Freitag, 27. April 2012

Die Neidgenossen

... sind lernresistent. Obwohl die Erfahrung mit der in Großbritannien durch die Labour-Regierung Brown eingeführte »Reichensteuer« ein Schlag ins Wasser war (nicht einmal die bewußt niedrig budgetierte 1 Milliarde Pfund — von 596 Mrd. Steueraufkommen — kam herein!), ergab eine Umfrage des linken (»liberalen«) »Guardian« ergab, daß 79,5 % für den Erhalt der Steuer sind. Abschaffen wollen die derzeitige Spitzensteuer nur 21 %. Wohl in Kenntnis dieser Umfrage erklärte Labourführer Ed Miliband in einem BBC-Interview, er würde als Premierminister die „50p Tax Rate“ wieder einführen, auch wenn er damit die Staatsfinanzen nicht sanieren könnte. Schlagender kann der sozialistische Reflex »eat the rich« nicht demonstriert werden! »Wir nehmen Leuten was weg, weil wir es ihnen neidig sind«, lautet die Devise.

Was diesseits des Ärmelkanals in Gestalt Hollandes auf uns wirtschaftspolitisch zukommt, ist zwar Aberwitz (weniger arbeiten, früher in Pension gehen, Lohnnebenkosten erhöhen, um den Aufschwung herbeizuführen — was nimmt Hollande ein, um sowas zu glauben?!), aber es entbehrt doch irgendwie der dadaistisch-destruktiven Nuance, eine Steuer, die durch Vermeidungs- und Standorteffekte zu weniger Einnahmen führt und deshalb geringfügig entschärft werden soll, in alter Höhe wieder einführen zu wollen.

Mein seliger Vater — ich zitierte ihn auf diesem Blog schon mehrfach, aber selten begründeter als heute — pflegte einst zu sagen: »Man muß nicht unbedingt ein Volltrottel sein, um die Sozis zu wählen, aber es erleichtert's einem beträchtlich!« Angesichts obiger Steuerpläne neige ich dazu (bei aller Pietät gegenüber Zitaten meines Erzeugers), dahingehend umzuformulieren, daß man offenbar doch ein Volltrottel sein muß, um die Sozen zu wählen. Den Debilitätsgrad festzustellen, ab dem man bei den Sozen dann sogar bereit ist, aktives Mitglied zu werden, kann man sich demgemäß auszumalen. Die bittere Realität — auf jedem Gewerkschaftskongreß zu besichtigen — sieht etwa so aus:

Donnerstag, 26. April 2012

Am 26. April 1872

... also heute vor 140 Jahren, wurde der deutsche Essayist und Romanist Josef Hofmiller geboren. Auch einer derer, die in der allgemeinen Kultur- und Traditionsvergessenheit nach 1945 (und 1968) ins Dunkel der Geschichte abgedrängt wurden. Es war einfach unmodern, sich mit einem der bedeutendsten Literaturkritiker der Zeit zwischen 1900 und den 20er-Jahren zu beschäftigen. Dabei war Hofmiller ja nicht einmal ein »Nazi«, sondern einfach ein in vielen Sprachen, vorzugsweise den romanischen, ungemein belesener und für alle Zeitströmungen hellwach empfänglicher — doch eben kein unkritisch »fortschrittlicher« Geist. Und das ist eigentlich Grund genug, ihn auf diesem Blog kurz in Erinnerung zu rufen.

Die biographischen Daten sind schnell erwähnt: geboren am 26. April 1872 in Kranzegg im Allgäu, gestorben am 11. Oktober 1933 in Rosenheim, hauptberuflich Gymnasialllehrer in Freising, München und Rosenheim; eine angetragene Berufung nach Köln als Professor für Romanistik lehnte er ab, und auch als geschätzter Kritiker wollte er doch nicht nach Berlin übersiedeln. So macht man eben keine Karriere ...

Ein auf den ersten Blick also »kleines« Leben. Aber nur auf den ersten, denn selbst wenn man bei Wikipedia bloß die lapidare Aufzählung seines Wirkens liest, wird man eines Besseren belehrt:
- Hofmiller verfasste Essays, Musik-, Theater- und Literaturkritiken (z.T. als ständiger Mitarbeiter) in Zeitungen und Zeitschriften wie Münchner Allgemeine Zeitung, Münchner Neueste Nachrichten, Die Zukunft, Der Kunstwart.
- Er war Mitbegründer und Herausgeber der Süddeutschen Monatshefte.
- Er wirkte als Herausgeber von Anthologien deutscher und fremdsprachiger Dichtungen
- In den Reihen Bücher der Bildung und Schönste Erzählungen des Langen-Verlages gab er 16 Einzelbände heraus.
- Er arbeitete mit an den Altöttinger Heimatbüchern.
- Er verfasste Übersetzungen aus dem Französischen und dem Englischen, sowie Briefe, pädagogische, historische und politische Abhandlungen u.v.m.
Eine überregionale Bekanntheit errang er nicht nur durch seine stilistisch geschliffenen und ungemein treffsicher fomrulierten Theaterkritiken und Buchrezensionen (die 1927 in einem köstlich zu lesenden Werk »Über den Umgang mit Büchern« ihre reife Synthese fanden), sondern v.a. durch seinen großen Nietzsche-Essay, den er 1931, als die Übermenschelei und Großmannssucht der Nazis schon stark im Schwange war, in einer Sondernummer der Süddeutschen Monatshefte veröffentlichte. Wikipedia spendet Hofmiller dazu das zweideutige Lob, von Kurt Tucholsky hiefür positiv erwähnt worden zu sein, »... obwohl er schon wegen deren politischer Rechtslastigkeit weder von den Süddeutschen Monatsheften noch von Hofmiller viel hielt«. Ist es gestattet, die Relevanz solchen viel-oder-weniger-viel-Haltens angesichts der nur allzu evidenten politischen Scheuklappen Tucholskys mit einem locker dahingesetzten »Nebbich!« ein wenig zu relativieren? Wer Josef Hofmillers Nietzsche-Essay gelesen hat, wird es verstehen.

