Montag, 23. September 2013

Manche fragen sich vielleicht

»Warum beschäftigt sich eigentlich gerade ein Österreicher so sehr mit der deutschen Bundestagswahl?«

Nun, vorwiegend aus dem von Blog-Kollegin Nattl in ihrem letztwöchigen Artikel »Nattls Wahlfibel: Der Operettenstaat« genanntem Grund:
Ehrlich gesagt ist es für die Geschicke dieses Landes vollkommen unerheblich, wer die Mehrheit im Nationalrat hat und aus welchen Parteien sich die Bundesregierung zusammensetzt. Die wirtschaftliche und politische Zukunft Österreichs wird nicht am 29.September entschieden, sondern bereits am 22. September. An diesem Tag findet in der Bundesrepublik Deutschland die Bundestagswahl statt. Und die Zukunft der europäischen Union, sowohl wirtschaftlich als auch politisch, hängt davon ab, wie stark Angela Merkel aus dieser Wahl hervorgeht. Ob der österreichische Bundeskanzler Faymann, Spindelegger oder Strache heißt, ist dabei vollkommen unerheblich (gut beim letzten könnte es wieder Sanktionen geben).

Wir leisten uns den Luxus eines Nationalrats und einer Bundesregierung, weil wir uns dadurch besser fühlen und glauben, durch unser Kreuzerl eine Änderung bewirken zu können. Eine Operettenregierung für einen Operettenstaat. Letztendlich entscheiden wir nur, welche Interessensgruppen sich in den kommenden fünf Jahren an den Früchten unserer Arbeit und Ressourcen gütlich tun dürfen. Die Musik spielt aber woanders.

Wen also wählen? Ehrlich gesagt, wählen Sie in bester Prolokratie-Manier denjenigen, von dem Sie sich am meisten eigene Vorteile erwarten dürfen. Wenn dies die SPÖ ist, dann wählen Sie SPÖ, wenns die ÖVP, die FPÖ, die Grünen, NEOS, BZÖ oder Team Stronach sind, dann eben die. Letztendlich macht es keinen Unterschied. Die vielbeschworene Änderung in der österreichischen Politik wird nicht von innen kommen. Wie viele Male zuvor in der österreichischen Geschichte wird der Umbruch von außen kommen. Ob auf die harte oder sanfte Tour sei dahingestellt. Und bis dahin spielen wir Operette.
Irgendwie deprimierend. Und nicht eben sehr schmeichelhaft für uns Ösis. Aber wahr.

6 Kommentare:

quer hat gesagt…

Stimmt schon: Nachdem Österreich die weit überwiegende Zeit seiner Existenz Teil des gemeinsamen Reiches war, kann ich mich nicht dagegen wehren, es irgendwie als deutsch zu sehen und wahrzunehmen. Österreich ist "Nation" im gleichen Maße, wie auch Sachsen oder Bayern. Ich bitte um Nachsicht....

Le Penseur hat gesagt…

Naja, lieber »quer«,

... a bisserl mehr »Nation« samma doch, als die Bayern und Sachsen.

Die Zeit ab 1866, als auch der deutsche (und tschechische und slowenische) Teil Österreichs aus dem Deutschen Bund ausgeschieden war, ist halt eine Tatsache, die Bayernund Sachsen so nie hatten.

quer hat gesagt…

@ Le Penseur,

aber bitteschön nicht vergessen, daß 62 Jahre später den Österreichern durch Dritte untersagt wurde, den Wunsch und Gedanken an eine Wiedervereinigung weiter zu verfolgen.

Spätestens 1918 war Schluß mit der Selbstbestimmung aller Deutschen. Ist so geblieben. Bis heute.

Es gibt weltweit keine weitere Nation, die sich so auseinanderdividieren läßt und lies. Ein eigenartiger Masochismus, welcher offenbar Wohlfühlfaktoren auslöst.

Schauen's nur mal auf die Allemannen. Die teilen sich gleich in 5 (!!) Nationen. Wenn das mal kein Vorbild ist.

quer hat gesagt…

PS @ Le Penseur,

um auf Ihre Eingangsfrage einzugehen: Falls Sie zwischen März '38 und 7.5.45 in A geboren wurden, haben Sie nicht nur jederzeit das Recht auf einen deutschen Paß, sondern auch jede Berechtigung, als geborener Deutscher sich mit allen Belangen Deutschlands - wie auch immer - auseinanderzusetzen. Eine Mitspracheberechtigung sozusagen.

Eben diese Mitspracheberechtigung ist allen anderen Ausländern völkerrechtlich versagt.

Le Penseur hat gesagt…

@quer:

Zwar bin ich nun wirklich nicht mehr jung zu nennen — aber so alt, daß ich zwischen 38 und 45 geboren wäre, bin ich, Gott sei Dank, auch wieder nicht ...

quer hat gesagt…

Lieber Le Penseur,

soll ich Sie ob Ihres "Gott sei Dank" beneiden? Ich würde es glatt tun, wenn da nicht käme, was ich begründet erwarte/befürchte. Mit etwas Glück schramme ich in zehn bis fünfzehn Jahren gerade mal daran vorbei.

Wappnen Sie sich und beginnen eine herzliche innige Freundschaft mit der CH..... Sie werden mir dankbar sein.