Montag, 22. Juni 2015

Was ausgeschlossen wird

... ist natürlich, daß der unser Land seinerzeit aus Bosnien kulturbereichernde Amokfahrer von Graz seine Tat aus einer religiös-islamischen Motivation heraus beging. Aber nicht doch — Angehörige der Religion des Friedens tun sowas einfach nicht! Oder ...?

Vielmehr ist es so: wenn FPÖ-Chef Strache in einem Nebensatz die Vermutung ausspricht, es könne doch auch ein islamischer Hintergrund für die Amokfahrt vorliegen — dann ist er ein »Hetzer« ... wenigstens für unsere Jounaille (und sonstige mainstreamkonforme Gutmenschen). »DiePresse«-Leser sehen das allerdings überwiegend anders:
michaelcollins2
22.06.2015 07:55
seltsam. ich arbeite im pflegeberuf und weiss, dass das ärzteteam zur Erstellung einer Diagnose wie psychose oft tage, ja wochen braucht. Die Grazer Behörden schaffen das innerhalb von stunden. oder hat man hier wieder eine goldene brücke gebaut, da man vor der Religion des friedens wieder einmal kniet?
kiki76
22.06.2015 09:20
Re: seltsam.
Ich bin vom Fach und natürlich ist eine Psychose sehr rasch zu diagnostizieren, da braucht es wirklich keine Tage und Wochen. Um welche ART der Psychose es sich handelt wird sich noch herausstellen (drogeninduziert, schizophren,..)
michaelcollins2
22.06.2015 10:14
Re: Re: seltsam. wenn sie tatsächlich vom fach sind, müssten sie mir zustimmen, dass diese Diagnose ganz sicher nicht von der Polizei oder anderen Behörden gestellt werden kann.
dass sie vom fach sind erlaube ich mir zu bezweifeln. es dauert ganz sicher nicht wenige stunden, um so eine Diagnose zu stellen, noch dazu von fachfremden.
Iden des März
22.06.2015 08:34
Re: seltsam.
ich habe mich auch etwas gewundert, wie in dem relativ kurzen Zeitraum zwischen Festnahme und erster öffentlicher Stellungnahme der Behörden bereits eine fachärztliche Untersuchung erfolgt sein kann.
Oder haben die einvernehmenden Beamten eine psychiatrische Ausbildung und können somit "Psychosen" diagnostizieren?

Weyland-Yutani
22.06.2015 08:34
Re: seltsam. In anderen Zeitungen steht, dass der Täter zuletzt verstärkt Moscheen besucht hat und seine Frau gezwungen haben soll, ein Kopftuch zu tragen.
Wir können also getrost davon ausgehen, daß bis zu den Landtagswahlen in Oberösterreich und — insbesondere — Wien der Täter einfach irgendwie psychotisch gewesen ist. Danach freilich kann die uns alle völlig überraschende Entdeckung, daß seine psychotische Erkrankung einen religiös-islamischen Hintergrund hatte, nicht länger ausgeschlossen werden ...

5 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Monsieur le Penseur,

vor zwei, drei Jahren gab es in Lüttich eine Schießerei, bei der ein Nordafrikaner wahllos auf Passanten schoss. Die Schüsse waren noch kaum verhallt, da hieß es von Seiten der Behörden, es handle sich um "keinen religiös motivierten Terrorakt".
Einige Zeit später wurde dann doch bekannt, dass der Attentäter während seines Treibens laut "Allah akbar" geschrieen hatte.
Soviel zur Objektivität eiliger (und politisch motivierter) Stellungnahmen.

Bran hat gesagt…

Zu dem Streit der Diagnostik im Bezug auf eine Psychose, die sich in dem abgebildeten Kommentarstrang abspielt (Achtung - Trommelwirbel - ich bin auch "vom Fach"):

1. Bin ich Psychiater mit ambulanter Praxis oder in einer Klinik und einer kommt freiwillig oder auf Geheiss seines Vormunds/Beistands oder aufgrund polizeilicher Zuweisung wegen Störung der öffentlichen Ordnung zu mir und sagt: "Hey, Arschbacke, ich höre da die ganze Zeit Satan, der mir sagt, dass ich rumschreien und allen mein Gehänge auf öffentlichen Plätzen zeigen muss!!!!" Dann werde ich vermutlich in einem oder zwei relativ kurzen Gesprächen feststellen können, ob es sich um eine manifeste Psychose oder nur um Rumgekaspere handelt. Im Zweifelsfalle dann für Psychose und medikamentöse Einstellung bei fürsorgerischer Unterbringung (in der Schweiz nennt man das so...heisst soviel wie Zwangseinweisung in Klinik bis Besserung).