Bekannt und zitiert wurden aus diesem v.a. die hellsichtigen Schlußsätze:
Was bleibt dann von Nietzsche? Es bleibt genug. Es bleibt mehr und Wertvolleres als ein System, das nie eines war. Es bleibt der Kritiker und Diagnostiker der Zeit. Es bleibt, nicht im deutschen Wortgebrauch, sondern im französischen, der Moralist: der Miniaturist und Außenseiter der Philosophie, der Aphoristiker. Bleiben werden am längsten die drei mittleren Werke: „Menschliches, Allzumenschliches“, „Morgenröte“, „Die fröhliche Wissenschaft“. Bleiben werden les plus belles pages, wie die Franzosen ihre feinen Auswahlen nennen. Bleiben werden Einzelheiten: Beobachtungen, Einfälle, Gedanken, Stimmungen, Maximen und Reflexionen, insoweit und weil sie unabhängig sind von seinem vermeintlichen System. Bleiben wird der Künstler, bleiben der Dichter.
Das war 1931 nun wirklich alles andere als »zeitgeistkonform«! Entweder mußte man, sei es als aussterbender »Weimarer Republikaner« und Demokrat, sei es als strammer Linker Nietzsche verteufeln, oder aber ihn frenetisch bejubeln — egal ob man als Nostalgiker eines vergangenen oder auch als Prophet eines neuen »Herrenmenschentums« unterwegs war, das im ersteren Fall meist auf den schnarrenden Kasernenhof-Ton preußischer Reserveleutnants gestimmt war, in zweiterem hingegen auf eine unbekömmliche Melange von zeitgeistigem Kulturpessimismus mit schneidiger Schlägertruppen-Uniform hinauslief.

Hofmiller ist — obwohl viel zu früh, an einem Schlaganfall nach einer Bergwanderung — doch irgendwie rechtzeitig gestorben, daß er als aufrechter »fortschrittlicher Konservativer« die Zerrüttungen des deutschen Geisteslebens während der Nazizeit (fast) nicht miterleben mußte. Nach 1945 war sein Typus nicht mehr gefragt. Ja, man hat ein Gymnasium nach ihm benannt — aber das sind Dutzend-Ehrungen ohne echten Wert. Sein klarer, feindifferenzierter Geist hingegen ist passé. Und das sagt eigentlich alles über den heutigen Zustand deutschen — nein: europäischen — Geisteslebens aus.

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P.S.: Im Gutenberg-Projekt gibt es einige Texte Hofmillers, leider nicht den erwähnten Nietzsche-Essay von 1931, sondern in der Essay-Sammlung »Versuche« nur einen Aufsatz aus Hofmillers noch deutlich »Nietzsche-unkritischerer« Frühzeit.

Mittwoch, 25. April 2012

»Seriosität bei Budgetfragen: Ja. Lebenslange Sparpolitik: Nein«

François Hollande träumt, wie der Wiener so plastisch sagt, von warmen Eislutschern. Wie alle Sozen. Wer wünscht sich nicht ohne sparen zu müssen ein ausgeglichenes Budget (wir wollen an Budgetüberschüsse zur mählichen Abdeckung früherer Schuldenexzesse doch garnicht zu denken wagen)! Setzen, nichtgenügend, Monsieur Hollande! Im Fach Ökonomie sind Sie bereits durchgefallen. Wie alle Sozen.

Einer der ersten Grundsätze der Ökonomie lautet bekanntlich: Güter sind knapp. Geld ist ein Gut, somit ist auch Geld knapp. Also muß man sparen. Und wenn man nicht spart, sondern Schulden macht, muß man in Zukunft noch mehr sparen, weil man die Schulden (plus Zinsen) sonst nicht zurückzahlen kann. Das leuchtet eigentlich bereits einem mittelbegabten Grundschüler ein. Oder der sprichwörtlichen schwäbischen Hausfrau. Oder eigentlich jedem, der nicht im Wolkenkuckucksheim linker Ideologien lebt, welche sich allesamt dadurch auszeichnen, daß sie fleißig nur in einem sind: im Ausgeben von Geld — dem anderer Leute, wohlgemerkt!

Denn derselbe Soze wird auf einmal ökonomisch überaus vernünftig, wenn es um sein eigenes Geld geht. Da klappt es auf einmal auch wieder mit dem Verständnis des sparsamen Wirtschaftens. Wie mir ein Spitzen-Gastronom aus Wien einmal unter der Hand über die vielen Politiker sagte, die in seinem Lokal verkehren: »Wenn sie dienstlich unterwegs sind, kann's nicht teuer genug sein. Den Bordeaux aus bester Lage, und das Essen mindestens fünfgängig. Wenn sie dann privat mit Familie kommen, tut's der Wein des Hauses, und man muß statt des obligaten Käsewagens auf einmal auf die schlanke Linie achten ...«

Hollande meint (und darin ist ihm ausnahmsweise — wenn auch aus anderen Gründen als den von ihm insinuierten — rechtzugeben) über die derzeit dominierenden Machthaber Europas: »Sie (Merkel) hat ihre Wahl getroffen: Sie hat Europa mit Nicolas Sarkozy geführt - man sieht das Ergebnis

Er sagt natürlich nicht dazu, daß besagte IM Erika und der klassische Etatist Sarközy wirtschaftich nichts als klassische Linke sind. Wie alle Mittäter in unseren Macht»eliten« unserer EUdSSR. Wann haben Sie dort den letzten staatsskeptischen Ton gehört? Oder den letzten Liberalen gesichtet — das muß etwa zur Zeit Ludwig Erhards gewesen sein ...

Denn »liberal« ist heute höchstens eine Tarnbezeichnungen für schwule Außenminister. Wobei mir übrigens seine Schwulität herzlich egal ist (wenn er sie uns nicht medial so penetrant unter die Nase riebe) — aber als Mann mit einem ebensolchen das Bett zu teilen ist bloße Geschmackssache, nicht Liberalismus.

Mittlerweile hat sich Europa von diesen seinen liberalen Wurzeln, die es einst zum weitaus erfolgreichsten Kontinent der Welt machten, schon meilenweit entfernt. Das Urteil der Geschichte wird dementsprechend ausfallen. Denn nicht die Frage, ob ein Außenminister schwul sein »darf« (sowas »durfte« einer bekanntlich schon zur Zeiten Adenauers, als es offiziell noch bei Strafe verboten war — aus Sicht des Freiheitsfreundes natürlich völlig daneben!), sondern vielmehr die des ökonomisch sinnvollen (und das heißt: sparsamen) Wirtschaftens, des Abbaus bevormundender Bürokratien und überzogener Sozialstaatsmodelle, der Innovationshemmnisse in Gestalt ebenso unzähliger wie unüberblickbarer »Schutznormen« für und gegen alles und jedes, werden über die Zukunft unseres Kontinents entscheiden. Wer glaubt, nach französischen Modell durch aberwitzige Staatsanteile am BIP »die Wirtschaft steuern« zu können, wird feststellen, daß derlei Flausen bloß in der Verwaltung allgemeiner Armut enden.

