von Sandokan (übersetzt und kommentiert)
Laut einer 2009
von Wikileaks veröffentlichten geheimen diplomatischen Korrespondenz der USA (sog. Drahtnachricht) warnten amerikanische Beamte privat hinter verschlossenen Türen, dass Israel zu einem „gelobten Land für das organisierte Verbrechen“ werde. Das Dokument beschreibt ein Land, das darum kämpft, die organisierte Kriminalität einzudämmen, deren Einfluss weit über Israels Grenzen hinausreiche. Kriminelle Familienclans expandierten bereits damals in globale Märkte. Gerichte zögerten, harte Strafen zu verhängen, und Zeugenschutz war faktisch nicht existent. Bekannte Kriminelle, so warnte das interne Schreiben, reisten sogar mit gültigen Visa in die Vereinigten Staaten ein. Fünfzehn Jahre später klingen diese Bedenken weniger wie Spekulationen, sondern eher wie Schlagzeilen.
Dieses Phänomen kann als „Crime Gate“ bezeichnet werden - eine Metapher für die Schnittstelle zwischen der organisierten Kriminalität Israels und der übrigen Welt. Es handelt sich dabei nicht um einen offiziellen Begriff der Regierung, sondern soll verdeutlichen, wie Gewalt und Betrug im Inland (also Israel) direkt mit internationalen Märkten und der internationalen Politik zusammenhängen.
Das „Crime Gate“ funktioniert auf vier Arten:
- Waffenhandel: Über Jordanien, Ägypten und den Libanon werden Waffen geschmuggelt, mit denen sowohl lokale Banden als auch militante Gruppen im Westjordanland bewaffnet werden.
- Finanzkriminalität: Betrug und Geldwäscheoperationen, von Betrug beim Derivathandel und Termingeschäften (Binäre Option) bis hin zur Cyberkriminalität - mit Opfern in den USA und Europa.
- Mobilität und Visa: Kriminelle reisen ins Ausland, manchmal mit legalen Visa, um ihre Aktivitäten auszuweiten.
- Gewaltkriminalität: Morde und Erpressungen im Inland (Israel) untergraben die staatliche Autorität und schaden dem Ansehen im Ausland.
Das verstehen wir unter dem „Crime Gate“: Israels Exportschnittstelle für organisierte Kriminalität.
Von Autobomben zu Gerichtssälen
In den Jahren seit dieser diplomatischen Nachricht hat Israel groß angelegte Verfahren gegen einige der berüchtigtsten Personen angestrengt. Der Fall 512 richtete sich gegen das Abergil-Syndikat und gipfelte 2021 in Verurteilungen wegen eines Bombenanschlags in Tel Aviv im Jahr 2003, bei dem drei Passanten ums Leben kamen. Im Jahr 2022 wurde Itzhak Abergil zu mehreren lebenslangen Haftstrafen verurteilt, 2024 lehnte der Oberste Gerichtshof seine letzte Berufung ab und besiegelte damit das Urteil (Haaretz, Nov. 2024; Jerusalem Post, Nov. 2024). Diese Prozesse wurden als Wendepunkte angesehen: als Beweis dafür, dass Israels Ermittlungsbehörde für organisierte Kriminalität, Einheit Lahav-433 (Israels FBI) mit geduldigen, mehrjährigen Ermittlungen Verbrechersyndikate zerschlagen konnte.
Doch die Kriminalität ging nicht zurück. Sie passte sich bloß an.
Gewalt am Rande der Gesellschaft
Arabische Städte in ganz Israel haben die Hauptlast dieser Veränderung zu tragen.
Im Jahr 2023 wurden mehr als 230 arabische Bürger ermordet, oft im Rahmen von Bandenkriegen und Schutzgelderpressungen. Laut einer Studie in Religions (MDPI, 2025) war die Mordrate in Gemeinden mit arabischer Bevölkerung fast zwanzigmal höher als in den jüdischen. Der Anstieg ist in bestimmten Gemeinden besonders deutlich zu beobachten. In der nördlichen Stadt Arraba hat sich die Mordrate innerhalb eines Jahres fast verdreifacht, sodass die Einwohner sowohl vor einem wirtschaftlichen Zusammenbruch als auch vor Gesetzlosigkeit Angst haben (Haaretz, April 2025). Im Norden und Zentrum Israels haben arabische Syndikate die lokalen Märkte übernommen und Forderungen mit brutalen Mitteln durchgesetzt, wobei sie sich dessen bedienen, was selbst die Mainstream-Medien inzwischen als „Gesetzlosigkeit” bezeichnen (Ynet, 2025).
