Mittwoch, 3. Juni 2015

Man liebt den Verrat. Nicht den Verräter ...

Diese alte Weisheit werden die beiden Überläufer vom Team Stronach zur ÖVP (sic!) auch noch in Erfahrung bringen. Wie »DiePresse« berichtet:
Neue Turbulenzen im Team Stronach: Die Nationalratsabgeordneten Georg Vetter und Marcus Franz wechseln laut "Presse"-Informationen in den Klub der ÖVP.

Vetter hatte Parteigründer Frank Stronach am Montag scharf kritisiert und ihn persönlich für die Wahlschlappe in der Steiermark verantwortlich gemacht. "Es wird nun an den Mitgliedern des Nationalratsklubs liegen, das Beste daraus zu machen. Von der Partei als solcher können wir nichts erwarten und müssen uns lösen", schrieb er in einem Gastkommentar auf dem Blog www.andreas-unterberger.at
Nun — Überläufer sind nichts Neues in der Geschichte des Parlamentarismus' ... man denke an den früheren britischen Premier Sir Winston Churchill, der zwischen den Tories und Whigs fröhliche Bäumchen-wechsle-dich-Spielchen trieb (gerade noch Labour hat er ausgelassen, aber das ging für einen Herzogsenkel irgendwie nicht recht ...) — und der immerhin wird bis heute als »Staatsmann« gehandelt.

Ob diese Bezeichnung auch je auf den Wiener Primarius*) Dr. Franz und den Wiener Rechtsanwalt Dr. Vetter angewandt werden wird, bleibt abzuwarten. Die Chancen stehen allerdings nicht gerade berauschend: Primarius Franz hat sich in der Vergangenheit durch klare, aber nicht eben zeitgeist-konforme Stellungnahmen zur Homosexualität medial bekannt gemacht, wird also in der ÖVP — die auch durchaus treffend als Abkürzung für »Österreichische Vaserl Partei«**) angesehen wird — wohl kaum auf mutige Unterstützung stoßen, und auch Rechtsanwalt Vetter ist als Obmann des »Liberalen Clubs« nicht unbedingt der Kernschicht der ÖVP, die doch eher ein Lobbying- und Karriereverein für Bauern, Beamte und Kammerfunktionäre ist, zuzurechnen. Sie werden beide in ihrer neuen Fraktion als »siebenter bzw. achter Zwerg von links« wahrgenommen werden. Wenn überhaupt.

Nach der harschen Kritik der beiden Herren am Parteigründer und -financier des »Teams Stronach« hat dieser Frank Stronach sie aufgefordert, ihre Mandate zurückzulegen. Das taten sie nicht, sondern zogen es vor, ihre im Fahrwasser von Stronach per Liste zugeteilten Nationalratsmandate zu behalten, und lieber zu einer anderen Partei zu wechseln. Gesinnungslos? Nein, nicht wirklich — denn auch solches Verhalten zeugt von einer Gesinnung (wenn auch keiner sehr angenehmen) ...

Die beiden, die vor nicht allzu langer Zeit sich überzeugt sahen, daß Österreich nur mit einer neuen Partei reformierbar wäre, sind also zu der neben der SPÖ ältesten Partei Österreichs übergelaufen — zu einer Partei also, die zutiefst verstrickt ist im Sumpf von Kammern, öffentlichen Aufträgen, Vorfeldorganisationen, Parteibuchwirtschaft und überhaupt allem, was Österreich hassenwert und wettbewerbsunfähig macht. die mit der SPÖ das exakte Gegenteil von dem verkörpert, was Stronach mit seiner Gründung anstrebte.

Sie haben dem Publikum deutlich gemacht, daß in der Politik Karrierismus und Sesselkleberei schneller erlernt sind, als man bis drei zählen kann. Und sie sind jedenfalls ein Gewinn für die ÖVP-Parlamentsfraktion (zumindest finanziell, da deren Clubförderung dadurch steigt). Ob sie in ihrer künftigen Parteiposition ein Gewinn für Österreich sind — na, wie hieß das doch schonöfters auf diesem Blog? »Die Frage stellen heißt, sie beantworten« ....



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*) für Piefkes — Primarius: Chefarzt
**)für Piefkes — Vaserl: ängstlicher Mensch

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