Was, zugegeben, einem Verwalter der Armut, der diese wenigstens durch die Gesetzgebungsgewalt von sich abwenden und den Untertanen zuwenden kann, relativ egal sein kann. Was vermutlich auch der Grund für die Beliebtheit sozialistisch-etatistisch-kollektivistischer Modelle bei der Herrscherklasse ist. Sie profitieren davon, die Kosten tragen die anderen. Oder, wie es ein befreundeter englischer Geistlicher mir gegenüber einmal ausdrückte: »I would'nt mind living in a monastery — provided, I'm the abbot!«

Dienstag, 24. April 2012

»Immerhin kommt ein Teil von ihnen aus dem linken Lager«

Wer? Nun, es geht, nach den Worten des wohl zu befürchtenden künftigen Präsidenten Frankreichs, um die Wähler von Marine Le Pen. Na geh! Wer hätte denn gedacht, daß Linke und »Rechte« — oder vielmehr das, was unsere Linksmedien als »Rechte« bezeichnen — gemeinsame Schichten ansprechen, gemeinsame Programmpunkte haben und einander überhaupt viel ähnlicher sind, als das die Linke wahrhaben will (die nichts mehr fürchtet, als das Machtmonopol aufgeben zu müssen, mit dem sie in den letzten Jahrzehnten scheibchenweise nahezu jede konservative oder liberale »bürgerliche« Partei der Ersten Welt in einen mehr oder weniger gelungenen Klon sozialdemokratischer Parteien verwandelte.

Immer unter dem Vorwand, einen »Kampf gegen Faschismus« zu betreiben (den man mittlerweile unverhohlen bereits in »Kampf gegen Rechts« umbenannt hat), wurde die Gleichung »konservativ = faschistisch« aufgestellt, um unter Rückbezug auf den Gründungsmythos Nachkriegseuropas, nämlich den »Kampf der Demokraten gegen den Hitler-Faschismus«, ihre Macht zu konservieren. Denn die war stets gefährdet durch den Umstand, daß irgendwann auch dem Blödesten auffallen mußte, daß linke Gesellschaftsveränderung einfach in ein wirtschaftliches, sozio-kulturelles und ethisches Desaster mündet: in aufgeblähte, ineffiziente Umverteilungs-Bürokratien, in bevormundende Machtarroganz von Sozialingenieuren, in die niveaulose Scharlatanerie einer staatsfinanzierten »Kultur«-Szene, die sich in schicken Events ihrer Unentbehrlichkeit versichert um dadurch ihre inferiore Hofnarrenrolle unter der Fuchtel proletoider Parteiapparatschiks zu vergessen.

Nun aber ist offenbar die Wut der Bevölkerung so groß, daß die Ausgrenzungskapazität der Systemmedien und Machtapparate nicht mehr ausreicht, durch das bloße Fuchteln mit der Nazi-Keule das linke System zu stabilisieren. Der undifferenzierte Protest sucht sich nach Entlarvung der leeren Phrasendrescherei von links eben Protestparteien, die den so lange verarschten Untertanen wenigstens nicht wieder die x-te Wiederholung des abgelutschten »The Antifa-Show Must Go On!« verheißen. Und prompt steckt die Linke um — was ebensoviel über ihren Charakter (bzw. dessen völliger Ermangelung) wie über die Beliebigkeit ihrer Programmatik verrät. Wer wie François Hollande an die kurz zuvor noch als »Nazis« begeiferten Gruppierungen die Verheißung richtet: »Ich muss sie überzeugen, daß es die Linke ist, die sie verteidigt«, der zeigt sich damit bereit, seine sprichwörtliche Großmutter zu verkaufen, nur um die Einheitspartei der Systemprofiteure an der Macht zu halten.

Politik ist damit schon längst degeneriert zur PR-Veranstaltung zwecks Systemerhalt. Eine Bloggerin namens Antje Schrupp hat dazu vor ein paar Tagen einen recht steilen, aber bedenkenswerten Artikel verfaßt: »Wie die Psychoanalyse der Demokratie die Politik ausgetrieben hat«. Mag ja sein, daß in Zeiten dräuender Katastrophen die Bevölkerung lieber Unterhaltungsprogramme als programmatische Diskussionen sucht. Nur wird der Unterhaltungswert der linken Einheitsbrei-Show von Mal zu Mal geringer. Irgendwann war sogar mit Show-Dinos à la »Wetten, daß ...?« einfach Sense. Und starb diese Fernsehshow ihnen Tod letztlich an einem Unfall mit Lähmungsfolgen, so wird dieses Dauer-Politshowprogramm am Lähmungseffekt des Wahlpublikums sterben. Und vielleicht eher, als es derzeit den Anschein hat.

Montag, 23. April 2012

Heute vor zehn Jahren

 
... ist einer der erfolgreichsten deutschen Schriftsteller der 1970/80er-Jahre nach langem Leiden verstorben: Manfred Bieler. Schon zur Zeit seines Todes irgendwie vergessen, jedenfalls vom literari-schen Betrieb längst ausgegrenzt und abgeschrieben. Wer war nun dieser Autor?
Manfred Bieler (* 3. Juli 1934 in Zerbst; † 23. April 2002 in München) war ein deutscher Schriftsteller, Hörspiel- und Fernsehspielautor.
... notiert Wikipedia in der Einleitung des Artikels lapidar. Die Stationen seiner Biographie dürfen als halbwegs bekannt vorausgesetzt werden: Germanistik-Studium in Ostberlin, ab 1955 erste Veröffent-lichungen, bald von der Kulturbürokratie der DDR mißtrauisch beäugt und aus dem »Deutschen Schriftstellerverband« rausgeschmissen. Nach langen Reisen, die ihn durch Europa und bis nach Neufundland führten, 1965 Übersiedlung nach Prag, 1968 Mitglied des tschechischen Schriftsteller-verbandes, nach dem abrupten Ende des »Prager Frühlings« durch den Einmarsch der Warschauer-Pakt-Truppen Übersiedlung in die Bundesrepublik, deren Staatsbürgerschaft er 1971 erhielt.

Eine Reihe erfolgreicher Bücher, ein paar Verfilmungen, ein paar Literaturpreise als Qualitätssiegel. Ich muß gestehen, daß Bielers sicherlich bekanntestes Werk, »Der Mädchenkrieg« (1975), meine Sicht auf ihn jahrzehntelang (eigentlich bis vor ein paar Monaten) gewissermaßen »verstellte«. Denn ich halte diesen Roman zwar für durchaus interessant, für gekonnt geschrieben, mit allen Ingredienzien, die so ein Buch für einen Auflagenerfolg benötigt — aber eben doch weit eher für einen »Bestseller« denn für ein wirklich gutes, den schriftstellerischen Fähigkeiten seines Autors adäquates Werk. Und dieses leichte Gefühl der Enttäuschung nach der Lektüre dieses Buches hinderte mich nachhaltig, mich mit dem Autor ein weiteres Mal zu beschäftigen. Bis ich vor einigen Monaten zufällig in der Wühlkiste eines Antiquariats auf Bielers danach geschriebenen Roman »Der Kanal« (1978) stieß — der mich gleich auf den ersten, halb neugierig durchblätterten Seiten durch die klare, unprätentiöse und doch so treffende Darstellung in einen fast magischen Bann zog. Ich las den Roman kurz danach, durch einen grippalen Infekt zu ein paar Tagen Bettruhe verurteilt, in einem Zug durch, und hatte danach ein völlig anderes Bild von Manfred Bieler gewonnen.

