennt man somanche — neben denen der Hitlerei und denen des Iran (was ja »Land der Arier« bedeutet) sind es vor allem die Proletarier, die heute unübersehbar zahlreich geworden sind, und alle Lebensbereiche erobert haben ... ... aber »Hypsistarier« ...?
Und Kippenberg holt weit aus, wie um den Leser an der Erkundung dieses seines Geschenkes an Karl Straube teilnehmen zu lassen: es handelte sich um eine Goethe'sche Handschrift, »... den ersten Teil einer Kantate. Als solche schien sie mir dem Thomaskantor besonders angemessen zu sein. Wenige Worte nur gedachte ich zu der Handschrift zu sagen, aber aus dem Trachten, den Empfänger festzustellen, wurde eine immer weiter und tiefer führende Untersuchung auf bisher unbeackertem Boden ...«
Es handelte sich, fand der gelehrte Prof. Dr. Kippenberg, 1938-50 Präsident der Goethe-Gesellschaft zu Weimar, heraus, um eine Beilage zu einem Brief, den der Dichter exakt ein Jahr vor seinem Tode, am 22. März 1831, an den »geprüften Freund« Sulpiz Boisserée nach München gesandt hatte. Die — leider etwas verwaschen ausgefallene — Abbildung (nur die linke Seite betreffend) im Goethezeitportal enthebt mich der Anstrengung, den längeren Text abzutippen:
Es handelte sich, fand der gelehrte Prof. Dr. Kippenberg, 1938-50 Präsident der Goethe-Gesellschaft zu Weimar, heraus, um eine Beilage zu einem Brief, den der Dichter exakt ein Jahr vor seinem Tode, am 22. März 1831, an den »geprüften Freund« Sulpiz Boisserée nach München gesandt hatte. Die — leider etwas verwaschen ausgefallene — Abbildung (nur die linke Seite betreffend) im Goethezeitportal enthebt mich der Anstrengung, den längeren Text abzutippen:
Aber wie kam der Dichter dazu, diesem Schreiben, in dem er sich als Gefolgsmann der Hypsistarier bekennt, ein längstvergangenes Gedicht, »Die erste Walpurgisnacht«, die 1800 in der Unger'schen Ausgabe der »Neuen Schriften« erstmals veröffentlicht worden war, beizulegen, noch dazu in seiner Handschrift, die er — wegen mancher kleinen Textabweichungen erschließbar — vermutlich aus dem Gedächtnis niedergeschrieben hatte?
Hier findet Kippenberg die Antwort im Tagebuch, unter dem 22. März ist notiert: »Erfreulicher Brief von Felix Mendelssohn, datiert Rom, 5. März.« — Der junge Komponist schrieb darin u.a. an den bewunderten Dichter ehrfurchtsvoll: »Was mich seit einigen Wochen fast ausschließlich beschäftigt, ist die Musik zu dem Gedichte von Ew. Exzellenz, welches "die erste Walpurgisnacht" heißt; ich will es mit Orchesterbegleitung als eine Art großer Kantate komponieren ...«
Veröffentlicht wurde die Kantate freilich erst zwölf Jahre nach Goethes Tod, im Jahre 1844. Doch zurück zu den Hypsistariern: das Bild aus dem Goethezeitportal zeigt nicht den ganzen Brief(teil) vom 22.3.1831 — deshalb sei hier nun der wichtige Beginn nachgetragen, den Goethe auf der letzten Seite (nach den anderen, mit 20. März datierten) anschließt:
Die letzte Seite bin ich nun veranlaßt, in Ernst und Scherz mit etwas Wunderlichem zu schließen:Nun sind wir also endlich bei den Hypsistariern gelandet, über die die Wikipedia (die in solchen, weit zurückliegenden Dingen in der Tat unschätzbare Dienste leistet, nur eine zeitgeistbedingte Hyperopie hindert sie ab ca. dem Jahr1933 an einer halbwegs objektiven Erfassung der Wirklichkeit) folgendes zu berichten weiß:
Des religiösen Gefühls wird sich kein Mensch erwehren, dabei aber ist es ihm un-möglich, solches in sich allein zu verarbeiten, deswegen sucht er oder macht sich Pro-selyten.
Das letztere ist meine Art nicht, das erstere aber hab ich treulich durchgeführt und, von der Erschaffung der Welt an, keine Konfession gefunden, zu der ich mich völlig hätte bekennen mögen. Nun erfahr ich [s.o. weiter]
Ihre synkretistische Lehre bestand aus Elementen von Judentum und anderen orientalischen Religionen. Die Hypsistarier hielten Feuer und Licht in Ehren, beachteten den Sabbat und jüdische Speisevorschriften, lehnten aber die Beschneidung ab. Der Name Hypsistarier leitet sich ab von der Verehrung nur eines höchsten Wesens, des Theos Hypsistos (griechisch ὕψιστος – hypsistos, der Höchste).... aber da sind wir wieder bei Ausgangspunkt dieses Artikels angelangt. Wer seinen Sonntag mit der Lektüre des gesamten Aufsatzes von Kippenberg bereichern möchte, wird hier fündig.
Erwähnt wurden die Hypsistarier im Werk Orationes theologicae von Gregor von Nazianz, dessen Vater der Sekte angehört hatte, und in Contra Eunomium libri von Gregor von Nyssa.
Ins öffentliche Bewusstsein der Neuzeit sind die Hypsistarier durch Goethe gerückt worden, der sich im Zuge der Abfassung des West-östlichen Divans sehr mit Sekten und religiösen Gestalten beschäftigt hatte. In einem Brief an Sulpiz Boisserée bekennt er sich [...]
Ihnen und allen anderen, die sich hingegen für andere Beschäftigungen entscheiden, wünsche ich einen erholsamen Sonntag ...
2 Kommentare:
Die Proletarier, alle Lebensbereiche erobert habend - das ist aber eine mehr als steile These.
Die AfD, als deren publizistischer Kettenhund sie gerne unterwegs sind, sieht das aber sowas von anders. Diese Partei sieht sich ja als Anwalt des ach so geknechteten, übersehenen, von den "Eliten" zurückgelassenen armen Proletariats.
Cher (chère?) "Anonym",
1. ist ihre Meinung, dieser Blog sei als " publizistischer Kettenhund" der AfD unterwegs (noch dazu: "gerne", wie Sie ausdrücklich vermerken) wohl auch unter die mehr als steilen Thesen zu subsumieren.
2. ist die AfD, soweit mir das als Außenstehendem ersichtlich ist, wohl weit eher als Anwalt der von unseren korrupt-parasitären "Eliten" (die auch Sie dankenswerterweise in Anführungszeichen setzen) schamlos abgezockten Leistungsträgern, also dem klassischen Mittelstand unterwegs.
Die Arroganz der Funktionärs"eliten" vermeint freilich, bspw. in einem fleißigen Baumeister, Installateur oder Buchprüfer einen "Proleten" zu erblicken, da der sich sein Geld durch ehrliche (und zeitraubende) Arbeit verdienen muß, und nicht via monatlicher Gehaltsüberweisung vom zwangsfinanzierten Staat auch bei wenig (oder gar keiner) sinnvoller Leistung einfach abgreifen kann.
Aber offenbar "verdienen" auch Sie Ihr Geld ebenfalls auf letztere Weise (also im wörtlichen Sinne: überhaupt nicht). Sie kassieren's halt einfach ...
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