Mittwoch, 31. Juli 2013

Nooteboom zum 80er

... zu gratulieren ist einerseits leicht (denn wer sollte, ja: könnte! was dagegen haben), andererseits für einen alten Nonkonformisten wie LePenseur auch wieder schwer. Soll er wirklich einen Schriftsteller würdigen, der vom nuschelnden Literatur-»Papst« MRR mit dem lobenden Seufzer »Daß die Niederländer so einen Schriftsteller haben!« in den Kanon der literaturkritikfähigen Gegenwartsliteratur aufgenommen wurde (so will es wenigestens Peter Mohr in der »Wiener Zeitung« darstellen), wenn es ohnehin schon »alle« tun?

Nun, da muß man einmal sagen, daß Nonkonformismus ja keineswegs bedeutet, immer gerade das nicht zu tun, was alle tun, sondern eben, nicht immer das zu tun, was alle tun. Und LePenseur verbindet mit Nooteboom eine solche Menge an vollkommen befriedigenden Lesestunden, daß ihm die Unterlassung eines kurzen Danks an den Autor doch irgendwie recht schofel vorkäme.

 Cees Nooteboom muß dem Lesepublikum nicht wirklich vorgestellt werden — seit vielen Jahren zählen seine Romane, Erzählungen und Essays zu den wohlbekannten und wohlbesprochenen Neuerscheinungen, der reputierliche Suhrkamp-Verlag bringt eine gediegen gebundene Gesamtausgabe heraus — Autorenherz, was willst du mehr?! Nun, im Falle Nootebooms läßt sich diese Frage beantworten: mehr Anerkennung in der Heimat! Denn Nooteboom ist (und da kann MRR's Seufzer nicht allein ursächlich sein) v.a. ein deutsches (teilweise auch US-) Phänomen, aber in den Niederlanden mehr geachtet, als gekannt, geschweige denn: geliebt. Warum das so ist?
Dass Nooteboom in seiner Heimat auf eine vergleichsweise geringe Resonanz stößt, liegt vermutlich darin begründet, dass der Autor am allerwenigsten ein typisch niederländischer Schriftsteller ist und durch seine schon in jungen Jahren ausgeprägte Reiselust eher als literarischer Kosmopolit gilt. Bereits im Teenager-Alter trampte er nach Belgien. Was dann folgte, war eine unendliche Reise - bis in die entlegensten Winkel aller Kontinente.
mutmaßt Peter Mohr — nicht ganz überzeugend, denn es gibt genug Beispiele für reiselustige und weltläufige Schriftsteller, die sehr wohl im eigenen Land etwas galten! Die Liebe eines Volkes zu seinen Schriftstellern ist ein eigen Ding ...

LePenseurs »Einstiegsdroge« in die Nooteboom-Lektüre war jedenfalls der Roman, der den Autor in Deutschland erstmals bekannt machte: »Rituale« (1980, dt. 1985). Ein Roman, dessen literarische Qualität man nicht groß beweisen muß, so fühlbar ist sie. Mit so vielen, in meinem Gedächtnis durch all die Jahre seither wie funkelnde Facetten eines Edelsteines aufschimmernden Details ... ... den harsch-dogmatischen Monsignore beispielsweise, der auf Besuch ist, und bei dem ein Stückchen Camembert auf der Zunge zu beobachten Anlaß zu ganz abenteuerlichen Assoziationen des Betrachters gibt, und vieles mehr — gläubige Christen freilich werden den Roman bisweilen hart an und über der Grenze zur Blasphemie empfinden ...

Köstlich auch das Buch »Aus den niederländischen Bergen« (dt. 1987), das in seiner sanft-hinterhältigen Absurdität den Leser in den Bann zieht. Der große Berlin-Roman »Allerseelen« (dt. 1999) gewinnt durch den Umstand, daß Nooteboom genau in den »Wendejahren« 1989/90 als Stipendiat des »Deutschen Akademischen Austauschdienstes« in dieser Stadt lebte, zusätzliche Reflexionspunkte. Das literarische Feuilleton pries den Roman in den üblichen wolkigen Formulierungen, z.B. als »eine einzige große, erzählerisch entfaltete Meditation über Zeit und Vergänglichkeit«, wie es der im Roman auftretende Rüdiger Safranski formulierte. Nun ja, dann ...

Nooteboom muß sich jedenfalls schon seit einigen Jahren Gedanken über Zeit und Vergänglichkeit machen. Denn, wie Peter Mohr schreibt:
Etwas melancholisch und mit einer Dosis Altersschwermut untermalt klang es, als Nooteboom vor einigen Jahren über eine Alltagsbegebenheit berichtete: "Ich bin jetzt 74. Das erste Mal, als mir das schlagartig bewusst wurde, war der Moment, als ein attraktives Mädchen vor mir in der Straßenbahn aufstand. Ich verstand nicht, was sie wollte und als ich es verstanden hatte, setzte ich mich, um ihr den Gefallen zu tun, aber glücklich war ich nicht."
LePenseur, wiewohl von den achtzig Jahren des Autors — »... und wenn es köstlich war, war es Mühsal und Plage«, wie der Psalmist singt — noch hinlänglich entfernt, kann dieses Gefühl bestätigen: auch ihm bot ein junges, hübsches, sogar blondes Mädel in der Wiener U-Bahn den Sitzplatz an. Anders als Nooteboom brachte er es jedoch nicht über sich, ihr »diesen Gefallen« zu tun, sondern meinte: »Bleiben Sie ruhig sitzen, junge Dame! Ich bin nicht so alt wie ich aussehe ...«


Wie auch immer: »Ad multos annos«, Mijnheer Nooteboom!

Über fürwahr blutige Dinge

... berichtet Susanne Kablitz auf ihrem Blog im Artikel »Der Geruch des Blutes« und entlarvt auf höchst überzeugende Weise unser derzeitiges »Geld«-System als den wirklichen »Weißen Hai«.

Entschiedene Leseempfehlung an alle, die mit Lord Keynes noch immer glauben, durch Schulden könne man »die Wirtschaft beleben« ...

Montag, 29. Juli 2013

Damit nicht über den wahren Skandal des Zentralbanken-Papiergeldes

... (nämlich seine Schöpfung »aus der hohlen Hand« durch die Zentral- und Geschäftsbanken, ohne daß dahinter echte Werte stehen würden!) geredet wird, werden von unserem politisch-medialen Komplex Orchideen-Themen hochgekocht:
Trolle stürzen sich auf neue 10-Pfund-Banknote
28. Juli 2013, 11:42


Auf Twitter wird gegen die Initiatorin gewettert – mit Vergewaltigungsdrohungen

Die britische Journalistin Caroline Criado-Perez hat eine Kampagne gestartet, um mehr Frauen auf englische Banknoten zu bekommen. Die Feministin hat mit ihrer Aktion bewirkt, dass in Großbritannien ab 2017 ein neues Gesicht die 10-Pfund-Banknote zieren wird: Die bekannte Autorin Jane Austen wird ab dann auf jedem 10er zu sehen sein.

Vergewaltigungsdrohungen

Offenbar sind aber nicht alle mit diesem Schritt einverstanden, wie "The Guardian" und "The Verge" berichten. Auf Twitter hat Criado-Perez Trolle angezogen, die ihr mit Vergewaltigung und anderen Gewalttätigkeiten drohen. In einer Stunde soll die Journalistin über 50 solcher Drohungen bekommen haben.

Kritik an Twitter

In der Kritik steht in diesem Fall aber auch Twitter selbst. Zahlreiche Unterstützer von Criado-Perez werfen dem Microblogging-Dienst vor, nicht genug zu unternehmen, um solchen Meldungen Einhalt zu gebieten. Teilweise rufen Twitter-User zum Boykott des Netzwerks auf. Prinzipiell sind Drohungen jeglicher Art laut Twitter-Richtlinien verboten und können eine dauerhafte Sperre des Accounts bewirken. (Hier weiterlesen)
Ooooooch! Da bin ich aber betroffen und ein Stück weit traurig! Kurze Frage: welcher tatsächlichen Gewalt war Mrs. Criado-Perez denn bislang ausgesetzt? Und haben die Medien in anderen Fällen — in denen bspw. Christen durch Ermordung (nicht bloß Drohung!) gehindert wurden, ihre religiösen Überzeugungen  zu vertreten — ähnlich engagiert berichtet? Oder habe ich die täglichen »Guardian«-Schlagzeilen bspw. über das Abschlachten von Christen in Ägypten, Syrien, Irak, Pakistan & Co. bloß übersehen? Und wie sieht es mit der Entschlossenheit unserer Medien aus, die ständigen Einschränkungen unserer Meinungsfreiheit durch die PC-Diktatur zu thematisieren? Schlicht und einfach: Fehlanzeige.

Und haben »The Guardian« (in Lord Monckton's treffenden Worten »perhaps one of the most stupid news-papers in the world«) und »The Verge« wirklich recherchiert, ob diese »Drohungen« überhaupt existieren — und wenn, von wem sie ausgehen? Gerade im Internet sind von Medienagenturen zur Desavouierung »gegnerischer« Kreise und Positionen geschickt lancierte shit-storms (man erinnert sich) keine Seltenheit.

Nun ist gegen Jane Austen auf einer Banknote sicherlich nichts einzuwenden — sie war unzweifelhaft eine große englische Schriftstellerin. Ob sie für die englische Literatur so bedeutsam war wie Charles Darwin (den sie verdrängen soll) für die englische Forschung, bleibe dahingestellt, aber solche Fragen sind ziemlich müßig, bedenkt man, daß bspw. seinerzeit ein William Shakespeare durch einen Michael Faraday von der 20£-Note verdrängt wurde.

»Tant de bruit pour une omelette« — Hauptsache, die Leute werden durch Nebelkerzen geschickt vom kriminellen Geldschöpfungsmonopol unserer Bankster abgelenkt. Womit, wenn nicht durch die notwendigen Zuwendungen aus dem politisch-ökonomischen Netzwerk unserer Nomenklatura werden denn die Medien bezahlt ...?

Freitag, 26. Juli 2013

Geistbraus redet

... übers Wetter und beschäftigt sich in diesem Zusammenhang nicht nur, aber doch auch partiell mit LePenseur. Nun, es ist ein — wie bei Geistbraus meistens der Fall — angenehm lesbarer Artikel (wenngleich für Yours truly nicht unbedingt schmeichelhafter, das muß und kann man aushalten ...), der LePenseur nur insofern in Verlegenheit setzt, als er moniert, »17 von 17 Artikeln« dieses LePenseur-Blogs seien »erbost«, d.h. in Geistbrausens Definition:
... “erbost” nenne ich jene Untergruppe der kritischen Artikel, die das nicht rein sachlich, sondern mit emotional aufgeladener Sprache tun.
Nun, das räume ich sofort ein: da ist was dran. Ich schreibe nun mal zumeist lieber angriffig, süffisant, ironisch, zynisch, engagiert (oder enragiert) als irenisch zurückhaltend abwägend. Wer das nicht verknusen kann, dem ist auf meinem Blog vermutlich etwas unbehaglich zumute. Bedauerlich, aber halt nicht zu ändern. Da die Lektüre von LePenseur nun ja wirklich nicht zu den unverzichtbaren Gütern des täglichen Lebens gehört (er hat jetzt so circa 500-700 Zugriffe laut Blogger-Zählwerk, also vermutlich ca. 200-300 »echte« Leser, schätze ich mal), und der schlappe Rest der 6+ Mrd. Menschen kann offenbar ganz gut ohne ihn auskommen.

Okay, auf kamtschadalische Rentiertreiber, oder Buschmäner, oder bengalische Rikschafahrer & Co. und überhaupt alle des Deutschen Unkundigen wird die Anziehungskraft infolge technischer und sprachlicher Hindernisse ohnehin gleich null sein, aber da bleiben zwischen den knapp 100 Mio. Deutsch-Muttersprachigen dieser Welt und den tatschlichen 200-300 doch eine ganze Menge über, die vermutlich sagen würden: »Das ist kein Blog!« (vielleicht sollte ich mein Geschreibsel als »Kunst« vermarkten, dann dürften die das lt. Koll. Geistbraus nämlich nicht! Weil sie sonst auch bald »Neger« sagen würden, oder gar Menschen verbr... — na, lassen wir mal diese Weiterungen ...)