War es wirklich bloß der Umstand, daß dieser Roman — vage in den 60er- oder zum Ende vielleicht frühen 70er-Jahren angesiedelt — Erinnerungen an meine eigene Jugendzeit weckte? An ein lange vergessenes Lebensgefühl, an längst überholte Verhaltensweisen der damaligen Elterngeneration, bloße Nostalgie also? Sicher, auch das! Aber es war wohl mehr. Es war die naive Freude an einem puren Lesevergnügen, das einen überkommt, wenn ein Autor gekonnt und fintenreich die Stränge seiner Handlungen kunstvoll verwebt, manchmal scheinbar den Faden dabei verliert — und man doch intuitiv weiß, daß von ihm nichts verloren und vergessen wird, und man mit Spannung und doch auch gleichzeitig der Befriedigung, einen folgerichtigen Handlungsverlauf nachzuvollziehen, weiterliest, und sich beispielsweise ratlos fragt, wie wohl die ganz verzwickte Sache mit Herzog, dem verschwundenen Geschäftsführer der Protagonistin, weitergehen wird. Und nein: es ist kein Krimi, keine Spannungs-mache, sondern schlicht und einfach das »Schreiben-können«, welches befriedigt.

Nicht anders, doch in gewissem Sinne tiefgründiger, ist in dieser Beziehung der Roman »Der Bär« (1983), der als das letzte große Werk Manfred Bielers veröffentlicht wurde, und in meinen Augen wohl auch sein »opus magnum« darstellt. Wie bewundernswert Bieler doch diese figurenreiche Darstellung, angesiedelt in seiner eigenen Geburtsstadt Zerbst in Anhalt, vom ersten Weltkrieg bis in die Zeit nach dem Prager Frühling vor uns ausbreitet. Welcher langer Atem des Erzählers gehört dazu, daraus weder ein blasses Geschichtsbuch werden zu lassen, noch eine der typischen Familienepopöen, von denen zwölf auf ein Dutzend gehen, und die die idealen Drehbuchvorlagen für Mehrteiler in den »Öffentlich-Rechtlichen« sind (die damit den verordneten Bildungsauftrag mit der Hoffnung auf eine brauchbare Quote kombinieren wollen). Nicht, daß man das nicht auch mit dem »Bär« machen könnte — schließ-lich kann man auch Fontane verfilmen, ohne daß man diesem nachsagen könnte, er sei eben auch bloß ein Verfertiger drehbuchgeeigneter Romanvorlagen gewesen.

Warum, diese Frage ging mir durch den Kopf, wurde und wird Manfred Bieler von der literarischen »Szene« nicht seiner klar erkennbaren Qualität entsprechend wahrgenommen? Warum qualifiziert ein Nymphenburger »Lexikon der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur« (2. Auflage, München 1987, 69 f.) diesen damals doch anerkannten Autor und seinen »Kanal« mit grimmiger Häme als »Münchner Edel-Kolportage« ab? Warum wird in einem Lexikoneintrag genüßlich (»schrieb ... nicht ganz zu Unrecht«) ein Kritiker namens K.H. Kramberg zitiert, der über den Roman »Der Bär« folgendermaßen resümiert:
»Es gibt ein Pathos der Unredlichkeit, das sich in den Metaphern der Sprache selbst de-nunziert. Auch unter Fälschern gibt's Meister.«
Auch unter Kritikern, möchte man hinzusetzen, solche, deren Unredlichkeit sie selbst denunziert. Aber warum diese offensichtliche Abneigung, dieses angestrengte Bemühen, einen achtbaren Romanautor auf Kolportage-Niveau herunterzuschreiben? Denn wer mal erfolgreich auf Simmel-Niveau deklassiert wurde, der ist literarisch »töter als tot« ...

Nun, die dominante »Kulturszene« in Deutschland steht bereits seit den 1950er-Jahren (mehr oder weniger stramm) links. Da hat ein Abtrünniger aus dem Arbeiter-und-Bauern-Staat natürlich keinen Heimvorteil (den selbst unsägliche Propaganda-Schreiberlinge wie Hermann Kant bei ihren Genossen genossen!), mildernde Umstände gab's höchstens für die, die aus der DDR wegen Linksabweichlertum rausgeschmissen wurden — für die Wolf Biermanns & Consorten. Und wenn man weiß, mit welchem Geschick in der Bundesrepublik die meinungsbildenden Kreise in Medien und Kultur mit Stasi-Spitzeln durchsetzt und von Auslandskonten der SED alimentiert wurden (alles Dinge, deren transparente Aufarbeitung uns die Gauck-Behörde und ihre Nachfolgeorganisationen bis heute schuldig geblieben sind!), dann wundert man sich nicht mehr.

Man fragt sich allerdings, ob die von Kohl so enthusiastisch betriebene »Wiedervereinigung« nicht ein Pyrrhus-Sieg der Bundesrepublik war, die nach zwanzig Jahren bereits in einer Weise einer DDRisierung unterzogen wurde, die nicht bloß ihren sichtbaren Ausdruck in den Staatsspitzen findet, die längst Tummelplatz ehemaliger Stasi-Kollaborateure sind, sondern inzwischen »in der Mitte der Gesellschaft« angekommen ist. Und hier kann ich mir schon vorstellen, daß Manfred Bielers treff-sichere Charakterisierung der DDR-Verhältnisse all jenen, die aus Deutschland eine DDR 2.0 machen wollen, bei deren Implementierung mehr als lästig ist. Spontan fällt mir ein scherzendes — und nach der Faktenlage leider bitterernstes — Geplänkel auf »Politplatschquatsch« ein, in dem ein Kommentar-poster meinte: »Wozu haben wir eigentlich die DDR abgeschafft?« und postwendend die Replik erhielt: »Die DDR wurde abgeschafft? Warum sagt mir das keiner!?« — ja, ganz recht: warum sagt uns das keiner ...

