Dienstag, 2. Februar 2016

Prof. Dilger

... wird's zwar nicht freuen, aber »Die Anmerkung« weiß zur derzeit genüßlich durch mediale Dorf getriebenen Empörungssau »AfD-Frontfrau will Ausländer erschießen« (oder so ähnlich) wie gewohnt informativ und in historischem Zusammenhang belehrend Neuigkeiten zu berichten. Oder, vielmehr, Altbekanntes, das man bloß nicht wissen darf. Was letztlich auf's gleiche (oder sogar das selbe?) hinausläuft ...


Ganz klare Antwort: Ja, man darf schießen.

Der von den Blattmachern eingekaufte Artikel, den sich anb/DPA aus­dachte, beantwortet die im Titel des Hitlertagebuch-Magazins aufge­worfene Frage nicht, sondern behandelt vollkommen andere Probleme sträflichen Verhaltens, so z.B. daß man sich strafbar macht, wenn man als Flüchting keinen Paß am Grenzübergang vorweisen kann.



Das im Titel aufgeworfene Problem ist ein typisch faschistisches, daß sich der gobbelssche Nachwuchs zwecks Volksverblödung aus den Fingern ge­so­gen hat, denn es ist vollkommen unerheblich, ob an der Grenze plötzlich ein Flüchtling, Conchita Wurst oder die Zillertaler Herzbuam vor einem stehen und mit bedrohlichem Gestus Einlaß begehren.

Es geht bei der Einreise, dem Grenzübertritt, mitnichten um Flüchtlinge, sondern um einen vom Gesetzgeber verpflichtend vorgeschriebenen hoheit­lichen Akt, der Personen betrifft. Über den darf sich ausschließlich das Merkel hinwegsetzen, da es nicht an Recht und Gesetz gebunden ist.
Nun argumentiert der ehrenwerte Prof. Dilger (der sich mittlerweile schämt, Mitglied der AfD gewesen zu sein, auch wenn diese Partei damals nicht so war, sondern — nun ja ...) unter dem griffigen Titel 

Petry will wie Pretzell auf Flüchtlinge schießen lassen

... daß, da in den einschlägigen Normen ja nur stehe, der Grenzschützer »kann« von der Schußwaffe Gebrauch machen, und nicht, wie Frau Petry auf Insistieren des Interviewers äußerte, er müsse es von Gesetzes wegen, sie damit zu erkennen gebe, sie wolle, daß auf Flüchtlinge geschossen werde (obwohl sie das im Interview sogar ausdrücklich verneint hat).
 
