Freitag, 15. Januar 2016

Eine Lobrede auf Österreich

... läßt Franz Grillparzer, der österreichische »Klassiker« (wie meist in diesem Lande: etwas zu spät gekommen, wenigstens im Vergleich mit Weimar) in seinem »König Ottokars Glück und Ende« den Hornek anstimmen:
Schaut rings umher, wohin der Blick sich wendet –
wo habt ihr dessengleichen schon gesehen? – ,
lacht's wie dem Bräutigam die Braut entgegen!
Mit hellem Wiesengrün und Saatengold
von Lein und Safran gelb und blau gestickt,
von Blumen süß durchwürzt und edlem Kraut,
schweift es in breitgestreckten Tälern hin –
ein voller Blumenstrauß so weit es reicht,
vom Silberband der Donau rings umwunden!
Hebt sich's empor zu Hügeln voller Wein,
wo auf und auf die goldne Traube hängt
und schwellend reift in Gottes Sonnenglanze;
der dunkle Wald voll Jagdlust krönt das Ganze.
Und Gottes lauer Hauch schwebt drüber hin
und wärmt und reift und macht die Pulse schlagen,
wie nie ein Puls auf kalten Steppen schlägt.
Drum ist der Österreicher froh und frank,
trägt seinen Fehl, trägt offen seine Freuden,
beneidet nicht, läßt lieber sich beneiden!
Und was er tut, ist frohen Muts getan.
's ist möglich, daß in Sachsen und beim Rhein
es Leute gibt, die mehr in Büchern lasen;
Allein, was not tut und was Gott gefällt,
der klare Blick, der offne, richt'ge Sinn,
da tritt der Österreicher hin vor jeden,
denkt sich sein Teil und läßt die anderen reden!
O gutes Land! O Vaterland! Inmitten
dem Kind Italien und dem Manne Deutschland,
liegst du, der wangenrote Jüngling, da:
Erhalte Gott dir deinen Jugendsinn
und mache gut, was andere verdarben.

So sprach 1825 patriotische Begeisterung über ein Land, das schon damals ein seltsames mixtum compositum unter den sich herausbildenden Nationalitätenstaaten darstellte, in gewissem Sinne ein staatsrechtliches und politisches Fossil der Art des Heiligen Römischen Reichs (oder des päpstlichen Kirchenstaats) — ebenso ehrwürdig wie unzeitgemäß ... und doch überzeitlich.

Welche Rede wohl der alte Herr k.k. Hofrat zum heute existierenden Österreich der Ära Faymann & Consorten anstimmen ließe? — etwa so:
    »Schaut rings umher, wohin der Blick sich wendet 
    trifft Salafistenbärte er, und Burkas – ohne Ende.
    O armes Land! Verraten liegst inmitten
    der Muselmanenzüge, du, nach Deutschland:
    Erhalte Gott dir deinen Eigensinn –
    und rette, was Politiker verdarben ...
 
Ach nein — wir wollen den Ehrentag des inzwischen leider weithin vergessenen Dichters, nämlich die 225. Wiederkehr seines Geburtstages am 15. Jänner 1791, nicht mit solch eklen Gedankenspielen besudeln ...



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