Manfred Bieler hat deutlich — und dennoch nicht plakativ — mit den Mitteln der Literatur gesagt, was eine Gesellschaft à la DDR in uns anrichtet, und er kondensiert es auf den letzten Seiten seines »Bären« im Dialog der beiden Kindheitsfreunde, von denen der eine sich in den 50er-Jahren in den Westen abgesetzt hatte, weshalb dann der andere, der ihn zurückholen wollte, lange Jahre im Zuchthaus vegetiert, und den wegen mittlerweiliger Reiseerleichterungen der geflüchteter Freund nach dessen Freilassung in der DDR besuchen darf:
Wer von uns beiden ist eigentlich der Flüchtling, du oder ich? Du drückst dich um die simpelste Wahrheit, denn du willst dir nicht eingestehen, was du entbehrst [...]

Ich nehme das Wort Freiheit ungern in den Mund, weil es durch Lügen und Vettern-wirtschaft bekleckert ist. Aber Freiheit läßt mich ohne Angst atmen, arbeiten, schlafen, liefert Spielraum für Witz, Originalität und Erfindungen
Blicken wir doch um uns: wieviel Freiheit haben wir noch — und wieviel Freiheit wurde uns in den letzten Jahren bereits genommen?

Wäre dies nicht der gegebene Anlaß, die Werke von Manfred Bieler unter solchen Auspizien wieder zu lesen? Und ist es nicht umgekehrt ein plausibler Grund für all die Profiteure im politisch-medialen Komplex unserer Länder, solch störend-verstörende Lektüre nach Möglichkeit durch weiteres Tot-schweigen zu verhindern ...?
 

Samstag, 21. April 2012

»Wohin geht die Reise der EU? Das wollen die Außenminister beantworten«

Das meint — wenigstens laut »Wiener Zeitung — Wolfgang Waldner, der Staatssekretär im Österreichs Außenministerium. Selten wurde so ein selbstreferentielles System als solches so treffend entlarvt: die EU — das ist die Antwort auf Fragen, die sich ihre Funktionärsklasse stellt. Oder mit anderen Worten: die Lösung von Problemen, die wir ohne sie nicht hätten ...

»Euro Break-Up Just a Question of How«

Nigel Farage at his best:
It's a great shame Mr Van Rompuy's not here because a month ago he told us the worst was over, we'd reached the turning point. He even told us that he'd solved the Euro crisis! Well, today we've got a more realistic Mr Barroso who says if we follow his policies and stick together we can solve this in the end! Sorry! No one believes you anymore, and actually, in the face of the rapidly deteriorating situation these comments look ridiculous. Nigel Farage at his best: In Spain mass unemployment gathers by the day and internal democracy in Spain is now under threat. In Italy where we were told Mr Monti would sort it all out, growth figures are falling and the bond spreads are worsening and now an IMF official has come out and said that it is obvious that at some point the Euro break-up will happen. These are big changes. The Euro is doomed! And your policies, Sir! Even if Greece accepts the austerity you're putting upon them, even if for the next eight years they obey all of this they will still, in 2020, have a debt:GDP ratio of 120% which makes one ask "What is the point?". And in Spain - If Spain was able to increase... [interruption] The difference is, Sir, Britain is not trapped inside the economic prison of the Euro. Now take this: If Spain was to increase... If she increased her productivity growth by half a percent a year, which at the moment looks unlikely- If Spain did that it would take her 40 years to close the competiveness gap with Germany. These countries were sucked in to a totally false economic boom with artificially low interest rates and they are now paying the price. These policies cannot succeed. Mercifully, outside of this institution, economists the world over now say that it is inevitable that the Euro will break up. It is just a question of how. And I really hope that the IMF now decide to stop pouring good money after bad into these bailouts and I really do hope that not one penny piece more of British taxpayers' money goes into propping something up that should be allowed to die
Das Video dazu gibt's hier. Viel Vergnügen (bei Ansehen, nicht beim Weiterdenken ...)

Freitag, 20. April 2012

Die Medien-Biedermänner und der Brandstifter

Offenbar nur durch ein Versehen der Kurier-Redaktion ist die fatale Meldung in die Medien geraten: Der Brand im Wiener Neustädter Dom ist geklärt. Ein 15-jähriger türkischstämmiger Schüler aus Wiener Neustadt hat Donnerstagabend gestanden das Feuer am 6. März im Seitenschiff der Kirche gelegt zu haben. Der Bursche hatte sich tags zuvor auf dem Wiener Neustädter Bahnhof ein Zippo-Feuerzeug gekauft. Auf dem Weg in ein Wettbüro spazierte er durch den Dom, wo ihm die Idee kam ein wenig zu zündeln. Die Folgen sind verheerend. Mittlerweile beläuft sich der Schaden in der Kirche auf mehr alseine Million Euro. Die gesamte Domorgel muss in die kleinsten Einzelteile zerlegt und gesäubert werden. Der 15-jährige Enes Y. wurde auf freiem Fuß angezeigt.
Damit ist selbstmurmelnd nicht gemeint, daß etwa die Medien über mehr oder weniger spektakuläre Brände nicht berichten würden — das tun sie natürlich zur Genüge. Aber ein »15-jähriger türkischstämmiger Schüler« grenzt in unseren gleichgeschalteten Systemmedien schon fast an eine Sensation! Wie nicht anders zu erwarten war,kamen daraufhin ein paar süffisante Postings, die das in fernstenliebe und Verachtung der eigenen Kultur bestens geschulte Redaktions-Herz mit Trauer erfüllten, und so sah sich die Redaktion genötigt, wenigstens die Kommentarfunktion zu sperren:
(Anmerkung der Redaktion: Da ausländerfeindliche und hetzerische Wortmeldungen leider wieder einmal überhand genommen haben, wurde diese Diskussion geschlossen)
»Die Presse« bleibt demgegenüber lieber gleich bei der Vollanonymisierung:
Der 15-Jährige hatte sich am 5. März auf dem Bahnhof ein Benzinfeuerzeug gekauft. Selbiges hätte er jedoch nicht mit nach Hause nehmen dürfen. Als er am frühen Abend des folgenden Tages durch den Dom auf dem Weg in ein Wettbüro gewesen sei, um dort Fußballspiele im TV anzusehen, habe er das Feuerzeug entzündet und in das linke Seitenschiff geworfen.
Wie es halt so ist im Leben, da spaziert man als türkischer Jungmuselmane zum Wettbüro halt durch den Dom, und wirft gerade dort zufällig ein brennendes Feuerzeug gedankenlos weg ... Ein sicherlich völlig bis ins ausländerfeindliche Herz verrohter Kommentator »Leo Naphta« meint dazu trocken, aber treffend:
Fragt nicht, was los wäre, wenn ein christlicher Jugendlicher eine Moschee in Brand gesteckt hätte.
Aber, aber, cher »Naphta«! Solche Fragen stellt man doch nicht! Noch bunter freilich treibt's ein Poster »Ramazotti«, der doch — Nachbarin, Ihr Fläschchen! — sich zu schreiben getraut:
Moslem zündet christliche Kirche an Das wär doch mal eine Headline. Traut ihr euch nicht. Man bedenke, was los wäre, wenn es umgekehrt gewesen wäre .... Sondersendungen, im Zentrum, ZiB2, Kerzerlmärsche etc.
Also wirklich! Die Wahrheit zu schreiben, wo eine Propaganda-Lüge von der höchsten Politik bis zum niedrigsten Redaktions-Niveau präferiert wird — das wäre eindeutig zuviel verlangt ...

