Donnerstag, 14. September 2017

Postfaktisch ist praktisch

von Fragolin

Wie das investigative und linksliberale Blatt für den intellektuell anspruchsvollen Akademiker und Single mit Niveau, die „Zeit“, bekannt durch seine wertneutrale Berichterstattung und unbedingte Wahrheitstreue bei der Aufdeckung der gloriosen Errungenschaften Ihrer Alternativlosigkeit und derer Pinscher und der gar förchterlichen Grauslichkeiten im nazibraunen Dunstkreis derer einzigen politischen Gegner, in selbstloser und unbedingt wahlkampfabgekoppelter Recherchearbeit aufgedeckt hat, hat die augenzwinkernd als „Nazi-Schlampe“ komplimentierte Alice Weidel es angeblich gewagt, nicht nur eine Asylbewerberin für sich arbeiten zu lassen, sondern diese auch noch, was in deutschen Redaktionsstuben jeden, der den dortigen Umgang mit Praktikanten und Putzkräften kennt, besonders erstaunt, ordentlich entlohnt.
Wenn das nicht empörend ist!

Und so muss denn auf Zeit Online ein seltsamerweise nicht mit einem Autorennamen gekennzeichneter Artikel, der in meinem Browser ganz der kapitalismuskritischen, neoliberalenfeindlichen und dem schnöden Mammon die bedruckte Stirnseite bietenden Linie des Blattes folgend jedesmal nach wenigen Sekunden hinter einer nicht mehr entfernbaren Werbeüberdeckung für „Qualcomm“ (ein Name ist Programm) entfleucht, sich dieses fürchterlichen Vorganges annehmen.

Alice Weidel ließ Asylbewerberin schwarz für sich arbeiten“


Ist der Begriff „Schwarzarbeit“ nicht rassistisch? Hoffentlich war die nicht aus Nigeria oder Ghana, sonst würde das Ganze noch ein besonderes Gschmäckle bekommen, bei dem, sollte ein solcher Fauxpas jemand Anderem passieren, die „Zeit“ vorneweg einen Empörungskoller bekommen würde.
Aber gehen wir mal in den Text:

AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidel hat nach ZEIT-Recherchen illegal eine Syrerin im Haushalt beschäftigt. Ihr Anwalt bestreitet das.“

Achtung, liebe Leute, hier und in den nächsten Sätzen lauert ein kleines Teufelchen, das die Verzweiflung der Systemlinge offenbart. Denn hier werden die Hosen bis auf den Boden runtergelassen: kein Konjunktiv, kein „mutmaßlich“, wie es selbst aktive Vergewaltiger, die man während ihres Tuns vor versammelter Menschenmenge an hellichtem Tag von (und aus) seinem Opfer ziehen muss, geschenkt bekommen, kein „angeblich“ oder „vielleicht“, nein, und da erkennt man die Provokation: Sie hat. Das schreit dermaßen nach mehr als nur einem Bestreiten sondern eigentlich nach einer Klage, dass man sich fragen muss, ob nicht genau das der Sinn der Aktion ist: Weidel in den letzten Tagen vor der Wahl für einen schnellen Schauprozess vor ein alles andere als neutrales Gericht zu zerren, ja sie sich selbst an die Justiz ausliefern zu lassen, nach dem Motto: Seht her, die Rechtspopulisten, Jammern und Klagen und müssen dann vor der Justiz kneifen.
Weidel scheint das Spiel durchschaut zu haben und hält den Ball flach.

Die AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidel ließ an ihrem Schweizer Wohnsitz in Biel eine Asylbewerberin aus Syrien schwarz für sich arbeiten. (…) Im Jahr 2015 arbeitete eine Studentin der Islamwissenschaften als Haushaltshilfe für Weidel, danach gab diese den Job an die Frau aus Syrien weiter.

