Vorige Woche Bekannte in einem privat geführten Gartenmarkt mit Floristik besucht. Die Bekannte, Floristin von Beruf, ist vergangenes Jahr nach 45 ununterbrochenen Berufsjahren in Rente gegangen. Als Floristin hat sie immer wenig verdient und bekommt nur eine geringe Rente. Sie arbeitet daher noch immer montags bis sonntags im Gartenmarkt. Zwar keine 40 Stunden mehr, aber immerhin noch 30 Stunden.
Ihr Chef hat sie gebeten, weiter zu arbeiten. Es gibt schon seit ein paar Jahren keinen Nachwuchs mehr. Deshalb kann er viele Aufträge gar nicht mehr annehmen. Immerhin haben wir hier eine hohe Schlösser- und Herrenhausdichte, wo viele Hochzeiten und sonstige Feierlichkeiten stattfinden. Die Kunden gehen leer aus und können sich häufig noch nicht mal einen Blumenstrauß per Fleurop schicken lassen. Denn der wird ja auch von einem Vertragsfloristen vor Ort gefertigt.
Letzten Sommer Kanutour auf der Mecklenburgischen Seenplatte. Kanuverleiher klagt darüber, dass er kein Saisonpersonal für Ausgabe und Reinigen der Boote findet. Früher habe das auch schon mal Studenten und Schüler gemacht. Die scheinen aber jetzt genügend Geld von den Eltern zu bekommen. Sie fragen keine Ferienjobs mehr nach. Potentielle ortsansässige Helfer verlangen 25 Euro/Stunde, was absolut illusorisch ist. So kann nur noch er als Verleiher oder ein Familienmitglied die Boote ausgeben. Die nur notdürftig gereinigten Boote machen keinen guten Eindruck.
Ortsansässige Baufirma hat nur noch Babyboomer an Bord. In ein paar Jahren kann der Laden aus Mangel an Bauarbeitern zugemacht werden.
Der öffentliche Dienst saugt wie ein Staubsauger die Nettosteuerzahler aus der freien Wirtschaft ab. Nach Corona hat man überall die öffentlichen Stellen wegen des seitdem angestiegenen Krankenstandes um 11% angehoben. Das betrifft auch die kommunalen Betriebe, z.B. für Wasser und Abwasser. Die Beschäftigten im Öffentlichen Dienst erhalten ca. 500 bis 800 Euro netto mehr als in ihren alten Jobs in der freien Wirtschaft.
Ehemals ehrenamtliche und Hobby-Ornithologen usw. sind in den letzten Jahren durch gut bezahlte haupt-amtliche Nationalparkranger ersetzt worden.
In der 10. Schulklasse des Enkels an der örtlichen Regionalschule erlernt so gut wie niemand einen produktiven Beruf. Fast ausnahmslos alle möchten in den öffentlichen Dienst und in sichere und möglichst bequeme Bürojobs. Gefragt sind Tätigkeiten in der Gemeindeverwaltung, auf Arbeitsamt, Finanzamt, Gericht, in kommunalen Betrieben, in Wohnungs- und Immobiliengesellschaften. Krankenschwester, Friseuse, Kfz-Schlosser, Elektriker, … - absolute Fehlanzeige. Das will keiner mehr machen.
Der einzig begehrte Beruf, wo man sich ggfs. schmutzig macht, ist erstaunlicherweise der des Schorn-steinfegers, und das sogar bei den Mädchen. Wird natürlich auch von den Eltern promoted, weil man selbstständig viel Geld mit einer staatlich abgesicherten Lizenz zum Gelddrucken verdienen kann.
Der Weggang der Babyboomer aus den produktiven Berufen hinterlässt mehr und mehr eklatante Lücken in den Betrieben. Daher auch der massive Qualitätsverlust allerorten. Die Leute müssen immer mehr Arbeitspensum in der gleichen Zeit erledigen.
Der Prozess der Entleerung des Arbeitsmarktes wird etwas abgebremst, weil sich der Trend zum Arbeiten trotz Rente in den nächsten Jahren stark verstärken wird. Die Renten abseits der Beschäftigten, die keine betriebliche Altersversorgung erhalten, sind trotz lebenslangen Arbeitens nicht mehr auskömmlich.
Trotz dieser Lücken auf dem Arbeitsmarkt richten sich immer mehr Leute, u.a. der Großteil der Immigranten und Flüchtlinge, im Sozialsystem ein. Das Konzept des bedingungslosen Grundeinkommens in Form des Bürgergeldes kann man schon jetzt als gescheitert ansehen.
Früher hieß es, unser Land kann nicht davon leben, indem wir uns gegenseitig die Haare schneiden. Aber dafür gibt’s ja auch bald schon keine Friseure mehr. (Ja ich weiß, die Barber stopfen aktuell schon diese Lücke.)
In Zukunft wird es wohl heißen, wir können unsere Wirtschaft nicht darauf aufbauen, indem wir gut bezahlt die Vögel beobachten.
1 Kommentar:
Deckt sich mit meinen Beobachtungen. Aber ich meine, das ist gut so. Die Zeche bezahlen die, die ihre Kinder dazu verpflichten, einen akademischen Beruf zu erlernen.
Mein Jüngster, der sich seit einigen Jahren im Garten-und Landschaftsbau nicht nur in dem Betrieb, wo er als Vorarbeiter beschäftigt ist, einen Namen gemacht hat, sondern auch privat, - der profitiert eindeutig davon. 50 € schwarz die Stunde, und seine Warteliste ist lang. Aber er ist für gute und perfekte Arbeit bekannt, und die Leute (die es sich leisten können) bezahlen es auch.
Hier in Siebenbürgen ist das Lohnniveau ein anderes. Da bekommt ein gelernter Elektriker ca. 7,50 € umgerechnet. Aber unter 15 € pro Stunde schwarz arbeitet er auch hier nicht, oftmals 20 €. Wartelisten mindestens 6 Monate.
Was bedeutet das in der Realität? Qualitativ hochwertige Arbeit von Leuten, die nebenher arbeiten, wird langsam zum Luxus. Das ist gut so. Denn dann kommt man drauf, dass nicht nur der Handel, sondern auch das Handwerk einen goldenen Boden hat.
Anders gesagt (als Beispiel): Als ich im Jahre 2003 in Rumänien mit Garten-und Landschaftsbau mit meinen Firmen begonnen habe, also noch vor den Lehmannbrothers 2007, da haben wir Geld verdient, zum Totlachen. Aus dem einfachen Grund, weil die meisten Facharbeiter, die es damals gab, Siebenbürger Sachsen waren, die nach Deutschland ausgewandert sind. Der alte Spruch gilt immer noch "Unter den Blinden ist der Einäugige der König". Anders formuliert: Ich hätte niemals das Geld damals in dieser Dimension verdienen können, wenn die Deutschen noch in Rumänien geblieben wären.
Und glaubt mal ja nicht, dass die armen Rumänen kein Geld haben, sich ihre Gärten anlegen zu lassen. Es gibt eine ganze Reihe von Leuten, die vor Geld stinken. Im Jahre 2014 habe ich einem Rumänen ca. 430 m² Garten angelegt, mit allem Drum und Dran, der kostete etwas mehr als 100.000 €.
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