Freitag, 15. Dezember 2023

Wilhelm Franz Speer

von LePenseur
 
 
Dieser Name wird den Lesern dieses Blogs höchstwahrscheinlich ebensowenig sagen wie mir bis vor wenigen Tagen, als ich eher zufällig darüber "stolperte", daß dieser Wilhelm Franz Speer, im Sudetenland im Königreich Böhmen geborener, aber vorwiegend in Ungarn tätiger Komponist, Organist und Chordirigent, am 15. Dezember 1898, also heute vor 125 Jahren, zu Zara im Königreich Dalmatien verstorben ist. Die Wikipedia zeichnet sich bei seinem Artikel durch besondere historisch-geographisch Inkompetenz aus: warum ist ein in Friedland in Böhmen Geborener ein "deutscher" Komponist ... und die Stadt Zara befand sich damals wie heute nicht in Ungarn aber, was soll's!
 
Von LePenseurs "musikarchäologischen" Interessen genervte Leser werden sich jetzt fragen: muß man den kennen? Nein, muß man nicht. Ein Kleinmeister – aber zugleich ein gutes Beispiel, daß selbst in der "tiefen Provinz", zu der Temesvar musikalisch wohl gerechnet werden kann, zu jenen Zeiten kleine, achtenswerte Talente tätig waren, die sich redlich bemühten, auch mit bescheidenen Mitteln Werke zu schaffen, die zwar nicht aere perennius die Jahrhunderte überdauern werden, doch auch von uns mit Interesse und Gewinn heute noch angehört werden können, wie z.B. Speers Hauptwerk, das 1881 vollendete biblische Oratorium "Die Könige in Israel":



Kein himmelstürmendes Meisterwerk, aber handwerklich perfekte, solide Arbeit eines Kirchenmusikers – die, wenn man sie mit dem vergleicht, was zu heutigen Zeiten an peinlichem Geklampfe zur Untermalung von Gottesdiensten geboten wird, in fast schwindelerregende Nähe zu Oratorien und Orchestermessen der Spätklassik oder frühen Romantik rückt. Mit Oratorien von Händel (z.B. "Israel in Egypt") oder auch von Mendelssohn (z.B. "Elias") nicht ernstlich vergleichbar – und dennoch: es ist schön zu erfahren, daß im 19. Jhd. im Osten Ungarns ein Kirchenmusiker sich daranmachte, die Könige in Israel in Musik zu setzen ...

10 Kommentare:

Franz Lechner hat gesagt…

Cher Penseur, was soll man sonst sein, wenn man in Friedland/B geboren wurde? Etwa ein Tscheche? Oder kaprizieren Sie sich so auf das Österreichertum, eine Kleinlichkeit, die man von Ihnen nicht gewohnt wäre und die auch historisch letztlich nicht standhält. Die Bewohner Friedlands wurden nicht einmal 50 Jahre nach Speers Tod in den überwiegenden Fällen als Deutsche und nicht als Österreicher vertrieben. Und die Republik Österreich wusste auch nichts Besseres, als die Vertriebenen als "Deutsche" und nicht als Altösterreicher anzusehen und nach Deutschland abzuschieben. Sehr viel moralisches Recht haben wir also nicht zur nationalen Vereinnahmung. Königreich Ungarn ist natürlich wirklich ein Blödsinn.
Das Stück selber... Ohne Frage haben die Cäcilianer damit ihre Freude gehabt. Man kann hier den größten letzten Meister der kirchlichen Musik zitieren, die Rede ist natürlich von Anton Bruckner: Kirchlich ist 's erst dann, wenn ihnen nichts einfällt.

Le Penseur hat gesagt…

Geschätzter Herr Collega,

naja, dazumal waren die Sudeten"deutschen" doch mentalitätsmäßig eher "Österreicher" und mit den angrenzenden Sachsen bzw. Schlesiern bestenfalls über rege Schmuggelbeziehungen freundschaftlich verbunden. Ihre Kritik am Vorgehen österreichischer Behörden nach 1945, hier m.o.w. Nazi-Ideologie zu exekutieren und aus "Altösterreichern" einfach "Volksdeutsche" zu machen, teile ich natürlich. Das hat aber wohl keine Rückwirkungskraft ins 19. Jahrhundert.

Bruckners Bemerkung über den Cäcilianismus kannte ich nicht, trifft aber nur zu oft ins Schwarze. Im Fall dieses konkreten Oratoriums aber fände ich dieses Verdikt doch etwas zu hart. Es ist sicher kein himmelstürmendes Meisterwerk, aber verglichen mit den kirchenmusikalischen Totalschäden, die uns seit der Liturgiereform des V2 fast überall verfolgen - ich wäre schon glücklich, wenn wenigstens das Niveau eines W.F. Speer auch nur annähernd erreicht würde ...

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P.S.: schön, daß Sie sich an "Musik-Artikeln" beteiligen. Sonst hat man ja das Gefühl, die sind ganz für die Katz' ...

