Sonntag, 20. März 2016

Zwei Nachrufe auf Guido Westerwelle

... sind es wert, gelesen zu werden. Auch, nein: weil sie dem Vorstorbenen durchaus kritisch, und doch pietätvoll begegnen:

Im Antibürokratieteam verabschiedet sich jo@chim mit
Farewell Guido.
In diesen Tagen fällt es schwer, Achtung vor denen zu entwickeln, die auf den Politikbühnen trampeln, taumeln, pöbeln. Guido Westerwelle habe ich immer geachtet. Nein, mehr noch, es gab auch Zeiten, da beeindruckte er mich.
2001, im September, als ich, die brennenden Türme in Manhattan vor Auge, in die FDP eintrat, Flagge zeigen wollte für die offene, freiheitliche Gesellschaft, die über die Jahre auch meine geworden war, hatte Guido Westerwelle gerade den schnarchzapfig-bräsigen Hessen Wolfgang Gerhardt abgelöst. Das erleichterte mir die Entscheidung. Die graue Eminenz der FDP, Hans-Dietrich Genscher, Westerwelles Mentor und Vorbild, hatte im Hintergrund die Fäden gezogen. Es herrschte Aufbruchsstimmung in der Partei. Schon als Generalsekretär hatte Guido die FDP, der die Rolle des mehrheitsbeschaffenden Korrektivs zwischen den Volksparteien ins Logo mit den drei Punkten gemeisselt schien, geöffnet. Als Vorsitzender positionierte er die Parteiliberalen als „unabhängige Alternative zur CDU/CSU und Rotgrün“. 
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Und auf Freitum schreibt Thomasz M. Froehlich seinen sehr persönlichen
Nachruf auf Guido Westerwelle: Ein Kämpfer, der verlor
von Tomasz M. Froelich
Man mag es kaum glauben, aber ich engagierte mich früher mal tatsächlich bei den Jungen Liberalen, denen ich 2005 im zarten Alter von 16 Jahren beitrat. Guido Westerwelle war einer der Gründe für diese Entscheidung. Mir gefiel es, wie er sich für im Volk nicht immer beliebte liberale Ideen stark machte, auch aneckte und es in Kauf nahm, deswegen an Popularität zu verlieren. Niedrigere, einfachere und gerechtere Steuern, Deregulierung, Ent- bürokratisierung: Unvorstellbar, aber das gefiel vielen nicht. Mir schon.
In besonderer Erinnerung blieb mir eine FDP-Wahlveranstaltung im Hamburger Curio-Haus, anno 2009, auf der Westerwelle eine für mich damals beeindruckende Rede hielt, die von linken Aktivisten, die antikapitalistische Parolen brüllten, gestört wurde. Westerwelle reagierte darauf gelassen und souverän und bot den Störern die Gelegenheit, dem anwesenden Publikum mitzuteilen, was sie denn so zu sagen hätten. Problem: Sie verstummten alle irgendwie, erröteten im Gesicht, brachten keinen Murks mehr raus, hatten schlichtweg nichts zu sagen. Die totale Blamage! Entsprechend verließen sie schnurstracks unter großem Gelächter den Saal vorzeitig. Das war stark von Westerwelle!
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Zum Schluß seines Nachrufs zitiert Froehlich den Verstorbenen mit einer Blütenlese seiner besten Aussprüche:
,,Einen menschlichen Kommunismus oder einen demokratischen Sozialismus gibt es ebenso wenig wie einen vegetarischen Schlachthof.” 

,,Meine Politik fördert die Fleißigen, schützt die Schwachen und bestraft die Faulen. Es gibt kein Recht auf staatlich bezahlte Faulheit.” 

,,Wer Deutschland für kapitalistisch hält, der hält auch Kuba für demokratisch.” 

,,Ich habe nicht für die deutsche Einheit gekämpft, damit heute Kommunisten und Sozialisten was zu sagen haben!” 

,,Wenn man in Deutschland schon dafür angegriffen wird, dass derjenige, der arbeitet, mehr haben muss als derjenige, der nicht arbeitet, dann ist das geistiger Sozialismus.” 

,,Mindestlohn ist DDR pur ohne Mauer.” 

,,Die Globalisierung hat weltweite Wertschöpfungsketten geschaffen, dank derer sich hunderte Millionen Menschen aus der Armut befreien konnten.” 

,,Wer dem Volk anstrengungslosen Wohlstand verspricht, lädt zu spätrömischer Dekadenz ein.” 

,,Nur wer still stehen bleibt, tritt keinem auf die Füße.”
Wie wahr ... 

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