... also am 16. Jänner 1912, verunglückte ein deutscher Dichter tödlich beim Schlittschuhlaufen auf der Havel — und an ebendenselbem Tage wurde ein anderer in Südtirol (damals also in Österreich-Ungarn) geboren. Da sich nun, wie ich sehe, Kollege Morgenländer bereits Georg Heyms, des verunglückten Schlittschuhläufers, angenommen hat, bleibt mir nur noch eine kurze Würdigung des anderen zu verfassen: Franz Tumler.
Anders als Georg Heym, der für mich schon als Gymnasiast (oder vielmehr: eigentlich nicht viel länger denn als Gymnasiast!) ein mit überschwenglicher Begeisterung verschlungener Autor war, über den ich ein von unserem Deutschprofessor beifällig aufgenommenes Referat hielt (ich durfte damit sogar in Parallelklassen als »Gastreferent« auftreten), den ich ebenso verehrte, wie ich beispielsweise den ihm nicht unvergleichbaren Trakl verachtete, ist Franz Tumler erst in meinen reiferen Jahren in mein näheres literarisches Bewußtsein getreten. Nun, sicher, ich wußte, daß es ihn gab, »Ein Schloß in Österreich« war mir dem Titel nach bekannt, ja sogar in meiner Bibliothek — doch verblieb es dort, wie soviel anderes, jahrelang (fast) ungelesen, denn über die ersten paar Seiten war ich nie hinausgekommen.
Ein bei mir durchaus typisches Leseverhalten: ein Schriftsteller verharrt — oft für viele Jahre — in einer Warteposition (bei meiner Bibliothek, inzwischen nur knapp unter dem fünfstelligen Bereich, ist das ohne Probleme möglich), bis »seine Stunde schlägt«, ein Buch einmal wirklich fertiggelesen wird, und danach für mich die Entscheidung feststeht: der ist was für mich — oder eben nicht ...
Tumler dürfte ich, wenn ich mich recht erinnere, so etwa in meinen späten Dreißigern gelesen haben. Natürlich das »Schloß in Österreich«, das damals bereits »kanonisiert« war, nachdem Franz Tumler die Schatten seiner ach so pöhsen NS-Vergangenheit erfolgreich abgeschüttelt hatte. Tumler hatte noch Glück: Kontakte u.a. zur »Gruppe 47« brachen die Isolation, in welche »Ehemalige« nach 1945 gerieten, und als die 68er-Bewegung ihren Stab über die Generation ihrer Eltern und Großeltern brach, war Tumler längst ins Fahrwasser des »nouveau roman« geglitten und gehört zur literarischen »Moderne«.
Doch es geht nicht darum, bildungsbeflissen Details aus Biographie und Literaturgeschichte auszubreiten (die jeder, den's interessiert, selbst nachsehen kann), sondern um Tumlers Eindruck auf mich. Und der ist, wie ich zugeben muß, zwiespältig. Einerseits beeindruckte mich stets die Präzision, mit der er — oft wie in der Nachfolge Adalbert Stifters — Situationen vor dem Auge des Lesers entstehen läßt. Andererseits bleibt für mich ein je ne sais quois, das mich, je später das Werk, desto mehr, mit einem Gefühl des Unbehagens, ja der Enttäuschung zurückläßt.
Dennoch: die Bekanntschaft mit Franz Tumler lohnt! Manche Passage im »Schloß«, im »Mantel«, oder in der »Heimfahrt« möchte ich nicht missen müssen. Und die hundertste Wiederkehr seines Geburtstages ist vielleicht ein passender Anlaß, ein Werk Franz Tumlers wieder einmal — oder erstmals — zur Hand zu nehmen.
Anders als Georg Heym, der für mich schon als Gymnasiast (oder vielmehr: eigentlich nicht viel länger denn als Gymnasiast!) ein mit überschwenglicher Begeisterung verschlungener Autor war, über den ich ein von unserem Deutschprofessor beifällig aufgenommenes Referat hielt (ich durfte damit sogar in Parallelklassen als »Gastreferent« auftreten), den ich ebenso verehrte, wie ich beispielsweise den ihm nicht unvergleichbaren Trakl verachtete, ist Franz Tumler erst in meinen reiferen Jahren in mein näheres literarisches Bewußtsein getreten. Nun, sicher, ich wußte, daß es ihn gab, »Ein Schloß in Österreich« war mir dem Titel nach bekannt, ja sogar in meiner Bibliothek — doch verblieb es dort, wie soviel anderes, jahrelang (fast) ungelesen, denn über die ersten paar Seiten war ich nie hinausgekommen.
Ein bei mir durchaus typisches Leseverhalten: ein Schriftsteller verharrt — oft für viele Jahre — in einer Warteposition (bei meiner Bibliothek, inzwischen nur knapp unter dem fünfstelligen Bereich, ist das ohne Probleme möglich), bis »seine Stunde schlägt«, ein Buch einmal wirklich fertiggelesen wird, und danach für mich die Entscheidung feststeht: der ist was für mich — oder eben nicht ...
Tumler dürfte ich, wenn ich mich recht erinnere, so etwa in meinen späten Dreißigern gelesen haben. Natürlich das »Schloß in Österreich«, das damals bereits »kanonisiert« war, nachdem Franz Tumler die Schatten seiner ach so pöhsen NS-Vergangenheit erfolgreich abgeschüttelt hatte. Tumler hatte noch Glück: Kontakte u.a. zur »Gruppe 47« brachen die Isolation, in welche »Ehemalige« nach 1945 gerieten, und als die 68er-Bewegung ihren Stab über die Generation ihrer Eltern und Großeltern brach, war Tumler längst ins Fahrwasser des »nouveau roman« geglitten und gehört zur literarischen »Moderne«.
Doch es geht nicht darum, bildungsbeflissen Details aus Biographie und Literaturgeschichte auszubreiten (die jeder, den's interessiert, selbst nachsehen kann), sondern um Tumlers Eindruck auf mich. Und der ist, wie ich zugeben muß, zwiespältig. Einerseits beeindruckte mich stets die Präzision, mit der er — oft wie in der Nachfolge Adalbert Stifters — Situationen vor dem Auge des Lesers entstehen läßt. Andererseits bleibt für mich ein je ne sais quois, das mich, je später das Werk, desto mehr, mit einem Gefühl des Unbehagens, ja der Enttäuschung zurückläßt.
Dennoch: die Bekanntschaft mit Franz Tumler lohnt! Manche Passage im »Schloß«, im »Mantel«, oder in der »Heimfahrt« möchte ich nicht missen müssen. Und die hundertste Wiederkehr seines Geburtstages ist vielleicht ein passender Anlaß, ein Werk Franz Tumlers wieder einmal — oder erstmals — zur Hand zu nehmen.
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