LePenseur ist nun, zugegeben, kein deutscher Jurist, und daher vielleicht als bloß österreichischer Jurist (noch dazu nicht facheinschlägig, sondern eher im Wirtschaftsbereich bewandert) nicht auf dem letzten Stand aktueller Judikatur und Fachpublizistik zu diesem Thema, denkt aber, daß ein juridical mind bei einem eher häufigen Problem (wie eben das der Interpretation von unterschiedlich weit ausgedehnten Gesetzesbegriffen, also bspw. »muß« und »kann« in einer Rechtsnorm) eigentlich nicht total daneben liegen wird, und schrieb daher in seinem Kommentarpost u.a.:
Daß die derzeitige Rechtslage (die auch Sie als völlig unangemessen ansehen, wenn ich Sie richtig interpretiere) vielleicht (sic! Denn es wäre zu überlegen, ob es sich nicht um eine faktische »Unrechts-Lage« handelt – drei em. Verfassungsrichter sind ja nicht eben Hinz und Kunz, die sowas sagen!) anders aussieht, macht einen nicht zum unanständigen Menschen, wenn man hier eine schärfere Handhabung bestehender Normen urgiert.
Ihre sicherlich feinsinnige Interpretation der Begriffe »muß« und »kann« erscheint mir überdies nicht zwingend: wenn der Grenzpolizist die Grenze schützen MUSS (und das ist wohl auch von Ihnen unbestritten), und dazu ggf. die Schußwaffe verwenden KANN, dann ist darin auch inkludiert, daß er, wenn er die Grenze eben nicht mehr anders schützen KANN – und exakt dies meint ja der Begriff »ultima ratio«! – eigentlich die Schußwaffe gebrauchen MUSS.
Den das KANN im Gesetz ist ja kein »ad libitum« (auch kein »ad libitum superioris«, also etwa der Regierung) sondern eben die explizite Einräumung einer (sonst verpönten) Möglichkeit, um so dem Auftrag der »muß«-Bestimmung nachzukommen. KANN heißt, wenn anderes können nicht möglich, konkret dasselbe wie MUSS.
Ich setze hinzu: ich bin österreichischer Jurist, und daher eher in der rechtspositivistischen Tradition Kelsens bewandert, und es mag sein, daß das in deutscher Judikatur anders gesehen wird – dennoch glaube ich, daß der von mir genannte Interpretationspfad sachrichtiger ist, als der von Ihnen vertretene …
Prof. Dilger schrieb sehr höflich, aber sachlich leider jedes argumentative Eingehen vermeidend, dazu:
Ich bin kein Jurist, Frau Petry auch nicht. Aber in der AfD sollte es doch immer noch mehr juristischen Sachverstand geben als von Herrn Pretzell. Frau von Storch ist z. B. auch Juristin, fordert aber sogar den Schusswaffengebrauch gegen Kinder, der ganz explizit verboten ist. Unabhängig von der juristischen Wertung ist das moralisch und menschlich unanständig.
Im Übrigen könnte die Politik nicht nur für eine Sicherung der Grenzen sorgen, sondern das auch auf humane Art ohne Schüsse auf unbewaffnete Zivilisten organisieren. Warum hat Frau Petry das nicht gefordert, sondern potentiell tödliche Gewalt?
Und läßt uns im Lichte dieser seiner Antwort auf LePenseurs Kommentar ratlos mit der Frage zurück: wie kommt er zur Interpretation des in Interview wörtlich so geäußerten Satzes
Noch mal: Wie soll ein Grenzpolizist in diesem Fall reagieren?
Petry: Er muss den illegalen Grenzübertritt verhindern, notfalls auch von der Schusswaffe Gebrauch machen. So steht es im Gesetz.
Es gibt in Deutschland ein Gesetz, das einen Schießbefehl an den Grenzen enthält?
Petry: Ich habe das Wort Schießbefehl nicht benutzt. Kein Polizist will auf einen Flüchtling schießen. Ich will das auch nicht. Aber zur Ultima Ratio gehört der Einsatz von Waffengewalt. Entscheidend ist, dass wir es so weit nicht kommen lassen und über Abkommen mit Österreich und Kontrollen an EU-Außengrenzen den Flüchtlingszustrom bremsen.
in seiner Titelzeile:  Petry will wie Pretzell auf Flüchtlinge schießen lassen ...?


Und warum stellt er in seiner Antwort auf LePenseur die Frage:
Im Übrigen könnte die Politik nicht nur für eine Sicherung der Grenzen sorgen, sondern das auch auf humane Art ohne Schüsse auf unbewaffnete Zivilisten organisieren. Warum hat Frau Petry das nicht gefordert, sondern potentiell tödliche Gewalt?
wenn er im Artikel die Äußerung Petrys
Entscheidend ist, dass wir es so weit nicht kommen lassen und über Abkommen mit Österreich und Kontrollen an EU-Außengrenzen den Flüchtlingszustrom bremsen.
wörtlich zitiert, und diese eigentlich genau das fordert, was er von ihr zu fordern fordert ...

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Besonders lustig in dem Zusammenhang: bei den staatlichen Mindestlohn-Kontrolloren hat offensichtlich niemand ein Problem damit, dass sie Schusswaffen tragen:
http://www.manager-magazin.de/politik/deutschland/a-1028358.html

FritzLiberal

FDominicus hat gesagt…

Hätte ich auch bei Ihnen gleich vorbeilesen können:
https://www.q-software-solutions.de/blog/2016/02/02/wehrhaftigkeit/

Das was FritzLiberal anführt war mir bekannt und kann man nur mit einem (Un)Wort abhaken: Gutmenschen.
Dazu noch verlinke ich frech noch 2 mal auf mich:
https://www.q-software-solutions.de/blog/2015/11/18/eu-unrecht-taeterschutz-statt-opferschutz/

Und vor längerem (jedenfalls nach Internetzeitrechnung)
https://www.q-software-solutions.de/blog/2015/06/27/manchmal-ist-es-merkwuerdig/

Paßt aber sehr genau zu allen anderen Sachen. Der Spruch lautet einfach nur: Rufen Sie die Polizei an und kooperieren oder so. Was soll ich das noch schreiben? Es wird immer sinnloser und die Delebets drehen immer mehr ab.

Wollen Sie wetten wer im März hier in BW regieren wird? Ich wette wir sehen mal wieder die "staatstragenden Parteien" zu denen inzwischen auch die Grünen gehören und irgendwo sind die Linken doch auch an der Macht, und das nach dem Verbrechensregime DDR. Und was fällt uns ein? Genau ein neue DDR 2.0 zu bauen. Bin ich "entzückt" - darauf können Sie wetten.