Die öffentliche Kritik an der Polizei ist scharf. Lokale Führer werfen den Behörden Gleichgültigkeit vor und argumentieren, dass ungelöste Morde und nicht geahndete Erpressungen zeigen, dass der Staat die arabischen Bürger im Stich gelassen hat (Times of Israel, Februar 2025).
Das Westjordanland als Dreh- und Angelpunkt
Nirgendwo ist das kriminelle Schnittstelle besser sichtbar als entlang des Jordantals.
Schmuggler transportieren Schusswaffen über die Grenze; einige sind für Banden in Israel bestimmt, andere für militante Gruppen im Westjordanland. Die jordanischen Behörden melden regelmäßig Beschlagnahmungen. Die israelische Polizei spricht von gemeinsamen Basaren, auf denen Waffen sowohl an Kriminelle als auch an Militante verkauft werden. Für die Führer in Jerusalem, Ramallah und Amman verwischt diese Überschneidung die Grenze zwischen Kriminalität und Sicherheit. Waffen, die in Lod zur Eintreibung von Schulden eingesetzt werden, können genauso gut in Jenin verwendet werden.
Amerika steht weit offen
Auch die Vereinigten Staaten haben die Folgen bereits vor ihren Gerichten erlebt. In Los Angeles bekannten sich Mitarbeiter von Abergil der Erpressung und des Imports der Designerdroge MDMA schuldig. In Maryland wurde Lee Elbaz, der Geschäftsführer eines israelischen Unternehmens für Finanzspekulationen 2019 zu 22 Jahren Haft verurteilt, weil er US-Investoren um mehr als 100 Millionen Dollar betrogen hatte. Jeder Fall zeigt das gleiche Muster: Israelische Netzwerke exportieren Betrug und Gewalt ins Ausland, amerikanische Staatsanwälte reagieren, nachdem der Schaden bereits angerichtet ist. Für Washington ist die Lehre klar: Finanzbetrug aus Israel ist kein Randphänomen mehr. Es handelt sich um ein Problem der nationalen Sicherheit, das das Vertrauen in den Markt untergräbt und die US-Haushalte ausblutet.
Einfallstore nach Europa
Auch Europa bekommt schon längst die Folgen zu spüren. Jahrelang verkauften etwa Callcenter in Tel Aviv betrügerische Finanzderivate an Tausende von Europäern. Israel selbst hat diese Praxis bereits 2017 verboten. Die britische Finanzaufsichtsbehörde hat sie 2019 untersagt. Anderswo tauchten israelische Agenten in Kokain-Logistiknetzwerken auf, die sich über Rotterdam, Antwerpen und die Costa del Sol erstrecken. Sie sind zwar keine dominierenden Akteure, aber sie sind präsent – ein weiteres Zeichen für die Reichweite der kriminellen Netzwerke.
Das politische Dilemma
Die Debatte dreht sich um Schwerpunkte bei Prävention und Strafverfolgung.
Die eine Seite betont die institutionellen Schwächen Israels – die Unfähigkeit, arabische Gemeinden zu schützen, den Export von Betrugsmaschen, die ausländischen Märkten geschadet haben, die ungleiche Behandlung der Tätergruppen durch die Polizei. Die andere Seite hebt die tatsächlichen Erfolge hervor: die lebenslangen Haftstrafen für den Mafiapaten Abergil, das Verbot bestimmter Finanzspekulationen (Binäre Option) und die Entstehung von Lahav-433 als vertrauenswürdiger Ermittlungsbehörde. Diese Spannungen definieren das politische Dilemma für die Führungskräfte in Israel, Washington und Europa: Wie sind echte Fortschritte gegen anhaltende Misserfolge abzuwägen, und tendiert die Bilanz eher zu Zuversicht oder zu Alarmismus?
Das „Crime Gate“ wieder schließen
Die israelische Führung ist derzeit vollständig mit den Militäroperationen im Gazastreifen und den Sicherheitsproblemen im Westjordanland beschäftigt. Aber auch die organisierte Kriminalität ist ein Thema der nationalen Sicherheit und erfordert nachhaltige Aufmerksamkeit. Das Problem wird nicht von alleine wieder verschwinden.
