Dienstag, 22. August 2023

Gastarbeiter aus Rumänien

von Helmut
 
 

Ich habe einen Artikel ins rumänische facebook reingesetzt, der dieses Thema mal rechnerisch durchleuchtet. Anlass dafür war wieder ein Stellenangebot für die Krauternte in Deutschland — so wie viele andere, die das ganze Jahr so angeboten werden, beginnend mit den Erdbeeren, dann Spargel — bis zur Weinlese.

Daraufhin habe ich geschrieben:

ARBEITEN IN DEUTSCHLAND – VERSUS RUMÄNIEN

In der Gruppe "Stiri din Medias" (Domnul Birsan) kann man folgende Anzeige lesen:

https://www.facebook.com/groups/stiridinmedias/posts/5699639860139298

"-Arbeitsangebot in Deutschland - Krauternte"

Rechnen wir mal real.

12,45 € brutto sind bei einem unverheiratetem Mann netto ca. 8 €. Arbeitet man 10 Stunden am Tag, und das auch am Samstag, dann sind das +/- 25 Tage x 80 Euro = 2.000 €.

Abzüglich 30 x 6 € für die Unterkunft = 180 €

Essen - noch so sparsam - 15 € pro Tag, weil ein Bier will man ja auch trinken, also weitere 450 €.

Eine Schachtel Zigaretten am Tag = 7 Euro, also 210 €.

Es bleiben unterm Strich , rein rechnerisch - 1.160 €. Aber real kommt man höchstens mit 1000 € pro Monat nach Hause

Ein Installateur, ein Elektriker, ein Küchenmonteur, ein Baggerfahrer, etc. etc. bekommt in Rumänien - unterschiedlich je nach Gegend - ca. 4.000 Lei netto. Vielleicht offiziell etwas weniger, der Rest dann schwarz.

Aber man ist zuhause, und fährt am Sonntag ins Grüne und nimmt den Grill und die Angel mit.

Das Resultat: Lerne deutsch, fahr nach Österreich oder Deutschland und lerne dort ein Handwerk nach den Normen, wie sich das gehört - was man leider in Rumänien abgeschafft hat - , und dann komm nach Rumänien und arbeite 40 Std. pro Woche in einer seriösen Firma. Dann arbeite nebenher noch schwarz, am Abend und am Samstag, und Du hast mehr in der Tasche als in Deutschland beim Bauern. Denn auch unter der Berücksichtigung, dass du auch hier isst und trinkst und rauchst, - hier sind andere Preise und wenn Du am Dorf wohnst und hast einen Garten, dann wird‘s noch billiger.

Dann bleibst Du auch mit geradem und gesunden Rücken, - denn 10 Std. pro Tag Kraut ernten, ich weiß, wie man dann am Abend aussieht. Und Du lebst nicht mit dem Risiko, dass deine Freundin, wenn du von Deutschland wieder nach Hause kommst, schon mit einem anderen weggegangen ist.

https://ibb.co/HPdKqzG

Nun muss man noch dazusagen, dass derlei Informationen nur für den gedacht sind, der nicht viel im Kopf hat und nicht besonders gut rechnen kann. Die wenigen Leute, die hier in Rumänien im Ruf eines guten Facharbeiters stehen, die wissen das längst und fahren mit Sicherheit nicht nach Deutschland.

Ein guter Elektriker oder Gas/Wasser/Heizungs-Installateur lässt sich bei einer halbstaatlichen Firma anstellen, bekommt dort einen guten Lohn, und arbeitet nebenher schwarz — nicht unter 15 € pro Stunde. Macht sich im Betrieb nicht kaputt, und verfügt über bessere Sozialleistungen.

Das Interessante: Diese Handwerker sind gesucht wie ein Bissen Brot und total ausgebucht. Unter einem halben Jahr Wartezeit geht da nichts. Und verdienen mehr als ein angestellter Jurist in einer Anwaltskanzlei. 
 
Das ist das reale Ergebnis davon, dass man nach dem Sturz von Ceausescu die (im Prinzip vorbildlichen) Berufsschulen abgeschafft hat. Mit der Begründung, dass jeder junge Mensch studieren soll ...
 

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Werter Helmut!

Wenn man die aktuellen Lebensverhältnisse so studiert, kommt man möglicherweise zum Schluß, besser nicht zu studieren?

Besonders hohe Zahl an arbeitslosen Akademiker gibt's in Wien. Angeführt vom Betriebswirt bis zum Wirtschaftswissenschafter
(Quelle AMS)

Akademiker als Prekariat? Ca. 3% der Arbeitslosen sind Akademiker.

Nicht alle Arbeitslosen wollen arbeiten!

Habe einen Maler gefragt, wann er mein Haus neu streichen könnte.
Seine Antwort: "Bis zur nächsten Eiszeit"
Da hoffe ich doch auf einen raschen Klimawandel!

MfG Michael!

helmut-1 hat gesagt…

Herrn Michael:

Fest steht, dass derzeit in Rumänien als guter Handwerker mehr verdient wird als in den Büros oder in den Supermärkten. Wobei bei jedem Handwerker noch die Möglichkeit besteht, nebenher schwarz bei anderen Leuten zu arbeiten und sich dabei noch ein zusätzliches Einkommen zu verschaffen. Das wird bei den Leuten, die in den Büros oder in den Supermärkten angestellt sind, schwieriger.

Aber nicht nur in Rumänien ist das so. Mein Sohn, der als guter Landschaftsgärtner - mit erweiterten Fachkenntnissen - derzeit als LSt.Kl. I/0 ca. 2.300 € netto bekommt, arbeitet danach noch entweder länger im Betrieb, aber ohne Überstundenauszahlung, sondern im Zeitausgleich, oder privat. Natürlich auch samstags. Auf diese Weise macht er im Durchschnitt noch jede Woche 500 € zusätzlich. Klar, dann ist er auch geliefert und schläft am Sonntag aus.

Frage: Leute mit Matura oder auch Akademiker (das schließt auch Physiker, Mathematiker, Ernährungsleute, etc. ein), also Leute, die im Büro arbeiten, - haben die auch so ein Einkommen, das netto deutlich über 4.000 € liegt?

Ich weiß es nicht.