Donnerstag, 13. November 2014

Paul Graener

... starb heute vor 70 Jahren, am 13.November 1944, in Salzburg, wohin er in den Wirren der letzten Kriegsmonate nach der Zerbombung seiner Berliner Wohnung (sämtliche Manuskripte gingen dabei verloren) quer durch Deutschland geflüchtet war.

Was einmal Nazi war, bleibt immer Nazi (wenigstens steht es so auf dem dicken Brett, das unsere Berufsantifanten vorm Kopf haben), und Graener war einmal Nazi, und bekleidete dortselbst 1934-41 die sicherlich für Völkermorde & Verbrechen gegen die Menschlichkeit besonders bedeutsame Position eines Vizepräsidenten der Reichsmusikkammer. Nun ja ...

Wikipedia widmet ihm einen Artikel voller Belanglosigkeiten — daß der Vater ein Gürtlermeister war dürfte für den Komponisten etwa so prägend gewesen sein wie sein Besuch des Askanischen Gymnasiums in Berlin. Der Rest des Artikels ist vorwiegend nasenrümpfende »Nazi-Biographie«. Über das, worauf es bei einem Komponisten ankommt, nämlich seine Tonsprache wird lapidar vermerkt:
Vor allem als Liedkomponist steht Graener in der Tradition von Johannes Brahms, Hugo Wolf und Richard Strauss. Gelegentlich bedient er sich aber auch einer atonalen Tonsprache (in den Galgenliedern nach Morgenstern) oder orientiert sich am Impressionismus (in der Oper Don Juans letztes Abenteuer und dem Orchesterwerk Aus dem Reiche des Pan).

In den 1920er Jahren war Graener ein vielgespielter Opernkomponist. Durch seine Hinwendung zum Nationalsozialismus avancierte er ab 1933 zu einem der meist- aufgeführten lebenden Komponisten in Deutschland. Seit seinem Tode wird er kaum noch gespielt, vielfach wird sein Werk als epigonal eingeschätzt. Am bekanntesten sind heute seine Morgenstern-Lieder, die in verschiedenen historischen Aufnahmen greifbar sind.
Damit sich die geneigten Leser dieses Blogs selbst ein Bild über Epigonalität (oder eben nicht) machen können, hier eine Aufnahme von »Aus dem Reiche des Pan«:


... sowie seiner »Theodor-Storm-Musik« op. 93 (1932) für Bariton unter Begleitung eines Klaviertrios:


Und — als Gedankenmirakel für alle Berufsantifanten — noch eine Toscanini-Aufnahme unter dem neckischen Titel »The Flute of San-Souci« (fehlt da nicht was?), derzufolge sich 1938 der bekennende Antifaschist Toscanini ganz heldenmutig nicht scheute, die Gefahr einer Kontakt-Kontamination durch das Dirigieren einer Komposition eines Reichsmusikkammervizepräsidenten einzugehen:


 Difficile est satiram non scribere ...

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