Freitag, 11. November 2011

Nachrichten aus Zettels Paralleluniversum

Ein durchaus lesenswerter, aber manchmal hart an der Grenze der Realsatire schrammener Artikel auf Zettels Raum: »Europas Krise (4): Der Niedergang des Abendlandes. Ende einer Epoche. Und jetzt?«.

Vorab: in vielem, sogar dem meisten ist Zettel durchaus zuzustimmen. Ja, das abendländische Europa steigt ab, weil es einfach zu saturiert und faul geworden ist, und weil immer mehr nichtabendländische Bevölkerungsteile es (zunächst) langsam, aber sicher (immer schneller) umvolken werden: zu einem üblen Gemisch aus wohlstandsverwahrlosten Eingeborenen und sozialschmarotzenden Zuwanderern. Bis es irgendwann in Armut versinkt und dann halt doch untergeht wie die Titanic. Langsamer, zugegeben — aber nicht angenehmer ...

Doch ein paar Dinge sind einfach fast bis zur Absurdität verzeichnet — etwa, wenn Zettel schreibt:
Eine deutsche Kanzlerin, welche die Interessen Europas über diejenigen Deutschlands stellen würde, müßte sich fragen lassen, wie sie es denn mit ihrem Amtseid hält.
Sie »müßte« nicht, sie muß es! Denn sie stellt Europas Interessen — oder, präziser gesagt: die Interessen der EUdSSR-Nomenklatura — über diejenigen Deutschlands. Seit Jahr und Tag, und, wie sie so gerne sagt: alternativlos!

Ebenso liegt Zettel völlig daneben, wenn er das offensichtliche Scheitern der europäischen »Integration« (welch Euphemismus für Brüsseler Regulierungswut und Bürokratenherrschaft!) mit angeblichen historischen Vorbildern vergleicht:
Ein europäischer Staat aus 27 (bald vielleicht noch ein paar mehr; Serbien beispielsweise scharrt mit den Hufen) Bundesstaaten wäre ein Monstrum geworden. Nicht fähig zum Überleben; erstickend an einer Bürokratie, die aber andererseits allein in der Lage gewesen wäre, dieses Wahnsinnsgebilde zusammenzuhalten. So, wie das Zarenreich, das Habsburger Reich, das Reich der Ottomanen, allein durch Bürokraten und Militärs zusammengehalten wurden
Nein, alle drei wurden zwar auch, aber eben bei weitem nicht allein durch Bürokraten und Militärs zusammengehalten!

Bei den Ottomanen und im Zarenreich war es mindestens ebenso das religiöse Selbstverständnis einer Staatsreligion — der Großsultan war eben gleichzeit auch der Kalif, der Zar aller Reußen Oberhaupt der Russisch-Orthodoxen Kirche. Im (weitgehend katholischen) Habsburgerreich war dieser Gedanke durch die prinzipielle Überstaatlichkeit der Römisch-Katholischen Kirche sicherlich nur gebremst wirksam (wiewohl die staatskirchlichen Traditionen des Josephinismus' durchaus in dieselbe Richtung gingen). Andererseits war dem Zaren- wie dem Habsburgerreich eine starke, fast »zivilreligiöse« dynastische Bindung der Bevölkerung an ihr Herrscherhaus eigen. In meiner Jugend war mir aus dem Mund älterer Menschen die Bezugnahme auf »den Kaiser« (gemeint stets: Kaiser Franz Joseph) absolut vertraut — und da waren damals doch schon einige Jahrzehnte inklusive zweier Weltkriege dazwischen ...

All dies fehlt im heutigen Europa. Angesichts der chaotischen, von gierigen Lobbyisten und skrupellosen Verbänden (Gewerkschaften, Konzernvertretern & Co.) völlig, geradezu planmäßig deformierten Rechtsordnung dieses Staatenbund-Bundesstaat-Wechselbalges »EU« ist sogar so etwas wie ein »Verfassungspatriotismus« (und das wäre ja nun schon die schwächste Form eines ideellen Zusammenhalts!) völlig unmöglich. Worauf sollte man angesichts dieses Misthaufens denn stolz sein?!

Daß die EU in der heutigen Form inzwischen ein Auslaufmodell ist, liegt an der mittlerweile offenkundigen Unfinanzierbarkeit ihrer Utopien. Und daran, daß Bürokratie allein noch kein Gebilde auf Dauer zusammenhalten konnte. Es werden freilich noch einige harte Jahre (wenn wir Pech haben: Jahrzehnte) ins Land ziehen, bevor das Brüsseler Bürokratiemonster endlich erschlagen ist — denn Bürokratien haben ein zähes Leben, wenn nicht gar, wie die Katzen, neun ...

1 Kommentar:

Rayson hat gesagt…

Bin zwar kein Historiker, aber das religiöse Selbstverständnis dürfte in den Riesenreichen nicht allzu viel zum Zusammenhalt beigetragen haben, denn das gab es in denen doch nur im Kern, während das ganze eroberte Gebiet oft in seinem "Aberglauben" verharrte.

Meines Erachtens hielten sich die Riesenreiche deswegen lange, weil sie im Grunde Feudalreiche waren. Und da kommt es dann vor allem auf die Fürsten an, wem sie ihre Loyalität schenken. Das normale Volk war da eh außen vor.

Das ist seit dem historischen allgemeinen Sieg der Nationalstaaten (wahrscheinlich zu datieren auf das Ende des WK I, in dem Österreich-Ungarn beerdigt und Polen wieder ins Leben gerufen wurde) anders. Erst jetzt kommen Religion und andere kulturelle Aspekte zum Tragen. Bis heute.

Was dann letztlich auch bedeutet, dass ich in meiner Kritik ganz bei dir bin.