... zu gratulieren ist einerseits leicht (denn wer sollte, ja: könnte! was dagegen haben), andererseits für einen alten Nonkonformisten wie LePenseur auch wieder schwer. Soll er wirklich einen Schriftsteller würdigen, der vom nuschelnden Literatur-»Papst« MRR mit dem lobenden Seufzer »Daß die Niederländer so einen Schriftsteller haben!« in den Kanon der literaturkritikfähigen Gegenwartsliteratur aufgenommen wurde (so will es wenigestens Peter Mohr in der »Wiener Zeitung« darstellen), wenn es ohnehin schon »alle« tun?
Nun, da muß man einmal sagen, daß Nonkonformismus ja keineswegs bedeutet, immer gerade das nicht zu tun, was alle tun, sondern eben, nicht immer das zu tun, was alle tun. Und LePenseur verbindet mit Nooteboom eine solche Menge an vollkommen befriedigenden Lesestunden, daß ihm die Unterlassung eines kurzen Danks an den Autor doch irgendwie recht schofel vorkäme.
Cees Nooteboom muß dem Lesepublikum nicht wirklich vorgestellt werden — seit vielen Jahren zählen seine Romane, Erzählungen und Essays zu den wohlbekannten und wohlbesprochenen Neuerscheinungen, der reputierliche Suhrkamp-Verlag bringt eine gediegen gebundene Gesamtausgabe heraus — Autorenherz, was willst du mehr?! Nun, im Falle Nootebooms läßt sich diese Frage beantworten: mehr Anerkennung in der Heimat! Denn Nooteboom ist (und da kann MRR's Seufzer nicht allein ursächlich sein) v.a. ein deutsches (teilweise auch US-) Phänomen, aber in den Niederlanden mehr geachtet, als gekannt, geschweige denn: geliebt. Warum das so ist?
LePenseurs »Einstiegsdroge« in die Nooteboom-Lektüre war jedenfalls der Roman, der den Autor in Deutschland erstmals bekannt machte: »Rituale« (1980, dt. 1985). Ein Roman, dessen literarische Qualität man nicht groß beweisen muß, so fühlbar ist sie. Mit so vielen, in meinem Gedächtnis durch all die Jahre seither wie funkelnde Facetten eines Edelsteines aufschimmernden Details ... ... den harsch-dogmatischen Monsignore beispielsweise, der auf Besuch ist, und bei dem ein Stückchen Camembert auf der Zunge zu beobachten Anlaß zu ganz abenteuerlichen Assoziationen des Betrachters gibt, und vieles mehr — gläubige Christen freilich werden den Roman bisweilen hart an und über der Grenze zur Blasphemie empfinden ...
Köstlich auch das Buch »Aus den niederländischen Bergen« (dt. 1987), das in seiner sanft-hinterhältigen Absurdität den Leser in den Bann zieht. Der große Berlin-Roman »Allerseelen« (dt. 1999) gewinnt durch den Umstand, daß Nooteboom genau in den »Wendejahren« 1989/90 als Stipendiat des »Deutschen Akademischen Austauschdienstes« in dieser Stadt lebte, zusätzliche Reflexionspunkte. Das literarische Feuilleton pries den Roman in den üblichen wolkigen Formulierungen, z.B. als »eine einzige große, erzählerisch entfaltete Meditation über Zeit und Vergänglichkeit«, wie es der im Roman auftretende Rüdiger Safranski formulierte. Nun ja, dann ...
Nooteboom muß sich jedenfalls schon seit einigen Jahren Gedanken über Zeit und Vergänglichkeit machen. Denn, wie Peter Mohr schreibt:
Nun, da muß man einmal sagen, daß Nonkonformismus ja keineswegs bedeutet, immer gerade das nicht zu tun, was alle tun, sondern eben, nicht immer das zu tun, was alle tun. Und LePenseur verbindet mit Nooteboom eine solche Menge an vollkommen befriedigenden Lesestunden, daß ihm die Unterlassung eines kurzen Danks an den Autor doch irgendwie recht schofel vorkäme.