Die „Recherche“ der Zeit hat scheinbar nicht ergeben, dass der Wohnort von Alice Weidel das deutsche Überlingen am Bodensee ist. Sie ist nur am Wochenende bei ihrer Lebensgefährtin und den zwei Kindern in Biel. Die Wohnung gehört ihrer Lebensgefährtin, mit der sie übrigens ganz offiziell in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft lebt. Wenn also jemand im Haushalt in Biel geputzt hat, dann hat dieser Jemand im Haushalt von Weidels Lebensgefährtin geputzt. Und dafür muss Weidel sich nicht rechtfertigen, oder hat man bei der „Zeit“ die Sippenhaft aus braunen Zeiten wieder als praktische Umgangsform mit Menschen, die dem Fördergeldgeber und Pfründeversorger als „politische Gegner“ gelten, für sich entdeckt?

Wie die ZEIT aus dem privaten Umfeld Weidels erfuhr, bezahlte die AfD-Spitzenkandidatin den Frauen das Gehalt bar auf die Hand – 25 Franken pro Stunde, was für Schweizer Verhältnisse üblich ist. Es gab demnach weder einen schriftlichen Anstellungsvertrag noch wurden die Frauen um Rechnungsstellung gebeten.“

Der Kernsatz ist wörtlich zu nehmen: „...was für Schweizer Verhältnisse üblich ist.“
Das bezieht sich nämlich nicht nur auf den Stundensatz, von dem die Putzfrauen bei der „Zeit“, falls diese das nicht sowieso auf osteuropäische Billigkräfte eines „Facility Management“-Unternehmens outgesourced haben, was für Deutsche Verhältnisse üblich ist, wahrscheinlich nur träumen können, sondern auch auf den ganzen Rest. Es ist nach meinen Informationen nämlich durchaus üblich, geringfügig stundenweise Beschäftigte ohne schriftlichen Vertrag anzustellen und in bar ohne Rechnung auszuzahlen, und das, und jetzt kommts, absolut legal! Das darf man da. Als selbständige Reinigungskraft in nicht regelmäßiger Beschäftigung und bis zu einem Jahresverdienst von 2.300 CHF könnte die Syrerin durchaus etwas dazuverdienen. Wenn jetzt etwas passieren könnte, dann, dass die Syrerin als Asylbewerberin keine Arbeitserlaubnis hatte (da kenne ich das Schweizer Recht zu wenig, in Österreich dürfte sie jedenfalls nicht) und gar nichts hätte dazuverdienen dürfen, und dann würde das ganze Empörungsgedonner der „Zeit“ am Ende der Asylwerberin schaden – aber seit wann interessieren die Vernaderer in ihrem heiligen linken Zorn schon Kollateralschäden?
Kann man in seinem Rechercheeifer ignorieren.

Von der ZEIT um eine Stellungnahme zu der syrischen Haushaltshilfe gebeten, ließ Weidels Anwalt zunächst ausrichten, dass die gesetzte Antwortfrist von einem Arbeitstag "für die Aufarbeitung zum Teil relativ komplexer rechtlicher Sachverhalte mit Blick auf die Zulässigkeit von Vergütungsregelungen" zu kurz sei.“

Das muss man sich mal geben. Die erwarten eine Stellungnahme und setzen eine Antwortfrist. Für wen halten die sich? Für Ankläger, Richter, Polizei, eine Behörde? Eine Staatsmacht?
Leute, nur weil ihr als propagandistische Wurmfortsätze der Parteihäuser die Vorheuler für das Rudel spielen dürft, seid ihr keine Staatsgewalt! Ihr seid von niemandem durch Wahlen legitimiert, gegen irgend eine Person oder Organisation vorzugehen, sie zu maßregeln, Fristen zu setzen oder Sachverhaltsdarstellungen einzufordern! Euch gegenüber auskunftspflichtig sind ausschließlich Staatsorgane oder im Staatsauftrag tätige Firmen aber weder Privatpersonen noch deren Anwälte!
Ihr habt gefälligst zu warten, bis der Anwalt eine ordentliche Recherche durchgeführt hat, und könnt dann noch brav Danke sagen dafür, dass der euren Job gemacht hat und euch nicht einfach ausrichten lässt, dass euch das Privatgebaren von Frau Weidel vor zwei Jahren nicht nur einen Dreck angeht sondern im Falle einer Falschbeschuldigung eine Klage droht. Hier wird nämlich keine Mutmaßung formuliert, sondern, siehe oben, eine glasklare Beschuldigung ausgesprochen und dann noch präpotent eine Stellungsnahme gefordert.