Meine Verlegenheit rührt nun daher, daß der hochwürdige Pfarr- und Chorherr Alipius C. Müller ein paar mal äußerte, am besten schriebe ich, wenn ich erkennbar in Rage sei. Soll ich also dem geschätzten Kollegen Geistbraus willfahren, und »zur Förderung einer ressentimentfreien Diskussionskultur« beitragen, oder soll ich in meinen Artikel das Beste geben, das ich habe, scil.: meine Angriffigkeit, Süffisanz,Ironie etc. (s.o.) ...? Nun, ich mache aus meinem Herzen (und meiner Feder bzw. Tastatur) ungern eine Mördergrube, und so wird es mit meinem Beitrag zur Förderung einer ressentimentfreien Diskussionskultur, denke ich, seeehr endenwollend weit her sein. Alles geht halt nicht für alle ...

Aber solange wir auch die vielen besonneneren Blogger haben, die ich trotz — und wegen! — ihrer Andersgeartetheit nicht missen möchte, braucht uns nicht bang zu werden. Eine Internet-Welt mit lauter LePenseur-Blogs wäre nicht auszuhalten (auch für LePenseur nicht!) — aber besteht diese Gefahr denn ernstlich? Liegt die Gefahr unserer Zeit und Gesellschaft nicht eher im überbordend betulich-behübschenden Gutsprech? So empfinde wenigstens ich das, und habe nicht das Gefühl, damit so ganz falsch zu liegen.

Und so schließe ich diesen Artikel ganz irenisch mit einem augenzwinkernden »leben und leben lassen«. Ich ertrage es ja auch, wenn jemand in meiner Gegenwart RedBull trinkt (das ich einfach scheußlich finde). Und außerdem soll doch keiner behaupten, er wäre gezwungen worden, auf meinem Blog zu verweilen! Das glaubt — wenigstens den Männern unter den Besuchern — keiner in Anbetracht von gefühlt 900 Mio. Nackedeiseiten im Internet, die weitaus leichter (und vergnüglicher!) zu konsumieren sind, als die Wortkaskaden und Satzbandwürmer, die man hier durchackern muß ...

Donnerstag, 25. Juli 2013

Ottokar Kernstock

Ein heute Vergessener ... ach, wenn er nichts weiter als vergessen wäre! — nein: ein heute unter polit-medialer damnatio memoriæ Verfemter! Einer, den man höchstens aus der boshaften Karikatur in Karl Kraus' »Letzten Tagen der Menschheit« kennen darf, einer, über den man im Antifanten-Siegesgefühl zu Gericht sitzt: hat denn der nicht das Hakenkreuz-Lied gedichtet? Na also ...

Na also? ... ... nun, und wie geht denn dieses ominöse Lied?So:
Das Hakenkreuz im weißen Feld
Auf feuerrotem Grunde
Gibt frei und offen aller Welt
Die frohgemute Kunde
Wer sich um dieses Zeichen schart
Ist deutsch mit Seele, Sinn und Art
Und nicht bloß mit dem Munde

Das Hakenkreuz im weißen Feld
Auf feuerrotem Grunde
Zum Volksmal ward es auserwählt
In ernster Schicksalsstunde
Als unter Schmerzen heiß und tief
Das Vaterland um Hilfe rief
Das teure todeswunde

Das Hakenkreuz im weißen Feld
Auf feuerrotem Grunde
Hat uns mit stolzem Mut beseelt
Es schlägt in unsrer Runde
Kein Herz, das feig die Treue bricht
Wir fürchten Tod und Teufel nicht
Mit uns ist Gott im Bunde
Ach, wie erschröcklich! Da stehen doch glatt Wörter wie »Vaterland«, und »stolzer Mut«, oder gar »Schicksalsstunde«! Darf man die p.t. Berufsantifanten vielleicht darauf hinweisen, daß bspw. der Text der »Marseillaise« (»Zu den Waffen, Bürger! / Formt Eure Schlachtreihen, / Marschieren wir, marschieren wir! / Bis unreines Blut / unserer Äcker Furchen tränkt! ... Heilige Liebe zum Vaterland, / Führe, stütze unsere rächenden Arme. / Freiheit, geliebte Freiheit, / Kämpfe mit Deinen Verteidigern! / Unter unseren Flaggen, damit der Sieg / Den Klängen der kräftigen Männer zu Hilfe eilt, / Damit Deine sterbenden Feinde / Deinen Sieg und unseren Ruhm sehen!«), die in Frankreich als Nationalhymne zu allen sich bietenden Gelegenheiten gesungen wird, alle Schrecklichkeiten dieses biederen Hakenkreuzliedes von Kernstock bei weitem übertrifft?

Und, noch peinlicher — Kernstocks ominöses Lied wurde nicht einmal für die NSDAP des gewissen Herrn H. gedichtet, sondern für die Fürstenfelder Ortsgruppe einer ephemeren DNSAP (»Deutsche Nationalsozialistische Arbeiterpartei«), die im Untergang der Habsburgermonarchie gegründet, und mit dieser in einen tschechoslowakischen und einen österreichischen Teil zerfallen war, über deren letzteren sogar die mangelnden Antifantentums höchst unverdächtige deutsche Wikipedia nur lapidar zu vermerken weiß, daß »... die österreichische DNSAP bald in der Bedeutungslosigkeit verschwand«.

Und, nochmals mehr als peinlich: das inkriminierte Lied wurde 1923 verfaßt — also zu einer Zeit, als die gleichfalls das Hakenkreuzsymbol führende NSDAP im Reichstag noch nicht einmal vertreten war. Und, am peinlichsten für die Antifanten: Ottokar Kernstock starb bereits 1928 (»als sich die NSDAP mit 2,6 Prozent der Stimmen begnügen mußte«, wie Wikipedia fast bedauernd feststellen muß über die damalige Bedeutungslosigkeit des kommenden größten, ach, was heißt!, des unvergleichlich großen-einzigartig-singulär-Bösen der Weltgeschichte) — also man muß schon sagen: irgendwie will die Modellierung Kernstocks als Nazi-Dichter nicht so recht klappen ...

Aber nein, das darf nicht sein, also organisiert man Unterschriftenaktionen, die Umbenennungen von Straßen und Plätzen verlangen (oder verfügt diese eben einfach »par ordre du moufti«, wie z.B. in Wien) — oder man inszeniert Pseudo-Skandale wie diesen hier:
Hohe Beamtin zitiert Hakenkreuz-Dichter

Eine Klagenfurter Beamtin hat bei einer Weihnachtsfeier ein Gedicht von Ottokar Kernstock zitiert. Der Dichter gilt als ein Wegbegleiter der Nationalsozialisten und hat unter anderem das "Hakenkreuzlied" geschrieben.

Überraschtes Staunen. So beschreibt ein Abteilungsleiter der Stadt Klagenfurt - er will anonym bleiben - die Reaktion seiner Kollegen bei der Weihnachtsfeier mit Claudia Koroschetz. Die Magistratsdirektorin gab ein Gedicht zum Besten: "In der Christnacht" von Ottokar Kernstock. Während dieses Werk unverfänglich ist, gilt das für seinen Verfasser nicht.

"Kernstock war kriegstreiberisch, völkisch und ein Antisemit", sagt Klaus Amann, Professor für Neuere Deutsche Sprache und Literatur an der Uni Klagenfurt. Der 1928 verstorbene Kernstock gilt den einen als Heimatdichter, den anderen als ein Wegbereiter der Nationalsozialisten. Sein "Hakenkreuzlied" lässt aber keinen Zweifel offen, wem darin Kernstocks Sympathien gelten.
Entweder hat dieser Professor Amann keine Ahnung von Zeitgeschichte (was blamabel, aber immerhin vorstellbar wäre), oder er versucht wider besseres Wissen einen leichenschänderischen Rufmord. Tertium non datur. Und wie lautet nun das Gedicht, das obigen »Skandal« auslöste?
In der Christnacht

Ein Bettelkind schleicht durch die Gassen –
Der Markt läßt seine Wunder seh'n:
Lichtbäumchen, Spielzeug, bunte Massen.
Das Kind blieb traumverloren steh'n.

Aufseufzt die Brust, die leidgepreßte,
Die Wimpern sinken tränenschwer.
Ein freudlos Kind am Weihnachtsfeste –
Ich weiß kein Leid, das tiefer wär'.

Im Prunksaal gleißt beim Kerzenscheine
Der Gaben köstliches Gemisch,
Und eine reichgeputzte Kleine
Streicht gähnend um den Weihnachtstisch.

Das Schönste hat sie längst, das Beste,
Ihr Herz ist satt und wünscht nichts mehr.
Ein freudlos Kind am Weihnachtsfeste –
Ich weiß kein Leid, das tiefer wär'.

Doch gält's in Wahrheit zu entscheiden,
Wer des Erbarmens Preis verdient –
Ich spräch': Das ärmste von euch beiden
Bist du, du armes reiches Kind!
Boah! Da quillt doch nur so das Nazitum aus allen Poren — oder wie? Einfach men-schen-ver-ach-tend! Rass-ist-isch! Ach geht's doch, liebe Leutchen von der Antifa, ihr — pardon l'expression! — könnt uns doch mal ... ...

Nun, es sei durchaus konzediert: einem Priester wie Kernstock ziemten Haßgesänge wie die im Ersten Weltkrieg gegen Serben und Italiener geschriebenen nicht — nur: wer hier Splitter richtet, sollte auch die Balken in den Augen alliierter Kriegsdichter und -journalisten nicht übersehen. Und bedenken, daß nicht österreichische Terrorbanden vor 99 Jahren den serbischen Thronfolger erschossen haben, sondern umgekehrt! Daß nicht Österreich schändlich seinen durch einen Nichtangriffs- und Beistandspakt Verbündeten Italien im Stich gelassen und dann auch noch angegriffen hat, sondern umgekehrt!

Geradezu ekelerregend dreist jedoch wird der »antifaschistische« Aktionismus der Kernstock-Gegner in seiner Geburtsstadt:
Keine Ehrung für Ottokar Kernstock

MARIBOR/MARBURG. Das Liberation Arts Project, eine Initiative österreichischer und amerikanischer Künstler, wird Anfang Oktober in Sloweniens Hauptstadt Maribor Plakate affichieren. Inhalt: Ottokar Kernstock soll die Ehrenbürgerschaft aberkannt werden. Der Priester und Dichter, 1848 in Marburg geboren, ist Autor unter anderem der Zeilen "Lasst die wilden Slawenheere nimmermehr durch Marburgs Tor / lieber rauchgeschwärzte Trümmer als ein windisch Maribor".

Unterstützt wird die Forderung in einem Brief an Bürgermeister Franc Kangler von Autoren wie Barbara Frischmuth, Karl-Markus Gauß, Arno Geiger, Elfriede Jelinek, Daniel Kehlmann, Alfred Komarek, Robert Menasse, Gerhard Ruiss, Ilija Trojanow, Peter Turrini und Klaus Zeyringer.
Ach ja? Ist die Gegenfrage erlaubt, was mit der damals größtenteils deutschen Bevölkerung Marburgs an der Drau (1890: von 19.898 Einwohnern nur 2.653 Slowenen), des heutigen »Maribor«, nach 1918 und erst recht nach 1945 passierte? Ist diese deutsche Bevölkerung einfach — verdunstet? Nein: sie wurde von den kommunistischen Partisanen Titos brutal abgeschlachtet oder vertrieben! Zwei meiner Urgroßtanten, damals schon in den Achzigern, wie mir mein Vater berichtete, harmlose alte Witwen, die niemandem etwas zuleide taten, wurden Anfang 1945, gnadenhalber mit einem Köfferchen in der Hand, in tiefster Winterkälte auf den Fußmarsch nach Graz geschickt, das sie allerdings — auf dem Weg erfroren oder verhungert, niemand weiß es — nie erreichten. Und da wagt es eine selbstgefällige Kulturschickeria, über Kernstocks leider nur zu prophetische Worte sich heute, nach solchen Greueltaten an der deutschen Minderheit in der Untersteiermark — für die sich das mittlerweile unabhängige Slowenien nie zu entschuldigen bemüßigt fand, von Wiedergutmachung wollen wir garnicht reden! — das Maul zu zerreißen? Ihm posthum eine Ehrenbürgerschaft abzuerkennen, die nicht einmal der (weiß Gott!) deutschfeindliche Slowene und kommunistische Terrorbandenchef Tito antastete? Und ein linker Klüngel von subventionierten Systemschmarotzern aus Österreich unterstützt das noch — wirklich: man kann nicht soviel fressen, wie man kotzen möchte!

