Ohne Frage scheint die Achte sozusagen unter einem günstigen Stern zu stehen: Sie wirkt im klassischen Sinne formal ausgewogener als beispielsweise die Neunte und kommt ohne allzu ausgeprägte „Brucknerismen“ aus (man vergleiche bloß den zwar höchst wirkungsvollen, jedoch relativ konventionellen Adagio-Höhepunkt mit jenen der Siebenten und der Neunten). Dazu vermögen die Themen und Melodien in hohem Maße zu fesseln, während die komplexe tonal-harmonische Anlage des Werkes dem Hörer im Allgemeinen kaum Probleme zu bereiten scheint.
Analytisch ist der Achten dabei schwieriger beizukommen als den meisten ihrer Schwestern, zumal eben die tonal-harmonische Großraumdisposition, meist eine Art Schlüssel zu tieferem Verständnis der Brucknerschen Musik, hier kaum greifbare Anhaltspunkte liefert - dazu ist die Harmonik einfach zu komplex und zu unbändig. Umso wichtiger erscheint sozusagen das lineare Element, über welches sich, begonnen von der Diastematik über Mikromotivik bis zu Metrik und Rhythmik, ein wahres Netz an dichten Bezüglichkeiten ausbreitet.
Die Achte ist in zwei relativ zeitnah entstandenen Fassungen überliefert, von denen in toto unbedingt der zweiten der Vorzug zu geben ist, und zwar aufgrund der in den ersten beiden Sätzen vorgenommenen eindeutigen Verbesserungen. Hingegen bevorzuge ich hinsichtlich der großen beiden letzten Sätze die Erstfassung. Im Adagio ist dort die Steigerungs- bzw Höhepunktsektion noch dramatischer gestaltet, und die Kraft der vielbeschriebenen Themenüberlagerung tritt im Ur-Finale noch wirkungsvoller hervor.
Erstfassung:
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