Dienstag, 29. Dezember 2015

Darf man »eigentümlich frei« denn noch lesen ...?

Nun, vielleicht lesen. Aber natürlich mit Entrüstung! Und sagen, tja: sagen sollte man's auch besser nicht ...

Es ist ja so in unserer Meinungsfreiheitsgesellschaft, daß es immer möglich ist, völlig frei die Meinung des politisch-medialen Komplexes zu äußern. Andere weniger. Besser gar nicht. Wenn man noch Karriere machen will, oder auch einfach nicht die Fenster eingeschlagen bekommen möchte. Oder den Verlagsvertrag gekündigt, und Bücher eingestampft.

Nun hat sich also ein wackerer Liberaler namens Michael Blume als Autor vom ef-Magazin mit Ekel und Entsetzen verabschiedet, denn
... mein Entschluss steht fest - als Feigenblatt für braune Autoritäre stehe ich nicht zur Verfügung ...
schreibt er. Das ist irgendwie nachvollziehbar, denn da »eigentümlich frei« schon seit jeher nicht wirklich als feiges Blatt bezeichnet werden konnte, weil es gegen die rot/grünen (in dieser Mischung bekanntlich: braunen) Autoritären mit der Meinung nie hinter dem Berg hielt, kann Herr Blume (um es sozusagen durch die Blume zu sagen), dessen Herz und Sinn einem feigen Blatt vielleicht besser entspräche, das mehr seine freiheitlich-liberalen Vorstellungen von »Sie dürfen alles denken, solange Sie nicht den Fehler machen, es auch zu sagen« entgegenkommt, da eben einfach nicht mit!

Nun, als regelmäßiger Leser des ef-Magazins weine ich der abgefallenen Blume, die ja doch noch keinen Frühling gemacht hätte, nicht allzu sehr nach. Umso besser gefällt mir dafür das Statement des »Papsttreuen« (dessen Papsttreue ich angesichts des derzeitigen Papstes zwar nicht nachvollziehen kann, aber dessen ungeachtet ohne existenzielle Verunsicherung zur Kenntnis nehme), der in einem lesenswerten Artikel darlegt

Warum ich an Bord bleibe

Man muss nicht jede Meinung in der „eigentümlich frei“ gutheißen, schon gar nicht jeden Kommentar. Aber es ist gut, dass es Magazine wie dieses gibt.

 Niemand wird in Deutschland gezwungen, eine bestimmte Zeitung oder ein Magazin zu lesen, geschweige denn, dafür zu schreiben. Umgekehrt gilt schon eher: Wer in Deutschland bestimmte Zeitungen, Magazine und Nachrichtendienstleister liest, steht schneller in der rechten Ecke als er „Thilo Sarrazin“ sagen oder zumindest buchstabieren kann. Dabei geht es dann nicht um die „Hausmeinung“ des jeweiligen Mediums, auch nicht um die dort von Autoren vertretenen Positionen, es geht in vielen Fällen um das Erscheinen von Autoren, die man schon mal dem rechten Lager zugeordnet hat.
Gerade hat sich ein christlicher Blogger als Autor des Magazins „eigentümlich frei“ (ef) verabschiedet. Er begründet das auf seinem eigenen Blog mit einem Beitrag zur Bundeskanzlerin und den dort veröffentlichten Kommentaren sowie mit der Aufnahme von eben genanntem Thilo Sarrazin in den regelmäßigen Autorenpool.
Der »Papsttreue« (der nach wie vor in der Linkliste des LePenseur-Blogs, Kategorie »Katholisches«, aufscheint — was allerdings seit der katholibanischen Erregung des letzten Spätsommers keiner Reziprozität mehr unterliegt ... nun, wir wollen dem geschätzten Papsttreuen nur die Tugend der klugen Vorsicht, doch keineswegs Mangel an Mut unterstellen ...) gibt in seinem Artikel recht unverblümt Nachhilfeunterricht im Fach »liberale Meinungsfreiheit«: diese beinhaltet nämlich auch, daß »andersliberale« Meinungen geäußert werden dürfen. Und exemplifiziert das an dem von Blume zum Schibboleth der Illiberalität erklärten Umstand, daß »jemand wie Sarrazin« im ef-Magazin als Autor schreiben darf, wie folgt:
Wahr ist allerdings, dass in den deutschen Medien eine Sachlage wie die von Sarrazin beschriebene kaum thematisiert wird. Wahr ist, dass der Versuch, so etwas zu thematisieren mit einem Verweis aus dem öffentlichen Diskurs „geahndet“ wird. Wahr ist auch, dass eine große Zahl der Menschen in Deutschland das ungute Gefühl beschleicht, von Politik und gängigen Medien hinters Licht geführt zu werden und sich darum anderen Quellen zuwendet, über deren Sachverstand und Objektivität (als Stichworte mögen „Kopp“ oder „Russia Today“ genügen) man allerdings durchaus unterschiedlicher Meinung sein kann.