Und ist es bloß Zufall, daß in diesem Zeitungsartikel zwar ein »slawenfeindliches« Zitat Kernstocks angeführt wird, aber ein ganz anders geartetes Gedicht, von Kernstock aus Anlaß der Abtrennung der Untersteiermark von der Steiermark nach dem Ersten Weltkrieg — die in flagranter Verletzung der Wilson'schen Waffenstillstandpunkte wohlweislich ohne  Volksabstimmung erfolgte, denn eine solche hätte wohl die Zerreißung der Steiermark ebensowenig gebilligt wie die (zeitgleich versuchte) Zerreißung Kärntens! — völlig unbeachtet verschwiegen wird? Ein Gedicht, das das gemeinsame Kulturwerk von »Deutschen und Wenden« (d.h.: den Slowenen, den »Windischen«!) in der Südsteiermark thematisiert:

Aber das Große, das Deutsche und Wenden
Einmal geschaffen mit rüstigen Händen,
Heimatbegeistert und brüderlich,
Kann kein Wandel der Zeiten zerbrechen.
Dankbar wollen wir´s künden und sprechen :
Steirischer Süden, Gott segne Dich!

Doch zurück zum Dichter: was man den beiden zuerst zitierten Gedichten wirklich vorwerfen könnte, ist, daß sie nicht eben poetischen Tiefgang haben — es sind nette Reimereien, von denen zwölf auf's Dutzend gehen, und die man bei Geibel, Scheffel & Co. bis zum Abwinken finden kann. War also Kernstock einfach ein seichter Gebrauchslyriker, den man getrost zwar nicht dem Scheiterhaufen der Bücherverbrennung — aber, sowas tun wir heute doch nicht, doch nicht wir! Wir wissen ja, daß wer Bücher verbrennt, auch bald Menschen bla ... bla ... bla ... — aber dafür dem Misthaufen des Flohmarkt-Antiquars überantwortet? Gemach, gemach! würde ich warnen ...

Denn Kernstock hat — allen gehässigen Malicen Karl Kraus' zum Trotz — eine ganze Reihe wirklich tiefempfundener, gedankenreicher Gedichte verfaßt, die einen Vergleich mit den weitaus bekannteren »Großen« des Lyriker-Olymps jener Jahrzehnte nicht zu scheuen haben. Und selbst sein sicher am weitesten verbreitetes Werk, der Text der Österreichischen Bundeshymne von 1929, »Sei gesegnet ohne Ende«, kann wohl jeden Vergleich mit anderen Hymnendichtungen bestehen:
Sei gesegnet ohne Ende,
Heimaterde wunderhold!
Freundlich schmücken dein Gelände
Tannengrün und Ährengold.
Deutsche Arbeit ernst und ehrlich,
Deutsche Liebe zart und weich –
Vaterland, wie bist du herrlich,
Gott mit dir, mein Österreich!
Keine Willkür, keine Knechte,
Off'ne Bahn für jede Kraft!
Gleiche Pflichten, gleiche Rechte,
Frei die Kunst und Wissenschaft!
Starken Mutes, festen Blickes,
Trotzend jedem Schicksalsstreich
Steig empor den Pfad des Glückes,
Gott mit dir, mein Österreich!
Laßt, durch keinen Zwist geschieden,
Uns nach einem Ziele schau'n,
Laßt in Eintracht und in Frieden
Uns am Heil der Zukunft bau'n!
Uns'res Volkes starke Jugend
Werde ihren Ahnen gleich,
Sei gesegnet, Heimaterde,
Gott mit dir, mein Österreich!
Das ist nun, fraglos, kein lyrisches Meisterwerk im Sinne Rilke'scher Duineser Elegien oder Hofmannsthal'scher Terzinen über Vergänglichkeit — aber welche Nationalhymne wäre das denn je gewesen? Doch es ist ein Text, aus dem Lobpreis der Heimat und ihrer Bürgertugenden in warm empfundenen Worten sprechen — und daß sich Österreich damals (und zwar quer durch alle Parteilager!) als »deutsches Land« empfand, könnte nur ein Geschichtsfälscher bestreiten.

Ottokar Kernstock »konnte« aber nicht bloß Hymnen. Nehmen wir selbst ein »simples« Stammbuchgedicht:

        Dein Büchlein ist von frommen, weisen Lehren,
Von schwesterlichen Segenswünschen voll.
Gern möcht' die vielen ich um einen mehren,
Wenn ich nur wüßt', was ich dir wünschen soll. 

Sei gut ? Ach nein ! Vom Gutsein laß mich schweigen
Du bist ja doch das treu'ste junge Blut,
Das beste Frauenherz nennst du dein eigen,
Für diese Welt bist du ja viel zu gut.

 Sei glücklich ? Sieh, das Glück lockt die Erkor'nen
Und küßt sie flüchtig und ist rasch entschwebt.
Noch keiner starb von allen Staubgebor'nen,
Der nicht ein Glück, ein schönstes, überlebt.

Jetzt fällt mir bei, was ich dir wünschen möchte:
Das Leben ist ein mitleidloser Krieg,
Da heißt's, wenn du nicht fallen willst, so fechte!
Dem Starken nur gehört zuletzt der Sieg.

Drum möcht' ich dir als treuer Eckart sagen:
Du freie Tochter unsrer Eisenmark,
Laß deine Seele nicht in Ketten schlagen!
Sei stark, sei stark, und noch einmal – sei stark!

Was immer man/frau gegen die Weltanschauung vorbringen mag (und es wird bei »man/frauen« ebenso viel, wie letztlich unerhebliches Geschwätz sein) — das Gedicht hat einfach Schwung und stimmigen Klang! Leider ist die Auswahl an Kernstock-Gedichten im »Gutenberg-Projekt« alles andere als gelungen. Es fehlen Perlen, statt dessen machen sich biedere Reimereien breit ...

Doch: weiß man leicht ein anderes Gedicht, das die doch so sattsam bekannte Analogie von Jahreszeiten mit Lebensaltern so gekonnt und originell zu variieren weiß, wie das folgende?
Im Herbst

Ich sang dem Lenz als junger Knab'
Gar süße Kantilenen.
Im Wald, am Strom, landauf, landab
Ließ ich die Weise tönen:
»Nun blüh'n viel Rosen auf der Welt
Zum Pflücken und zum Küssen.
Lass', Eros, mich, du starker Held,
Der Maienlust genießen!«
Was war mein Dank?
Den schärfsten Pfeil schoß mir geschwind
Ins Herz das arge Venuskind.
Da ward mein Mut vor Leide krank.

Als mir um Lippe sproß und Wang'
Der Männer stolze Zierde,
Erhob mein Mund mit Schallgesang
Des Sommers Pracht und Würde.
Der frommen Ceres galt mein Preis,
Dem Volke der Cikaden,
Dem großen Pan, dem Donn'rer Zeus,
Den Nymphen und Najaden.
Was war mein Dank?
Die Sommersonne stach mich wund,
Verbrannt hat mir der Durst den Schlund.
Und schnödes Wasser war mein Trank.

Als mählich sich mein Haar begann
Wie drauß' das Laub zu lichten,
Hob ich mit leiser Wehmut an,
Ein Lied dem Herbst zu dichten:
»Lyäos, mach die Trauben süß!
Pomona, schirm' die Gärten!
Schaff' Wild, behende Artemis,
Mit deinen Jagdgefährten!«
Was war mein Dank?
Die Götter kamen all in Hast,
Den Tisch bog ihrer Gaben Last
In Schüsseln und in Bechern blank.

O Herbst! Wohl füllst du Schrein und Faß
Und rundest meine Glieder :
Doch gäb' ich — ach, ich weiß nicht was,
Käm' Lenz und Sommer wieder.
Gern wollt' ich um ein Stückchen Brot
Mit heißem Schweiß mich plagen,
Wollt' gern der Minne süße Not
Und all ihr Herzweh tragen
Ganz ohne Dank.
Zu spät kommt mir der Überfluß.
Schal ist das Glück und der Genuß,
Wenn unsrer Jugend Sonne sank.
Und sind die kurzen Zeilen, die der reife Ottokar Kernstock »Einer jungen Frau« widmete (Widmung des Liederbuches »Unter der Linde«), an poetischer Schönheit wirklich so oft und so entschieden übertroffen worden, als daß man sie getrost vergessen könnte?
Du ruhst am Fenster, traumverloren späht
Dein Aug' hinaus ins graue Spätherbstwetter.
Da reißt der Sturm die Flügel auf und weht
In Deinen Schoß Dir eine Handvoll Blätter.

Wirf sie nicht fort, sind sie gleich regenschwer!
Und will ein einsam trüber Tag Dich quälen,
Dann lang' sie her! Ein Herbstblatt weiß oft mehr
Als hundert frühlingsgrüne zu erzählen.
Heute vor 165 Jahren, am 25. Juli des Revolutionsjahres 1848, wurde Ottokar Kernstock in Marburg an der Drau, unter dem Taufnamen »Otto« (den er erst als Priester des steirischen Augustiner-Chorherrenstiftes Vorau in den feierlicheren »Ottokar« vertauscht bekam) geboren. Die moralinsauren Besserwisser, die sich heute an ihm reiben und stoßen — wo werden sie in 165 Jahren sein? Aber Kernstock wird selbst dann vielleicht auf dem einen oder anderen verbliebenen Blatt mehr zu erzählen wissen, als hundert ... ... aber nein: »frühlingsgrün« sind die Blätter, die gegen ihn produziert werden, schon heute nicht ...

Mittwoch, 24. Juli 2013

Kaum auffällig

Bevor Struppi die kleine Lisa an einem heiteren Sommerabend tot biss, war er kaum auffällig. Völlig hysterische Menschen führten daraufhin den Wesenstest für Hunde ein, die im Verdacht stehen, von ihrer Rasse her, die anerkannten Verhaltensnormen für Hunde zu überschreiten. Zahllose Hunde werden seither diskriminiert, damit sich solche Vorfälle nicht wiederholen. (Hier weiterlesen)
Danke, Kollege Karl Eduard, für diesen kurzen, doch inhaltsreichen Artikel!

Wie sinnvoll ist es, Ökostrom zu fördern?

Diese, natürlich rein rhetorisch gemeinte Frage wagt sich »Die Presse« angesichts des Konkurs-Debakels des Biomasse-Kraftwerks Güssing zu stellen. Die Antworten darauf sind, wie zu erwarten, windelweich und desinformativ — man will schließlich seine grün-affine Lesergruppe (und v.a.: die stramm grün-affine Redaktion!) nicht vergrätzen. Dennoch — ein paar Sätze haben durchaus das Potential zu unbeabsichtigter Wahrheit:
Güssing sei auch ein Beispiel dafür, wie viele Förderungen man durch "geschicktes Marketing" auf sich konzentrieren könne.

"Die Güssinger waren sehr geschickt im Anzapfen von Fördermitteln. Anlagen, die permanent Subventionen benötigen, sind keine gute Idee", sagte Boltz bereits dem "Standard". "Da ist es besser, man sperrt zu."
Geradezu von bedrohlicher Chuzpe zeugt freilich der Schlußsatz:
2012 hat der Anteil an Ökostrom an der Stromerzeugung in Österreich bei elf Prozent gelegen. Ob man in drei Jahren die geplanten 15 Prozent erreicht, sei fraglich, so Boltz. Die mittelfristigen Ziele für 2020 könne man erreichen, wenn es gelingt, den Zuwachs des Stromverbrauchs einzudämmen.
Mit anderen Worten: wenn wir die Versorgung im geplanten Prozentausmaß nicht schaffen, schaffen wir sie dadurch, daß der Staat halt den Stromverbrauch rationiert. Kriegswirtschaft also.

Der Krieg der Grünen gegen die Bevölkerung hat längst begonnen ...