Donnerstag, 19. April 2012

Eine ausnahmsweise Namensänderung

... verkündet der SPÖ-»Kultur«stadtrat in Wien, Andreas Mailath-Pokorny. Ganz ausnahmsweise wird der Name eines der historisch prägendsten Wiener Bürgermeister, der freilich das Pech hatte, nicht der Sozenfraktion anzugehören, von einem Abschnitt der Wiener Ringstraße getilgt:
Mailath-Pokorny betonte, die Namensänderung solle eine Ausnahme bleiben: "Ich habe grundsätzlich nicht vor, Umbenennungen in der Stadt vorzunehmen." Namensgebungen spiegelten immer auch die Geschichte einer Stadt wider - und "man soll nicht so tun, als ob es keine dunklen Seiten gegeben hätte". Im Fall von Karl Lueger könne man aber eine Ausnahme machen, da der Politiker im Stadtleben auf vielfältige Weise gewürdigt werde - unter anderem durch zwei Denkmäler.
Fragt sich nur, wie lange. Da wird man doch mit ein paar kleinen Brandbomben durch Angehörige der von der Gemeinde Wien rotgrün geförderten Linksextremenszene des Ernst-Kirchweger-Hauses Abhilfe schaffen können, oder...?

Richtig mutig, wie die Gemeinde Wien auch künftighin die dunklen Seiten in ihrer Geschichte (und der ihrer einzementierten Herrschaftspartei, nämlich der SPÖ) nicht verdrängt, sondern am »Dr. Karl Renner-Ring« weiterhin nicht so tut, als hätte dieser ehemalige hochrangige Sozenpolitiker und spätere Bundespräsident im Jahr 1938 nicht seiner Begeisterung für den »Anschluß« (Ich stimme mit JA!«) an Hitlerdeutschland dokumentiert Ausdruck verliehen. Auch der Julius-Tadler-Platz, benannt nach einem roten Wiener »Sozial«politiker, wird weiterhin so heißen, und so an die dunkle Seite der Wiener Sozialisten erinnern, als deren hochrangiger Funktionär besagter Arzt Dr. Julius Tandler so nette Sächelchen formulierte wie:
Der Krieg hat durch die großen Truppenumzüge sowie durch die Diaspora der Flüchtlinge auch eine weitgehende Rassenmischung zur Folge. Wir wollen nicht darüber rechten, ob Reinzucht auch beim Menschen ein für die Rassentüchtigkeit besonders wichtiges Element ist oder nicht, eines aber kann man bei dieser Art der Rassenmischung wohl sagen, dass sie in einem hohen Prozentsatz aller Fälle wohl nicht die glücklichste war.(in einem Vortrag am 24.März 1916)
Oder dieses »Schmankerl« aus dem Jahre 1924:
Welchen Aufwand übrigens die Staaten für vollkommen lebensunwertes Leben leisten müssen, ist zum Beispiel daraus zu ersehen, dass 30.000 Vollidioten Deutschlands diesen Staat zwei Millionen Friedensmark kosten. Bei der Kenntnis solcher Zahlen gewinnt das Problem der Vernichtung lebensunwerten Lebens im Interesse der Erhaltung lebenswerten Lebens an Aktualität und Bedeutung. [...]

...[daß] ...die Idee, dass man lebensunwertes Leben opfern müsse, um lebenswertes zu erhalten, immer mehr ins Volksbewusstsein dringen wird.
Wer über die Perfidie, mit der jetzt die rotgrüne Rathauskamarilla Rache am Gedächtnis des letzten nicht-roten Wiener Bürgermeisters übt, dessen Ausbau des Straßenbahnnetzes, dessen Errichtung der Stadtbahn, der städtischen Gaswerke und vieler anderer Projekte Wien bis heute mit einer Infrastruktur segnen, die die ebenso parteipolitisch korrupten wie unfähigen Rathasussozen selst nie auf die Beine hätten stellen können, mehr wissen will, wird hier fündig. Aber, Hand aufs Herz: konnte man von diesen Ochlokraten eigentlich anderes erwarten?

Wer hätte das gedacht?!

Den ehemaligen BAWAG-Chef Elsner beschleicht ein Gefühl. In einem Interview für »Die Presse«:
Ex-Bawag-General Helmut Elsner beklagt, dass im Rahmen des Bawag-Verfahrens „etwas vertuscht werden soll“. Er bezweifelt die angegebenen Spekulationsverluste und spricht von „Geldwäsche“.
Nun, dieses Gefühl hat nicht nur ihn beschlichen,sondern jeden, der wußte, daß die SPÖ im Jahr 2000 praktisch konkursreif war, und ein paar Jahre später (nach einer verlorenen Nationalratswahl 2003) unter einem Vollprofi wie Gusenbauer, der von Wirtschaft so viel versteht wie ein Ex-Juso und Arbeiterkammerfunktionär davon halt verstehen kann, wieder saniert. Nur war inzwischen die BAWAG und der Streikfonds des Gewerkschaftsbundes pleite gegangen. Zufall?

»It's an ill wind that blows nobody any good«, wie der Engländer sagt ...

Mittwoch, 18. April 2012

Einfach eine Frage der Intelligenz

... ist es, ob man Intelligenz als bloß gesellschaftliches »Konstrukt« interpretiert (vielleicht mit ein paar Wörtern à la »repressiv«, »patriarchal« und dergleichen mehr garniert), oder ob man sich damit intelligent auseinandersetzt. Dieter E. Zimmer, in den siebziger Jahren Feuilletonchef bei der Hamburger »Zeit«, hat letzteres gewagt. In Zeiten flagranter Unintelligenz, doch umso größerem Moralinsäure-ph-Wert unserer Systemmedien kein geringes Wagnis. Aber ein durchaus lohnendes für den Leser. Ab einem bestimmten Level der Intelligenz, zugegeben ...

Eine kleine Täuschelei

... wie der Österreicher sagen würde), betreibt Kollege Morgenländer auf seinem Blog. Ebenso ausschlußreich wie amüsant zu lesen!