Nein, ich teile bei weitem nicht jede Äußerung, die in der ef veröffentlicht wird, schon gar nicht teile ich die in manchen Kommentaren zum Ausdruck gebrachten Kollektivismen, die kaum noch einen Bezug zu Freiheit und/oder Libertarismus zulassen, abgesehen davon, dass dort frei Meinungen geäußert werden.
(ebendort)
Auf seinem Blog ergeht sich Blume wortreich in Abgrenzungen von »eigentümlich frei«. Offenbar fürchtet er bereits, durch Kontakt-Kontamination für weiteres Medienschaffen verseucht zu sein. Nun, sein Problem, nicht meines ... Aber mehr noch: Kommentarpostings, die in erkennbarer Sachlichkeit und Zurückhaltung seinen Schritt als unrichtig bezeichen, wie z.B. eines von Markus Hartmann, der auf Blumes Vorwurf
Thilo Sarrazin (SPD) behauptet nicht einmal von sich selbst, liberal oder libertär zu sein. Seine einzige "Qualifikation" für eifrei besteht offensichtlich in antimuslimischer Stimmungsmache. Auch dies ist ein Missbrauch des Liberalismus.
Ein "Korrektiv" wäre ich gerne gewesen, als "Feigenblatt" für geldgeilen Extremismus stehe ich nicht zur Verfügung. Ob Sie dabei mitmachen, bleibt Ihre Entscheidung.
maßvoll antwortet:
Lieber Herr Blume,
"geldgeiler Extremismus", "NPD-Jargon" , "antimuslimische Stimmungsmache" sind ja nun auch keine Vokabeln, die ich ad hoc mit einem liberalen Geist verknüpfen würde, von einer wie ich finde inakzeptablen Verkürzung der Argumente in der gegenwärtigen Diskussion und einer unangemessen pauschalisierenden Ausdrucksweise mal ganz abgesehen. Frau Merkel hat auch keineswegs "auf Basis des Grundgesetzes" gehandelt, im Gegenteil, das ist u.a. das was man ihr vorwirft, ganz abgesehen davon, dass die jetzt bestehenden und lange vorher bekannten Probleme (die Dienste haben seit zwei Jahren auf die Flüchtlingswelle hingewiesen und nichts ist geschehen) ja hausgemacht sind und nun bei den nachgeordneten Stellen abgeladen werden, die schauen können wie sie klar kommen. Von einer pflichtbewussten Kanzlerin erwarte ich anderes als wolkige Erklärungen à la "wir schaffen das", vor allem erwarte ich ein von vornherein klar umrissenes Krisenmanagement, an dem es nach wie vor fehlt. Man kann darüber streiten, ob es aus humanitären Gründen gerechtfertigt sein kann, hunderttausende Flüchtlinge ins Land zu lassen, von denen viel mit unbekanntem Ziel im Land unterwegs sind, aber zu sagen, diese Handlungsweise stünde in Einklang mit dem Grundgesetz ist leider völlig falsch. Dito die Entwicklung in der Eurokrise. Man bestreitet doch in Berlin gar nicht mehr, dass beispielsweise die no-bail-out-Klausel gebrochen wurde, obwohl sie als Garant dafür dienen sollte, dass man in Deutschland auf die D-Mark verzichtete. Ich denke nicht, dass ich Ihnen die fettgedruckten Versprechen der CDU etwa anno 199 noch einmal vorlegen muss. Um festzustellen, dass damit Recht gebrochen wurde, benötige ich kein rechtskräftiges Gerichtsurteil oder sehen Sie das anders? Mit der gleichen Berechtigung könnte ich sagen, Sie werfen anderen zu Unrecht diskriminierendes , antimuslimisches und sexistisches Verhalten vor, weil die betreffenden Herrschaften weder zivil- noch strafrechtlich verurteilt sind. Sie sehen selbst, dass da etwas klemmt, Mir drängt sich allmählich der Eindruck auf, dass Sie den Begriff liberal doch etwas zu sehr verengen, was ein Widerspruch in sich selbst ist. Ich sehe aber, dass Ihr Entschluss steht und nach Ihrer jetzigen Replik kann ich ihn auch nachvollziehen, die Schnittstellen sind in der Tat nicht (mehr) existent.. Machen Sie es also gut. Herzliche Grüße und Ihnen ebenfalls ein schönes Jahr 2016 in liberaler Tradition. Ihr Markus Hartmann
werden von ihm in einer — wie sagt man dazu, ohne sich strafbar zu machen? — na, sagen wir: nicht eben edlen Vorgangsweise mit den bereits zitieren Worten:
mein Entschluss steht fest - als Feigenblatt für braune Autoritäre stehe ich nicht zur Verfügung...
unterschwellig drohend implizit der NS-Wiederbetätigung bezichtigt: nun — wer das als »liberal« ansieht, um den braucht man sich wohl keine Sorgen mehr zu machen ...

Wie sagt der Wiener in solchen Fällen? »Tschüß mit Ü«! Wessen Blümelein IM Erika heißt (bzw.: wer IM Erikas Blümelein sein will), der braucht sich in der Buntenrepublik Deutschland um sein Fortkommen keine Sorgen zu machen. Daß ihm deshalb unter den Lesern des ef-Magazins Tränen nachgeweint würden, das sollte er freilich auch nicht erwarten.

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