Das übliche Aikido und das übliche Larifari

Nawalny: "Putin macht das übliche Aikido"

Der Präsident beugte sich mit seiner taktischen Entscheidung "dem Druck der Straße", sagte der Kreml-Kritker. Er wolle an der Bürgermeisterwahl in Moskau teilnehmen.

Kreml-Kritiker Alexej Nawalny führt seine überraschende Freilassung auf eine taktische Entscheidung von Russlands Präsident Wladimir Putin zurück. Es sei "das übliche Aikido" Putins gewesen: "Er macht einen Schritt zurück, und wenn sich der Gegner umdreht, gibt es einen Schlag auf den Kopf", sagte er am Dienstag dem Kabelsender Doschd unter Hinweis auf Putins bekanntes Faible für fernöstliche Kampfsportarten.
... titelte »Die Presse« in ihrer üblichen Abschreibübung (diesmal: APA/AFP). Nun, da kann man nur appellieren:

Lieber Herr Nawalny, liebe Journaillisten!

Entscheidet euch, bitteschön, ob das jetzt nur eine taktische Entscheidung war, und Putin schon den nächsten Schlag auf den Kopf Nawalnys vorbereitet, oder ob der »Druck der Straße« (bei dem ich eher den Druck der Hintermänner unserer Meinungsfabriken vermuten möchte, die Putin krampfhaft zu Tode schreiben wollen — bislang mit *hüstel* eher bescheidenem Erfolg ...) ihn bezwungen hat. Beides zusammen geht nicht. Wenigstens logisch nicht. Aber, andererseits: hat Logik in unserem täglichen Zeitungslarifari je eine besondere Rolle gespielt ...?

Dienstag, 23. Juli 2013

»Von Detroit lernen heißt siegen lernen!«

Daß der bewährte und allerseits geschätzte Nachrichten- und Satireblog »Politplatschquatsch« hervorragende Artikel bringt, ist ja nicht neu — gelegentlich schafft es aber ein Kommentarposter, den PPQ-Artikel an Genialität sogar noch zu übertreffen (sorry, geschätzte PPQ-Redaktion, aber da muß LePenseur der Wahrheit die Ehre geben)!

So süffisant hinterfotzig entlarvend der Artikel »Politik schnürt Rettungspaket für Detroit« auch ist (dessen Lektüre nur jedermann empfohlen werden kann — und ganz besonders unseren Politruks! Aber gerade die — na, lassen wir das besser ...), wird er doch durch folgende Wortmeldung erst zur letzten Vollendung gebracht:
Eine Stadt, eine Region aus der die Autoindustrie verschwunden ist. Einwohnerzahl in vier Jahrzehnten auf 700000 halbiert. Am Ziel! Alles Natur jetzt und öffentlicher Dienst und gigantische Altersversorgung. Und die Weißen sind auch verschwunden. Und die, die lesen und schreiben können auch. Ein Traum! Und die Energie für die Aufheizung der Ruinen kommt von der Sonne. Und die Gewerkschaftsbosse der UAW sitzen jetzt in Florida mit den damaligen Managern von GM und Chrysler beisammen und feiern die fortschrittlichsten Abkommen in Sachen Sozialeistungen, die es in 70er bis 90erJahren in der Autoindustrie weltweitweit gegeben hat. (Und die gigantischsten Abfindungen für ihresgleichen) Von Detroit lernen heißt siegen lernen.

Dies vorausgeschickt: Ist Bremen (Berlin, Saarland, MeckPom, SH) systemrelevant? Aber ja! Detroit ist das Signal für den Endsieg der Deindustrialisierung. In Deutschland gibt einen humaneren langsameren Weg. Die Umverteilung. Die Bremer wissen wie ihre tapfere kleine Weltmetropole der Sozialpädagogik den „Länderfinanzausgleich“ also die Sklavenarbeit deutscher Autoschichtarbeiter (Daimler, Audi, BMW) am Laufen hält. Erst wenn der letzte Mercedes gebaut worden ist, werden die Menschen in Stuttgart erkennen, das man Autos nicht essen kann – Bremer/Berliner Sozialpädagogen aber schon.
Ich weiß: Bremer und Berlin werden über diesen Beitrag nur verhalten lachen können. Lassen Sie sich gesagt sein: wir anderen auch ...

Montag, 22. Juli 2013

Für wie deppert halten die uns eigentlich?

Manchmal beschleicht einen ein seltsames Gefühl, wenn man so die Verlautbarungen in der Systempresse liest: halten die uns eigentlich für deppert*)?

Die neueste Folge aus »Ein Land schreibt einen Thriller«, die auf dem bewährten und geschätzten Nachrichten- und Satireblog »Politplatschquatsch«läßt eigentlich nur eine Antwort zu: für sehr deppert! Und, wenn man sich das da dann noch  durchliest: geradezu für fetzendeppert**) ...

---------------------------

*) Für Piefkes: »deppert« heißt auf hochdeutsch so ca. »vertrottelt«.
**)für selbige: ein »Fetzen« ist entweder ein (nicht notwendigerweise, aber häufig) zerfetztes Stück (Scheuer-)Tuch, oder eine ziemlich hochgradige Berauschung (»... na, der hat an Fetz'n!«). »Fetzendeppert« bezieht sich also auf das Intelligenzniveau eines beschädigten Scheuertuches, oder auf die Intelligenz, die man im Zustand der Volltrunkenheit an den Tag (bzw. die Nacht) legt.

Backaroma introspektiv

Die »Neue Zürcher Zeitung« ergeht sich zur Abwechslung von ihrem sonst eher nüchternen Redaktionsstil in seelenschürfenden Wortkaskaden:
Präsident Obama hat seine Landsleute zu Introspektion («soul-searching») über Rassismus und Vorurteile aufgefordert. Er griff damit in eine Debatte ein, die vom Freispruch von George Zimmerman ausgelöst worden war. Zimmerman – halb weiss, halb latino – hatte den unbescholtenen schwarzen Teenager Trayvon Martin erschossen, den er verdächtigte, kriminell zu sein. Obama hielt nicht eine Rede an die Nation, sondern tauchte am Freitag unerwartet an der Pressekonferenz auf, die sein Sprecher täglich zu geben pflegt.

Kontext – oder nicht
Im Verlauf seiner frei gehaltenen Ausführungen wurde rasch klar, dass der Präsident sich in erster Linie an die Weissen richtete. Er sagte, er wolle über den «Kontext» reden, in dem die Gefühle der Leute zu sehen seien. Mit «den Leuten» waren Schwarze gemeint. Viel mehr Schwarze als Weisse empfinden den Freispruch Zimmermans auf der Basis von Notwehr als ungerecht. Laut dem Präsidenten betrachten schwarze Amerikanerinnen und Amerikaner das Urteil im Lichte eigener Erfahrungen und einer Geschichte, die präsent seien.
Diese Beobachtung ist ebenso richtig wie trivial. Denn jeder Mensch — egal ob schwarz, weiß oder sonstwas — betrachtet Urteile (und überhaupt alles, was in seine Wahrnehmung tritt) »im Lichte eigener Erfahrungen und einer Geschichte«. Wer als Kind wegen seines Aussehens gehänselt wurde, wird bspw. auf Kritik am Aussehen anders reagieren als das hübsche Sonnenscheinchen, das everybody's darling war. Nur: was hat das für eine Relevanz für die Frage, ob in einem Rechtsstaat ein Freispruch wegen Notwehr per Demonstrationsaufruf gekippt werden soll oder nicht? Exakt: NULL. Wer die Rechtssprechung daran hängt, wie deren Urteile von »den Leuten« empfunden werden, sollte ehrlicherweise den Rechtsstaat überhaupt gleich abschaffen.

Will uns Backaroma das verkünden? Ich fürchte: genau das will er, implizit wenigstens. Die Tendenzen zu einer Deformierung der unabhängigen Rechtssprechung zu einer der herrschenden Administration devot sekundierenden Jurisdition par ordre du moufti sind in den USA mittlerweile längst unübersehbar. Längst schon werden Recht und Gerechtigkeit nicht mehr »erkannt«, sondern von einem ideologischen Justiz-Sozialingenieurswesen (recte: -unwesen!) geschaffen — oder bessergesagt: irgendwie zusammengeklempnert.

Backaroma hat jedenfalls mit seiner emotionalen Wortmeldung — »wie man es sich von ihm gewöhnt ist, in druckreifen Sätzen«, schwärmt die NZZ ... ... ja, wenn der Teleprompter nicht ausfällt, ist man versucht, etwas süffisant hinzuzusetzen! — vorallem eines bewirkt: Ablenkung von den wirklichen Problemen. Wie ein Leser der NZZ völlig richtig bemerkt:
Roland K. Moser • vor 6 Stunden

Die US-Regierung hat es geschickt geschafft, den Prism-Skandal in Vergessenheit geraten zu lassen.
Ein gesichtswahrenderes Abrutschen in den Orkus des kollektiven Vergessens für Snowden und seine Publizierung des weltweiten Abhörskandals der US-Geheimdienste wäre in der Tat kaum auszudenken gewesen ...

»Was geschieht mit den Armen in einer freien kapitalistischen Gesellschaft?«

Diese Frage zitiert — samt treffender Antwort — ein überaus lesenswerter Artikel von Susanne Kablitz (und ihrem pesudonymen Co-Autor »alphachamber«), bei dessen Lektüre LePenseur nur vergnügt seinen Hut lüpfen und schwenken konnte:
Von Löwen und Hyänen

Altruistische Moral vs. Prinzipien des Kapitalismus

Seit den späten 60er Jahren verhindert ein 3-Köpfiger Leviathan das Paradies auf Erden: Der US-Imperialismus als das eine, der Rassismus als zweites und das größte, in der Mitte – ein Haupt mit gierigen, feurig-roten Augen und einem aufgerissenen, mit Reißzähnen bewaffneten Rachen – der Kapitalismus.

Um an die anderen Häupter erst ranzukommen, glaubten die “Befreier der Gesellschaft” diesen Kopf zuerst abschlagen zu müssen. Die edlen Ritter des Altruismus haben inzwischen ihren Kreuzzug längst aufgegeben. Neben dem Fehlen glaubwürdiger Alternativen ist aber ihr wichtigstes Problem, dass ihre sozialen Konzepte sich in direkter Abhängigkeit von ihrem Erz-Feind befinden, abhängig wie der Klerus vom Teufel.

In Diskussionen erkennt man eine Mehrheit, die offensichtlich sozialistische System-Alternativen in unserer Gesellschaft ablehnt, die aber auch zunehmend versucht, dem vermeintlichen Kapitalismus Regularien auf zudiktieren, welche ihn zu einem “sozialeren Verhalten” nötigen sollen.
(Hier weiterlesen)
Der Artikel, an den sich eine mit zwar unterschiedlichem Niveau, aber doch ebenso lebhafte wie lesenswerte Debatte schließt, endet mit einem besonders prägnanten Statement:
„Die Würde des Menschen ist unantastbar“ – dies ist aus allen Kanälen zu hören, vor allem wenn es um die „Ungerechtigkeiten“ in unserer Gesellschaft geht. Es ist ein Mantra, dessen Sinn nahezu gar nicht mehr hinterfragt wird.

Allerdings - Würde setzt Freiheit voraus und genau diese Freiheit ist es, die Ungleichheit hervorbringt. Die Würde fördert also nicht die Gleichheit sondern die Möglichkeit der höchst individuellen Entfaltung der eigenen Persönlichkeit. Diese Persönlichkeit hat Stärken und Schwächen, wobei auch dies in den jeweiligen Augen des Betrachters liegt. Die Freiheit eines Einzelnen ist das Recht, sich von anderen zu unterscheiden zu dürfen und somit dem eigenen Leben seine ganz persönliche Note zu geben. Eine gerechte Gesellschaft aber erkennt man an der unparteilichen Anwendung ihrer Gesetze und Respekt vor der Verfassung, nicht wie viel Almosen sie verteilt.
Dem ist nichts hinzuzufügen. Oder, leider: wäre nichts hinzuzufügen! Doch faktisch die gesamte »Politik«, die heutzutage betrieben wird, besteht ausschließlich aus solchen Hinzufügungen, die unsere Gesellschaft Stück für Stück sozialistischer machen. Und ineffizienter. Und unfreier. Und ungerechter. Aber sage das einmal jemand unseren Politruks und sonstigen Systemprofiteuren ...