Dienstag, 17. April 2012

Lies! Nothing but lies!

Schrecklich, wie sich das Englisch heute in der Werbung breitmacht! Kein »Shop« ohne »Folder«, ohne »Sale«. Und nun auch noch die Entlarvung einer — ich geb's ja zu: etwas eigenartigen — »Heiligen Schrift«.


Wer hätte das gedacht: der Herr, der dich (und vermutlich auch mich) geschaffen hat, lügt! Oder wenigstens der Koran ist gelogen. Wie kann man das bloß behaupten, wenn einen schon die Feststellung, daß irgendein Religionsgründer (kein Angst, ich sag nicht, welcher!) nach heutiger Rechtsauffassung wegen des Besteigens einer Neunjährigen als Kinderschänder anzusehen wäre, zum Kriminellen macht?

Und dann auch noch knapp vor dem Auftrakt des Breivik-Prozesses! Kurze Frage: hättet ihr Salafisten auf die religiösen Gefühle eurer Anhänger nicht ein bisserl taktvoller Rücksicht nehmen können ...?

P.S.: Wie so oft findet Manfred Kleine Hartlage richtige Worte.

Wir arbeiten weniger, damit es uns besser geht

Strom kommt bekanntlich aus der Steckdose, Geld aus dem Bankomaten, und der Wohlstand wächst mit der Verteilung des Arbeitsleides auf möglichst viele Menschen (geteiltes Leid ist halbes Leid, wie wir wissen!) überhaupt ins Unermessliche. 180.000 Vollarbeitsplätze können geschaffen werden, wenn man in Österreich ein Überstundenverbot erläßt. Kaum untersagt man dem Software-Programmierer oder dem Bilanzbuchhalter, mehr als 38,5 Stunden in der Woche zu arbeiten, sitzt doch, schwupps!, auch gleich ein bis dahin Notstandshilfe beziehender Hauptschulabsolvent am neu geschaffenen Computerarbeitsplatz und entwirft die Über-drüber-Lösung für Archivierungssoftware bzw. bosselt an der nächsten Konzernbilanz. Oder so ...
"Arbeitszeitverkürzung sichert Lebensqualität und Arbeitsplätze", erklärte der Leitende Sekretär des ÖGB, Bernhard Achitz. Er plädiert vor allem für eine Reduzierung der Überstunden: "Als Einstieg in die Arbeitszeitverkürzung könnte man damit beginnen, die Überstunden zu reduzieren, indem man sie für die Arbeitgeber teurer macht. Und zwar um einen Euro pro Überstunde, der jeweils zur Hälfte an Arbeitslosen- und Krankenversicherung fließen sollte." Achitz verwies darauf, dass alleine im dritten Quartal 2011 laut Eurostat 5,5 Millionen Überstunden in Österreich geleistet worden seien - "und das zu knapp einem Viertel unbezahlt".

Eine Verkürzung der Arbeitszeit würde auch keine Arbeitsplätze vernichten - "wie in den Angst- und Panikträumen der Industrie" behauptet werde, so Achitz. Das Gegenteil sei der Fall: Eine Arbeitszeitreduktion um zehn Prozent würde 90.000 zusätzliche Arbeitsplätze bringen. Mit einem Aus für die Überstunden würde man 180.000 Vollzeitarbeitsplätze schaffen, so Achitz.
... weiß »Die Presse« zu berichten. Geniale Logik. Zehn Prozent weniger hackeln und keine Überstunden — und Österreich hat keinen einzigen Arbeitslosen mehr. Das Konzept ist ausbaufähig! Wenn man beispielsweise die Arbeitszeit — nicht kleckern, sondern klotzen! — um 30% verkürzt, dann könnten wir sogar noch jede Menge Immigranten bitten, bei uns ebenfalls weniger zu arbeiten. Und wenn alle überhaupt nix mehr arbeiten, hätte die ganze Welt bei uns Platz. Arbeitsplatz wenigstens.

Das Geld dazu haben wir ja dank dann aufblühender Wirtschaft. Und es kommt aus dem Bankomaten, wie wir wissen ...

Montag, 16. April 2012

Fremde Federn

... schmücken diesen Blog bisweilen, heute sind es die von Andreas Unterberger, dem am Freitag, dem 13., folgendes säuerlich aufstieß:
Portugal ist landschaftlich wie kulturell ein wunderschönes Land, leider mit viel mehr Vergangenheit als Zukunft: für Reisen sehr zu empfehlen.

Das weiß offenbar auch unser Bundespräsident. Deswegen hat er soeben mit großer Entourage Portugal bereist. Heinz Fischer hat nur etwas total missverstanden: Der Reisetipp gilt keinesfalls für Reisen auf Steuerzahlers Kosten. Und er gilt schon gar nicht, wenn das eine Land gerade ein Riesen-Sparpaket beschlossen hat und das andere überhaupt gerade am Konkurs entlanggeschrammt ist. Seine Luftblasen über die österreichische Sympathie und Solidarität hätte Fischer den Portugiesen auch via Brief entsenden können.
Wie richtig bemerkt. Aber nicht Unterbergers Weisheit — die die Leser dieses Blogs wohl ohnedies kennen und schätzen — will ich hier präsentieren, sondern das davon inspirierte Gedicht eines (wohl pseudonymen, weil andernfalls posthumen) Wolfgang Bauer:


Der Fischer Heinz ist sehr beliebt,
Und es ist gut, dass es ihn gibt.
Wie stets wird auch in Portugal
Er mitführ'n seine Frau Gemahl.
Viel besser als wenn Westerwelle
Herrn Mronz mithat an ihrer Stelle.

Ich hoffe nur, dass nicht bezweckt er
Zu flirten mit Frau Mitzi Fekter.
Frau Binder wird ihm sonst im Nu
Stark kürzen seinen Kakadu!


Na, isser nicht fesch, unser Kakadu ...? Danke, Wolferl Bauer!

Freitag, 13. April 2012

Morgen ist es ein Vierteljahrhundert

... daß die Türkische Republik den Antrag auf Beitritt zu einer Staatengemeinschaft eines anderen Kontinents stellte. Warum ich dessen nicht morgen gedenke? Ganz einfach: weil derlei Unglücksfälle zweckmäßigerweise an einem Freitag, dem 13. in Erinnerung gebracht werden.

Nun wird der penible Leser freilich einwenden, daß die Türkei immerhin zu 3% ihres Territoriums in Europa gelegen sei — nur gilt dies noch deutlich mehr von Kasachstan (das zu 5,4% in europa gelegen ist), und irgendwie will mich dieses Argument daher nicht wirklich überzeugen.

