Mittwoch, 13. Dezember 2006

Warme Luft

In der Wiener Tageszeitung »Die Presse« darf ein gewisser E. Michael Braun über den Klimawandel philosophieren. Weise Sätze (»Um die Umwelt wieder ins richtige Lot zu bringen, wären wir aber gezwungen, unsere Lebensgewohnheiten radikal zu verändern«) wechseln mit nostalgisch-resignativer Erinnerung an jene heilen Zeiten der 68er-Generation, als das Establishment zwar böse war, die Guten – m.a.W. die Linken – jedoch genau wußten, wie man sie besser machen könnte. Doch heute? »Der Anspruch auf Gleichberechtigung gehört zwar noch zu den grundsätzlichen Forderungen linker Bewegungen, aber an deren praktischer Umsetzung hat man längst aufgegeben zu arbeiten« – Ach, wie schade, kann man da nur sagen ...

Nun, welche Rezepte bietet uns Herr Braun? »Zu Rettung des Klimas müssten die Armen ihre Forderung nach Wirtschaftswachstum aufgeben, und die Reichen müssten sich von ihrer Mobilität verabschieden. Beide Schichten wären gezwungen, ihre Ernährung umzustellen und mit einem völlig neuen Umweltbewusstsein zu leben beginnen. Daran denken weder die Armen und schon gar nicht die Reichen.« Das ist in der Tat scharfsinnig erkannt! Es würde nämlich schlicht und einfach nicht funktionieren. Aber das braucht es ohnehin nicht, denn: »Es ist ein Viertel nach zwölf, und mit jeder Stunde, in der wir nicht an der Klimawunde arbeiten, sinkt die Chance, unsere Erde zu heilen«! Was immer man heilen wollte, »ein Viertel nach zwölf« dürfte jedenfalls schon zu spät sein.

Noch kurz ein Wort zum klimatologischen Inhalt des Artikels (er ist eigentlich nicht der Rede wert): »Am 9. Oktober 2006 hat die Weltbevölkerung ein Viertel ihres ökologischen Guthabens verbraucht. Das wächst auch nicht mehr nach. Schon jetzt hat der anhaltende Ausstoß an Kohlendioxid 25 Prozent der Erdhaut verbrannt.« Na, Donnerwetter! Diese Aussage muß man sich auf der Zunge zergehen lassen.

Ein Leserbriefschreiber hat darauf die prinzipiell durchaus richtige Antwort gefunden: daß nämlich die Überbevölkerung der Erde an all dem Schuld hätte. Man müßte eben einfach die Weltbevölkerung wieder auf den Stand des Jahres 1900 zurückbringen. Goldene Worte – nur wie macht man das, außer durch einen großflächig angelegten Atomkrieg (wenn der außer noch viel nachhaltigeren Umweltschäden, als sie die Überbevölkerung je verursacht hat, überhaupt so viele Menschenleben fordern sollte)? Die Menschheit zu zwei Drittel zum Selbstmord zu bewegen, wird vermutlich nicht leicht sein ...

Aber Kopf hoch: www.climatecrisis.net weiß, wie man's wieder hinbiegt! Und auch unsere Jugend kümmert sich um das Problem. Wenigstens die von www.caretaker.cc – also nicht verzagen. Die Situation ist hoffnungslos, aber nicht ernst (oder war das umgekehrt?) ...