Donnerstag, 2. April 2015

Georg Friedrich Händel - Brockes Passion

Ein gewaltiges Werk, welche sein Komponist vermutlich nie selbst aufgeführt hörte. Da der Text dieser 106-sätzigen (sic!) Passionsmusik mit der Schilderung des letzten Abendmahls einsetzt, so sei sie heute am Gründonnerstag eingestellt:


Der Textdichter — oder vielmehr, da die Worte zumeist die Passionstexte zitieren oder paraphrasieren, der Bearbeiter — dieser Passion war der Hamburger Ratsherr Barthold Heinrich Brockes, der in noch heute lesbaren (wie auch durchaus lesenswerten) Gedichten voll barocker Sprachgewalt jene wohl nur damals mögliche Verbindung von kühler, voraufklärerischer Rationalität mit selbstverständlicher Religionsität in Worte zu kleiden vermochte — wie zum Beispiel in diesem Geicht über


Das Firmament
 

     Als jüngst mein Auge sich in die sapphirne Tiefe,
Die weder Grund, noch Strand, noch Ziel, noch End’ umschränkt,
Ins unerforschte Meer des hohlen Luftraums, senkt’,
     Und mein verschlung’ner Blick bald hie- bald dahin liefe,

     Doch immer tiefer sank; entsetzte sich mein Geist,
Es schwindelte mein Aug’, es stockte meine Seele
Ob der unendlichen, unmäßig-tiefen Höhle,
     Die, wohl mit Recht, ein Bild der Ewigkeiten heisse,

     So nur aus Gott allein, ohn’ End’ und Anfang, stammen.
Es schlug des Abgrunds Raum, wie eine dicke Flut
Des bodenlosen Meers auf sinkend Eisen tut,
     In einem Augenblick, auf meinen Geist zusammen.

     Die ungeheure Gruft voll unsichtbaren Lichts,
Voll lichter Dunkelheit, ohn’ Anfang, ohne Schranken,
Verschlang sogar die Welt, begrub selbst die Gedanken;
     Mein ganzes Wesen ward ein Staub, ein Punt, ein Nichts,

     Und ich verlor mich selbst. Dies schlug mich plötzlich nieder;
Verzweiflung drohete der ganz verwirrten Brust:
Allein, o heilsam’s Nichts! Glückseliger Verlust!
     Allgegenwärt’ger Gott, in Dir fand ich mich wieder.




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