Donnerstag, 16. Januar 2020

Vermutlich heute (oder vielleicht gestern?) vor 250 Jahren


... (man weiß es nicht genau, aber erschließt es aus seinem Tauftag, dem 17. Januar 1770) wurde einer der größten, für viele: der größte aller Komponisten, geboren: Ludwig van Beethoven.

Nun ist es ab einer bestimmten Stufe von Vollendung eines Genies müßig, noch an Klassifikationen zu denken, zumal die Musik, anders als bspw. die Literatur, per se völker- und nationen-übergreifend eine »Weltsprache« ist, und sich daher der Genius ebenso weltweit »in Konkurrenz« befindet — oder eben: außer jeder Konkurrenz zu bewundern ist. Wie eben Beethoven. Ob neben oder gar vor ihm der Deutsche Bach, der Österreicher Haydn, der Italiener Monteverdi, der Österreicher Mozart, der Italiener Palestrina (bewußt in alphabetischer Reihung!) zu placieren wären, ist ein eitles Unterfangen; ein noch weitaus eitleres, als »den größten deutschen Dichter« zu küren (hier wäre wohl der ehrwürdige Geheimrat von Goethe kaum angefochten), um dann, ebenso sinnlos, eine Rangfolge zwischen diesem und bspw. Dante, Homer und Shakespeare herstellen zu wollen ...

Ich muß — zu meiner Schande — gestehen, daß es bis in meine reiferen Mannesjahre gedauert hat, daß ich diesen Genius der Musik lieben lernte (geachtet hatte ich ihn schon immer). Aber man muß vielleicht ein gewisses Alter erreicht haben, um Beethoven wirklich in seiner ganzen Größe würdigen zu können!

Über Beethoven könnte man auf Jahre hinaus einen ganzen Blog mit Artikeln füllen, und käme doch zu keinem Ende — da aber der LePenseur-Blog keineswegs ein bloßer Kultur- oder gar Musik-Blog ist, kann ich mich auch zum Anlaß eines 250-Jahres-Jubiläums nur auf einige wenige, also notwendig unzureichende »Brosamen« beschränken. Und so will ich zunächst mit seinem ersten vollgültigen Werk, dem Klaviertrio op. 1 No. 1 in Es-Dur beginnen, das uns in einer mustergültigen Interpretation durch Eugene Istomin (Klavier), Isaac Stern (Violíne) und Leonard Rose (Violoncello) vorliegt:


Die 1. Klaviersonate, op. 2 No. 1 in f-moll, hier in einer Interpretation durch Wilhelm Backhaus, ist ein beeindruckender Einstieg in eine Musikgattung, die Beethoven in ganz besonderer Weise prägen sollte (der Link führt in die Gesamtaufnahme der 32 Klaviersonaten, fast neun Stunden großartigste Interpretationskunst eines der herausragendsten Beethoven-Interpreten):


Während uns die beiden Frühwerke sowohl beweisen, welch großartigen Früchte Beethovens Studien beim alten »Papa Haydn« gezeitigt hatten, und uns gleichzeitig bereits einen beglückenden Ausblick — ex ungue leonem — auf die kommenden Höhenflüge seines Genius' gibt, sind die nun folgenden »Erstlinge«, die 1. Symphonie in C-dur, op. 21 (Wiener Philharmoniker unter Leonard Bernstein)


... und das Streichquartett op. 18 No. 3 in D-dur, hier mit dem Alban-Berg-Quartett zu hören, bereits vollgültige Meisterwerke:


Moment — warum op. 18 No. 3, und nicht No. 1 (das wir alle als Titelmusik von »Joachim Kaisers Klassik-Kunde« kennen)? Nun — die No. 3 ist tatsächlich als erstes Quartett komponiert worden! So ist auch in Wahrheit das 2. Klavierkonzert in B-dur, op. 19, vor dem »1.« (op. 15) entstanden, und nur später veröffentlicht worden — hier mit Murray Perahia und dem Concertgebouw-Orchester unter Haitink zu hören (wer aber das nominell »1.« hören will — bitte hier mit demselben Solisten und dem London Symphony Orchestra unter dem großen alten Sir George):