Samstag, 20. Juli 2013

Am heutigen 20. Juli


... und zwar vor exakt 120 Jahren, also am 20. Juli 1893, erblickte Arno von Lenski, General der Deutschen Wehrmacht ebenso wie später der »Kasernierten Volkspolizei« bzw. »Nationalen Volksarmee« der DDR, in Czymochen, Ostpreußen, als Sohn des Besitzers eines Rittergutes und einer Lehrerin das Licht der Welt. Seine einerseits »typische«, andererseits doch auch durchaus »wandlungsreiche« Biographie kann man auf Wikipedia in mehr als hinlänglicher Ausführlichkeit nachlesen — und diese soll, wie in den anderen Artikeln der letzten Monate, in welchen aus Anlaß »runder« Gedenktage historische Persönlichkeiten hier Gegenstand von Artikeln waren, nur insoweit erwähnt werden, als sie für den eigentlichen Anlaß dieser Artikel relevant sind: Verhaltensweisen und Umstände anhand geschichtlicher Vorfälle herauszuarbeiten, die auch für uns heute in ähnlicher Weise zutreffen können.

Alexander Stahlberg — den ich aus Anlaß der 40. Wiederkehr des Todestags des Generalfeldmarschalls von Manstein, dessen Adjudant er war, zu den Attentats-Plänen des 20. Juli 1944 zitierte — schrieb in seinen Erinnerungen (»Die verdammte Pflicht«), daß ihm der damalige Oberstleutnant Arno von Lenski, der den Fahneneid der Rekruten vorbereitete und sich dabei nicht von »unserem Führer«, sondern von »unserem geliebten Führer« zu sprechen bemüßigt fand, deshalb herzlich unsympathisch war und mußmaßte, daß dieser mit solcher Liebedienerei wohl zum Beisitzer im Volksgerichtshof prädestiniert war.

Das nun war in Lenskis  Biographie in der Tat ein »dunkler Punkt«, der dann wohl auch den Ausschlag gab, warum er schon recht bald nach seiner Übernahme als General in die Nationale Volksarmee der DDR mit 65 Jahren in den Ruhestand verabschiedet wurde. Die »Enthüllungen« in der Presse der Bundesrepublik, die ab 1960 darüber verbreitet wurden, waren für die Ostberliner Führung allerdings keine mehr, und trafen bereits einen Pensionisten. Seine Partei, die er mitbegründen half, die National-Demokratische Partei Deutschlands (NDPD), hielt ihm freilich die Treue. Es saß in ihrem Hauptvorstand und war auf Parteitagen und Kongressen bis ins hohe Greisenalter gern gesehener Gast und Gesprächspartner.

So seltsam spielt die Geschichte, wenn man nur an der richtigen Stelle sitzt: der begeisterte Kavallerist, den der unaufhaltsame Aufstieg der Panzertruppen eigentlich um seine Lebensstellung gebracht hatte, kehrt im Ruhestand zur Reiterei, diesmal dem Reitsport zurück. Der in »preußischer Gesinnung« (wie Wikipedia etwas ungelenk formuliert) Erzogene findet seinen Platz in der »preußischen« Partei des Realsozialismus, nämlich der NDPD. Les extrêmes se touchent — und der rote Sozialismus, der vor 1933 den brauen Sozialismus so erbittert bekämpfte, besinnt sich in der DDR auf »preußische« Traditionen und Werte — die in Westdeutschland längst einem liebedienerischen Amerikanismus geopfert wurden.

Vielleicht ist es wirklich so, wie Carl Jentsch in seinem großen, immer noch lesenswerten Werk »Christentum und Kirche in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft« (Leipzig 1909) über das Luthertum im preußisch-brandenburgischen Staat — Troeltsch zitierend — schreibt:
In Milde und Strenge ist er ein Abbild Gottes, und sein Beruf ist in seiner Ausübung von Gottes Gnaden und nur Gott verantwortlich. An seiner Berufswürde nimmt Anteil der Beamtenstand [...] Der Organisierung des Nährstandes liegt der Gedanke zu Grunde, daß der Hausvater für die Familie ist, was die Obrigkeit für das Land. [...] Die freie Berufswahl und das Vorwärtsstreben sind also sehr gehindert, die liberalen Berufe, außer dem juristischen, geistlichen und dem Schulamt fast ganz ausgeschlossen [...]; besonders Begabte können durch Stipendien in das höhere Schulwesen und dadurch in höhere Klassen vorrücken. [...]

Es ist nicht bloß der überwiegend agrarische Charakter des Luthertums und der Boden eines unentwickelten Wirtschaftszustandes, der sich in dem Ausschluß oder der äußersten Einschränkung des Zinses äußert; es ist die religiös-ethische Abneigung des Asktismus gegen den Besitz und seine Gefahren, die hier vor allem wirkt. [...] Eine so erzogene Bevölkerung liefert gute Beamte, gute Untertanen, gute Soldaten und willige Arbeiter, aber bringt keine Initiative und Planmäßigkeit des individuellen wirtschaftlichen Handelns hervor. Es ist eine sonderbare Verschränkung gegenüber dem Calvinismus. Ist dieser in seiner puritanischen Strenge dem Vergnügen und dem Lebensgenuß viel feindlicher als das Luthertum, so ist wiederum die Askese des Luthertums der Entwicklung der modernen Wirtschaft und des Kapitalismus [...] viel feindlicher als der Calvinismus, der diese Dinge für das Gedeihen des christlichen Gemeinwesen benutzen zu müssen meint. Hier wirken Mittelalter und kanonisches Recht im Luthertum fort, während der Calvinismus es hier scharf durchbrochen hat, um in anderen Punkten um so schroffer alte Wege zu gehen.
(a.a.O. S 298ff.)
Wenn dieses Bild konsequent säkularisiert wird, wird es schnell zum Abbild der Bevormundungsgesellschaft in der DDR — und, mutatis mutandis, des Europa unserer Zeit. Und, ganz in confuso sei abschließend ein Gedanke geäußert: daß nämlich der Sozialismus quasi die säkulare Häresie des Luthertums, der Kapitalismus hingegen die des Calvinismus darstellt.

Gering also war die zu überwindende Distanz eines preußisch-nationalgesinnten Lutheraners in die DDR. Arno von Lenski ist diesen Weg gegangen — wie viele andere auch ...

Freitag, 19. Juli 2013

Unser Los: alternativlos

Kollegin »Nattl« bringt unsere Situation angesichts der Nationalratswahl im Herbst ohne Worte auf den Punkt:



Hermann Bahr

... wurde heute vor 150 Jahren, also am 19. Juli 1863, in Linz geboren. Hermann Bahr? Kennt den überhaupt noch irgendwer, außer ein paar Germanisten? Bestenfalls die Geringschätzung, mit der ihn Karl Kraus abqualifizierte, ist noch ein vager Begriff — seine Romane, Dramen und Essays dagegen sind auf dem Misthaufen der Literaturgeschichte gelandet, selbst in Antiquariaten in die hintersten Regale verräumt — »Wer will sowas denn noch lesen?« ...

Zugegeben: Bahr war kein »großer« Schriftsteller (geschweige denn ein »Dichter«), sondern gehörte eher der Kategorie der »Literaten«, näherhin dem Typus des gerade in Österreich so verbreiteten »Kaffeehausliteraten« an, mochte er auch noch so genialisch seine Haar- und Barttracht verwildern lassen (die Ähnlichkeit mit einem Johannes Brahms, wenn dieser die Karriere eines Landstreichers eingeschlagen hätte, ist nicht von der Hand zu weisen!), er blieb ein Kind der Zeit und der Gesellschaft dieser Zeit. Dennoch: igbt es wirklich keinen Grund, sich an diesen seinerzeit so erfolg- und einflußreichen Schriftsteller und Literaturkritiker zu erinnern?

Die »Wiener Zeitung« erinnerte vor einigen Tagen an den bevorstehenden »runden« Gedenktag mit einem lesenswerten Artikel: »Der liebe Gott des fin de Siècle« — und erinnerte mich an meine Jugend: der Roman »Die Rotte Korahs«, den ich als Mittelschüler einst in einem ausgemusterten Gymnasial-Lesebuch aus den 50er-Jahren, leider nur mit einem kurzen Ausschnitt, kennenlernte und der mich nun, nach Jahrzehnten, animiert durch diesen Artikel, wieder zu dem Buch greifen ließ, das allzulang in meiner Bibliothek verstaubte ... durchblätternd kam mir manche Szene in Erinnerung, anderes stellte sich völlig abweichend von meiner vagen Jugenderinnerung dar ... köstlich allein durch die Idee, ein Mitglied des altösterreichischen Beamtenadels mit seinem typischen, nonchalanten »Salon-Antisemitismus« gewahr werden zu lassen, daß sein Vater in Wahrheit ein »ein rundum mächtiger, vermögender, beneideter und verachteter jüdischer Spekulan war«.

Der Wiener Literarhistoriker Reinhard Urbach, der den Artikel in der »Wiener Zeitung« verfaßte, erschrickt förmlich über seine Kühnheit, das großangelegte Romanprojekt Hermann Bahrs (aus dem die »Rotte Korahs« bloß einen, wenngleich gewichtigen, Band ausmacht!) um die Gesellschaft des alten, monarchischen und neuen, republikanischen Österreich vom Ende des 19. Jahrhunderts bis hinein in die Zwischenkriegszeit mit Musils »Mann ohne Eigenschaften« zu vergleichen — »fast ein Sakrileg« fügt er entschuldigend hinzu ...

Warum eigentlich? Der Roman Musils blieb ebenso unvollendet, wie die Romanserie Bahrs, der Abstand in der literarischen Qualität der beiden Autoren ist zwar vorhanden, doch bei weitem nicht so abgrundtief, daß man ernstlich von »Sakrileg« sprechen könnte!
Bahr hatte von Anfang an Spaß daran, seine Figuren mit der Physiognomie und den Erfahrungen real existierender Personen anzureichern. Damit schien er die Fiktionalität seiner Geschichten zu unterlaufen und sie zu Schlüsselromanen zu machen. Schon im ersten seiner Wiener Romane, "Neben der Liebe" (1893), glaubten die Leser die Figuren entschlüsseln zu können; noch offensichtlicher im nachfolgenden Roman "Theater" (1897). Bahr legt Leimruten, die Leser kleben fest und wissen genau, wen er meint.

Doch Bahr lacht dazu, vermengt die Eigenschaften und Eigenheiten seiner Freunde und Gegner mit seinen eigenen. Mit sprudelndem Vergnügen macht er sich lustig über sich, oder besser: über den, für den die Öffentlichkeit ihn hält. Man müsse, heißt es in "Neben der Liebe", den Herrn Seeliger heute noch fragen, was er von Ibsen hält, denn morgen wird längst ein anderer im Mittelpunkt seines Interesses stehen.

So entsteht Satire über falsche Meinungen; nicht zynisch, nicht sarkastisch und nicht - wie es so gern heißt - entlarvend, sondern vergnüglich. Man lacht über ihn als Typus, überlässt sich der Heiterkeit, mit der Hermann Bahr meisterlich die wienerische Schickeria persifliert. Und dann, auf dem Höhepunkt des Vergnügens, in dem das lange vorbereitete Happyend eines Ehebruchs bevorsteht, kippt das Ganze und der Autor lässt die Figuren seines Romans samt ihrer Leserschaft verstört zurück mit der Darstellung einer verzweifelten Seele und eines grauenvollen Selbstmords.

Es kommt das so unerwartet, weil der Erzähler unverschämterweise vermieden hatte, die Frau, das Objekt der Begierde des routinierten Verführers, selbst als Subjekt ins Spiel zu bringen. Als er es endlich doch tut, erweist es sich, dass ein anderer als tödlicher Ausgang nicht möglich ist.
... schreibt Urbach gegen Schluß seines Artikels. Und diese Worte machen neugierig auf einen Autor, den es sich vielleicht doch zu entdecken lohnt. Schließlich sind »runde Gedenktage« doch zu etwas gut ... oder?

Donnerstag, 18. Juli 2013

Achtung bei Vergewaltigungen!

