Mittwoch, 4. Januar 2012

Kein Format

... zu haben, bescheinigt Bundespräsident Wulff in der »Welt« ein gewisser Ulf Poschardt. Und er begründet dies u.a. mit der geringen Achtung vor der Meinungsfreiheit, die Wulff an den Tag lege:
Was für ein Menschenbild muss ein Bundespräsident haben, der ernsthaft glaubt, missliebige Journalisten könnten von der Suche nach der Wahrheit durch Intervention des Präsidenten beim Chef gebremst werden? Wer so denkt und handelt, interessiert sich nicht sonderlich für die Meinungsfreiheit und das mitunter unangenehme Wühlen einer unangepassten, freien Presse, sondern hat ein hierarchisches Verständnis von Gesellschaft. Die Welt«)
Was für ein Menschenbild muß erst ein »Welt«-Schreiberling haben, der ensthaft glaubt, dem Publikum verklickern zu können, daß Journalisten »von der Suche nach der Wahrheit« getrieben seien? Daß sie etwa nicht jeder Intervention ihres Chefs, deren Nichtbefolgung ihre Karriere behindern könnte, bereitwillig nachkämen — nur daß in diesem Falle der Chef halt nicht intervenieren wollte, oder wenn, dann mit einem: »Jetzt macht ihn endlich fertig!« ...

Derlei Gesülze dann auch noch von einem Mann wie Ulf Poschardt serviert zu bekommen, der seinerzeit einen Tom Kummer (ja, genau diese Type mit den serienweise gefälschten, weil nie gegebenen Interviews aus Hollywood) jahrelang bei der Süddeutschen werkeln ließ, und sich daher aussuchen darf, ob er als blauäugiger Vollidiot oder als Komplize eines Fälschers gelten will — das erregt nur mehr eines: Ekel!

Offenbar ist »Meinungsfreiheit« für Herrn Poschardt das, was er (oder ein Journalistenkollege) sich nach Belieben aus dem Finger saugt. Und mag es noch so faktenwidrig sein. Und alle hätten das selbstmurmelnd zu respektieren, und zu flagranten Ehrabschneidungen vermutlich noch »Dankeschön!« zu sagen. Wenn man allein bedenkt, mit welcher Perfidie eine angebliche Qualitätszeitung wie »Die Welt« geschickt und ohne medienrechtliche Klagbarkeit insinuierte, daß die »First Lady« in Wahrheit eine »First Slut« sei, die Wulff als Hure kennengelernt habe, kommt einem die Kotze hoch. Worüber sich Wulff in seiner Botschaft in der Mailbox völlig zu Recht entrüstete und vom »Überschreiten eines Rubicons« sprach. Nichts anderes ist es — denn so agieren eben wirklich nur Mega-Arschlöscher, die man in einem angeblichen Qualitätsmedium (bis zum Beweis des Gegenteils) eher nicht vermutet hätte.

Jeder, der diesen Blog kennt, weiß um die höchst unverblümt geäußerte Kritik an Aussagen und Auftreten Christian Wulffs. Doch genau diese kritische Distanz nötigt einen jetzt aber, ebenso offen zu sagen: was hier mit diesem Mann (und seiner Frau!) betrieben wird, ist ein Skandal, der den »Skandal«, daß er sich als prominenter Politiker ein bisserl günstigere Kreditzinsen heraushandeln konnte, weitaus in den Schatten stellt! Und es ist symptomatisch für das heutige Deutschland, daß ein schamloses Publikum, geeicht durch dutzende Proleten-Formate auf allen Fernsehkanälen, gebannt auf das Spektakel starrt, das da vor seinen Augen inszeniert wird, statt unserer Journaille in Leserbriefen die Fresse zu polieren.

Das wäre nämlich wirklich Meinungsfreiheit!

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Sehr gut! Glasklar und auf den Punkt gebracht.
Besser kann man diesen Vorgang nicht beschreiben.

MfG

Morgenländer hat gesagt…

Und die feine "FAZ" ist sich auch nicht mehr zu schade, sich mit der Hetzmeute gemein zu machen.

Die Anmerkung hat gesagt…

Den post habe ich durch Verlinkung die ihm gebührende Würde verliehen.