Samstag, 22. November 2014

Die spanische Staatsanwaltschaft

 ... hat den Regierungschef der Region Katalonien, Artur Mas, wegen der jüngsten Volksbefragung zu Unabhängigkeit angeklagt. Die am Freitag beim Oberen Gerichtshof von Katalonien in Barcelona eingegangene Klage betrifft auch die Stellvertreterin von Mas, Joana Ortega, sowie die regionale Bildungsministerin Irene Rigau. Allen werde Unterschlagung öffentlicher Gelder, Ungehorsam, Rechtsbeugung sowie Amtsanmaßung zur Last gelegt, teilte das Gericht mit.
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Die spanische Zentralregierung ist offenbar höchst begierig, sich ein zweites Baskenland zu züchten. Anders kann man diese Vorgangsweise nicht verstehen. Und zwar ganz unabhängig davon, ob man die Unabhängigkeit Kataloniens nun befürwortet oder nicht. Will ich mich mit einem Gegner einigen, so zerre ich ihn nicht vor den Kadi, sondern verhandle. Das weiß jeder Anwalt. Nur wenn ich überzeugt bin, daß der Gegner ohnehin null Chancen hat, dann kann ich vor Gericht ziehen, und der Gegner wird dort zusammenbrechen.

Glaubt Madrid ernstlich, daß es so stark und Katalonien so schwach ist? Vielleicht — doch dann sollten dich die spanischen Politiker psychologisch untersuchen lassen. Sie stehen an der Spitze eines bankrotten Staatswesens mit immensen Schulden, die auch in generationen nicht abbezahlt werden können. Sie haben eine rekordverdächtige Arbeitslosigkeit sowie eine lahmende Wirtschaft, deren wichtigster Sektor — der Tourismus — vom Wohlergehen anderer Staaten (von dort kommen nämlich die Touristen) und von der Stabilität des eigenen (wer will schon Urlaub im bebenden Vulkankrater machen?) abhängig ist. Und sie haben offensichtlich (und sooo ganz falsch kann in Zeiten des Internets eine Volksabstimmung auch ohne perfekte Organisation bei 80% pro Abspaltung nicht sein!) eine beachtliche Bevölkerungsgruppe, die einfach genug hat.

Ob dieses »Es reicht«-Gefühl klug, gerechtfertigt oder was immer ist, das ist zunächst einmal sekundär, solange es eben da ist. Und das wird man wohl nur mit viel Naivität bestreiten können. Den zur Klärung der Fragen nötigen Diskussionsprozeß freilich durch einen Strafprozeß ersetzen zu wollen, wird ins Auge gehen.

Wenn die ersten Bomben von katalonischen Dissidenten explodieren (und hoffentlich bloß Sachschaden anrichten), dann soll niemand sagen, man hätte es nicht voraussehen können ...

1 Kommentar:

Anónimo hat gesagt…

Was meinen Sie denn mit "zweites Baskenland"? Noch einmal Jahrzehnte des Terrors, ausgehend von linksextremistischen Mörderbanden? Das hat die Nation schon einmal überstanden, und sie ging stärker daraus hervor: Die Separatisten im Baskenland sind handzahm, seit sie mit den Eta-Greueln assoziiert werden. Spaß versteht keiner mehr.

Die immense Arbeitslosigkeit, den Schuldenberg etc. pp. sind kein Madrider Problem, den Katalanen geht es selbst für spanische Verhältnisse miserabel. Was sie zu großen Teilen ihrer Regionalregierung zu verdanken haben, die lieber Millionen für eine selbstgebastelte Volksabstimmung ausgeben (das zugehörige Volk haben sie sich über die letzten Jahrzehnte gebastelt) als für ordentliche Infrastruktur und funktionsfähige Hospitäler zu sorgen? Wenn sich einer psychologisch untersuchen lassen sollte, dann Herr Mas, Führer der katalanischen Schicksalsgemeinschaft.


Einen guten Bericht zu den Hintergründen des sog. Referendums gibt es übrigens hier zu lesen:
blauenarzisse.de/index.php/gesichtet/item/5014-nationalistischer-hexensabbat