Wer als Frau im Nahen Osten muselmanischer Jurisdiktion unterwegs ist, sollte sicherheitshalber immer vier Männer an der Hand haben:
Norwegisches Vergewaltigungsopfer in Dubai muss 16 Monate ins Gefängnis EuropeNews • 18 Juli 2013

Eine junge Norwegerin, die sich beruflich in Dubai aufhielt, wurde zu 16 Monaten Gefängnis verurteilt, nachdem sie ihre Vergewaltigung angezeigt hatte. Nach einem Bericht der Daily Mail war die 25-jährige in den Vereinigten Arabischen Emiraten vergewaltigt worden, hatte dies bei der Polizei angezeigt, die ihr jedoch nicht glaubte und stattdessen ihren Reisepass einzog und sie ins Gefängnis steckte wegen des Verdachts außerehelicher sexueller Beziehungen.

Von einem Gericht wurde sie zu einem Jahr und vier Monaten Gefängnis verurteilt und da Norwegen kein Auslieferungsabkommen mit Dubai hat, ist ihre Zukunft unsicher. Dies ist nicht der erste Fall in diesem Jahr. Auch eine Australierin berichtete, dass sie acht Monate im Gefängnis gesessen hatte, nachdem sie eine Vergewaltigung angezeigt hatte. Unter den schariakonformen Gesetzen der VAE muss man vier männliche Zeugen für eine Vergewaltigung vorweisen.
Nun mag es ja durchaus sein, daß die (vermutlich blonde) Norwegerin unverschleiert einen so einladenden Eindruck auf die örtliche Männerschar ausübte, daß eine Vergewaltigung in deren Augen einfach unvermeidlich war — eine ungläubige Schlampe soll sich nicht so aufregen, denn sie ist von Allah schließlich genau zu diesem Zweck geschaffen worden. Oder so ähnlich ...

Interessant ist in dem Zusammenhang nur, daß die GrünInnen natürlich erfahrungsresistent sind, und nach wie vor den Import solcher Kulturbereicherungen in unsere Lande befürworten. Was den Verdacht aufkeimen läßt: wollen die etwa auch ... ?

Als grüner Brauner

... enttarnt sich Volker Beck, der »menschenrechtspolitische Sprecher« seiner Partei — näheres zu dieser Selbstenttarnung in »Morgenländers Notizbuch«. Der Morgenländer ist freilich noch zu optimistisch in seiner Einschätzung:
Die deutsche 'Zivilgesellschaft' von der 'Volksgemeinschaft' unseligen Angedenkens zu unterscheiden, wird Tag für Tag schwieriger.
Der Unterschied zwischen guten linken und pöhsen (angeblich »rechten«) Arschlöchern ist schlicht nicht vorhanden! Sie sind von dem, was sie von sich geben, genuin braun gefärbt — und da hilft längst keine grüne Tarnfarbe ...

Heute vor tausend Jahren

... also am 18. Juli 1013, wurde Hermann von Reichenau, den meisten wohl bekannter unter dem plastischen Namen »Hermann der Lahme« (lat. »Hermannus Contractus«), als Sohn des Grafen Wolfrat II. von Altshausen und dessen Frau Hiltrud auf Schloss Altshausen in Oberschwaben geboren. Hermann galt im elften Jahrhundert weithin als »der Universalgelehrte« seiner Zeit — er verfaßte Werke auf so unterschiedlichen Gebieten wie der Geschichtsschreibung, der Musik, der Mathematik und der Astronomie (für die letztere teilte er vermutlich erstmals die Stunde in 60 Minuten, und ist solchermaßen bis heute im Alltag »präsent«). Dabei war er vermutlich weniger originell als vielmehr kompilatorisch tätig — dennoch vermochte er mit seiner Arbeit diesem zerrütteten Zeitalter manch wichtige Impulse zu geben.

Dem frommen Katholiken und/oder Freund Gregorianischen Gesanges ist er als mutmaßlicher Schöpfer zweier bis heute bekannter Marianischer Antiphonen — des »Alma Redemptoris Mater« und des noch weiter verbreiteteren »Salve Regina« — im Gedächtnis. Eigentlich erstaunlich viel, was von diesem zeitlebens durch spinalen Muskelschwund ein einen Tragestuhl gefesselten, und durch diese Krankheit sogar beim Sprechen behinderten Mönch, dessen Leben mit 41 Jahren endete, bis heute an Nachwirkung ausgeht ...

Mittwoch, 17. Juli 2013

Internationale Nationalistenunion oder neoliberale Kommunistenallianz?

Diese Meldung von Tante »Presse« (recte: ARA/DPA)  muß man sich auf der Zunge zergehen lassen:
"Europäische" rechtsextreme Werwolf-Zelle enttarnt

Geplant war offenbar ein grenzüberschreitendes, rechtsextremes "Werfwolf-Kommando" in Deutschland, Schweiz und den Niederlanden.
(Hier weiterlesen)
Ja, ja, die internationale Nationalistenszene ... gut vernetzt, weil bekanntlich die niederländischen und die deutschen Nationalen (und erst die schweizerischen!) ein Herz und eine Seele sind. Welchen — pardon l'expression — bullshit wollen uns die Eurokraten-Politruks und ihre Systemmedien eigentlich noch verkaufen? Neoliberale Kommunistenverbände? Grillrezepte für vegetarische Porterhouse-Steaks?

Für derlei Nonsense-Berichte gibt es eigentlich nur eine einzige Erklärung: die Erfinder solcher internationalen Werwölfe waren zu lange jenen Röntgenstrahlen ausgesetzt, mit denen Backaroma unlängst von pöhsen US-Rassisten beseitigt hätte werden wollen — wenn die guten Geheimdienste das nicht rechtzeitig enttarnt hätten ...

Oder sie haben einfach zu lange in Rosenbergs nie gesehenen Tagebüchern geblättert. Ja, so wird's g'wesen sein ...

Dienstag, 16. Juli 2013

Von »digitalen Sterbesakramenten«

... und manch anderem schreibt Blogger »Geistbraus« in einem höchst lesenswerten Artikel unter dem Titel »todcom, oder: Das Sterben in den Zeiten des Internets«, in welchem er an das unerwartete Ableben eines Disc-Jockeys am 9. Juli 2013 anknüpft:
Ein 34jähriger DJ ist unerwartet gestorben. Seine Witwe gibt seinen Tod offiziell bekannt. Sie pastet ein kitschiges Gedicht und schreibt dazu die Worte: “Gestern ist unser Ehemann/Vater/Freund/DJ völlig unerwartet und viel zu früh von uns gegangen. Sein früher Tod hinterlässt bei uns allen eine große Lücke und lässt uns mit völliger Fassungslosigkeit zurück.”

Drunter steht: “2706 Personen gefällt das”.
Was im ersten Moment zu — wenn man dem Verstorbenen nicht nahestand — belustigtem Lippenkräuseln führt, läßt einen schon im nächsten Gedanken ratlos zurück. Ja — wie sonst hätten die darauf reagieren sollen? Oder auch bloß können? Kollege »Geistbraus« denkt nach und weiter. Nur ein paar kurze Überlegungen — dafür aber treffende.

Keine Angst, hier kommt kein »Like«-Button. Aber eine Leseempfehlung für einen kurzen, etwas ratlosen, etwas verstörenden Artikel, den ich dennoch nicht missen wollte ...

Keineswegs bloße podikologische Marginalien

... sondern gezielt bohrenden Betrachtungen ins Zentrum dieses Themas liefert uns der ebenso hochwürdige wie schätzenswerte Klosterneuburger Chor- und Floridsdorfer Pfarrherr Alipius in seinem heutigen Artikel »Sprach-Warnung! Ich sage in diesem Beitrag ganz oft "Arschloch"!«. Auch auf die Gefahr hin, daß das eine oder andere atheistische ArschAstloch am weitverzweigten Baum des Libertarismus bei der Lektüre akuten Rindenmilbenbefall bekommt: ich wünschte mir derart präzise und treffsichere Kurz-Analysen über dieses Thema von prononciert atheistischer Seite. Nur gibt's die eher nicht. Wo heute »Atheist« draufsteht, ist meist ein kleiner Großinquisitor mit umgekehrten Vorzeichen drinnen (siehe Deschner & Consorten) ...

»Unsouveräner Umgang mit Rassen in den USA«

... titelt die »Neue Zürcher Zeitung« heute über die US-Querelen nach dem Freispruch Zimmermans (um das so richtig genießen zu können, muß man sich die Schlagzeile in schwyzerdütschem Akzent vorlesen). Abgesehen von der unbeabsichtigten Humoristik hat die Schlagzeile natürlich völlig recht (im Gegensatz zum Artikel, der, sorry to say, wenigstens teilweise ziemlicher Schrott ist): ein Gerichtsurteil in einer Frage, ob Notwehr vorlag oder nicht, kann nicht deshalb, weil es einem nicht paßt, einfach mit Demonstrationen plattgemacht werden. Und was denken sich angebliche »Bürgerrechtler« eigentlich dabei, wenn sie Sachen wie folgende äußern:
All dies erklärt die Aufforderung vieler schwarzer Bürgerrechtler an die Bundesregierung, den Prozess gegen Zimmerman zu überprüfen und ein neues Verfahren zu eröffnen. Dieser kann wegen der gleichen Vorwürfe nicht ein zweites Mal belangt werden. Man müsste ihn wegen Verstössen gegen übergeordnete Rechte anklagen. Der Bürgerrechtler Al Sharpton sagte, Trayvon Martins Recht, nach Hause zu gehen, sei verletzt worden.
Aha. Das Menschenrecht, nach Hause zu gehen wurde verletzt. Deshalb: Bundeszuständigkeit und neuer Prozeß! Und wenn der auch nicht die gewünschte Verurteilung bringt, dann klagen wir Zimmerman selbstmurmelnd nicht wegen Mordes oder Totschlags oder Heimwegsverhinderung, sondern zur Abwechslung halt wegen Verletzung von Trayvon Martins Recht auf unperforierten Blutkreislauf an. Und irgendwann schnallen die blöden Geschworenen schon, wie sie gefälligst zu entscheiden haben ...

Die NZZ fügt, Gott sei Dank, Rev. Al Sharptons scharfen Tönen noch einen begütigenden Schußsatz hinzu:
Laut Anwälten ist ein solches aus Washington betriebenes neues Verfahren möglich, aber nicht sehr wahrscheinlich.
Es besteht also vielleicht doch noch Hoffnung, daß sich jene Supermacht, die nach Gusto und Laune im Ausland Menschen durch Drohnen ermorden läßt, ohne Kriegserklärungen fremde Staaten überfällt und/oder mit Bombenteppichen plattwalzt, weltweit — egal ob nun private, kommerzielle oder staatliche — vertrauliche Daten ausspioniert, speichert und auswertet, nicht auch noch auf der juristischen Front als totales Willkürregime selbst entlarvt. Sicher sein kann man sich freilich nicht ...

Montag, 15. Juli 2013

Eine echte Überraschung

... nach den wortreich erschütterten Dementi von IM Erika & Co. vermag uns »Die Presse« heute zu bereiten, indem sie titelt:
Deutscher Geheimdienst wusste von NSA-Spähangriffen

Der BND soll immer wieder um Daten deutscher Staatsbürger gebeten haben. [...]

[Der] deutsche Bundesnachrichtendienst (BND) wusste nach einem Zeitungsbericht offenbar schon lange von den umfangreichen Ausspähungen und Speicherungen von Daten deutscher Bürger durch den US-Geheimdienst NSA. Darauf weise die Praxis hin, dass der BND in den vergangenen Jahren immer wieder US-Geheimdienste um Hilfe gebeten habe, wenn Deutsche im Ausland entführt wurden, berichtete die "Bild"-Zeitung am Montag. "Darin ging es ganz konkret um die Abfrage gespeicherter Kommunikationsvorgänge deutscher Staatsbürger." Die Zeitung berief sich bei ihren Informationen auf Angaben aus US-Regierungskreisen.

