... nennt Michael Fleischhacker, der ehemalige Chefredakteur der »Presse«, das, was derzeit so um den »Fall« Cornelius Gurlitt in der Systempresse so abgeht.
Nach eineinhalb Jahren wird bekannt, dass Steuerfahnder im Februar 2012 in einer Münchner Wohnung eine ca. 1400 Werke umfassende Kunstsammlung beschlagnahmt haben. Die Wohnung gehört Cornelius Gurlitt, dem Sohn von Hildebrand Gurlitt. Der Kunsthändler Hildebrand Gurlitt war eine der wichtigsten Figuren der zeitgenössischen Kunstszene in den 1920er- und 1930er-Jahren. Er hatte jüdische Vorfahren, kooperierte aber mit den Nationalsozialisten. In der Sammlung, die er seinem Sohn hinterließ, befanden sich mit einiger Wahrscheinlichkeit Werke, von denen die Familie Gurlitt nach dem Krieg erklärte, sie seien vernichtet worden, etwa beim großen Brand in Dresden.Eine bemerkenswert richtige Einschätzung, zumal sogar in den Systemmedien inzwischen schon einbekannt wird, daß die angebliche Nazi-Raubkunst offenbar von seinem Vater Hildebrand Gurlitt seinerzeit aus staatlichen Museumsbeständen angekauft worden war. Der ORF, der Österreichische Rotfunk, windet sich noch in Formulierungen, »daß dies eine Restitution unmöglich machen könnte« — aber was soll denn der Schwachsinn: wenn ich von einem staatlichen Museum während der Nazi-Zeit ein Bild erworben hätte, das von den Nazis als entartete Kunst angesehen und daher aus dem Museum verbannt worden wäre, was bitteschön soll hier überhaupt wem restituiert werden? Mangelnder Kunstsinn der Nazis ist nicht das Problem des Erwerbers. Fleischhacker hat völlig recht, wenn er schließt:
Seinem Sohn Cornelius werden Steuerdelikte zur Last gelegt, offensichtlich im Zusammenhang mit Verkäufen aus der Sammlung.
So viel zur bekannten Faktenlage. Der Rest ist medialer Rinderwahnsinn.
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Die Geschichte der Familie Gurlitt ist gewiss keine Ruhmesgeschichte. Aber der einzige Schluss, den man aus dem bisher Bekannten ziehen kann, ist, dass die Behörden gut daran täten, die Kunstwerke an ihren rechtmäßigen Besitzer zurückzugeben, falls er noch am Leben ist. Die Beschlagnahmung und alles, was vonseiten der Behörden und der Öffentlichkeit seither unternommen wurde, sind die wirkliche Sensation und der wirkliche Skandal in dieser komplizierten Angelegenheit.Nur eine »Kleinigkeit« vergaß er dabei zu erwähnen: die Art und Weise, wie dieser angebliche »Nazi-Raubkunstskandal« überhaupt entdeckt wurde! Doch derlei diffizile Dinge aufzudecken und passend zu kommentieren gibt es schließlich den verdienstvollen Nachrichten- & Satireblog Politplatschquatsch:
Zollfahnder entdecken an der österreichischen Grenze einen Mann, der 9000 Euro in der Tasche hat. 10.000 wären erlaubt, also passiert nichts. Zumindest nicht in einer anderen Welt, in der Recht und Gesetz noch schrankenlos gelten und Schuldige wie Unschuldige schützen. Hier aber, im Deutschland der NSA-Ära, weckt der Fund den Verdacht der Fahnder. Die Logik geht so: Wer 9000 Euro hat, weiß, dass er 10.001 Euro nicht haben dürfte. Gezielt steckt er also nur 9000 ein, um keinen Verdacht zu erregen. Der hat etwas zu verbergen. Und das erregt nun gerade Verdacht.Das klingt, zugegeben, nach Satire. Ist aber leider die traurige und von unseren Machthabern bewußt so herbeigeführte (Un-)Rechtslage ...
Der 76-jährige Cornelius Gurlitt, Erbe eines angeblich eine Milliarde Euro schweren Bilderschatzes, geriet auf diese Weise ins Visier der Zollfahndung. Nichts Illegales hatte er getan, keinen Verdacht erregt, niemandem geschadet. Grund genug für die Behörden, ihn im Auge zu behalten, wie Siegfried Klöble, Regierungsdirektor beim Zollfahndungsamt München dem „Spiegel“ bestätigt. "Wir sind nicht so einfach an der Nase herumzuführen: Wenn jemand 9000 Euro dabei hat, gehen wir davon aus, dass diese Person mit den rechtlichen Rahmenbedingungen zum Geldtransfer zwischen Deutschland und der Schweiz gut vertraut ist, und da wollen wir natürlich wissen: warum?"
Es ist das gute Recht des Staates, alles zu wissen, gerade von denen, die vorgeben, nichts zu verbergen zu haben. Ohne jeden konkreten Verdacht blieben die Fahnder dem alten Mann also auf den Fersen. Es hätte sein können, dass dessen Versuch, nichts Illegales oder Verbotenes zu tun, darauf hindeutet, dass er etwas plant, etwas Illegales zu tun.
Ein Präzendenzfall, über den noch Generationen von Jura-Studenten nachdenken werden. Ist der Umstand, dass einer nichts getan hat, vor dem Hintergrund, dass niemand auf der ganzen Welt frei von Schuld ist, ein hinreichender Grund, ihn im Einklang mit den geltenden Gesetzen in Ruhe zu lassen? Oder muss der Mann nicht gerade beobachtet werden, weil er jederzeit etwas tun könnte?
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