Doch wollen wir angesichts der Überfülle von großartigen Werken und Interpretationen hier aufhören und dem Leser und Hörer weitere Entdeckungsreisen (sofern sie nicht schon längst selbst angetreten wurden) in den »Kontinent Beethoven« anempfehlen — und uns quasi spekulativ mit einem Werk »Beethovens«, nämlich dem durchaus interessant und »stimmig« klingenden, von Barry Cooper aus Skizzen und Fragmenten (re)konstruierten ersten Satz der »10. Symphonie in Es-dur«, verabschieden:



7 Kommentare:

gerd hat gesagt…

Danke, werter Penseur für diesen Artikel.
Mein persönlicher Favorit: Violin Konzert in D Major, Op. 61, das einzige vollendete Werk dieser Gattung von Beethoven. Achtung: Suchtgefahr.

Wieder stolz auf Deutschland sein hat gesagt…

Beethoven war mit seinem kommunistischen "Alle Menschen werden Brüder"-Kitsch ein fataler Vorkämpfer der EUdSSR und der Soros-gesteuerten Eine-Welt-Regierung.

Le Penseur hat gesagt…

Cher (chère?) "Wieder einmal deppert sein",

ich pflege meine p.t. Kommentarposter nur höchst selten mit Invektiven zu bedenken, aber bei Ihnen ist's einfach unumgänglich, Sie VOLLTROTTEL!

Gloria hat gesagt…

Der "wieder auf Deutschland Stolze" drückt sich etwas ungelenk aus, aber tut mir leid, in der Sache sagt er nichts Falsches. "Alle Menschen werden Brüder" ist Linksgrünjargon in Reinkultur. Da wirds mir schlecht.

gerd hat gesagt…

@Gloria,

alle Menschen werden "Brüder" ist Linksgrünjargon? In welchem Jahrhundert leben Sie denn?

Le Penseur hat gesagt…

Chère Gloria,

dem kann ich keineswegs zustimmen. Man soll aus Texten (auch und gerade aus poetischen!) nicht bloß eine Zeile herauslösen und dann großartige »Textinterpretation« betreiben — das ist Humbug! Lesen Sie doch einmal das ganze Gedicht von Schiller*) — wer dann immer noch glauben, Schiller hätte »Linksgrünjargon in Reinkultur« geschrieben, tut mir leid ...

Ein paar Anregungen dazu finden Sie bspw. hier.

Linksgrünjargon? Nein, aber wirklich nicht!

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*) Schiller ist übrigens, ich geb's gern zu, alles andere als mein Lieblingsdichter! Das sarkastische Wort des großen Literaturkritikers Hans Weigel: »Goethe wäre auch heute noch Goethe, Schiller wäre Werbetexter geworden«, das ich auf diesem Blog schon mehrfach zitiert habe, hat schon seine Richtigkeit. Ich fragte mich schon oft, was Beethoven wohl geritten hat, gerade die Vertonung dieses Gedichtes für den Kulminationspunkt seiner letzten Symphonie zu wählen! Mir fallen auf Anhieb einige Gedichte ein, die von größerer poetischer Schönheit (nun, da gehört ja nicht viel dazu ...) und von edlerem wie mitreißenderem gedanklichem Inhalt sind.

Allerdings — Beethoven sollte man (wie Goethe über Euripides so schön schrieb) »nur auf den Knieen kritisieren«, also lasse ich's besser ...

Die Anmerkung hat gesagt…

Einen Klonovsky vom 5. Jänner habe ich auch noch beizusteuern, bezogen auf den Schlußchor.

"Mit der menschlichen Stimme hatte es Ludwig van eben nicht so."

Ja, hätte er es lieber bleiben gelassen, die 9. klänge in meinen Ohren ein stückweit besser. Will heißen, beim Chor blende ich mich aus dem Kunstwerk für gewöhnlich aus.

Ich hatte diesbezüglich im letzten Jahr eine Konversation, also meinen Monolog, besser gesagt, mit einer Gesangslehrerin.

Meine Bemerkung, eines der größten Chorverbrechen an der Menschheit sei die Trällerei am Ende der 9. Sinfonie von Beethoven, erst der unaus­stehliche Sprechgesang von vier Möchtegernstars und dann das musika­lisch verkorkste Gedicht von Schiller, hat sie wie eine Weltklassefechterin galant pariert und mich an der Seite vorbei laufen lassen. Egal. Jedenfalls meinte ich, ich denke drüber nach und schreib dazu mal was ins Internet.