Montag, 31. Oktober 2011

Nochmals in memoriam Manfred Gerlach

Aus Anlaß des Ablebens von Manfred Gerlach, dessen nicht völlig abschätzig zu gedenken mich vor einigen Tagen diverser Kritik meiner Leser aussetzte (was ich bei Ex-DDR-Bürgern durchaus nachvollziehen kann, aber nicht unbedingt teile), möchte ich auf ein ca. einstündiges Interview in der Serie »Zeugen des Jahrhunderts« hinweisen, das meines Erachtens sehr viel über die komplexe Lage eines »Mittätigen, aber zunehmend innerlich Entfremdeten« (so könnte man Manfred Gerlach wohl, wenigstens ab den späten 1970er-Jahren, charakterisieren) verrät.

In jedem Fall ist das, was aus der Perspektive der zweiten (oder dritten) Reihe geschildert wird, oft aufschlußreicher, als das »offizielle« Bild, das damals wie heute »von der Parteien Haß und Gunst verzerrt« in der Geschichte schwankt, bis es irgendwann, sobald die Siegerseite einigermaßen festzustehen scheint, kanonisiert und festgezurrt wird. Der Ex-ZDF-Journalist Dr. Werner Brüssau interviewt den Ex-Staatsratsvorsitzenden Prof. Dr. Manfred Gerlach mit erkennbar vorsichtiger, nicht voreingenommener Sympathie. Und genau so sollte meines Erachtens ein Zeitzeugeninterview auch sein, das den Zuseher nicht bloß informiert, sondern ihm auch Platz läßt für eigene Beurteilungen — kein Tribunal und keine Panegyrik ...



Das leichte (oder schwere? Ich bin da freilich kein Experte) »Sächseln« von Gerlach gibt dem auswärtigen Zuseher zugleich ein authetisches (also so circa »oudändisch« ausgesprochenes) Hörerlebnis der untergegangenen »Gänsefleischrepublik«, welches, wenigstens mir, durchaus Vergnügen bereitete, und mich erst so richtig einen Einfall des von mir hochgeschätzten Schriftstellers Herbert Rosendorfer, nämlich Wagners »Ring« als Sprech-Schauspiel in sächsisch gefärbter Aussprache auf die Bühne zu bringen, würdigen läßt.

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