Dienstag, 26. November 2024

Meine Sichtweise zur Präsidentenwahl in Rumänien

Eine Zwischenbilanz
von Helmut
 
 

Also, das Ergebnis bei der Präsidentenwahl dürfte klar sein. An erster Stelle steht Georgescu, und dann kommt Ciolacu, und danach Simion.

Meine persönliche Analyse geht in diese Richtung:

Simion als ein Verfechter der Opposition, einer Partei namens AUR (alianta unirea romanilor = Allianz der vereinten Rumänen) hat einen großen Achtungserfolg mit seinem 3. Platz erzielt. Diese AUR kann man (nicht perfekt, aber trotzdem) mit der AfD in Deutschland vergleichen.

Er ist natürlich nicht unumstritten, manches läuft nicht so, wie es laufen müsste, aber er hat immense Pluspunkte mit seiner aktiven Hilfe für die Hochwasseropfer Mitte September gesammelt. Im Gegensatz zu den anderen Politikern, die ihre Statements dazu von den Tischen in den feinen Bukarester Restaurants gegeben haben, sah man ihn in Gummistiefeln, in den Überschwemmungsgebieten, hat Leute, Fahrzeuge, usw. organisiert, damit der Schlamm weggeräumt wird, etc. etc.

Das Beeindruckendste war, dass er in einem Dorf versprochen hat, wo die Schäden an den Häusern am größten waren, bis zum Beginn des Winters dort 10 einfache Häuser, bezugsfertig, zu bauen. Hat die Materialien organisiert, die Handwerker, etc. und – er hat sein Wort gehalten. O.k., es war nicht sein Geld, - denn das hat er sowieso nicht, aber er hatte einen Geldgeber im Rücken, aus dem Fußballbereich, der ihm das finanziert hat. (Gigi Becali : https://de.wikipedia.org/wiki/George_Becali)

Aber er hat sein Wort auf Biegen und Brechen gehalten, auch, wenn ihm vorgeworfen wurde, dass er nicht die Fristen und Prozeduren der Baugenehmigungen eingehalten hat, etc. Ihm waren die Menschen wichtig, die alles verloren hatten. Erinnert mich irgendwie an Schmidt-Schnauze beim Hochwasser vor vielen Jahrzehnten in Hamburg.

Ciolacu ist derjenige, der als amtierender sozialdemokratischer Ministerpräsident (= Kanzler) in Rumänien in einer großen Koalition mit der PNL (= konservativ ausgerichtet) das Sagen hat und dadurch über einen Bekanntheitsvorteil verfügt. Sein Nachteil, und auch der seiner Partnerpartei, - sie haben so gut wie nichts auf den Weg gebracht. Viele, die angefangen haben, mitzudenken, sind davon überzeugt, dass beide Parteien abgestraft werden müssen.

Dazu kommt was Entscheidendes: Man kann den Werdegang von Ciolacu nachverfolgen, und auch seine Fähigkeiten:

https://de.wikipedia.org/wiki/Marcel_Ciolacu

Was ein erhebliches Manko (nicht nur in meinen Augen) ist: Wie soll sich ein Repräsentant eines Staates im internationalen Bereich bewegen, der nicht einmal Englisch, oder eine andere Fremdsprache spricht.

Im Vergleich dazu ist Georgescu anders gestrickt:

https://de.wikipedia.org/wiki/C%C4%83lin_Georgescu

Dieser Mann ist international erfahren und dazu spricht er fließend vier Fremdsprachen (Englisch, Spanisch, Deutsch und Russisch). Meiner Meinung nach ist er ein Gewinn für das Land, wenn er Präsident wird.

Nun sind die Gemeinsamkeiten, in ideologischer Hinsicht, bei mehreren Parteien gleich oder zumindest ähnlich. Es ist eine charakteristische Beschreibung des Kandidaten, und da stimmen auch andere Parteien mit ihm überein, wie z.B. die AUR oder die S.O.S, deren Vorsitzende Frau Sosoaca ist. Letztere ist Mitglied im EU-Parlament und steckt oft tief den Finger in die Wunden, die man in Rumänien, gerade von Seiten von Frau von der Leyen, etc. geschlagen hat. Manche sind mit ihrer Art der Redeführung nicht einverstanden, aber das, was sie sagt (sie ist Juristin) hat Hand und Fuß.

Sie bedeutete gerade wegen ihren oftmals emotionalen Aussprüchen für die Regierenden eine ernsthafte Gefahr, weswegen man Gründe fand, sie aus angeblich wahlrechtlichen Gründen sie nicht zur Präsidentschaftswahl als Kandidatin zuzulassen. Der Schuss ging aber in den Ofen und wurde für die beiden Koalitionspartner zum Bumerang, weil sich deshalb viele von den beiden Kandidaten der Koalition abgewandt haben.

Gerade heute war ich bei einer Wahlveranstaltung dieser Partei S.O.S, im Rathaus unserer Stadt. Das Erste, was mich beeindruckt hat, war die Teilnahme an dieser Einladung von Seiten der Bevölkerung. Das erste Mal, seit 21 Jahren, seit ich in dieser Stadt lebe, habe ich einen vollen Saal bei einer politischen Wahlveranstaltung erlebt. Ich habe das auch zum Ausdruck gebracht und meinen Respekt ausgedrückt. Die Antwort eines Zuhörers war darauf: Es bleibt uns doch in dieser Zeit nichts anderes übrig, als zu reagieren.

