Samstag, 22. Juli 2017

Nachtrag zum 20. Juli

Zum 20. Juli 1944 veröffentlichte Prof. Meuthen auf »Freitum« einen sicher lesenswerten und in manchen Belangen auch durchaus richtigen Artikel:
Gedenken an die mutigen Hitler-Attentäter: Der 20. Juli ist ein heller Tag in der deutschen Geschichte

von Prof. Dr. Jörg Meuthen

Die Jahre von 1933 bis 1945 sind das dunkelste Kapitel deutscher Geschichte; daran dürfte bei verständiger Betrachtung der Nazi-Barbarei kein ernsthafter Zweifel bestehen. Entrechtete Opfer quer durch Europa, unterjochte Völker, Millionen und Abermillionen von Toten auf allen Seiten bis hin zum Versuch, die Juden vollständig auszurotten.

Unermessliches Leid, das bis heute in vielen Familien noch in Erzählungen derjenigen zu spüren ist, die damals geliebte Menschen verloren. Für was nur geschah das alles, fragen sich heute viele.

Sie fragen sich dies aus sicherer Distanz, auf der Wohnzimmercouch sitzend, die x-te im TV laufende, hin und wieder mit Originaltönen des selbsternannten "Führers" gespickte Dokumentation der Gräueltaten konsumierend.

Eine solche sichere Distanz haben sich damals auch Millionen zutiefst angsterfüllter Menschen gewünscht. Allein: Es gab kein Entrinnen. Die wohlfeile Frage der 68er-Generation "Warum habt Ihr nichts getan?" geht an den Realitäten eines mörderischen Regimes vollkommen vorbei.
Dennoch: ich muß Professor Meuthens Einschätzung:
Denn hätte dieser Anschlag Erfolg gehabt, wäre das Regime zusammengebrochen - ein Hitler-Deutschland ohne Hitler, das erscheint undenkbar. Millionen von Toten wären dem Kontinent erspart geblieben ...
... so wohltuend seine ausdrückliche Erwähnung des alliierten Mega-Kriegsverbrechens »Dresden« ist, doch entgegenhalten: sogar die ersparten »Millionen von Toten« erscheinen fraglich — weil das Attentat eben nicht mit entsprechender Professionalität vorbereitet war! Das schreibt übrigens kein Geringerer als Generaloberst Guderian (der übrigens nach diesem Attentat die Leitung des Generalstabs übernahm, bis er einige Wochen vor Kriegsende vom »Führer« entlassen wurde, dem seine strategisch durchdachten Positionen, mit denen er Hitlers sinnlosem Herostratentum gegensteuerte, nicht paßten) in seinen »Erinnerungen eines Soldaten« (S 327f.):
Welche Wirkung übte das Attentat vom 20. Juli nun tatsächlich aus?

Der Mann, auf den es abgesehen war, wurde leicht verletzt. Seine körperliche Verfassung, die ohnehin nicht die beste war, wurde noch mehr geschwächt. Sein seelisches Gleichgewicht wurde für immer gestört. Alle bösen Geister, die in ihm geschlummert hatten, wurden auf den Plan gerufen. Er kannte nun keine Hemmungen mehr.

Sollte das Attentat ernste Auswirkungen auf den deutschen Regierungsapparat haben, so hätten die wichtigsten Träger des nationalsozialistischen Regimes gleichzeitig mit Hitler beseitigt werden müssen. Aber von diesen war niemand beim Attentat zugegen. Für die Beseitigung von Himmler, Göring, Goebbels, Bormann — um nur die Wichtigsten zu nennen — war nicht vorgesorgt. Die Verschworenen hatten sich nicht die geringste Gewähr zu verschaffen versucht, daß sie ihre politischen Pläne im Falle des Gelingens des Attentats auch wirklich durchführen konnten. Der Attentäter, Graf Stauffenberg, war sich dieser Schwäche seines Planes auch klar bewußt, denn er hatte seine Absicht bereits einmal aufgegeben, als er wenige Tage zuvor auf dem Obersalzberg bemerkte, daß Himmler und Göring, mit deren Anwesenheit er gerechnet hatte, nicht im Saale waren. Mir ist nicht bekannt, weshalb Graf Stauffenberg am 20. Juli zur Tat schritt, obwohl die Voraussetzungen für den vollen, politischen Erfolg seines Schrittes fehlten. Vielleicht hat ihn ein Haftbefehl gegen Dr. Gördeler zur Tat getrieben.

Sollte das Attentat ferner selbst im Falle der Tötung Hitlers zur Übernahme der Macht durch die Verschworenen führen, so mußten die hierzu nun einmal notwendigen Truppen sicher sein. Die Verschworenen verfügten aber über keine einzige Kompanie. Sie waren daher nicht einmal in der Lage, die Macht in Berlin an sich zu reißen, als Graf Stauffenberg mit der falschen Nachricht vom Eroflg seines Anschlages aus Ostpreußen in Berlin landete Die Offiziere und Männer der für „Walküre“ aufgebotenen Verbände hatten keine Ahnung, worum es ging. Daraus erklärt sich auch ihr „Versagen“ im Sinne der Verschwörer. Auch die von mir aus ganz anderen Gründen genehmigte Verzögerung des Abtransportes der Lehrtruppen der Panzerwaffe konnte nicht zum Erfolg beitragen, weil die Verschwörer gar nicht wagen konnten, die Truppe und ihre Führer in ihre Pläne einzuweihen.

Die außenpolitischen Voraussetzungen für einen Erfolg des Attentats waren nicht gegeben. Die Beziehungen der Verschworenen zu maßgebenden Politikern des feindlichen Auslands waren spärlich. Keiner der maßgebenden feindlichen Politiker hatte sich auch nur im mindesten zu Gunsten der Verschworenen festgelegt. Man geht wohl nicht zu weit, wenn man sagt, daß die Aussichten des Reichs bei Gelingen des Attentats um nichts besser gewesen wären, als sie es heute
[Anm. LP: 1950] leider sind. Es ging unseren Feinden eben nicht nur um die Beseitigung Hitlers und des Nazismus.  
Das sind natürlich Worte, die heute schwer »erträglich« sind (»nicht hilfreich«, um in der Diktion der nach Hitler schädlichsten Regierungschefin Deutschlands der letzten hundert Jahre zu bleiben), aber kaum zu widerlegen!

Auch bei Attentaten zählen nicht zuförderst die Begeisterung oder die moralische Position, sondern die Präzision und Professionalität, mit der sie verübt werden ...

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