»Die Presse« widmet diesem morgigen Gedenktag (offenbar aufgrund einer Ermahnung aus der Industriellenvereinigung) einen melancholischen Artikel, der allerdings gegen Ende doch humorige Aspekte gewinnt:
Die Türkei könne Europa mit ihrer starken Wirtschaft „wieder auf Vordermann bringen", sagte unlängst Präsident Abdullah Gül.
Na klar! An der Türken Wesen soll Europa genesen. Udo Ulfkotte hat vor ein paar Monaten nachrecheriert und kommt zu ein bisserl anderen Erkenntnissen. Das war freilich, bevor die ganz großen Schlagzeilen über die ganz großen Greueltaten des ganz pöhsen Assad-Regimes medial das Hervorkramen der ganz großen Sanktions-, Befreiungs- und Befriedungskeule nötig machten.

Hurra! Es geht in den Krieg, und die Wirtschaft wird wieder boomen. Und die wackere Türkei wird natürlich mit im sinkenden Boot sein. Jetzt schnell ein Präventivschlag, und los geht's! Na, da freu' ich mich doch gleich, auf meine alten Tage ...

Mittwoch, 11. April 2012

Wer sich gewundert hat

... über meine zwischenzeitliche Blog-Pause, der lese einmal hier, was heutzutage bereits als »Verhetzung« gewertet wird.

Wenn man dazu bedenkt, daß die Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von IP-Adressen sei 1. April keiner richterlichen Genehmigung bedarf, dann kann man sich bei der seit Brodas Zeiten knallrot durchgefärbten österreichischen Staatsanwaltschaft ja ausrechnen, wie objektiv hier vorgegangen wird.

Alles nur Paranoia? Weil bekanntlich der, der nichts zu verbergen hat, gegen die Erfassung seiner IP-Adresse wohl keine Einwände haben kann. Ach ja, wirklich? Nun, in der Tat — ich habe etwas zu verbergen: meine Privatsphäre nämlich. Und die Möglichkeit, etwas gegen das Meinungskartell — nein: die Meinungsdiktatur — unserer Systemmedien zu veröffentlichen, funktioniert eben ab einem bestimmten Grad von »Abweichlertum« von der vorgegebenen Normmeinung nur anonym. Wer das nicht versteht, hat von Meinungsfreiheit eher nichts verstanden.

Das überaus deprimierende dabei ist: es beschleicht einen immer mehr der Verdacht, daß Meinungsfreiheit eher als »nice-to-have« betrachtet wird, denn als notwendige Vorbedingung menschenwürdigen Lebens ...

Dienstag, 10. April 2012

Nicht hilfreiche Wortmeldungen

... gab es in letzter Zeit, zwar nicht auf diesem Blog, bei dem es auch in näherer Zukunft nicht in gewohnter Dichte weitergeht. Sorry.

Nicht hilfreich war sicherlich ein »Gedicht« eines alten Schriftstellers, das in den vergangenen Tagen die Medien Deutschlands (und darüber hinaus) verleitete, sich »zur Kenntlichkeit zu entstellen«. Nun, auch das ist bisweilen ein Gewinn, der nicht gering veranschlagt werden sollte ...

Kollege Morgenländer fand gegenüber der allgemein fast undifferenzierten Hetze (anders kann man's ja schwer nennen, wenn ein angeblicher Qualitätsjournalist seiner Hoffnung auf ein möglichst baldiges Ableben Grass' Raum gibt) wie gewohnt differenzierende Worte — wenngleich für meinen Geschmack vielleicht noch immer nicht differenzierte genug. Auf ein Kommentarposting von Chris (Apr 10, 2012 05:38 AM), in dem dieser ein äußerst aufschlußreiches Eingeständnis Ben Gurions zitierte, mit einem trockenen:

Das von Ihnen zitierte Buch Goldmanns kenne ich nicht; sehr wohl aber den Beschluss der UN-Generalversammlung von November 1947, in dessen Folge der israelische staat gegründet wurde, worauf mehrere arabische Staaten Israel den Krieg erklärten.

Aber das alles ist Geschichte, und Politik hat es mit der Gegenwart zu tun.

Und die ist bestimmt von iranischen Drohungen gegen Israel. Im übrigen unterstützt der Iran schon jetzt die Terroristen der Hisbollah und der Hamas.
... zu reagieren, ist zwar »on the safe side«, aber reicht es wirklich?

Was, bitteschön soll der rechtspositivistische Hinweis auf einen Beschluß der UN-Generalversammlung? Macht das die Sache gerecht aus der Sicht derer, die durch diese Staatsgründung in der Weise betroffen wurden, daß auf ihren zuvor angestammten Territorium ein Staat von Einwanderern »gegründet« wurde?

Und, leider, Politik hat nicht nur mit der Gegenwart, sondern auch stets mit der Vergangenheit zu tun. Morgenländer sollte das als Deutscher, der bspw. mit Naziflaggen schwenkenden Griechen medial konfrontiert wird, doch besser wissen.

Das, was den Nahost-Konflikt so deprimierend aussichtslos macht, ist, daß beide Seiten — zugegeben in unterschiedlicher Intensität, aber eben doch! — »recht« haben. Die eigentlichen historischen Verbrecher sind eben weniger »die Zionisten« oder »die Araber«, sondern jene gewissenlos agierende und nach allen Seiten bedenkenlos kontradiktorisch alles versprechende britische Regierung, die zur Unterstützung ihrer Kriegsziele gegen Deutschland nur zu gern bereit war, ein späteres Schlamassel den anderen Parteien umzuhängen, Hauptsache, es wäre kurzfristig daraus ein politischer Gewinn zu schlagen.

Nichts trifft die Ausweglosigkewit der Situation besser, als jener alte zynische Witz von den zwei jüdischen Emigranten, die in New York im Kaffeehaus von der Gründung des Staates Israel lesen und der eine zum andern meint: »Wann de Engländer uns schon schenken a Land, was ihnen nicht gehört — warum hat's nicht können sein die Schweiz?«

Das alles macht natürlich das Poem von Grass noch nicht besser, und — ich gestehe es ein — auch mich beschlich kurz ein leises Gefühl von »Ätsch!«, als ich die ersten hyperventilierenden Reaktionen las. Nur: mittlerweile geht das ganze in einer Weise über die Grenzen des Anstands, daß sogar ich mich veranlaßt sehe, Grass in Schutz zu nehmen. Und bevor irgendwelche Flachköpfe mir zu diesem Posting irgendwelche Voreingenommenheit zugunsten der arabischen Sache unterstellen — wer diesen Blog kennt, der weiß, daß übertriebene Islamophilie nicht eben zu seinen Alleinstehungsmerkmalen zählt. To put it mildly.