von LePenseur
Fangen wir einmal ganz konventionell an: Beethovens Symphonie No. 7 in der Interpretation durch das Concertgebouw-Orchester unter seinem Altmeister Bernard Haitink — 2009 aus Anlaß seines 80. Geburtstags aufgezeichnet. Eine stimmige, noble Aufführung dieses Klassikers, die keinen Vergleich zu scheuen braucht:
Zeitlich anschließend, aber Wechsel von einem anerkannten Klassiker zu einem sozusagen »apo-kryphen« Werk, zu der »rekonstruierten« Symphonie No. 7 von Franz Schubert, interpretiert vom Dänischen Radio Symphonie-Orchester unter Andrew Manze. Wie alle Rekonstruktionen nicht ganz unproblematisch, aber von unzweifelhaftem Reiz:
Brian Newboulds Rekonstruktion hat ihre Vorzüge und auch — zugegeben — manche Schwäche. Die Gegenüberstellung des Rekonstruktionsversuchs von Felix v. Weigartner aus dem Jahr 1934 ermöglicht interessante Vergleiche (hier gespielt vom Radio-Symphonie-Orchester Berlin unter Heinz Roegner):
Beim Beginn des ersten Satzes fallen die Unterschiede vielleicht nicht so sehr auf, aber schon in der Durchführung lassen die Unterschiede aufhorchen ...
Ein heute weitgehend vergessener Zeitgenosse der beiden vorigen Komponisten, der Beethovenschüler und -freund Ferdinand Ries schrieb seine Symphonie No. 7 in a-moll, op. 181, im Jahr 1835, gespielt von Zürcher Kammerorchester unter Howard Griffiths:
Doch »heiter weiter«! Da weder Mendelssohn noch Schumann bis zu einer »Siebenten« gelangten, kommt es nun zu einem großen Sprung — 40 Jahre immerhin — von Spätklassik/Frühromantik mitten in die höchste Hochromantik, zu einem der besten symphonischen Werke von Joachim Raff, der Symphonie No. 7 »In den Alpen«, op. 201 (1875). Wie man bereits am Titel ersieht: die Zeit der Programmmusik ist angebrochen! Aber auch ohne die Satzbezeichnung (die ich bewußt weglasse) hat dieses Werk seine unbestreitbare Qualität und erklärt, warum Raff seinerzeit zu den erfolgreichsten und prominentesten Symphonikern zählte. Hier eine Aufnahme mit dem Südwestfunk-Orchester unter Urs Schneider:
Da es in Ermangelung einer »Siebenten Brahms« etwas unfair wäre, hier Bruckners, seines Antipoden, 7. Symphonie zu bringen, kommt als nächstes ein meiner Meinung nach weitaus zu selten gespieltes Werk von Antonín Dvořák: seine Symphonie No. 7 in d-moll, op. 70 aus dem Jahr 1885, hier von der Tschechischen Philharmonie unter Václav Neumann interpretiert (und für Freunde des Partiturlesens mit einer solchen versehen):
Doch was bringt man jetzt als siebente Siebente? Warum nicht die des finnischen Altmeisters Sibelius, der ja auch viel zu selten in (mittel-)europäischen (und insbesondere österreichsichen) Konzertsälen erklingt. Hier also sein opus 105 in C-dur, gespielt von den Wiener Philharmonikern unter Bernstein:
Ralph Vaughan Williams schrieb einmal: »Only Sibelius could make C major sound completely fresh« — und wenn man dieses einsätzige Werk gehört hat, kann man ihm da durchaus beipflichten.
Einen schönen Sonntag noch ...
3 Kommentare:
Cher penseur, an dieser Stelle ist Ihnen schon eine beträchtliche Einseitigkeit vorzuwerfen. Nebenbei bemerkt: warum nicht die Siebente Brahms?
Cher M. Lechner,
wenn Sie mir eine Aufnahme davon bringen, füge ich sie mit Vergnügen noch ein!
;-)
Haha, votre maitre kommt allenfalls auf fünf, und dies nur mit Schönbergs Hilfe. Aber diese Art von "Argumentation", die Sie da angestrengt haben, um die größte aller Siebenten zu vermeiden, erinnert schon ein wenig an gewisse Methoden des Mainstream-Journalismus. Sie dürfen dann konsequenterweise von Brahms nur das erste Streichquintett bringen, und keine Quartette, Trios, Sonaten etc. Dann das wäre ja genauso "unfair", da es das vom "Antipoden" nicht gibt.
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