Um das „Crime Gate“ zu schließen, ist Folgendes erforderlich:
- Ausweitung des Zeugenschutzes.
- Investitionen in die Polizeiarbeit in den Gemeinden mit arabischer Bevölkerung.
- Kooperation bei der Strafverfolgung mit Partnern aus den USA und Europa.
- Kooperation mit Jordanien bei der Bekämpfung des Waffenhandels.
Für Amman und Ramallah steht viel auf dem Spiel: Der Waffenhandel ist kein Nebeneffekt, sondern ein Faktor, der zur Instabilität beiträgt. Für Washington ist die gemeinsame Strafverfolgung der einzige Weg, um die US-Märkte und Haushalte vor betrügerischen Machenschaften zu schützen.
Die kommende Bewährungsprobe
Grenzüberschreitende Kriminalität mit Ursprung Israel ist kein Schicksal. Es ist ein System von Strömen, von denen jeder durch entschlossenes Handeln eingedämmt werden kann. Jeder Grenzposten, jede Registrierungsstelle und jede Visakontrolle ist ein potentielles Einfallstor. Steht das Tor unbewacht offen, kann das organisierte Verbrechen gedeihen.
Wird es gesichert, stellt es das Monopol des Staates auf Recht und Gewalt wieder her.
Das Wikileaks-Dokument war eine Warnung - die Morde, Anklagen und Betrügereien der letzten fünfzehn Jahre sind der Beweis dafür. Die Frage für die Staats- und Regierungschefs in Washington, Jerusalem, Amman und Brüssel lautet nun, ob sie handeln werden, bevor sich die Tore des „Crime Gate“ noch weiter öffnen.
Anm. von mir: Israel liefert keine heimischen Straftäter ans Ausland aus.
Auch dadurch hat es sich schon seit vielen Jahrzehnten zum Magneten für Kriminelle jeglicher Couleur entwickelt (
auch für Pädophile) die eine jüdische Herkunft nachweisen können. Um dann in Israel einzuwandern oder um sich eine doppelte oder dreifache Staatsbürgerschaft zu verschaffen (wie etwa bei Zelenskys früherem Mentor und Azov-Finanzier, dem Oligarchen
Ihor Kolomojskyj).
Bisher hat sich noch jedes hysterische „Die Russen warn’s“ anschliessend in Luft aufgeloest. Angefangen vom Hunter-Biden Laptop ueber Nordstream bis hin zu den aktuellen Vorfaellen.
Immer nach dem Motto „Kein Rauch ohne Feuer“ oder es wird schon etwas bei den Buergern haengenbleiben. Es wird aber fuer die EU nicht gut ausgehen, wenn man weiterhin den oestlichen Laendern die Fuehrung ueberlaesst. Deren „schlechte“ Erfahrung bezieht sich auf die Sowjet-union, die es seit Dezember 1991 nicht mehr gibt.
Bogie
22. September 2025 @ 08:59
Wir werden auf den großen Krieg mit Russland eingestimmt.
Möglichst täglich mit irgendwelchen angeblichen Provokationen, wovon sich mindestens die Hälfte als erlogen und der Rest als aufgebauscht darstellt.
Das ist auch keine Verschwörung, sondern das geschieht offen und für jeden (der will) leicht erkennbar. Gleichwohl verfehlt es seine Wirkung nicht. Auch bei weniger kriegsaffinen Menschen in meiner Bubble (und das sind fast alle) steigt die auch für sie selbst rational kaum erklärbare Furcht vor Russland. Dagegen fürchten sich nur wenige Leute vor den derzeit in Deutschland und EUropa Regierenden, obwohl das, lässt man die ideologischen Scheuklappen weg und betrachtet es mal historisch, viel angebrachter wäre: Wann immer sich Deutschland militärisch stark wähnte in den letzten gut 100 Jahren, kam es zur Katastrophe. Unsere jetzigen Eliten (in D, unterstützt von der EU) steuern aber (ganz offen und ohne jede Scham) genau diesen Zustand an.
Ich sehe derzeit auch keinen Hoffnungsschimmer am Horizont, der das noch abwenden könnte.
Ist das Pessimismus?
Ich hoffe es und hoffe dazu, dass ich Unrecht habe.
WBD
22. September 2025 @ 08:45
Merke: Gleiwitz ist überall…