Freitag, 24. Januar 2014

Eine lesenswerte Stellungnahme zu den ominösen »Unwörtern«

... stammt vom deutschen Philosophen Christoph Zimmer, von dem übrigens eine interessante, intellektuell höchst anspruchsvolle Text-Sammlung im Internet verfügbar ist (sie steht auch unter der Gruppe »Philosophen« in der Linkliste dieses Blogs):
Jedes Jahr muten uns Sprachwissenschaftler aus Darmstadt, Oberlehrer im Kampf gegen “sachlich unangemessene oder inhumane Formulierungen”, “Vermittler öffent-lichen Unbehagens an bestimmten Sprachgebrauchsweisen”, Apostel der “Menschen-würde” und “Demokratie”, als Ergebnis beispielloser sprachwissenschaftlicher Forschung neue “Unwörter” zu, welche angeblich “einzelne gesellschaftliche Gruppen diskriminieren”, “diffamieren”, “euphemistisch, verschleiernd oder gar irreführend” (1) wären. Ein Wort aber, selbst ein Unwort tut nichts. Es steht im Text nur da (als type oder token). Es kann nicht diskriminieren, diffamieren, beim besten Willen nicht, das können nur Menschen. Soviel zumindest scheint von den Sprachwissenschaftlern wohl nicht mehr zu erwarten zu sein.

Das Wörterbuch der Unwörter, das die Kapos der politische Korrektheit führen, umfaßt inzwischen eine unglaubliche Menge verurteilter Lemmata. Aus diesen Unwörtern, also aus bloßen Wörtern, geben diese Sprachwissenschaftler vor, Wissen über jene zu erschließen, die diese Wörter verwenden. Wenn Hans ein Unwort spricht, wissen sie praktisch alles über Hans. Denn Sprecher von Unwörtern “entlarven sich (ihre Haltung, ihre Weltsicht)”. Ein Wort, eine Haltung und eine ganze Weltsicht. Diese Sprachwissenschaft weitet sich bis ins Kosmologische. Desto mehr fühlen sich ihre gendergleichgeschalteten (2) Vertreter berufen, Maßstäbe zu setzen, zu “rügen”. Abwürgen freien Sprachgebrauchs, Indizieren “falschen” Sprechens, Verhetzen jener, die sich “mit kritikwürdigen Intentionen” unliebsamen Ausdrucks bedienen, erwächst totalitärem Impetus.

Und die Presse — unterwürfige Journalisten wirken unentwegt als Sprachhilfspolizei an entscheidender Stelle diensteifrig mit, auf ihre Pressefreiheit pfeifend, statt dafür einzustehen, daß jeder sagen kann, was er will — schämt sich nicht, der Schande primitiver Sprachbeschränkung Wort und Stimme zu sein. Sprache jedoch ist frei, samt all ihrer Wörter. Ausgrenzung sogenannter Unwörter ist nichts anderes als rüde Unterdrückung eigener Sprache freien Gebrauchs. Das ist inhuman, weil auf das Wesentliche des Menschen eingeschlagen wird, sich sprachlich frei zu äußern.

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(1) http://www.unwortdesjahres.net/.
(2) “SprachwissenschaftlerInnen”, “UnterstützerInnen”, ebd.
Klang das für manche jetzt zu hochgestochen? Mag auf den ersten Blick sein. Aber es ändert nichts an der Berechtigung des Befundes — und außerdem ist intellektueller Bescheidenheitsgestus nicht das Mittel der Wahl, wenn man hohles PC-Geschwurbel enttarnen will!

Auf einen groben Klotz gehört ein grober Keil, das wissen wir doch — und demnach gehört auf semantische Feinbügeleien aus den Pressekaderschmieden irgendwelcher Sprach- & Denkverbots-Akademien eine Replik vom Kothurn geistiger Überlegenheit herab. Die der Philosoph Zimmer freilich mit Leichtigkeit zu präsentieren vermag ...

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