Dem Bericht zufolge bat der BND bei Entführungen von Deutschen etwa in Afghanistan oder auch im Jemen die amerikanischen Dienste um Hilfe. Dabei sei es um die letzten Telefon- und Mailkontakte der Entführten gegangen. "Die Daten der NSA flossen so mehrfach in die Arbeit deutscher Krisenstäbe ein, um Entführte zu befreien", hieß es in dem Bericht. US-Regierungs- und Geheimdienstkreise betonten "Bild" zufolge, dass der BND seit Jahren von der nahezu totalen Datenerfassung der NSA wisse und in Gefahrenlagen darauf zurückgreife.
(Hier weiterlesen)
Also, ganz ehrlich: wer hätte das gedacht — wir sind, wie man in Wien so schön sagt, einfach ganz baff über solche Enthüllungen! Und irgendwie keimt in uns der fürchterliche Verdacht: könnte Adolf H. möglicherweise etwas über die Aktivitäten in Auschwitz gewußt haben ;-) ...?

Weil nicht sein kann, was nicht sein darf

... wird jetzt natürlich weiterermittelt. Also wirklich, das geht doch einfach nicht: da wird ein adoptierter Mestize wegen seines Namens »Zimmerman« von linken Gutmenschen-Medien (d.h.: de facto fast allen Medien) zum »weißen Rassisten« stilisiert, da wird aus einer Notwehr gegenüber einem ihn bedrohenden Negerburschen ein »hate crime«, da wird vor Gericht natürlich »um die Urteilsfindung nicht zu beeinflussen« gleich untersagt, das Vorstrafenregister des in allen Medien mit einem süßen Kinderphoto als die lupenreine verfolgte Unschuld dargestellten Vorstadt-Rowdys im Prozeß darzulegen, da wird jedes Mittel von medialer und politischer (Backaroma: »Hätte ich einen Sohn, sähe er wie Trayvon Martin aus!«) Pression angewandt — und dann entscheiden diese idiotischen Geschworenen dennoch für unschuldig, nur weil die Zeugenaussagen und die Verletzungen die Angaben Zimmermans bezüglich Notwehr bestätigten. Das kann doch nicht sein, wir wollen doch unsere Vorurteile nicht durch lästige Fakten kaputtmachen lassen! Deshalb informiert uns »Die Presse« (recte: APA/Reuters):
Das US-Justizministerium erwägt nach dem umstrittenen Freispruch im Prozess um die Tötung des unbewaffneten schwarzen Jugendlichen Trayvon Martin weitere Schritte gegen den Todesschützen George Zimmerman. Die Behörde prüfe, ob sie genügend Beweise habe, um eine Strafverfolgung Zimmermans in einem Bundesgericht fortzusetzen, sagte ein Sprecher am Sonntag. Ein Geschworenengericht im Bundesstaat Florida hatte Zimmerman am Samstag freigesprochen.
Aha. Ein einstimmig gefällter Freispruch einer aus sechs Frauen zusammengesetzten Jury, der von der Richterin bestätigt wird, ist also plötzlich »umstritten«, weil er nicht in den Kram der Berufs-Antirassisten paßt? Also sehen wir uns doch mal kurz die Richterin Debra Nelson an:
Her reputation among some as a tough-on-defendants judge may be transformed as she balances both sides of the emotionally charged debate about why George Zimmerman fatally shot the 17-year-old.

"Lawyers appearing before her know that her reputation is to be a law-oriented, no-nonsense judge," said Daniel Gerber an Orlando defense attorney who argued a civil case before Nelson. "We know not to cross that line."

The 59-year-old judge has lived up to Gerber's view of her throughout Zimmerman's trial by fairly dishing out orders to prosecutors and defense attorneys. Nelson often asks lawyers to get to the point and stay on subject.

"She is very talented and has a wide degree of knowledge and experience," said Suzan Abramson, an Orlando attorney who used to work with Nelson. [...]

A woman with broad legal experience, Nelson earned a bachelor of arts in psychology from the University of South Florida in 1975 and a law degree from South Texas College of Law in 1979. She did a brief stint at the state attorney's office in Broward County, Fla. She also worked for the Department of Agriculture and Consumer Services in Tallahassee, and at Boroughs, Grimm, Bennett & Griffin, P.A., a commercial litigation practice. [...]

In 2013, Nelson won the Mize-Dickey Outstanding Jurist Award which goes to judges who exemplify the highest standards of integrity, impartiality and intellect.

Among some lawyers, however, Nelson has a reputation for siding with the prosecution. "She will make certain rulings that may be more favorable to the prosecution," said Kimberly Priest Johnson, a Dallas-based federal criminal defense lawyer.

(Hier weiterlesen)
... schrieb »US-today« am 5. Juli. Nun, das klingt aber nicht gerade nach einer Richterin, die Angeklagte leichtfertig freispricht. Macht nix! Wenn einer verurteilt werden soll, dann hat er gefälligst verurteilt zu werden. Basta! Ein Kommentarposter »pracesi« bringt die Sache auf den Punkt:
Hexenjagd
Der Fall zeigt ziemlich eindrucksvoll in welch zerrüttetem Zustand sich die USA mittlerweile im Inneren befindet. Nach außen ist es der NSA-Skandal und nach innen die Rassenhass-Opferindustrie die die Zersplitterung der USA aufzeigen. Man sollte sich die äußerst detailliert zusammengetragenen Fakten im englischsprachigen Wikipedia zu dem Fall anschauen um zu begreifen wie ein solcher Fall zu einem solch abartigen Politikum werden konnte, in dem sogar Obama mit zweifelhaften Aussagen politisches Kleingeld herauszuschlagen sucht.
Zimmermans Freispruch folgte jedenfalls zurecht, weil das was passiert ist eine Aneinanderreihung von unglücklichen Entscheidungen und Mißverständnissen auf beiden Seiten war und sonst rein nichts.
Daß nun diese Hexenjagd auf Zimmerman, wider allen Fakten, lt. diesem Artikel weitergehen soll zeigt wie marode das gesellschaftliche System in den USA in Wirklichkeit bereits ist.

Sonntag, 14. Juli 2013

Gelegentlich siegt der Rechtsstaat über ein mediales Meinungsklima

Überraschenderweise sogar in der Mordanklage gegen George Zimmerman in den USA, wo jetzt natürlich die üblichen Verdächtigen »Keine Gerechtigkeit, kein Frieden!« skandieren, oder das Urteil als »eine Ohrfeige für das amerikanische Volk« bezeichen. Nun, da wäre freilich die verfassungswidrige Bespitzelung der US-Bürger (und der ganzen Welt) durch die NSA die zweifellos viel größere Ohrfeige ...

Was an einer Entscheidung der Rechtsfrage, ob eine Tötung in Notwehr erfolgte oder nicht (selbst wenn diese Entscheidung falsch wäre), ein »Ohrfeige« sein soll, erschließt sich beim besten Willen nicht. Oder, vielmehr: der Sachverhalt erschließt sich blitzartig, wenn man zur Kenntnis nimmt, daß es in Wahrheit ja überhaupt nicht um die Klärung dieser Rechtsfrage ging, sondern darum, ob die Meinungsmacher in den USA jederzeit eine Antirassismus-Kampagne vom Zaun brechen und jeden Gegner (und insbesondere die pöhsen Purschen von der N.R.A.!) damit mundtot machen können.

Nun, dieses Urteil hat gezeigt: sie können es nicht immer! Der alte Satz von Lincoln — »You can fool all the people some of the time and some of the people all of the time, but you cannot fool all the people all the time« — bewahrheitet sich eben immer aufs neue. Was denen, die die Leute verarschen wollen, natürlich wie eine Ohrfeige im Gesicht brennt ...

 ---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------

P.S.: daß der rechtskräftig Freigesprochene inzwischen täglich mit Morddrohungen überschüttet wird, und sich außerhalb des Gerichtssaales mit kugelsicherer Weste bewegen muß, kümmert patentierte Gutmenschen-Aktivisten natürlich nicht die Bohne. Wer hätte auch anderes von denen erwartet ...

Samstag, 13. Juli 2013

Verdiente Watsch'n für Backaroma

»Die Presse« schreibt (von APA wie folgt ab):
US-Präsident Barack Obama hat seinen russischen Kollegen Wladmir Putin offenbar nicht dazu bewegen können, den wegen Spionagevorwürfen gesuchten Ex-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden auszuliefern. Nach einem Telefonat der beiden Staatsoberhäupter teilte das US-Präsidialamt in Washington am Freitagabend lediglich mit, man habe "eine Reihe von Sicherheits- und bilateralen Themen besprochen, darunter den Status von Herrn Edward Snowden". (Hier weiterlesen)
Wer hätte sich gedacht, daß ein russisches Staatsoberhaupt einmal dem US-Präsidenten Lektionen in Sachen Menschenrechte erteilt?! Daß Backaroma diese doch völlig aussichtslose Intervention überhaupt versucht hat, spricht sehr dafür, daß im Sumpf der US-Geheimdienste die Kacke längst am Dampfen ist. Denn was die US-Politbanditen jetzt in Panik versetzt, ist, daß ihnen die Zustimmung der breiten Bevölkerung wegbricht, die noch vor wenigen Jahren brav jede Überwachungsmaßnahme, die doch immer »zur effektiveren Bekämpfung des Terrorismus« deklariert war, abgenickt hat. Jetzt ist damit vorbei! Nur ca. ein Drittel der Befragten bezeichneten Snowden in der jüngsten Umfrage der Quinnipiac University als Verräter, eine Mehrheit sieht in ihm einen wichtigen Aufdecker:
"The massive swing in public opinion about civil liberties and governmental anti- terrorism efforts, and the public view that Edward Snowden is more whistle-blower than traitor are the public reaction and apparent shock at the extent to which the government has gone in trying to prevent future terrorist incidents," said Peter Brown, assistant director of the Quinnipiac University Polling Institute.

"The fact that there is little difference now along party lines about the overall anti- terrorism effort and civil liberties and about Snowden is in itself unusual in a country sharply divided along political lines about almost everything. Moreover, the verdict that Snowden is not a traitor goes against almost the unified view of the nation's political establishment."
Deutlicher ist das Mißtrauen der Bürger gegenüber den immer machtbesoffener agierenden Politgangstern kaum ausdrückbar. Die »Eliten« an der US-Ostküste werden sich darauf einstellen müssen, daß die Tage ihrer unkontrollierten Panikmache und Bespitzelung allmählich zu Ende gehen ...



P.S.: für unsere Piefkes — »Watsch'n« ist die Wiener Bezeichnung für »Ohrfeige, Maulschelle, Backpfeife« ... und weil wir gerade von Pfeifen reden: die Pfeife, die in Deutschland momentan den Innenminister mimt, sollte dringendst zurücktreten. Der ist doch nur noch peinlich ... bzw. »ober-peinlich«, wie der Engländer sagen würde ....

Freitag, 12. Juli 2013

»Die Treue gegenüber dem Staat war größer als die gegenüber der Verfassung«

Dieser entlarvende Satz stammt aus einem am 9. Februar dieses Jahres veröffentlichten Interview der »Badischen Zeitung« mit Prof. Dr. Josef Foschepoth, einem Historiker an der Universität Freiburg, der ein Buch mit dem Titel »Überwachtes Deutschland« verfaßte. Hat man damals einen Aufschrei gehört? Nein. Einen #aufschrei gab's Anfang 2013 nur, weil ein ältlicher FDP-Politiker ein Jahr davor zu einer wohlproportionierten Journalistin gesagt haben soll, sie könne ein Dirndl ausfüllen ... das war berichtenswert, das war ein Skandal! Und nicht ein Buch, in dem mit allen Details nachgewiesen wird, daß die deutsche Post jahrzehntelang (!) systematisch das Postgeheimnis gebrochen hat, beispielsweise den Briefverkehr aus der DDR zu geschätzten 80% (!) einkassiert und vernichtet hat — so ein beispielloser Skandal wird still und heimlich in der Rubrik »Nachrichten Deutschland« der Badischen Zeitung vergraben, bzw. in den Buchrezensionsspalten der SZ, FAZ & Co. schubladisiert! Aber dieser Skandal ist ja bloß Pipifax gegenüber dem, was der Historiker im weiteren Verlauf des BZ-Interviews auspackt:
BZ. Sie selbst kamen als Historiker an die Akten nicht ohne weiteres heran, sondern mussten erst Druck machen, etwa per Brief an Wolfgang Schäuble.
Foschepoth: Das war anfangs ein harter Kampf, zumal man gar nicht wusste, ob und wie viele Akten überhaupt noch unter Verschluss gehalten wurden. Man konnte ja nicht einfach in irgendeinem Katalog oder Findmittel nachschlagen. Auch die Archivare konnten nicht helfen, da sich die Akten noch in den Geheimarchiven der Bundesregierung befanden.