Bran hat gesagt…

2. Bin ich Psychiater und einer kommt zu mir auf polizeiliche Zuführung, weil er grad in eine Menschenmenge gefahren ist und anschliessend noch mit dem Messer den Leuten nachrannte und erzählt mir dann: "HA! Die Stimmen haben es mir befohlen, Du Spast!!!" Werde ich eher vorsichtig in der Beurteilung sein, denn jetzt geht die Forensik-Post ab. Von nun an erfolgende Diagnosen und Aussagen sollten Gerichtsverwertbar sein und das wiederum heisst, die Abklärung, ob der Kerl schuldfähig ist oder nicht, sollte ein wenig genauer sein, als wenn er nur sein Gemächt auf dem Basler Münsterplatz schüttelte. Dieser Prozess, also diese Abklärung wiederum, wird einige Gespräche, Interviews und Überprüfungen seiner Aussagen auch auf evtl. Widersprüchlichkeiten beinhalten und kann unmöglich so schnell erfolgen. Geht einfach nicht. Denn im Prinzip kann man über einen gewissen, kurzen Zeitraum jede psychische Störung oder auch jede Störung der Persönlichkeit vorspielen. Über einen längeren Zeit- und Beobachtungsraum geht das aber eher nicht bzw. wird immer schwieriger (wobei das Durchhalten dieser Vortäuschung dann wiederum für bestimmte andere Störungen sprechen würde). Daher: Forensisch-psychiatrische Gutachten, die nach knapp ein paar Tagen erfolgt sind: Die sind für den Arsch und nur Journalistenfutter.

3. Ein Problem, das sich ergeben kann (vor allem auf akademischer Ebene) ist aber nun dasjenige, dass das, was bei uns als Persönlichkeitsstörung gilt, in anderen Kulturkreisen recht üblich oder zumindest weiter verbreitet sein kann. Denn eine Persönlichkeitsstörung liegt dann vor, wenn in der Entwicklung zu einer reifen und autonomen Persönlichkeit schwerwiegende Einwirkungen vorliegen, die diese Entwicklung verzögerten, behinderten oder verunmöglichten. Ausgleichen kann man diese Störungen später praktisch nie. Es gibt keine Prothesen für Persönlichkeiten. Man kann sie nur durch Verhaltenstraining im besten Falle Sozialverträglich machen (bei Sexualstraftätern z.B. geht das in der Regel: Nie...auch wenn das kaum ein Psychiater zugibt). Die Faktoren, die nun zu so einer Störung führen, sind extrem auf westliche Gesellschaften und Erziehungsmodelle und -Ergebnisse gemünzt bzw. dadurch definiert. Die Mitglieder von z.B. gewissen (auch ausgestorbenen) Südseestämmen (siehe z.B. Erich Fromm "die Anatomie der menschlichen Destruktivität") sind nach unseren Kriterien durchwegs Persönlichkeitsgestört, ganz einfach, weil ihre Erziehung völlig von unseren Werten und Normen abgewichen ist und völlig andere Ziele verfolgte bzw. zur Integration in eine andere Gesellschaftsform mit anderer Ethik und anderen Moralvorstellungen diente..
Dies wiederum führt dazu, dass die Bewertung eines durchgeknallten Moslems nach psychiatrischen Kriterien extrem schwierig sein kann. Wenn Gewalt und Liebesentzug durch die Eltern in der Kindheit einem kulturellen Muster folgt...ist der Mann dann persönlichkeitsgestört oder ist er einfach nur Scheisse für uns? Schuldfähig oder nicht?
Aber eben: Diese Fragen werden wegen der unangenehmen Implikationen selten erörtert und wenn, dann meistens zugunsten des Angeklagten, da es ja nicht erlaubt ist, zu sagen, dass eine Kultur ganz einfach inkompatibel und Scheisse für die unsere ist.

Anonym hat gesagt…

Die Weisheit meiner Zunftgenossen, vom Klaps-Fach, wird vom profanum vulgus durchaus überbewertet. Ich kannte und kenne einige, die das Cliché vom Narrendoktor aus drittklassigen Komödien herrlich erfüllen, sowie einige, denen man gesunden Menschenverstand zubilligen kann und muß (nebenbei, das Gegenteil vom gesunden Volksempfinden), doch die meisten sind mäßig gebildete Spießer, die sich bedenklich der dementia academica nach Eugen Bleuler nähern.
(Was bin ich froh, daß ich ein Beta bin, Alphas müssen so schrecklich viel lernen...)
-- Halbgott in Weiß --

Le Penseur hat gesagt…

»Bran« & »Halbgott in Weiß« — welcome on board!

Diskussionsbeiträge von Fachleuten sind immer erwünscht! Und noch mehr, wenn sie auch noch witzig formuliert wurden ...