Inzwischen teilte der Anwalt mit: "Richtig ist, dass unsere Mandantin einen freundschaftlichen Kontakt zu einer Asylbewerberin aus Syrien hat, die unserer Mandantin nahe steht. Diese Asylbewerberin war als Freundin unserer Mandantin auch im Hause unserer Mandantin zu Gast. Dass die Asylbewerberin aber im Hause unserer Mandantin angestellt wurde oder als Angestellte gearbeitet hätte oder aber dafür Lohn bekommen hätte, ist jeweils falsch".“

Aha. Aber die „Zeit“ bleibt bei der kategorischen Formulierung der Beschuldigung. Obwohl eine Gegendarstellung vorliegt, nach der es kein solches Angestelltenverhältnis gab. Ganz offen. Im Gegensatz zur anonymen Quelle der „Zeit“, die etwas anderes behauptet haben soll. Vielleicht sollte jetzt der Anwalt Weidels schön langsam Informationen einfordern.

Was ja interessant ist, ist die Tatsache, dass die angeblich Xenophoben der AfD keine Hemmung zu haben scheinen, mit Ausländern befreundet zu sein. Die Lebenspartnerin Weidels, immer gern als Schweizerin bezeichnet, kommt ursprünglich aus Sri Lanka. Jörg Meuthen hat mehrere afrikanische Patenkinder, die er auch kennt und besucht und für deren Heimat er sich für Entwicklungsprojekte einsetzt. Die umgeben sich mit Ausländern, und das schon seit Jahren. Und haben dann auch noch gleichgeschlechtliche Lebenspartner und leben in einem modernen, flexiblen Arbeitsumfeld.

Die AfD gründet ihren Wahlkampf stark auf die Ablehnung von Flüchtlingen und Asylbewerbern und fordert Einschränkungen beim Asylrecht.“

Wie kann man so viele dreiste Behauptungen in einen Satz packen? Wahr ist: nicht „Flüchtlinge“ werden abgelehnt, ganz im Gegenteil, für diese werden sogar umfassende Hilfsmaßnahmen gefordert, sondern die restlichen 97% der einwandernden Wirtschaftsmigranten, Glücksritter und Kleinkriminellen sollen nicht mehr durch Lügen, Betrügen und Passwegwerfen ungehindert nach Deutschland eindringen können. Unberechtigt im Land Aufhältige sollen heimwärts geschickt werden und ihnen nicht Häuser in Deutschland gebaut und Wohlversorgung garantiert werden. Beim Asylrecht werden keine Einschränkungen gefordert sondern dessen gesetzeskonforme Einhaltung. Keine selbstherrlichen und illegalen pauschalen Sonderregelungen durch größenwahnsinnig gewordene Regierungschefs sondern die Rückkehr zu einem demokratischen Rechtsstaat, in dem bestehendes Recht und Gesetz angewendet und nicht situationselastisch angepasst oder außer Kraft gesetzt wird.
Aber egal. Was will man von einer linken Kampfpostille erwarten.

Mehr als von der „Welt“?
Die schreibt nämlich:

Mehr Grenzkontrollen, schnelle Abschiebungen und kein Grundrecht auf Asyl: In der Flüchtlingsfrage ist AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidel bekannt für ihren harten Kurs.“

Das ist kein „harter Kurs“ sondern geltendes Recht. Das zu respektieren schon mal damit beginnen würde, Menschen nur dann als „Flüchtlinge“ zu bezeichnen, wenn sie welche sind.