BZ: Wenn man Ihr Buch liest, hat man den Eindruck, keine der agierenden Parteien war an Verfassungskonformität so richtig interessiert, auch die SPD nicht, die 1968 die Notstandsgesetze mit durchgeboxt hat.
Foschepoth: Die SPD litt in den 50er- und 60er Jahren daran, dass sie nicht mehrheitsfähig wurde. Immerhin gelang es 1966, nach dem Sturz Ludwig Erhards, koalitions- und damit regierungsfähig zu werden. Zu den schwierigen Politikfeldern, die die SPD nach Ansicht von Wehner, aber auch von Schmidt und Brandt zu beackern hatte, um regierungsfähig zu werden, gehörte vor allem die Innenpolitik.

BZ: Mit den Notstandsgesetzen wurde damals auch das berüchtigte G-10-Gesetz verabschiedet – das Gesetz zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses. Hat das an den chronischen Verstößen etwas geändert?
Foschepoth: Zum einen wurde in der Tat die gesetzlose und verfassungswidrige Praxis auf eine gesetzliche Grundlage gestellt. Zum andern stand das G 10-Gesetz jedoch unter dem Diktum der Alliierten, die Überwachungspraxis in vollem Umfang beizubehalten. Alliiertes Recht musste in deutsches Recht überführt werden, das den drei Westmächten auch in Zukunft alle Formen und Möglichkeiten der Überwachung weiterhin offen hielt.

BZ: Unglaublich. Die Abschaffung der alliierten Rechte war nur möglich, wenn sie in deutschem Recht fortgeschrieben wurden?
Foschepoth: So ist es. Es geht noch weiter. Eine solche Regelung stand natürlich unter striktem Geheimhaltungsgebot. Um das für alle Zukunft zu sichern, musste das Grundgesetz geändert werden. Deshalb steht bis heute in Artikel 10, dass der, der aus nachrichtendienstlichen Gründen überwacht wird, keinen Anspruch hat, darüber informiert zu werden. Gleichzeitig wurde – ein Unding für einen Rechtsstaat – der Rechtsweg ausgeschlossen. Mit dieser Regelung war die Gewaltenteilung faktisch aufgehebelt, wie renommierte Staatsrechtler kritisierten. Diese massive Einschränkung des Rechtsstaates ist bis heute nicht aufgehoben. Sie geht im Kern zurück auf alliiertes Recht.
(Hier weiterlesen)
Aber jetzt schwätzen der BND, »Verfassungsschutz«, Mutti (a.k.a. IM Erika) und Consorten von Betroffenheit und Ahnungslosigkeit über die US-Spionage in Deutschland. Elendes Lügnerpack! Deutschland war und ist eine Bananenrepublik mit einer demokratisch-rechtsstaatlicher Fassade, von der schon beim bloßen Hinsehen die schäbige Tünche abblättert!

Und all die Politiker, die aus Gründen ihrer Karriere (also ihres einzigen Bestrebens: an den gefüllten Freßtrögen der Macht zu bleiben!) ihr Volk bedenkenlos verraten haben, zu jedem Entgegenkommen, zu servilster Analakrobatik gegenüber den Siegermächten (schönfärberisch Nato-»Bündnispartner« genannt) bereit waren, wenn sie dafür nur ungestört die Satrapen in deren Kolonie »BRD« spielen durften — all diese, pardon l'expression, Scheißkerle wagten und wagen es noch, Worte wie »Solidarität«, »Verfassungspatriotismus«, »Grundrechte« in ihr dreckiges Maul zu nehmen, und werden für diese Frechheit nicht mit dem nassen Fetzen verjagt?

Man reiche den Kotzkübel, um ihn dieser Bande von Staatskriminellen wohlgefüllt aufzusetzen ...

»Mythen der Demokratie«

... betitelt sich eine ganz ausgezeichnete Artikelserie von Susanne Kablitz auf ihrem stets lesenswerten Blog »Jenseits der Illusionsbedürftigkeit«. Bisher erschienen drei Teile:

Mythen der Demokratie – oder das, was wir dafür halten … Teil 1
Die Mythen der Demokratie – Unser Geldsystem mit direktem Blick in die Hölle – Teil 2
Mythen der Demokratie – Der Kapitalismus – oder das, was wir dafür halten – Teil 3

Entschiedene Leseempfehlung — nein: Lesebefehl! — an alle »Penseuristen«.

Chapeau, Mme. Kablitz!

Donnerstag, 11. Juli 2013

»HumInt and Hubris: The Decline of American Intelligence«

... betitelt sich ein Artikel auf »Traditionalist Youth Network«, der die derzeit köchelnde Snowden-Affaire von einem grundsätzlicheren Gesichtspunkt betrachtet:
The United States government scrapes all of the telecom industry’s metadata, private telecom contractors and software corporations employ a vast web of back doors and intelligence gathering processes. Gone are the days where government employees monitored elite crime bosses in surveillance vans. The proliferation of technology has now empowered our government, and most other governments, to leverage voice recognition software and automated processes to monitor as much as it can handle processing.

I don’t wish to downplay the horrifying and Orwellian nature of this development, but it ought to be contextualized. This regime’s capacity to actually monitor (not merely record and archive) human intelligence is very limited, and increasingly limited as time passes. In fact, this government has less access to and control over domestic dissident groups than it had before the transistor was even invented.
(Hier weiterlesen)
Ein durchaus kontroversieller Artikel mit ... ähem: unkonventionellen Ansichten, zugegeben ... — aber hätte sowas LePenseur je daran gehindert, sich damit zu befassen ...?

The Gods of the Copybook Headings

... ist der Titel eines mit Anspielungen und ironischem Raisonnement gesättigten Gedichtes von Rudyard Kipling — eines Autors, der weithin als »Kinderbuchautor« mißverstanden wird, und — soweit er sich nicht in diesen harmlosen Rahmen einfügen oder -pressen läßt — als »Nazi-Vorläufer«, als »Rassist« und »white Supremacist« der damnatio memoriæ unserer ach so toleranten und freien Gesellschaft verfallen ist. Dennoch: Kipling hinterließ eine Menge lesens- und bedenkenswerter Gedichte, deren gedanklicher Gehalt — wenigstens für mich, aber ich bin (da eben kein »native speaker«) sicherlich nur begrenzt zu solchen Urteilen befähigt — oft ihren »rein dichterischen« Wert überragt. Bislang fand ich in Internet keine deutsche Übersetzung des Gedichtes »The Gods of the Copybook Headings« (über das ich eher zufällig in einem Blog stolperte), die ich neben dem Original hätte einstellen können — und selbst eine zu fabrizieren wäre mir im Moment schon rein zeitlich nicht möglich — deshalb hier nur der manchmal leicht enigmatische Originaltext, dessen Worte wie für unsere Zeit geschaffen erscheinen, obwohl sie schon von fast hundert Jahren geschrieben wurden ...
The Gods of the Copybook Headings

As I pass through my incarnations in every age and race,
I make my proper prostrations to the Gods of the Market Place.
Peering through reverent fingers I watch them flourish and fall,
And the Gods of the Copybook Headings, I notice, outlast them all.

We were living in trees when they met us. They showed us each in turn
That Water would certainly wet us, as Fire would certainly burn:
But we found them lacking in Uplift, Vision and Breadth of Mind,
So we left them to teach the Gorillas while we followed the March of Mankind.

We moved as the Spirit listed. They never altered their pace,
Being neither cloud nor wind-borne like the Gods of the Market Place,
But they always caught up with our progress, and presently word would come
That a tribe had been wiped off its icefield, or the lights had gone out in Rome.

With the Hopes that our World is built on they were utterly out of touch,
They denied that the Moon was Stilton; they denied she was even Dutch;
They denied that Wishes were Horses; they denied that a Pig had Wings;
So we worshipped the Gods of the Market Who promised these beautiful things.

When the Cambrian measures were forming, They promised perpetual peace.
They swore, if we gave them our weapons, that the wars of the tribes would cease.
But when we disarmed They sold us and delivered us bound to our foe,
And the Gods of the Copybook Headings said: "Stick to the Devil you know."

On the first Feminian Sandstones we were promised the Fuller Life
(Which started by loving our neighbour and ended by loving his wife)
Till our women had no more children and the men lost reason and faith,
And the Gods of the Copybook Headings said: "The Wages of Sin is Death."

In the Carboniferous Epoch we were promised abundance for all,
By robbing selected Peter to pay for collective Paul;
But, though we had plenty of money, there was nothing our money could buy,
And the Gods of the Copybook Headings said: "If you don't work you die."

Then the Gods of the Market tumbled, and their smooth-tongued wizards withdrew
And the hearts of the meanest were humbled and began to believe it was true
That All is not Gold that Glitters, and Two and Two make Four
And the Gods of the Copybook Headings limped up to explain it once more.

As it will be in the future, it was at the birth of Man
There are only four things certain since Social Progress began.
That the Dog returns to his Vomit and the Sow returns to her Mire,
And the burnt Fool's bandaged finger goes wabbling back to the Fire;

And that after this is accomplished, and the brave new world begins
When all men are paid for existing and no man must pay for his sins,
As surely as Water will wet us, as surely as Fire will burn,
The Gods of the Copybook Headings with terror and slaughter return!



P.S.: wem ein Kipling-Gedicht etwas deplaciert in diesem Blog erscheint, dem hilft vielleicht dieser Artikel beim Verständnis, warum es doch hierher paßt.

Mittwoch, 10. Juli 2013

Italien geht seinen Weg

Und zwar in den Abgrund.»Die Presse« schreibt von APA/Reuters wie folgt ab:
Standard & Poor's senkt Rating für Italien auf "BBB"

Die Ratingagentur hat die Bonitätsnote von BBB+ auf BBB gesenkt. Das ist nur knapp über Ramschniveau. Der Ausblick ist negativ.

Die Ratingagentur S&P hat ihre Bonitätsnote für Italien gesenkt. Die Staatsanleihen der drittgrößten Volkswirtschaft in der Euro-Zone würden nun nur noch mit BBB bewertet nach zuvor BBB+, teilte die US-Agentur am Dienstag mit. Der Ausblick sei weiterhin negativ. Die Entscheidung sei im Lichte der anhaltenden Wirtschaftsschwäche und den Problemen auf den Kreditmärkten gefallen. Italien drohen damit künftig noch höhere Kosten für neue Kredite, weil ein schlechteres Rating den Investoren ein gestiegenes Ausfallrisiko signalisiert.

Aus dem italienischen Finanzministerium verlautete, S&P beziehe sich bei der Herabstufung auf die vergangene Politik und berücksichtige die jüngst beschlossenen Maßnahmen zur Ankurbelung der Wirtschaft noch nicht. Insgesamt sei die Herabstufung und ihre Begründung daher nicht nachvollziehbar.
(Hier weiterlesen)
Ob die italienische Regierung das alles »nachvollziehen« kann, ist irrelevant. Die Leute, die italienische Staatsanleihen kaufen wollen, können die Herabstufung jedenfalls problemlos nachvollziehen, und allein darauf kommt's an. Italien wankt also, Frankreich wird demnächst folgen. Und Spanien, und ... ... das Pleite-Domino beginnt. Die Rechnung für jahrzehntelange verantwortungslose Schuldenpolitik wird jetzt präsentiert — nur leiden nicht den dafür direkt verantwortlichen Politikern, sondern den Bürgern. Freilich nicht allen, denn deren entweder beamtete oder aber steuerschwache (und durch Transferleistungen begünstigte) Mehrheit wählte zwar diesen Wahnsin, wird aber jetzt — im Gegensatz zu den wirklichen Leistungsträgern unserer Gesellschaft, den Klein- und Mittelunternehmern und Freiberuflern! — eher nicht zur Kasse gebeten.

Wie sagte ein Poster unlängst so treffend: »Es müßte für unsere Politiker ein zweites Nürnberg geben!« ... ach, Träume! Solange nicht alles in Chaos versinkt, wird's nicht dazu kommen — und wenn das Chaos herrscht, werden diese Dreckskerle schon Mittel und Wege finden, alle anderen und vor allem »den Markt« und »die Spekulanten« dafür verantwortlich zu machen ...