Le Penseur hat gesagt…

P.P.S.: und was die "Altösterreicher" betrifft: es gab Ausnahmen in der Behandlung! So erinnere ich mich an einen früheren niederösterreichischen Landeshauptmann (für mitleśende Piefkes: "Ministerpräsident"), der aus Mähren stammte und nach der Kriegsgefangenschaft nach Österreich ging und weiß Gott nicht der schlechteste war, der dem Land nach 1945 vorstand (trotz ungeklärter WBO-Fragen, ich weiß ...). Dies besonders wenn ich mir seine bisherigen zwei Amtsnachfolger vor Augen halte ...

Deliberator Austriacus hat gesagt…

@Franz Lechner:

Diesen (deutsch)böhmischen Komponisten als "Deutschen" zu bezeichnen ist zwar nicht ganz so krass, aber fällt irgendwie doch in die Kategorie: "Augustinus war ein algerischer Theologe ..."

Franz Lechner hat gesagt…

Na ja, dprt im Norden redeten sie schon sächsicsch oder schlesischen Dialekt. Zu LH Ludwig: nun ja, der stammte aus Wostitz in Südmähren, das mentalitätsmäßig natürlich schon dem Weinviertel entsprach, aber genau das war im Norden nicht der Fall, wo die Wiener Behörden die lokale Dialekte mitunter nicht verstanden. Die verbliebenen Deutschen in der Friedländer Gegend fühlen sich nicht als Österreicher und reden auch nicht so, sondern eher sächsisch (schlesisch kennt man ja nicht mehr).
Das ist ja jetzt wirklich kein Thema, aber ich meine, beanstanden muss man das nicht unbedingt. Hier sollten wir nicht übertrieben kleinlich sein. Schließlich heißt "deutsch" nicht "heutig bundesrepublikanisch."

Deliberator:
Aha. Und wie ist 's mit dem "österreichischen Genie Mozart"?

Anonym hat gesagt…

"aber verglichen mit den kirchenmusikalischen Totalschäden, die uns seit der Liturgiereform des V2 fast überall verfolgen"

,,, cher Penseur, bitte bleiben Sie sachlich! Natürlich hat der wackere WF Speer nichts mit derlei blasphemischen Unrat zu tun.

Anonym hat gesagt…

@ Franz Lechner: Zustimmung, und ansonsten drängt sich die Frage "wem gut?" auf.
Um einen bolschewistischen Gänsesänger zu zitieren:
Uns're Herr'n, wer sie auch seien / sehen uns're Zwietracht gern / denn solang' sie uns entzweien / bleiben sie doch uns're Herr'n ...

Anonym hat gesagt…

Ich bin dankbar, dass der geschätzte Le Penseur nur aus der Amtskirche ausgetreten ist, aber nach wie vor der überlieferten Lehre treu anhängt. Und sich hier zu meiner großen Freude sogar als Anhänger der Piusbrüder er erkennen gibt. Chapeau!!

Le Penseur hat gesagt…

Cher (chère?) Anonym,

Ich bin dankbar, dass der geschätzte Le Penseur nur aus der Amtskirche ausgetreten ist, aber nach wie vor der überlieferten Lehre treu anhängt

Da muß ich Sie leider (d.h.: leider nur für Sie, für mich: Gott sei Dank!) enttäuschen: die überlieferte Lehre der RKK ist mir, jedenfalls für einen Nicht-Theologen, bemerkenswerswert gut bekannt - was aber nicht heißt, daß ich ihr treu anhänge. Wird Sie möglichweise schockieren, kann ich aber auch nicht ändern.

Und sich hier zu meiner großen Freude sogar als Anhänger der Piusbrüder er erkennen gibt

Ähmmmm ... wie kommen Sie auf so einen Unsinn? Richtig ist, daß mir Piusbrüder, die sich nicht das Rückgrat verbiegen lassen, deutlich sympatischer sind als servile V2-Amtskirchler, aber das heißt keineswegs, daß ich ihre Lehren glaube oder gar aktiv vertrete.

P.S.: den Hut dürfen Sie wieder aufsetzen, falls er Ihnen weggeflogen ist ... ;-)

K. hat gesagt…

>> "Und sich hier zu meiner großen Freude sogar als Anhänger der Piusbrüder er erkennen gibt"
... daß mir Piusbrüder, die sich nicht das Rückgrat verbiegen lassen, deutlich sympatischer sind als servile V2-Amtskirchler, aber das heißt keineswegs, daß ich ihre Lehren glaube oder gar aktiv vertrete. <<

Eher war ich eine Zeit lang ihr Anhänger, bis, ja, bis mir eines ihrer Monatshefte in die Hände fiel, wo sie auf widerliche Weise die Juden - die Christusmörder! - verherrlichten. Da begriff ich, daß das Christentum ingesammt der "Lindwurm" ist, der den Kulturraum "Europa" von innen zerstört. Unter den transmontanen Zerstörern sind die Piusbrüder nur die am wenigsten schlimmen.
In Polen konnte ich die VERRÄTERRISCHEN Handlungen der dortigen katholischen Kirche bestens beobachten. Sie tat schon vor Franziskus alles, um den heutigen Vertretern des "Auserwählten Volkes" (des bösartigen Stammesgottes Jahwe!") zu willfahren. Sie ist schon lange KEINE moralische Bastion gegen dieses "Element der Dekomposition" (Mommsen), sondern - die Schuhküsserei des Franziskus belegt es! - williger Erfüllungsgehilfe.