Donnerstag, 19. Dezember 2024

Erinnerungen an die 1920er-Jahre in Österreich

von Deliberator  Austriacus 
 
 
Wer aus Österreich der jüngste Abstimmung im Landtag von Sachsen-Anhalt mitverfolgt hat (das werden, zugegeben, nicht allzu viele gewesen sein), fühlte sich an das vor hundert Jahren in Österreich geltende Kriegswirtschaftliche Ermächtigungsgesetz vom Juli 1917 erinnert, welches in der Geschichte der Ersten Republik später höchst unselige Wirkungen entfalten sollte. Vielleicht wird auch das aktuelle Gesetz in Sachsen-Anhalt, das möglicherweise einem ähnlichen Gesetz auf Bundesebene als Vorbild dienen soll, eine Wirkung entfalten, die sich derzeit kaum jemand vorstellen mag. Das schreibt D-Marker im Gelben Forum:

Gerade in Sachsen-Anhalt beschlossen.

Zitat:

"18.12.2024 11:15 Uhr

Sachsen-Anhalt stellt wegen Finanzengpässen die "Corona-Notlage" für 2025 fest

Ja, vollkommen richtig gelesen, ein Artikel des MDR vom 17. Dezember informiert todernst und nicht als Satirebeitrag deklariert:

"Auch für das Jahr 2025 hat der Landtag eine akute Notlage aufgrund der Corona-Pandemie in Sachsen-Anhalt festgestellt. Ein entsprechender Antrag des Landtages ist am Dienstag von einer Mehrheit der Abgeordneten angenommen worden."

Die Gründe finden sich jedoch – beruhigend – nicht in einer rein lokalspezifischen "Killer-variante" (Lauterbach im April 2022), ausgehend von einer wütenden "Corona-Mutante", sondern in den leeren Staatskassen im "Palais am Fürstenwall" in Magdeburg.

Weiter heißt es zu dem mehr als fraglichen Notlage-Umbuchungstrick der Landtags-abgeordneten unter CDU-Ministerpräsident Reiner Haseloff:

"Die Feststellung der Notlage ist notwendig, damit das Land weiterhin auf Gelder aus dem Corona-Sondervermögen zugreifen kann und aufgenommene Kredite nicht tilgen muss, solange die Notlage besteht."

Trotz "deutlicher Kritik" aus der Opposition zum politischen Taschenspielertrick des Jahres, dass man sich im kommenden Jahr erneut auf eine "akute Notlage durch die Corona-Pandemie" berufen möchte, stimmte die Mehrheit des Parlaments unbeeindruckt für den gewagten Beschluss.

Damit können nun für die sachsen-anhaltinischen Bürger und Bürgerinnen die Gelder aus dem insgesamt knapp zwei Milliarden Euro schweren Sondervermögen weiterhin genutzt werden. Die finanzpolitische Sprecherin der Partei Die Linke, Kristin Heiß, erkennt eine "Notlüge" und stellte fest:

"Nach Notlage fühlt sich diese Vorweihnachtszeit nicht an. Das kann man den Menschen auf den Weihnachtsmärkten kaum vermitteln."

Der AfD-Abgeordnete Jan Moldenhauer erklärte im Landtag, dass seine Fraktion die erneute Feststellung einer Corona-Notlage ablehnen werde. Sie diene bloß dazu, "die Schuldenbremse auszuhebeln, weil sich die Landesregierung nicht in der Lage sehe, Kernaufgaben des Landes auch aus dem Kernhaushalt zu finanzieren".

Final: Die Opposition, "aus der Grüne und AfD die Feststellung einer Notlage ablehnten und die Linke sich enthielt", wurde laut dem MDR von der Koalition aus CDU, SPD und FDP letztlich überstimmt.

Ob und welche Folgen die "Corona-Notlage" für die Menschen in Sachsen-Anhalt im Jahr 2025 bedeuten, sind vorerst unbekannt.

Ein MDR-Leser kommentierte:

"Ich meine, man MUSS 2025 eine Maskenpflicht in Sachsen-Anhalt einführen, um wenigstens den Anschein einer Notlage zu erwecken. - Wenn man schon prophetisch zukünftige biologische Tatsachen beschließen kann, dann freu ich mich, dass kein Vulkanausbruch, Sintflut... beschlossen wurde."

(Quelle)

Auch Hitler hat bekanntlich mit einem Ermächtigungsgesetz angefangen. Das ist noch keine hundert Jahre her. Und es fragt sich, ob wir auf eine Wiederholung bis zum Centenar-Jubiläum werden warten müssen.


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