Cees Nooteboom muß dem Lesepublikum nicht wirklich vorgestellt werden — seit vielen Jahren zählen seine Romane, Erzählungen und Essays zu den wohlbekannten und wohlbesprochenen Neuerscheinungen, der reputierliche Suhrkamp-Verlag bringt eine gediegen gebundene Gesamtausgabe heraus — Autorenherz, was willst du mehr?! Nun, im Falle Nootebooms läßt sich diese Frage beantworten: mehr Anerkennung in der Heimat! Denn Nooteboom ist (und da kann MRR's Seufzer nicht allein ursächlich sein) v.a. ein deutsches (teilweise auch US-) Phänomen, aber in den Niederlanden mehr geachtet, als gekannt, geschweige denn: geliebt. Warum das so ist?
Dass Nooteboom in seiner Heimat auf eine vergleichsweise geringe Resonanz stößt, liegt vermutlich darin begründet, dass der Autor am allerwenigsten ein typisch niederländischer Schriftsteller ist und durch seine schon in jungen Jahren ausgeprägte Reiselust eher als literarischer Kosmopolit gilt. Bereits im Teenager-Alter trampte er nach Belgien. Was dann folgte, war eine unendliche Reise - bis in die entlegensten Winkel aller Kontinente.mutmaßt Peter Mohr — nicht ganz überzeugend, denn es gibt genug Beispiele für reiselustige und weltläufige Schriftsteller, die sehr wohl im eigenen Land etwas galten! Die Liebe eines Volkes zu seinen Schriftstellern ist ein eigen Ding ...
LePenseurs »Einstiegsdroge« in die Nooteboom-Lektüre war jedenfalls der Roman, der den Autor in Deutschland erstmals bekannt machte: »Rituale« (1980, dt. 1985). Ein Roman, dessen literarische Qualität man nicht groß beweisen muß, so fühlbar ist sie. Mit so vielen, in meinem Gedächtnis durch all die Jahre seither wie funkelnde Facetten eines Edelsteines aufschimmernden Details ... ... den harsch-dogmatischen Monsignore beispielsweise, der auf Besuch ist, und bei dem ein Stückchen Camembert auf der Zunge zu beobachten Anlaß zu ganz abenteuerlichen Assoziationen des Betrachters gibt, und vieles mehr — gläubige Christen freilich werden den Roman bisweilen hart an und über der Grenze zur Blasphemie empfinden ...
Köstlich auch das Buch »Aus den niederländischen Bergen« (dt. 1987), das in seiner sanft-hinterhältigen Absurdität den Leser in den Bann zieht. Der große Berlin-Roman »Allerseelen« (dt. 1999) gewinnt durch den Umstand, daß Nooteboom genau in den »Wendejahren« 1989/90 als Stipendiat des »Deutschen Akademischen Austauschdienstes« in dieser Stadt lebte, zusätzliche Reflexionspunkte. Das literarische Feuilleton pries den Roman in den üblichen wolkigen Formulierungen, z.B. als »eine einzige große, erzählerisch entfaltete Meditation über Zeit und Vergänglichkeit«, wie es der im Roman auftretende Rüdiger Safranski formulierte. Nun ja, dann ...
Nooteboom muß sich jedenfalls schon seit einigen Jahren Gedanken über Zeit und Vergänglichkeit machen. Denn, wie Peter Mohr schreibt:
Etwas melancholisch und mit einer Dosis Altersschwermut untermalt klang es, als Nooteboom vor einigen Jahren über eine Alltagsbegebenheit berichtete: "Ich bin jetzt 74. Das erste Mal, als mir das schlagartig bewusst wurde, war der Moment, als ein attraktives Mädchen vor mir in der Straßenbahn aufstand. Ich verstand nicht, was sie wollte und als ich es verstanden hatte, setzte ich mich, um ihr den Gefallen zu tun, aber glücklich war ich nicht."LePenseur, wiewohl von den achtzig Jahren des Autors — »... und wenn es köstlich war, war es Mühsal und Plage«, wie der Psalmist singt — noch hinlänglich entfernt, kann dieses Gefühl bestätigen: auch ihm bot ein junges, hübsches, sogar blondes Mädel in der Wiener U-Bahn den Sitzplatz an. Anders als Nooteboom brachte er es jedoch nicht über sich, ihr »diesen Gefallen« zu tun, sondern meinte: »Bleiben Sie ruhig sitzen, junge Dame! Ich bin nicht so alt wie ich aussehe ...«
Wie auch immer: »Ad multos annos«, Mijnheer Nooteboom!