Das bedeutet für mich, dass nun (hoffentlich – vielleicht) ein Wandel im Denken der Bevölkerung eintritt. Leider war das bislang nicht spürbar. Ein Ausspruch von Kofi Annan bringt es ja klar zum Ausdruck:

https://s20.directupload.net/images/241125/6wzo8oi7.jpg

Nun ist der erste Schritt getan. Nach meiner Einschätzung sowie auch aufgrund der Empfehlungen der „Kontra-Parteien“ der Koalition, beim 2. Wahlgang Georgescu zu wählen, gehe ich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon aus, dass er gewinnt.

Das ist zwar ein wichtiger Schritt, aber nicht alles. Rumänien ist eine Präsidential-Demokratie, wo der Präsident mehr politische Rechte hat als z.B. in Deutschland oder in Österreich. So weit, so gut.

Aber nun ist wichtig, dass die beiden Koalitionsparteien erheblich abgestraft werden, und andere Parteien in das Parlament gelangen. Dafür engagiere ich mich auch persönlich, auch mit meinen Aufrufen (ich habe in facebook zwei politische Gruppen) und versuche, meinen Teil zur Verbesserung des Lebens für viele Teile der Bevölkerung in Rumänien beizutragen.

Ich habe herausgefunden, dass sämtliche großen Parteien, einschl. der Opposition, an der finanziellen Nabelschnur der NATO hängen. Langsam wird vielen Rumänen das Damoklesschwert bewusste, dass über ihnen hängt, wenn sie ihre Männer und Frauen und ihre Söhne und Töchter in den Krieg gegen die Russen schicken sollen. Völlig unbegründet, denn der Russe hat Rumänien niemals attackiert und auch nicht provoziert. Im Gegenteil, Putin war der einzige europäische Staatspräsident, der den Rumänen alles Gute fürs neue Jahr gewünscht hat.

Dass man Georgescu eine Liebschaft mit den Russen unterstellt, ist ein ausgemachter Blödsinn. Seit der deutschstämmige und Leyen-hörige Präsident Johannis am Ruder ist, einschl. der großen Koalition, ist jeder, der sich nicht offen für eine Gegnerschaft betreff Putin ausspricht, automatisch ein Putinfreund. Aber langsam zieht das nicht mehr, die Leute kapieren, was da dran ist. Georgescu beurteilt das Verhältnis, das derzeit zwischen der rumänischen Führung und der russischen Führung besteht, kritisch. Das ist alles.

Ich befürworte eine Führung unter Georgescu, aber ich sehe eine große Gefahr. Entweder, er lässt sich nicht biegen, um sich den Interessen der NATO unterzuordnen, dann lebt er gefährlich. Denn niemand kann sicher sein, nicht einmal gehaidert zu werden. Wenn er sich voll unter dem Programm der NATO unterwirft, dann haben wir nichts in Rumänien gewonnen. Stellt sich die Frage, ob er einen Kompromiss findet und wie der aussehen kann.

Nach meinen Gesprächen in Bukarest vor einigen Wochen mit kompetenten und vor allem informierten Leuten habe ich so manches erfahren, das mir in dieser Deutlichkeit bislang nicht bewusst wurde. Ich habe es unter meinem jüngsten Artikel hier in einem Kommentar zum Ausdruck gebracht (ich wiederhole):

Aber man ist von ausländischer Seite sehr daran interessiert, den Rumänen nur solche Politiker zuzugestehen, die nichts draufhaben und/oder nur Marionetten sind. Was auch insofern schlüssig ist, weil diese sog. "Revolution" 1989 in Rumänien vom Ausland eingefädelt wurde, das ist ja mittlerweile bekannt.

Die Gründe: Rumänien war in der Ceausescu-Zeit autark. Sie hatten ihre eigene Autoindustrie, auch ihre eigenen LKWs, eigene Traktoren, das Land ist im landwirtschaftlichen Bereich unabhängig, genauso wie von der Energie (etwas Öl wird gefördert, hauptsächlich Gas, aber es gibt auch ein funktionierendes Kernkraftwerk, natürlich auch die Wasserkraft).

Ich könnte noch vieles aufzählen. In der Diktatur hat Ceausescu damals (weiß nicht mehr die Jahreszahl) ca. 48 Milliarden $ Auslandskredite aufgenommen, mit denen er die Infrastruktur, die Industrie, Schulen und Krankenhäuser auf Vordermann gebracht hat. Diese Schulden wurden (mit schmerzhaften Folgen für die Bevölkerung in der zweiten Hälfte der 80er Jahre) komplett zurückbezahlt, im Jahre 1989 war Rumänien schuldenfrei.

Man unterstellt den Rumänen, dass sie mit einem geeigneten Führer wieder ihre wirtschaftliche Unabhängigkeit erreichen könnten, und das muss verhindert werden. Derzeit sind die Auslandsschulden Rumäniens auf 186,2 Milliarden Euro angewachsen, und es ist nichts zu erkennen, was mit dem Geld im Land gemacht wurde, was man als Verbesserung bezeichnen kann. Daneben hat man als ersten Schritt nach dem Umsturz sämtliche berufsbildende Schulen abgeschafft, die einen sehr guten Ausbildungsstand hatten. Derjenige, der einen Universitätsabschluss hat und keinen Arbeitsplatz hier findet, geht seit vielen Jahren zusammen mit den ungelernten Arbeitern nach Deutschland zum Bauern als Erntehelfer. So macht man ein Volk kaputt, auf die nächsten Generationen ausgerichtet.

Der Präsidentschaftskandidat Georgescu hat angekündigt, dass er zukünftig vieles, was in dieser Hinsicht im Argen liegt, ändern will. Ich wünsche ihm viel Kraft und ein langes Leben.

Fazit: Schaun ma mal....
 

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