Mittwoch, 3. Juni 2015

»Nach Bauchstich: Opfer musste sich Zelle mit Täter teilen«

... titelte gestern »DiePresse« (in angeblich redaktioneller Bearbeitung einer APA-Meldung). Nun, mir kamen gleich die Tränen ... wenn auch aus anderen Gründen, als der APA. Aber berichten wir doch weiter (wenn »DiePresse« die APA abschreiben kann, kann ich das auch ...):
Erneut Aufregung um die chronisch überfüllte Justizanstalt Wien-Josefstadt: Wie das Ö1-Morgenjournal berichtete, war das Opfer einer fast tödlichen Messerstecherei - zufällig - in der selben Zelle inhaftiert wie der Täter, und das ganze sechs Wochen lang. In der Haftanstalt bestätigt man den Vorfall. So etwas komme einmal in tausend Jahren vor "und leider gerade bei uns", sagte ein Sprecher.

Wie es dazu kam? Am 2. April 2014 gerieten in der Pizzeria "Camorra" in Wien Favoriten zwei junge Männer aus Nordafrika aneinander. Ein Messer kam ins Spiel, und der jüngere trug einen Bauchstich davon, was dem älteren eine Anklage wegen Mordversuchs einbrachte. Später wurde das Opfer wegen eines anderen, kleineren Delikts ebenfalls eingesperrt - und kam in die selbe Zelle wie der Täter. Der war nach seiner Flucht mit Interpol-Haftbefehl gesucht und in Italien aufgespürt worden.

Der genau Verlauf der Auseinandersetzung kam erst während des Prozesses ans Tageslicht, der Angeklagte konnte Notwehr geltend machen und wurde am 28. Mai freigesprochen, nachdem die Staatsanwältin laut ORF zugegeben hatte, mit heutigem Wissen hätte sie nie eine Anklage auf Mordversuch erhoben.

Die Justiz gibt an, dass das Opfer nicht auf die problematische Unterbringung aufmerksam gemacht habe. Das  bestreitet dessen Anwalt: Sein Mandant habe sich durchaus beschwert. Als bekannt geworden sei, dass die beiden in einem Täter-Opfer-Verhältnis stehen, seien sie sofort getrennt worden, sagte Peter Prechtl, Leiter der Vollzugsdirektion, zur APA: "Zum Glück ist nichts passiert".
Na, Glück muß der Mensch haben! Besonders der steuerzahlende Mensch östereichischer Herkunft, der für solche Spaßettln auch noch vom Finanzamt zur Kassa gebeten wird. Und hier kommen mir das erste Mal die Tränen! Wie kommen eigentlich wir Österreicher dazu, nach den Messerstechereien »junger Männer aus Nordafrika« (will heißen: irgendwelcher illegal eingereister »Asylwerber« mit friedensreligiösem Migrationshintergrund) noch Steuergeld für eine Gefängnisunterbringung dieser Kriminellen hinlegen zu müssen? Einfach abschieben, dieses Gelichter — österreichische Gefängnisse sind zwar nicht von einem Standard, daß ich dort zu leben wünsche, in urwüchsigeren Gegenden unserer Welt hingegen gelten sie fast als gesuchte Gratisherbergen mit sicherer Verpflegung!

Die nächsten Tränen vergießt der Jurist, der erschüttert die galoppierende Hirnerweichung des österreichischen Journalismus' konstatieren muß: sorry — aber es saßen zwei (mutmaßliche, um ganz korrekt zu sein!) Täter gemeinsam in Untersuchungshaft, nicht: »Täter und Opfer«! Opfer müssen dafür, daß ihnen was angetan wurde, nicht in den Häf'n. Auch nicht in Österreich!

Und die Staatsanwältin muß auch nicht »zugeben«, sie hätte mit heutigem Wissen nicht Mordanklage erhoben, denn »zugeben« muß man nur ein Unrecht, das man begeht — und solange die APA, »DiePresse« oder der ORF nicht glaubhaftmachen können, die Staatsanwältin hätte die Mordanklage mit vorsätzlich oder fahrlässig falsch ermittelten Tatvorwürfen zur Anklage gebracht, hat diese auch gegenüber dem ORF keinen Bedarf, etwas »zuzugeben«. Sie kann es, meinetwegen, »einräumen« oder »klarstellen« — aber »zugeben«? Warum auch?

Das dritte Mal kommen mir die Tränen, daß ein findiger — und möglicherweise um einen höheren Honoraranspruch auf Staatskosten bemühter — Anwalt aus etwas, was für die Beteiligten unangenehm gewesen sein mag, aber doch folgenlos, gleich ein Problem macht. Hätte sein Mandant nicht ein Delikt begangen, wäre er nicht in U-Haft gekommen. Daß ein — wie sich durch den Freispruch ja herausstellt — gerechtfertigt in Notwehr zum Messer greifender »junger Mann aus Nordafrika« seine Zelle teilen mußte, sollte rechtens eigentlich eher für diesen als für jenen ein Problem darstellen.

Ich versuche mir vorzustellen, daß ich wegen Mordversuchs, sagen wir mal, an einem jungen nordafrikanischen Einbrecher, dem ich bspw. in Verteidigung meines Besitzes mit einer Flasche über den Kopf gehauen hätte, im Gefängnis säße, und besagter Krimineller säße ebendort mit mir in der Zelle — also ich denke, daß ich da wohl das moralische Recht auf meiner Seite habe, wenn ich das als Zumutung empfände — und nicht er! Und noch mehr, wenn ich schließlich Notwehr nachweisen könnte!

Aber, wie man sieht: selbst kleine Lokalgeschichten finden desinformativ Zugang in die Systempresse, die man getrost auch als Lügenpresse bezeichnen darf. Denn daß die nur so naiv und dumm sind, auf diese Weise zu berichten, wo doch selbst kurzes Nachdenken des Blogautors auf die Ungereimtheit der Darstellung aufmerksam machte, das sollen sie doch der in derlei Fällen sprichwörtlich gern herangezogenen Jetti-Tant' erzählen ...

1 Kommentar:

Ein Häfenbruder hat gesagt…

"... österreichische Gefängnisse sind zwar nicht von einem Standard, daß ich dort zu leben wünsche..."

Man möge mal nach "Gefängnis Leoben" googeln.

Hier ein paar Zitate:

"In Leoben bleibt man freiwillig, da bricht keiner aus"

"So wurde das Gefängnis auf einer georgischen Webseite als Urlaubsziel angepriesen"

"Denn die Justizanstalt Leoben in der Steiermark sieht nicht aus wie ein Gefängnis, sie sieht aus wie ein Vier- Sterne- Wellnesshotel mit Wohlfühlcharakter."