Sonntag, 18. März 2012

Hoffentlich kein Gaukler ...

... der da heute gewählt wurde. Denn rhetorische Brillanz — die Gauck zweifellos zu attestieren ist — verbürgt noch nicht Standpunktfestigkeit und politisches Können. Den Lesern dieses Blogs wird nicht entgangen sein, daß Le Penseur dem so überraschend von der FDP zum Kandidaten der Nationalen Front (okay, ohne die SED-Fraktion, ich weiß ...) vorgeschlagenen Gauck mit leichter Reserve gegenübersteht. Manch aufklärungswürdiger Sachverhalt aus DDR-Zeiten bleibt in Erinnerung, und wird sich hoffentlich nicht als Stolperstein oder gar als Erpressungsgrund erweisen. Dies wäre für Deutschland und seine Verfassungsordnung nämlich höchst fatal.

Heute las ich eben in der Biographie der Gattin des ersten Bundespräsidenten, Elly Heuss-Knapp, »Bürgerin zweier Welten« einen Satz aus einem Brief, den sie anläßlich der Wahl Hindenburgs 1925 mahnend an ihren Sohn richtete (bei dem sie offenbar jugendliche »Dummheiten« befürchtete): »Wenn wir ihn auch nicht gewählt haben, so wollen wir ihn doch ehren.«

Nun: Le Penseur als Nicht-Deutscher hat Gauck nicht einmal indirekt über die Wahlmänner der Bundesversammlung gewählt ... und dennoch: bei aller Skepsis, die gegenüber Staatsrepräsentanten aus libertärer Sicht stets vorsorglich entgegenzubringen ist — der nun Gewählte ist zweifellos in vielerlei Hinsicht »ganz anders als die anderen«. Und so wollen wir ihm einen ganz vorsichtigen Vertrauensvorschuß nicht gleich vorenthalten. Vielleicht entpuppt er sich ja noch als Mann von der Integrität und Standfestigkeit eines Dr. Ron Paul. Wenn man den Tag zwar nach einem alten Sprichwort nicht vor dem Abend loben soll, so gibt es umgekehrt auch keinen Grund, ihn schon am frühen Morgen zu verdammen.

In diesem Sinne also auch aus Österreich:

Herzlichsten Glückwunsch, Ew. Exzellenz!

Einen herzlicheren jedenfalls, als den hier abgebildeten ...

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Man darf gespannt sein, wie die Hohepriesterschaft reagiert, so sich der "Neue" nicht mit der erwarteten Servilität vor der Phalanx der Gessler-Hüte verbeugt, die unsere Diskurslandschaft pflastert. Dann dürften seine Vorschusslorbeeren alsbald dahin sein. Gegenüber Kujonierungen durch alte DDR-Betonköpfe standhaft geblieben zu sein, ist eine Sache, indes von heutigen, staatsreligiösen Paradigmen abzuweichen, die ja bekanntlich alternativlosissimo sind, dürfte recht schnell den Missmut unserer medialen Diskurs-Aristokratie erregen. - Und unseren sattsam bekannten Zentralräten nicht die gewohnten Ergebenheitsadressen zukommen zu lassen, wäre auch schon "autobahnisch" deplatziert

Obo

Anonym hat gesagt…

Man sollte nicht vergessen, dass die Nominierung Gaucks ein arger Betriebsunfall der LinksGrünen Kamarilla war. Schon allein deshalb empfinde ich eine diebische Freude.

Nach fast zwei Jahren unerträglicher Wulfferei habe ich wenigstens in diesen Tagen das Gefühl, dass diese linke Mafia in Berlin doch nicht allmächtig ist.

Unverhofft kommt oft :)

Joachim