Es gibt nämlich kein Grundrecht auf Asyl, auch wenn man das Leuten wie Claudia Roth und scheinbar auch den „Welt“-Redakteuren zur Musik von Rachmaninow in Unterhosen vortanzen kann, ohne dass denen das durch ihr Ideologieteflon kriecht. Naja, als hundertprozentige Tochter des Medienkonzerns der Merkelschen Busenfreundin Friede Springer, mit einer stellvertretenden Chefredakteurin die zufällig auch Ehefrau des FDP-Vorsitzenden ist, erwartet man jetzt nicht wirklich was anderes.
Es gibt ein Grundrecht auf ein neutrales und gerechtes Asylverfahren. Wer um Asyl bittet, der muss gehört werden und darf ein gerichtliches Urteil über den Anspruch auf Asyl erwarten. Es gibt aber kein Grundrecht auf Asyl; wer um Asyl bittet muss nicht automatisch anerkannt werden.
Juristische Fakten waren einst ein wichtiger Bestandteil qualitativ hochwertiger journalistischer Tätigkeit, aber in Zeiten des postfaktischen Merkel-Regimes müssen die Propagandaschreiber sich nicht mehr mit lästigen Fakten herumschlagen – der Konstruktivismus hat gelehrt, dass das, was man behauptet, einfach dadurch zur Wahrheit wird, weil man es behauptet. Und als erstes behauptet man, dass alle anderen lügen. Postfaktisch ist praktisch.

7 Kommentare:

Konservativer hat gesagt…

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/alice-weidel-afd-funktionaere-sind-duennhaeutig-a-1167610.html

Sehr lehrreich. Die Schnittmenge von Linken und Rechten wird immer größer.
Der Autor Jan Fleischhauer ist bekanntlich ein ausgewiesener, kämpferischer Konservativer.

Le Penseur hat gesagt…

Cher Konservativer,

darf ich Ihre Einschätzung Fleischhausers doch ein bisserl präzisieren? Ihre gütige Erlaubnis präsumierend:

Er ist das ausgewiesene pseudokonservative Feigenblatt der SPEICHEL-Redaktion (damit die Redaktionslinie nicht ganz so knallhart linksopportunistisch rüberkommt), und darf bisweilen als Hofnarr vom Dienst was Unkorrektes schreiben (manchmal sogar ganz witzig zu lesen, das sei konzediert).

"Konservativ" ist er etwa so sehr, wie Sie. Für Gänsefüßchen reicht's, würde ich sagen. Für mehr nicht ...

Konservativer hat gesagt…

Jedenfalls ist er sicherlich konservativer als Sie, verehrter Penseur.
Sie scheinen konservativ grundsätzlich mit extrempopulistisch zu verwechseln.

Le Penseur hat gesagt…

Ja, ja, schon gut ...

»Extrempopulistisch« ist bekanntlich für einen Altliberalen/Libertären und Nonkonformisten die treffendste Beschreibung, die man nur finden kann. Gratulation, Sie haben mich ja sowas von durchschaut!

Konservativer hat gesagt…

Bittedanke, keine Ursache, freut mich!

Schmidt hat gesagt…

Wenn der seit Jahren einen erklärten Stalin-Bewunderer und UdSSR-Nachtrauerer als Lichtgestalt bewundernde Penseur ein "Altliberaler" und "Nonkonformist" ist, dann ist der Weihnachtsmann ein Osterhase.

Le Penseur hat gesagt…

Ach, Schmidt ...

mit Ihrem Nickname mißbrauchen Sie einen großen Namen! Der war zwar keine Lichtgestalt (Sozen können das ex definitione nicht sein), aber doch immerhin ein bedeutender Mann, verglichen mit Maasmännchen, Siggi Pop oder dem Merkel mit Bart jedenfalls allemal ...

Ich weiß zwar nicht, warum ich Putin angeblich als »Lichtgestalt« bewundern soll (gibt's auch Belege für Ihre kühne Behauptung? Wohl nicht...) — höchstens als »relativ hellere Gestalt« im Vergleich mit den rückgratlosen, transatlantischen Schleimbatzen, die bei uns als Politruks an den Trögen der (Satrapen-)Macht sitzen —, aber ich weiß dafür, daß jeder, der nicht ins politmediale Putin-Bashing einstimmt, für besagte Schleimbatzen und ihr Gefolge bereits als »Putin-Fan« enttarnt gilt.

Nun, soll halt sein — für die Bretter vor dem Kopf von Systemlingen bin ich nicht zuständig ...