Donnerstag, 10. Oktober 2024

Bei manchen Interviews

von LePenseur
 
 
... ist es nahezu unmöglich, Gegessenes im Magen zu behalten. Unmittelbarer Brechreiz ist da einfach die natürliche Reaktion. So auch bei dem servil sich andienernden Interview mit Ex-Nationalratspräsident Dr. Andreas Khol, das DiePresse am 9. Oktober veröffentlichte. Khol, das ist jener grauschillernde Untote, der in den 1990er-Jahren bspw. verkündete, daß "die FPÖ außerhalb des Verfassungsbogens stehe". Und sowas war Professor für Staatsrecht an der Universität Innsbruck? Die Habilitation in der Tombola gewonnen, oder wie?

Was, bitteschön, ist ein "Verfassungsbogen", Herr Professor? In Österreichs Bundesverfassung findet sich dieser Begriff nicht, auch in keinem Gesetz. Das war einfach eine Kreation eines alten ÖVPlers, der es nicht verknusen konnte, daß "seine" Partei durch die undankbare Junior-Rolle in Koalitionen mit der SPÖ gegen die FPÖ unter Haider mehr und mehr abzustinken begann.

Aber als die Wahl 1999 mit dramatischen Verlusten für die SPÖ endete und die FPÖ vor der ÖVP den zweiten Platz belegte, da wurde der angeblich so wichtige "Verfassungsbogen" still ins Winkerl gestellt und, parallel zu den offiziellen Verhandlungen mit der SPÖ in den Parteizentralen, im Eßzimmer des Herrn Professors eine Hinterzimmerverhandlung mit der FPÖ geführt. Für den Verbleib in der Regierung und die Wiedererlangung des Bundeskanzlers für die ÖVP (als Drittplazierte des Wahlausgangs 1999!) springt man eben gern über Schatten und Verfassungsbögen. Wie sagte schon Adenauer? "Was kümmert mich mein dummes Geschwätz von gestern!" Polit-Hurerei vom Feinsten — und so eine erbärmliche Figur geriert sich als wertkonservativer Christ?! Man packt's einfach nicht ...

Aber das Beste kommt noch im letzten, ohne Zugangsberechtigungt lesbaren Absatz besagten Presse-Artikels:
... SPÖ und Neos werden sich nicht jede Person vorsetzen lassen, die ÖVP sowieso nicht. Ich denke etwa nicht, dass eine Frau Fürst oder Belakowitsch gewählt würden. Bei Walter Rosenkranz ist es ein Grenzfall. Der hat zwar Äußerungen getätigt, über die man diskutieren müsste, als Volksanwalt aber gezeigt, dass er ein Amt objektiv und unabhängig ausüben kann. Es kann auch passieren, dass eine Mehrheit in einer geheimen Wahl Norbert Hofer wählt, auch wenn er kein Kandidat ist. Wenn er die Wahl dann nicht annimmt, haben die Freiheitlichen ihre Chance gehabt. 
Das muß man sich auf der Zunge zergehen lassen: wenn entgegen allen Usancen nicht der von der größten Nationalratsfraktion vorgeschlagene Kandidat, sondern ein Abgeordneter, der überhaupt nicht kandidiert, von allen anderen Fraktionen der FPÖ "reingewürgt" wird, dann "...haben die Freiheitlichen ihre Chance gehabt"? Ganz im Ernst jetzt, Herr Ex-Nationalratspräsident Khol? Geht's noch hinterfotziger? Zu so viel eklatanter Charakterlosigkeit — nein, das stimmt nicht! Auch zu solchen Überlegungen gehört ein gewisser Charakter, wenngleich kein erfreulicher ... — fällt einem nur ganz spontan ein Diktum von Joschka Fischer ein:

Mit Verlaub, Herr Präsident :
Sie sind ein Arschloch!

 
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(Edit 20:00)

P.S.: Einem besonders penetranten Troll namens Franzl, dessen inkompetente Kommentare bisweilen den LePenseur-Blog verunzieren, wie auch heute (s.u.), sei ins Stammbuch geschrieben: 
 
Sie vergleichen Äpfel mit Birnen! Mir wäre nicht bekannt, daß damals in Thüringen Kemmerich gegen seinen Willen als Nicht-Kandidat zum Ministerpräsidenten gewählt worden ist. Denn dies geht nach der Landesverfassung überhaupt nicht. Kemmerich war Kandidat im dritten Wahlgang! Wikipedia schreibt dazu:
Bei der Wahl zum Thüringer Ministerpräsidenten am 5. Februar 2020 kandidierte Thomas Kemmerich im dritten Wahlgang für das Amt des Thüringer Ministerpräsidenten. In den zwei vorausgegangenen Wahlgängen hatten weder der geschäftsführende Amtsinhaber Bodo Ramelow (Die Linke) noch Christoph Kindervater (aufgestellt von der AfD) die absolute Mehrheit erreicht.

Im entscheidenden dritten Wahlgang erhielt Kemmerich in geheimer Wahl mit 45 von 90 Stimmen genau eine Stimme mehr als Bodo Ramelow, nahm die Wahl an und wurde damit zum neuen Thüringer Ministerpräsidenten gewählt und vereidigt.
Das heißt: Kemmerich war Kandiat und nahm seine Wahl an. Bei dem hingegen, was Khol vorschlägt, ginge es ja darum, daß die anderen Parteien einen, der gar nicht kandidiert, und damit gegen seinen Willen (denn sonst könnte er ja kandidieren und keiner könnte ihm das verbieten!) zum NR-Präsidenten gewählt werden soll. Und wenn er diese Vergewaltigung, ungewollt in ein Amt gewählt zu werden, nicht akzeptiert, dann, laut diesem Ex-Präsidenten Khol, dem Staatswissenschaft-Professor a.D. "...haben die Freiheitlichen ihre Chance gehabt"! Das auch nur als Gedankenexperiment vorzuschlagen, ist eine geradezu bodenlose Infamie und diskreditiert den so etwas Vorschlagenden charakterlich wie wissenschaftlich total!
 
Pardon l'expression, cher Franzl: daß Sie so ein Idiot sind, diesen fundamentalen Unterschied nicht behirnen zu können, kann ich mir einfach nicht vorstellen! Ich tippe da doch eher auf Bezahltroll als auf Volltrottel, aber vielleicht irre ich mich und Sie sind wirklich so doof, wie Sie sich anstellen ...

3 Kommentare:

Franzl hat gesagt…

Mit Verlaub, Herr Prä..., äh Mr. Le Penseur:
Als vor vier Jahren im Thüringer Landtag die AfD einen Kandidaten einer anderen (Klein)Partei, der überhaupt nicht kandidiert hatte, plötzlich zum Ministerpräsidenten wählte, in Ihren Worten: den anderen Parteien "reinwürgte", hat Sie das mitnichten empört, sondern Sie haben es als genialen strategischen Coup bewundert.
Empört waren Sie erst, als der urplötzlich aus dem Hut gezauberte und den anderen reingewürgte Ministerpräsident aufgrund des Drucks von außen wieder zurücktrat.

Anonym hat gesagt…

Geschätzter @Le Penseur,

es ist immer wieder ein Genuß Ihre Kommentare zu lesen. DANKE!

mfG
Tanit

Anonym hat gesagt…

Ich sehe es völlig ein, dass meine obszönen Schmähverse gegen Franzl nicht veröffentlicht wurden. Hatte mir der grimme Zorn auf die Tastatur gelegt. In der Wut tut man nicht gut (Ritter Runkel).